Donnerstag, 18. März 2010

Immer in die Vollen: Josef Ackermann


Acki hat wieder mal gut "verdient". Dank der soliden Investmentsparte der Deutschen Bank konnte er sich wieder einmal 10 Mio. Euro Bonus für 2009, zusätzlich zum kargen Vorstandssalär, auf sein persönliches Konto überweisen. Von Krise keine Spur?

Das seine Investmentsparte nur deswegen so gut fährt, weil die Steuerzahler der westlichen Staaten für die Schulden der weltweiten Investmentbanker gerade stehen müssen, irritiert ihn naturgemäß so gut wie nicht. Ganz im Gegenteil: Sollen Die doch erstmal sparen und Ihre Haushaltsdefizite runter fahren! Und falls das, etwa in Griechenland, nicht klappt, dann bitteschön hat doch der Steuerzahler dafür zu sorgen, dass den Banken, und ganz speziell direkt oder indirekt Ackermann, dadurch kein Verlust entsteht! Ist doch leicht zu begreifen, oder gibt's noch Fragen?

Dass zwischen Bankerboni und Rettungsmilliarden des Kleinbürgers irgendein Zusammenhang bestehen könnte erscheint da irgendwie Weltfremd. Zumindest für die Welt der Ackermänner. So zitiert ihn die WELT:“Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann warnt vor dramatischen Folgen eines Bankrotts Griechenlands für die heimische Finanzindustrie. „Deutsche Banken haben beträchtliche Milliarden im Feuer gegenüber dem Land“, sagte der Schweizer bei einer Veranstaltung.... „Wenn wir Griechenland nicht stabilisiert bekommen, werden die Banken das nächste Problem haben.“ Zunächst müsse die Regierung in Athen ihre Hausaufgaben machen und den Haushalt aus eigener Kraft sanieren.“

Selbstverständlich sind Investmentbanker völlig unschuldig: „..Deutsche-Bank-Chef Ackermann wies am Mittwoch den Vorwurf zurück, Spekulanten seien der Grund für die Krise in Griechenland. „Die Reaktion mancher Politiker legt eine Verwechslung von Ursache und Wirkung nahe“, betonte er. Die Bundesregierung und andere Staaten wollen spekulative Geschäfte mit so genannten Kreditausfallversicherungen (CDS) stark einschränken..... „Moderne Volkswirtschaften sind ohne moderne Finanzprodukte nicht denkbar“, sagte der Schweizer. Ein Verzicht auf Finanzinstrumente wie CDS führe zu hohen gesamtwirtschaftlichen Kosten. Mittels CDS-Papieren würden Risiken handelbar und bekämen damit einen Preis.“

So so, die CDS’s ([1],[2],[3]), die Versicherungspapiere? Sein Chefvolkswirt der Deutschen Bank Thomas Mayer sorgte sich im Artikel „Die Inflation wird kommen“ im Focus um die abzusichernden Risiken:“... FOCUS Online: Griechenland steht kurz vor dem möglichen Staatsbankrott. Was passiert, wenn die Griechen in den nächsten Wochen und Monaten keine Käufer für ihre Anleihen mehr finden? ...Thomas Mayer: Dann hat nicht nur der Bondmarkt ein sehr großes Problem, sondern der gesamte Kapitalmarkt. Denn wenn griechische Anleihen weniger wert werden, dann werden auch spanische Anleihen weniger wert. Und wenn spanische Anleihen weniger wert werden, dann werden auch portugiesische Anleihen weniger wert ... FOCUS Online: ... und der Anleihenmarkt bricht zusammen. Mayer: Das ist nicht das einzige Problem. Der Bondmarkt wird auch den Aktienmarkt anstecken. Die Auswirkungen auf die Finanzmärkte wären extrem.“

