Freitag, 8. Mai 2009

Stresstest


Die Börsen freuen sich seit einigen Wochen über den Durst, vom kürzlichen Tiefstand bei 6500 Punkten erholte sich der DOW-Jones auf heute 8400 Punkte, eine Zunahme um satte 30%. Und der jüngste "Stresstest" der Banken in den USA lässt scheinbar auch viele Sorgen verfliegen, der festgestellte Bedarf ist nur 75 Mrd. Dollar statt befürchteter 200 Mrd. USD. Jedoch, die Kriterien waren weich, und betrafen gerade einmal 19 von rund 8000 US-Instituten. Trotzdem wird Allerorten wieder einmal die Talsohle begrüßt. Was ist davon aber zu halten?

Stellen Sie sich vor, sie gehen in Ihre Stammkneipe. Es ist super Stimmung, viele Leute sind anwesend, auch Besucher aus fremden Ländern, alle haben Spaß. Gegen Mitternacht geht aber allen das Geld aus. Damit die Stimmung nicht nachlässt, und da Sie ja auch schon ziemlich benebelt sind, lassen Sie sich zu einer Lokalrunde hinreißen. Da Sie ja auch kein Geld mehr haben, lassen Sie bei Ihrem gut bekannten Stammwirt , wie schon öfters, einfach anschreiben. Der tut das gerne, schließlich kennt er Sie und vertraut auf ihre finanzielle Leistungsfähigkeit.


Gleich sind alle wieder in bester Stimmung, ein Prost auf ihr Wohl, und, damit die Stimmung nicht gleich wieder nachgibt, geben Sie eine Runde nach der anderen, bis allen das Bier zum Halse herauskommt. Wenn Sie jetzt am nächsten Tag eine Stresstest machen, wer hat dann den Stress? Richtig, den haben Sie.

Wenn Sie nun nachrechnen und feststellen müssen, dass Sie beim besten Willen nicht in der Lage sein werden, ihre Rechnung zu bezahlen, was machen Sie dann? Sie könnten nun Jahre lang in Sack und Asche gehen und jeden verfügbaren Cent an Ihren Wirt abstottern. Aber es gibt eine bessere Idee: Wenn nun Ihr Wirt pleite ginge, dann wären Sie auch erstmal ihre Schulden los. Das ist eine super Idee, denn Ihr Wirt versteht dummerweise so gut wie nichts vom Wirtschaften. Also gehen Sie wieder in die Kneipe und lassen die Puppen tanzen, so lange bis Ihr Wirt unter den gewaltigen Außenständen zu wackeln beginnt.


Ihre "guten" Freunde aus der Kneipe dagegen sind noch gut bei Kasse, und um die klasse Stimmung nicht durch die Pleite des unvorsichtigen Wirtes zu gefährden, kaufen diese netten Leute dem Wirt schon mal die schönsten Möbelstücke, und was sonst noch brauchbar ist, ab. Irgendwann sitzen Sie dann mit Ihrem letzten Freund, dem Wirt, allein in der leer geräumten Kneipe und leeren das letzte Kölsch aus einem Pappbecher.

"Denn wovon manches deutsche Unternehmen zu wenig hat, davon haben die Herrscher am Golf noch immer genug - nämlich Geld auf dem Konto. Seit Beginn der Finanzkrise regen die arabischen Petrodollar die Phantasie europäischer Unternehmer an. Seit Abu Dhabi im März mit fast zwei Milliarden Euro bei Daimler eingestiegen ist, scheint sich in Deutschland jede größere Firma in Zahlungsschwierigkeiten zu fragen: Wer könnte sich für uns interessieren? Die Kuweiter? Die Saudis? Katar? Abu Dhabi?" schreibt heute der Spiegel.

Nun, was vor nicht langer Zeit noch als Gefahr für den Wirt gesehen wurde, wird nun Hände ringend gesucht. "...Noch vor kurzem warnten deutsche Politiker wie Hessens Ministerpräsident Roland Koch vor investitionshungrigen Staatsfonds, die es auf europäische Schlüsselindustrien abgesehen hätten: "Staatsunternehmen oder von Staaten gelenkte Unternehmen dürfen nicht die wichtigsten Spieler des Weltmarktes werden", argumentierte er im Juni 2007. "Wir müssen gerade als Deutsche aufpassen, dass wir nicht von den neuen mächtigen Mitspielern als naive Trottel betrachtet werden.""

Zwei Jahre danach reist nun MP Koch doch durch diese investitionshungrigen Scheichtümer um Geld einzutrommeln. "Nicht die Araber seien gemeint gewesen, als er 2007 vor den Staatsfonds warnte, sondern Russland und China.", wird er nun zitiert. So füllen sich die Einkaufskörbe: "Die Einkaufstour, welche die Staatsfonds von Abu Dhabi in den vergangenen Jahren hingelegt haben, beflügelt die Europäer am meisten - unter anderem hat sich das Land an der Citibank, an Barclays, an Ferrari, an Daimler, am österreichischen Öl- und Gasriesen OMV beteiligt und den deutschen Anlagenbauer MAN Ferrostaal gekauft.". Und sie haben guten Grund, so zu verfahren: "Auf Summen zwischen 450 und 875 Milliarden Dollar wurde der größte Staatsfonds, die Abu Dhabi Investment Authority (ADIA), vor der Krise taxiert. Davon sind ihr nach den konservativsten Schätzungen 328 Milliarden geblieben, selbst im ölreichen Abu Dhabi gibt das inzwischen Anlass zum Nachdenken.". Und die sind nicht die Einzigen, die nachdenken.

Nun, das ist das nächste große Problem, das sich hier auftut: Zur Lösung der Verschuldungskrise setzt man weltweit inzwischen auf das Instrument Inflation. Denn mit einer Geldentwertung um die 400 bis 600% wäre man aus dem Gröbsten heraus und wieder im Gleichgewicht von BIP zu Bankenaktiva. Aber bis dahin wird man feststellen, dass man nicht nur seine Vermögen verloren hat, sondern auch noch seine Wertgegenstände. Die reinigende Wirkung der neuen Verhältnisse wäre egalisiert, denn dann gehören die besten Firmen und Patente des Landes längst Anderen, in China, Russland oder den Ölstaaten. Und damit ginge das potentielle neue Wirtschaftswunder auch wieder an den Bürgern vorbei. Was wird der US-Bürger sagen, und ihr Präsident tun, wenn sie dann feststellen, dass nicht nur ihr Geld futsch ist, sondern sie weiterhin Milliarden für ausländisches Öl ausgeben müssen, und auch ihre besten Firmen ihre sauer erarbeiteten Gewinne in diese Gegenden abführen müssen?


Diese Umverteilung ist daher die Saat, nicht nur für eine Revolte, sondern für echte weltweite Kriege.

Und das ist dann erst richtiger Stress.

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