Mittwoch, 6. Mai 2009

Reboot Now !


Als "Kreislauf der Verfassungen" wird das vom Philosophen Aristoteles im 4. Jahrhundert v. Chr. in Anlehnung an die tatsächliche Entwicklung im antiken Griechenland entworfene System der Verfassungsentwicklung bezeichnet. Aristoteles unterscheidet zwischen sechs Staatsformen: Monarchie (Alleinherrschaft), Aristokratie (Herrschaft der Besten) und Politie als guten Formen sowie deren entarteten Pendants Tyrannis, Oligarchie (Herrschaft weniger) und Demokratie (bei ihm als Herrschaft des Pöbels definiert; zur Differenzierung zum heutigen Demokratiebegriff heute auch als Ochlokratie bezeichnet). Aristoteles glaubt, eine gute Staatsform neige zur Entartung, aus dieser entarteten Form gehe dann die nächste gute Form hervor usw. Über den Kreislauf der Verfassungen schreibt auch Polybios im 6. Buch seiner Universalgeschichte. Der Grund für den Übergang einer guten Verfassungsform in den jeweils entarteten Typus sieht er im moralischen Verfall der Regierenden: die Sicherheit ihres Lebens als Herrschende verursacht bei ihnen Habgier, Überheblichkeit, Ungerechtigkeit und Herrschsucht.

Dieser Kreislauf ist in der Geschichte der Kulturen immer wieder zu beobachten:

Monarchie -> Tyrannei -> Aristokratie -> Oligarchie -> Demokratie -> Ochlokratie -> erneute Monarchie usw.

Dies sehen wir, nur z.B., an der Entwicklung der römischen Republik bis zum Bürgerkrieg, aus dem Augustus als neuer Kaiser hervorgeht, worauf das Spiel von neuem losgeht bis zum Untergang des Imperiums. Aber auch an der französischen Revolution und schließlich auch an der Entwicklung in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts.

Es funktioniert immer nach dem gleichen Muster, wobei je nach dem schon einmal die eine oder andere Stufe schnell durchlaufen oder sogar übersprungen wird. Der Monarch entartet zum Tyrannen, worauf hin sich die nächste Schicht darunter, die Aristokratie (Blut- und/oder Geldadel) emanzipiert und die faktische Macht übernimmt. Innerhalb dieser Schicht bildet sich dann eine Gruppe besonders einflussreicher Adeliger, die Oligarchen, heraus, die die Macht weitgehend an sich reißen. Der nach unten weiter gegebene Druck lässt dann die nächste unterliegende Schicht aufbegehren, das Bürgertum. Diese erzwingen so dann eine Demokratie. Nun bilden sich in dieser Schicht wieder Herrschafts- und Geldeliten aus, der politische und wirtschaftliche Druck wird wiederum nach unten weitergereicht. Letztendlich begehrt der Pöbel auf und übernimmt die Macht auf den Strassen, Berlin lässt grüßen, die Ochlokratie beginnt. Das resultierende Chaos währt nicht ewig, die Menschen sehnen sich nach Ordnung und Sicherheit, ein starker Mann muß her. Zeit für einen neuen Monarchen, oder aber, Tyrannen. Der Zyklus beginnt von vorne, wobei dieser Zyklus daran hängt, dass mit der Macht immer auch die Vermögensaggregation der Mächtigen auf Kosten der Untertanen einher geht. So lange eben, bis keine Untertanen mehr greifbar sind, weil der Zyklus eben ganz unten angekommen ist.


Nehmen wir die französische Revolution: Die französische Monarchie hatte den Status der Oligarchie erreicht, das Bürgertum erzwang mit dem einhergehenden Staatsbankrott die Macht und die Demokratie. Die währte nur wenige Jahre, bis der Pöbel unter Robespierre Blutorgien veranstaltet. Dieser Ochlokratie überdrüssig lässt man sehr bald einen neuen Kaiser zu: Napoleon Bonaparte. In Deutschland sah es gut 100 Jahre später nicht anders aus: Der Kaiser und seine Oligarchen hatten den Krieg verloren und den Staatsbankrott herbeigeführt. Die Demokratie wurde erzwungen und glitt schon bald, mit allen ihren Kinderkrankheiten der ungerechten Nachkriegsordnung belastet, in die Ochlokratie hinab: Nach den goldenen 20er regierte zunehmend der linke, der rechte und der SA-Pöbel die Republik und die bürgerliche Mitte hievte denn den Kanzler Hitler ins Amt, der sogleich zum Tyrannen mutierte. Den Rest bis heute, dem 6. Mai 2009, brauch ich nicht zu erzählen.