Nun, die Deutsche Bank macht ihre Hauptgewinne nämlich vorwiegend mit Derivaten und nicht mit dem popeligem Kreditgeschäft mit der Realwirtschaft. Folgerichtig schrieb kürzlich das Manager-Magazin zur sinkenden Bonität genau aus diesem Grunde:„Die Deutsche Bank bekommt eine schlechtere Bonitätsnote von der Ratingagentur Moody's. ... Die Experten stuften das Rating des größten deutschen Geldhauses um zwei Stufen auf "Aa3/C+" von "Aa1/B" zurück.....Als Grund nannte Moody's die Fokussierung der Bank auf das Kapitalmarktgeschäft, die ihr Ergebnis anfällig für Schwankungen mache. Zudem hätten sich die vermeintlich stabilen Sparten wie das Privat- und Firmenkundengeschäft nicht so entwickelt wie von Moody's erwartet. Bei einer Verschärfung des Wettbewerbs im Investmentbanking werde es für die Deutsche Bank schwieriger werden, ihre ambitionierten Ziele zu erreichen. Die Ratingagentur habe deshalb Bedenken, dass das Institut größere Risiken eingehe, um dem dann einsetzenden Druck der Investoren standhalten zu können...“

CDS’s, also Credit Default Swaps, sind Ausfallversicherungen für Finanzprodukte. Nun sind Versicherungen an und für sich ja kein Teufelszeug. Grundsätzlich dienen sie dazu, das berechenbare Risiko eines Einzelnen auf das durchschnittliche, und damit geringere, Risiko der Gemeinschaft der mit dem gleichen Risiko Behafteten umzulegen. Da wäre zunächst mal nicht viel dagegen zu sagen, allerdings hat sich das CDS Instrument längst vom Risikoversicherer zur finanzpolitische Nuklearwaffe mit offen liegendem Zünder entwickelt.

Das hat wenigstens drei Gründe. Erstens werden damit nicht nur berechenbare Produkte versichert, wie etwa der Kredit an einen Firmenneugründer, sondern auch Derivate wie z.B. Finanzwetten. Das ist vergleichbar wie mit der Versicherung einer Lotterie oder einer Pferdewette gegen den Verlust des Einsatzes. Keine normale Versicherung würde das tun, aus guten Gründen. Zweitens, viel schlimmer, kann man auch noch Versicherungen abschließen, obwohl man gar nicht gewettet hat. Auch das würden normale Versicherung niemals tun. Und drittens, kann man mit den Policen auch noch selbst handeln und sie etwa gegen Gewinn weiter verkaufen. Auch dafür würde sich eine normale Versicherung nicht hergeben. Im Klartext: Die Zocker haben sich ihre Spielschulden gegenseitig versichert, und das nicht nur einfach, sondern gleich mehrfach.

Dem entsprechend haben die CDS Besitzer und Händler auch kein großes Interesse an einer möglichen Transparenz des dubiosen Geschäftes, das bislang weitestgehend unter dem Ladentisch gehandelt wird:„...Nach der Beinahe-Pleite AIG soll der Derivatehandel sicherer werden. Politik und Aufseher drängen die Banken dazu, sämtliche Transaktionen zu melden und Preise zu veröffentlichen. Die Branche wehrt sich - wohl auch aus Eigennutz..... Die Wall Street leistet Widerstand gegen die Reform des 605.000 Mrd. $ großen außerbörslichen Derivatehandels. Die Finanzbranche stemmt sich gegen Ideen, Derivatepreise öffentlich zu machen.“

Was 605.000 Mrd. $? Sie meinen das ist ein Druckfehler? Keineswegs es, sind in Worten Sechshundertfünttausendmilliarden, oder in Zahlen 605.000.000.000.000 Dollar. Nach deutschem Sprachusus also 605 Billionen USD oder nach amerikanischem Sprachgebrauch 605 Trillions $. Und damit sage und schreibe gut das 10-fache des gesamtem Weltbruttosozialprodukts. Und der absolute Löwenanteil dieses „außerbörslichen Derivatehandels“ sind tatsächlich die ominösen CDS’s. Bereits ein prozentual gesehen geringer Ausfall der versicherten Volumina würde, wegen der gewaltigen Hebelwirkung der vielfachen Überversicherung, zwangsläufig einen Kollaps der Versicherer nach sich ziehen. Mit den so genannten Short- oder Leerverkäufen, Wetten die auf fallende Finanzanlagen und Devisen setzen, schließt sich dann der Kreis. Denn jeder solcher Ausfall beschert nicht nur dem tatsächlich Versicherten seinen Einsatz, sondern durchschnittlich auch zehn weiteren Zockern sprudelnde Gewinne. Fällt dann tatsächlich ein wirklich große Schuldner aus, dann ist das natürlich der Zünder, der unweigerlich die Kettenreaktion zur Explosion bringt.

