Freitag, 23. Januar 2009

Selbstmord aus Angst vor dem Tod: Was ist zu tun?

Wie es um die Finanzwirtschaft in Deutschland und den USA steht, beschreiben zwei erhellende Artikel in „Die Zeit“ und im „Der Spiegel“ vom Vortag.

„Das internationale Finanzsystem ähnele inzwischen »den Straßen von Neapel zu Zeiten des Müllnotstandes«, sagte Sanio vergangene Woche auf dem Neujahrsempfang seiner Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht in Frankfurt.“ zitiert Die Zeit den deutschen Bankenaufseher Jochen Sanio. „Die Deutsche Bank etwa stemmte Ende September mit nur 41 Milliarden Euro Eigenkapital Aktiva von 2061 Milliarden Euro“, also fast soviel wie das gesamte deutsche Bruttoinlandsprodukt. Und das ist ja nur eine Bank von vielen. Und diese Situation wird sich schnell verschlimmern, denn während das Eigenkapital wegen der Ausfälle abnimmt, nimmt der Anteil der fälligen unverkäuflichen Derivate und Kredite weiter zu.

In den USA sieht es naturgemäß nicht besser aus: „Die Flut der Verluste bedroht nun auch die Großbanken, die lange Zeit als Stützen des Systems galten. Und die bisherigen Rettungsmaßnahmen scheinen kaum zu wirken. Dabei hat die Bush-Regierung bereits mehr als 370 Milliarden Dollar aus ihren 700-Milliarden-Dollar-Rettungspaket ausgegeben, und die Notenbank hat ihrerseits Billionen beigesteuert.“ schreibt dazu Die Zeit.

Als Ausweg wird hüben wie drüben die Übernahme der Schrottderivate und Wackelkredite durch den Bund oder die Erhöhung der Eigenkapitaldecke der Banken erwogen. Auch Versicherungsmodelle und Bad Bank Light Varianten werden diskutiert. Wie man es aber dreht und wendet, die Kosten der Katastrophe werden dabei im wesentlichen dem kleinen Mann und seinen Kindern angelastet, sei es nun direkt oder häppchenweise in ungewisser Zukunft.



Die Kernfrage aber ist: Wer soll die, in den letzen Jahren durch Spekulationen angehäuften Luftmilliarden, die nie einen realen Gegenwert durch das BIP hatten, ausgleichen? Die Wenigen die es wissen mussten und sich ungehemmt die Taschen füllten? Oder die Masse der kleinen Leute, die es wirklich nicht wissen konnten und bisher unter Globalisierung und Renditewahn meist nur Verluste einstecken durften?

Wie letztere, und nach den Erfahrungen wahrscheinlichere Lösung, wirkt, zeigt sich bereits in Irland. Dieses vergleichsweise winzige Land, von normalerweise friedlicher Zeitgenossen, hat als erstes Bankrott gemacht und wird nur noch künstlich am Leben erhalten. Und zwar von denen, die groß genug sind, das noch zu können.

Übernimmt man jetzt die Schulden der Finanzjongleure, so platzt der Staatshaushalt auch hier aus den sowie so schon reißend gespannten Nähten. Unterlässt man es, so implodiert das System kurzfristig und vernichtet genau diese unglaublich riesige und nie gedeckte Geldmenge der Kapital- und Derivatenhändler und reißt die Realwirtschaft mit in den Sumpf.

Geld ist seit Abkehr vom Goldstandard nur noch durch BIP zu decken. Und genau dazu will uns die Finanzindustrie nun nötigen: Nämlich die Deckung für diese Luftmilliarden tatsächlich zu übernehmen. Das ist aber schon lange nicht mehr möglich, denn selbst wenn wir es wollten, die Spanne zwischen BIP und Aktiva der Banken ist längst vielfach überdehnt.

Das Verlangen nach einer praktikablen Lösung gleicht nun dem Ruf nach einem perpetuum mobile: Retten wir den Staat, dann crashen die Banken, retten wir die Banken, dann crasht der Staat.

Wenn sich die Politik nun breitschlagen läßt, die wesentlichen Forderungen der Kapitalwirtschaft zu übernehmen, dann ist das der Selbstmord aus Angst vor dem Tod.

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