Der historische Ernst der Situation wird noch nicht überall wahrgenommen. Langsam kommt er aber in den oberen Etagen an. Ende Februar 2009 wurde die Konferenz des Schiller-Instituts "Der Wiederaufbau der Weltwirtschaft nach der Systemkrise" in Rüsselsheim abgehalten. Drei der Konferenzbeiträge sind Online abrufbar.

Der Franzose Jacques Cheminade beantwortete etwa die Frage: "Warum wir dringend eine Pecora-Kommission brauchen." in Anspielung auf die Aufarbeitung der letzten Weltwirtschaftskrise vor einem US-amerikanischen Untersuchungsausschuß unter Leitung von F. Pecora:"...Es ist im Jahr 1933. Auf der einen Seite sitzt J.P. Morgan, der nur widerwillig seine Aussage macht. Auf der anderen Seite sitzt Ferdinand Pecora. An einem heißen Nachmittag im Juli fragt Ferdinand Pecora Morgan, ob er 1930 Einkommensteuer bezahlt habe. Morgan schweigt. Auch Pecora schweigt. Schließlich erwidert der: „Ich kann mich nicht erinnern.“ Man stellt ihm die gleiche Frage über 1931, über 1932, die Antwort ist immer die gleiche: „Ich kann mich nicht erinnern.“ Schließlich sortiert Pecora seine Papiere und enthüllt, daß J.P. Morgan noch nie Einkommensteuer gezahlt hat. Und er hat dabei gegen kein Gesetz verstoßen. Es war völlig legal! Finanzminister Andrew Mellon bemerkte Pecora, habe entsprechende Klauseln in das Steuergesetz eingefügt, so daß Morgan und seinesgleichen nie Steuern zahlen müßten...."

Nun das Bankhaus Morgan ist ja auch heute wieder ein Beteiligter der Wiederholungs-Seifenoper. Es sind die gleichen Beteiligten mit den gleichen Methoden. Während der deutsche Durchschnittsverdiener heutzutage und hierzulande, vom Arbeitgeberbrutto gerechnet, rund 60 Prozent Abzüge in allgemeine Kassen stemmen muss, kommt die Geldelite nahezu steuerfrei davon. Das gesamte Staats- und Sozialkassenaufkommen wird fast ausschließlich aus den 2400 Mrd. Euro BIP bezahlt, von den 8000 Mrd. Euro Aktiva/Passiva kommen unmittelbar keine nennenswerte Beträge.

Der amerikanische Ökonom und Staatsmann Lyndon LaRouche wurde in seiner Rede deutlich: "...Viele bezeichnen diese Krise als „Rezession“. Das ist eine völlige Kinderei, wenn sich ein Experte so äußert. Andere sprechen von einer Depression; auch das ist gelinde gesagt eine Untertreibung, die zu nichts führt. Wir haben es mit einer Art Krise zu tun, von der sich Zivilisationen und Kulturen nicht wieder erholen, in der ganze Kulturen und große Teile der Weltbevölkerung ganz verschwinden..."


In Berlin sieht man das zur Zeit noch etwas entspannter. Die Vorsitzende des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, zitiert einen Politiker mit den Worten:“...Jüngst sprach ich mit einem Vertreter einer der Bundestagsparteien und der sagte mir: „Wir denken derzeit etwa so: Wir müssen es bis zu den Bundestagswahlen im September schaffen, denn wenn wir den Leuten jetzt sagen würden, daß ihre Renten nicht sicher sind, dann werden sie uns auch nicht wählen. Also, wir müssen es bis September schaffen, dann wird es für ein oder zwei Jahre Inflation geben, und dann wird den Leuten auch klar werden, daß wir Reformen brauchen."