Dementsprechend sitzt erstmal die Angst der Banken tief vor einer Offenlegung der Praktiken und Preise: „...Ihr Argument: Die Transaktionen seien zu kompliziert und zu verschieden. "Solch eine regelmäßige Veröffentlichung setzt voraus, dass die Finanzinstrumente jederzeit gehandelt werden. Das ist bei vielen Derivaten nicht der Fall. Preise könnten demensprechend irreführend sein", sagte Don Thompson, stellvertretender Justiziar bei JP Morgan Chase.... Seit dem Beinahe-Zusammenbruch des Versicherungskonzerns AIG, der wegen Derivatewetten mit mehr als 180 Mrd. $ an Steuergeldern gerettet werden musste, arbeiten die Vereinigten Staaten und die EU-Kommission an härteren Regeln.“

Natürlich ist die Botschaft in kleinen Häppchen bereits bei unseren Volksvertretern angekommen und man bemüht sich um Transparenz: „..Das US-Repräsentantenhaus präsentierte im Dezember einen Gesetzesentwurf. Im Senat konnte bisher keine Einigung erzielt werden. Die Europäer wiederum werden im Lauf des Jahres konkrete Vorschläge vorlegen.“. Herauskommen wird dabei nicht viel, denn in der Tat würde eine komplette Offenlegung den Spekulanten klar machen, das diese CDS auf Sand gebaut sind. In der Folge kämen die Handelspreise der CDS unter Druck und in der Folge das ganze Schneeballsystem schnell ins Rutschen. So können die Regierungen, die letztlich im selben Boot sitzen, erfolgreich auf die unbedingte Notwendigkeit eines international koordinierten Vorgehens verweisen und sicher davon ausgehen, dass ihre „konkrete Vorschläge“ in unzähligen Arbeitstreffen und Kaffeerunden versanden werden.

Und als bräuchte es gar keinen Staat und fleißige Bürger, um mit ihrem Geld glücklich zu werden, sägen die weltweiten Zocker auch gleich an dem Baumstamm, auf dem sie sitzen: „... Spekulanten haben in den vergangenen Wochen mit hohen Milliardenbeträgen darauf gewettet, das Griechenland zahlungsunfähig wird und dass der Euro dadurch in Bedrängnis geraten wird. Mit diesen Finanzwetten haben die Händler allerdings die Probleme von Griechenland und Euro erheblich verstärkt. Für die Spekulationen gegen Griechenland haben Anleger vor allem Kreditversicherungen genutzt, so genannten Credit Default Swaps (CDS)........ Und das britische Pfund ächzt seit Tagen unter dem Spekulationsdruck, es verliert beständig an Wert. Das ist eine Ironie des Schicksals, denn gerade in Großbritannien sitzen die politischen Kräfte, die sich bisher gegen eine stärkere Regulierung gestemmt haben. Es waren die Booms von Derivaten und Hedgefonds in den Jahren vor der Finanzkrise, die für das rasante Wachstum des Finanzplatzes London verantwortlich waren.“

