Dienstag, 5. Mai 2009

Ebay erdfrisch


Der Balkan war schon immer eine unruhige Region Europas. Im römischen Reich war es das geographische Verbindungsstück in die Ost- und Südostregionen des Imperiums. In der unruhigen Zeit zum Ende des Reiches wurde der Balkan quasi zur Autobahn der Völkerwanderung. Ostgoten, Westgoten, Hunnen, Oströmische und Weströmische Truppen, alles was Rang und Namen hatte gab sich hier die Klinke, sprich das Schwert, in die Hand.

Die hin- und herziehenden Heerscharen pflegten sich aus der Plünderung der Anwohner zu verpflegen, wer nicht jedesmal an die jährlich wechselnden Herren auch noch sein Erspartes verlieren wollte, tat gut daran diese kleinen Schätze irgendwo sicher zu vergraben. Aber lange nicht Jeder konnte seine Preciosen zurückholen, sei es das er zwangsrekrutiert fortziehen musste, oder neben seinen Vorräten auch noch den Kopf verlor.


Der Balkan ist aufgrund seiner geographischen Schlüsselstellung immer unruhig geblieben, und genauso blieben die antiken Preciosen in ihrem dunklen Grab. Bis dann in den 1990er Jahren moderne Heerscharen erneut über das Land zogen und neben den verschollenen Denaren auch Minen aller Art vergruben. Als nach den Jugoslawienkriegen 1991-1999 wieder halbwegs Frieden einkehrte, musste man wie immer nach solchen Konflikten, die ausgedehnte Landminenpest beseitigen. Beim Absuchen mit hochempfindlichen militärischen Metalldetektoren schlugen diese natürlich nicht nur auf die z.T. winzigen Zünder von Plastikminen an, sondern gaben ein Feuerwerk von Piepsern bei den vor 1600 Jahren vergrabenen Preciosen ab.

Und das aufgrund der unruhigen Vorgeschichte wahrlich nicht selten. Mochten bei den ersten Funden die Minenräumer noch an einen kapitalen Bombenfund glauben, so häuften sich bald eine Vielzahl solcher Hortfunde und es lag nicht weit, mit den unerhofften Reichtümern Geschäfte zu machen. Allerdings waren es bald Tonnen von Münzen und Kleinoden. Zahlte man bis zum Jahre 2000 noch für einen gut erhaltenen römischen Denar schon mal 1000 Euro, so fiel der Preis bald danach auf 20 Euro, befördert natürlich durch die Internetplattform Ebay, wo das Fundmaterial, meist aus Serbien, zum Schleuderpreis versteigert wurde.

Seit Herbst 2008 achtet Ebay nun darauf, dass Anbieter über halbwegs taugliche Nachweise bzw. Eigenerklärungen verfügt, dass das angebotene Material nicht aus Raubgrabungen stammt. So schreibt der Focus heute: „Das zu Billigpreisen verhökerte Geld auf Ebay ist für Archäologen äußerst wertvoll. „Münzen datieren archäologische Stätten. Wer sie heimlich aus dem Boden holt, zerstört historisches Kulturgut“, erklärt Professor Jürgen Kunow, Vorstand des Verbands der Landesarchäologen. Seit vergangenem Herbst scannen Archäologen aus dem Verband regelmäßig das Auktionssortiment, lassen illegale Angebote von Ebay löschen und benachrichtigen in manchen Fällen die Polizei.“


Der Erfolg ist erkennbar: „Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Wurden im Mai 2008 noch circa 1600 archäologische Objekte verschiedenster Art angeboten, finden die Forscher heute im Schnitt nur noch 200 verdächtige Angebote.“ Problematisch ist allerdings, dass sich die Ermittlungen oftmals auf die unbedarften Ebaykunden konzentrieren, da diese im Inland leichter zu greifen sind: „Verfahren gegen die Käufer antiker Münzen werden zwar oft wegen Beweismangels und Geringfügigkeit eingestellt. Gleichwohl ist ein Ermittlungsverfahren selbst für unbescholtene Münz-Fans meist mit viel Ärger verbunden. So konnte dem Hobby-Numismatiker Krombach trotz fehlender Herkunftsbelege keine Schuld nachgewiesen werden. Seine circa 20 000 Euro teure Münzsammlung hat er jedoch bisher nicht zurückerhalten.“

Man darf allerdings voraussetzen, das ein Sammler bei seltsam günstigen Angeboten von antiken Gegenständen misstrauisch sein sollte. Wer gerne sammelt, sollte unbedingt auf vertrauenswerte und offizielle Antiken- und Münzhändler zurückgreifen, auch wenn dort die Preise meist deutlich höher liegen. Dafür gibt es aber das gute Gewissen gratis dazu.

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