Lyndon LaRouche hatte in 2007 bereits versucht, dass anstehende Chaos in letzter Minute zu verhindern:“....Man muß die Banken einem Insolvenzverfahren unterziehen und sie unter Gläubigerschutz stellen: Die Bank wird nicht schließen. Wir werden die Bücher prüfen, und wenn die Investitionen in den Büchern rechtmäßig sind, werden wir die Bank unterstützen. Wir werden ihr über längere Zeit Gläubigerschutz gewähren. Wenn es aber reine Spekulation ist? Diese Ungeheuer, die nur auf Spekulation setzen? „Ihr kriegt nichts, Spezis! Ihr seid bankrott. Ihr könnt gehen.“. Mit solchen Regelungen hätten wir viel retten und viel verhindern können, wenn man das damals umgesetzt hätte, als wir das vorlegten. Das war im September 2007. Hätten damals nicht Senator Dodd, der Abgeordnete Barney Frank und andere das sabotiert, dann hätten wir jetzt nicht diesen Schlamassel auf der Welt.“

Das soviel Vernunft in der Geschichte noch nie funktioniert hat, schließt seinen Vortrag ab:“...Die Schwierigkeit ist, daß in Amerika die Geldmacht ein sehr starker politischer Einfluß ist, und auch die Tradition ist ein starker politischer Einfluß. Hier komme ich im Wesentlichen ins Spiel: der Entwurf eines Systems, wie ich es gerade beschrieben habe - und ein Verständnis, was Investition wirklich bedeutet, weil heutzutage die meisten Menschen in den Vereinigten Staaten und in Europa das nicht wissen.“

Nun, es wäre theoretisch möglich dem drohenden Chaos entgegen zu wirken, indem man den notwendigen Reset des Systems nicht der Straße überlässt. Im Herbst ist Bundestagswahl, bisher ist außer unhaltbaren Wahlversprechen, in Verbindung mit weiteren Schuldenorgien, von keiner Partei ein greifbarer Ausweg präsentiert worden. Im Gegenteil, man scheint inzwischen bewusst auf das scheinbar kleinste Übel, eine Megainflation, zu setzen.

Aber das ist kurzsichtig. Zwar ist dies politisch am einfachsten durchsetzbar, weil es eben nichts durch zusetzen gibt, denn die technischen Randbedingungen von Finanzsystemen erledigen das auch alleine. Aber die Folgen sind heftig: Verlust aller Ersparnisse, Verarmung, Massenarbeitslosigkeit, Hunger, völliges Versagen der Alterssicherungssysteme, Krankenversicherungen und Sozialsysteme. Versagen der Sicherheitskräfte aus Geld- und Personalmangel, Anarchie so weit das Auge blickt. Das ist der Rattenschwanz, der hinter dieser Kiste herausschaut, mit Wählerkäufen ist dieses Untier nicht tot zu kriegen.

Wenn also Gesine Schwan vor sozialen Unruhen warnt, so ist das nicht, wie ihr unterstellt wurde, verantwortungslos, sondern mutig gegen den Strich der Wiedergewähltwerdenwollenden. Ich frage mich, welche politische Gruppierung, und wann, endlich eine umfassende unparitätische Währungsreform auf ihr Programm setzt, um den historisch verbürgten Teufelskreis abzukürzen. Also schon zur Bundestagswahl im Herbst mit dem Slogan WÄHRUNGSREFORM JETZT!?

Oder vielleicht besser Obamisch ausgedrückt:

REBOOT NOW! YES WE CAN!

Schaunmermal.

1 Kommentar:

  1. Könnte es sein, dass der Kreislauf der Machtstrukturen erst dann beendet werden kann, wenn eine hinreichende Evolutionsprozess-Theorie erkannt ist?

    Diese Meinung vertrete ich jedenfalls.

    Auf meiner Website www.die-kreativen-partei.de ist dies dargestellt.

    Grüße,
    Rüdiger Kalupner

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