Dem entspricht der Gegenwind und eine seltsam verschobene Realitätswahrnehmung: „..Aus der Londoner City und den Banktürmen im Frankfurt kommen denn auch die Plädoyers für den Einsatz von Derivaten: Sie erfüllten eine wichtige volkswirtschaftliche Aufgabe, sagt beispielsweise Deutsche Bank-Vorstand Jürgen Fitschen, der am Samstag neben Volcker auf dem Podium saß: „Sie helfen Unternehmen, ihre Risiken zu managen.“ Auch Spekulation sei sinnvoll, argumentieren Vertreter der Finanzindustrie gerne: Spekulanten würden Probleme offenlegen und so beispielsweise Regierungen zu Reformen zwingen und Unternehmen dazu, effizienter zu arbeiten. Unterstützung finden die Banker dabei teilweise auch bei Volkswirten, etwa bei Deutschlands Vorzeige-Ökonom Hans-Werner Sinn aus München: „Man sollte nicht jede Spekulation verbieten, weil Spekulation vielfach sehr nützlich ist“, sagt Sinn. ....“. Also deutlich gesprochen, Spekulation ist sinnvoll, weil sie Unternehmen und ihre Beschäftigten dazu zwingt viel mehr mir weniger Personal zu produzieren, das dazu weniger Lohn beansprucht, der Staat soll dagegen sparen wo es nur geht, Steuern und Abgaben oben runter, unten rauf, und gleichzeitig noch die Konsumfreude des Bürgers anfeuern. Mal abgesehen von der Unmöglichkeit des Spagats werden hier Ursache und Wirkung, Opfer und Täter in ihrer Rolle kaltschnäuzig verdreht.

Dazu vielleicht noch einmal die WELT zu diesen tollen „Finanzinnovationen“, wie der CDS’s: „Paul Volcker ist eine Legende...heute berät er US-Präsident Barack Obama ... Am Samstag war Volcker zu Gast bei Bundespräsident Horst Köhler und diskutierte auf einer Veranstaltung auf Schloss Bellevue über..den Handel mit Derivaten“. Dabei erzählte Volcker eine kleine Anekdote: „Er habe kürzlich auf einer Veranstaltung neben einem Nobelpreisträger gesessen, erzählte Volcker. Der Mann habe die theoretischen Grundlagen für die Spekulation mit Finanzinnovationen gelegt. Volcker wollte von dem Tischnachbarn wissen, was die neuen Finanzprodukte zur Steigerung der Produktivität beigetragen hätten; was sie Positives für die Volkswirtschaft gebracht hätten. Der Nobelpreisträge habe sich hinübergebeugt zu Volcker, nah an sein Ohr und gesagt: „Nothing“ – nichts.“

„Finanzinnovationen“ oder „Finanzprodukte“, dass sind diese nervenden Wortschöpfungen der Finanzindustrien, die in der Regel den Marktteilnehmern nur die wahren Zusammenhänge verschleiern sollen. Denn was eine klassische Geschäftsbank tut ist eigentlich so simple wie unattraktiv, aber auch notwendig: Auf der einen Seite nimmt sie das Geld der Sparenden und gibt es am anderen Ende denen, die zeitweise einen Kredit benötigen. Dabei zahlt sie dem Ersteren etwas weniger Zins als Zweiter löhnen muss, und kassiert die Differenz als Einnahme. Der Zins wiederum liegt normalerweise nur wenige Prozentpunkte über der Inflationsrate bzw. dem Wirtschaftswachstum. Insbesondere in Zeiten mageren Wachstums eben nicht sehr attraktiv. Wenn man mehr haben will, dann muss man den Leuten schon „Finanzprodukte“ statt schnöder Kredite andrehen. Wenn Sie also wirklich reich werden wollen, aber zu blöd sind an der Werkbank eine Schraube zu drehen, zu faul um normale Dienstleistungen zu erbringen, und zu gierig für einen normalen Bankberuf sind, dann werden sie Investmentbanker und erfinden sie „Finanzinnovationen“.

Ach ja, wer die CDS-Versicherer sind? Es sind keineswegs nur Versicherungskonzerne, sondern auch viele Geschäfts- und Investmentbanken sowie Fonds und Hedgefonds, so ziemlich Jeder der sich dazu berufen fühlt in der Finanzbranche. In letzter Konsequenz aber sind natürlich Sie es, lieber Leser. Wegen der gewaltigen Hebelwirkung des CDS-Marktes ist dieser natürlich „very much too big to fail“ und die Regierungen werden natürlich alles erdenkliche tun, um einen Crash aufzuschieben. Und wenn die denken, dann denken sie natürlich erstmal an Ihren Geldbeutel. Nein, nicht an deren, an Ihren lieber Leser.

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