Montag, 3. Mai 2010

Berlinopolis: Die Falle hat zu geschnappt

Die "Griechenrettung" oder "Eurorettung" steht. 110 Mrd. Euro sollen fürs erste fließen, ob es helfen wird ist mehr als fraglich. Es ist sogar auszuschließen. Der Finanzbedarf dürfe jährlich etwa 60 Mrd. Euro betragen, wenn sonst nichts passiert , aber für wenigstens 10 Jahre.

Aber natürlich wird mehr passieren. Denn die EU wurde zu dem gedrängt, was mit dem Plänkelgefecht vor Athen beabsichtigt war: Das Fundament des EURO , der Maastricht-Vertrag wurde ins Gegenteil verkehrt. Von Stabilität keine Spur mehr. Bundespräsident Horst Köhler war bei der Errichtung des Vertrages, damals noch Banker, maßgeblich beteiligt. Damals äußerte sich Köhler gegenüber dem Spiegel: "Wenn sich ein Land durch eigenes Verhalten hohe Defizite zulegt, dann ist weder die Gemeinschaft noch ein Mitgliedstaat verpflichtet, diesem Land zu helfen. Es wird nicht so sein, dass der Süden bei den sogenannten reichen Ländern abkassiert. Dann nämlich würde Europa auseinanderfallen.". Wie recht er hatte, nur, heute redet er genau umgekehrt. Damals (1992)setzte er auch gleich noch einen drauf, indem er den Kritikern Kompetenzlosigkeit unterstellte: "Wenn man den Vorgang Währungsunion so interpretiert, als ob wir jetzt zur Kasse gebeten werden, ist das aus meiner Sicht eine erschreckende Diagnose...in der innenpolitischen Diskussion in Deutschland [wird]- in zum Teil sträflicher Art und Weise - Angstmache betrieben".

Soviel nur als Beispiel der Vertrauenswürdigkeit der politisch motivierten Aussagen, so etwa das angeblich gute Geschäft, das man mit den Griechen machen würde, wenn die erstmal die "Kredite", die vorläufig in Schattenhaushalten versteckt werden, mit Zins und Zinseszins zurück zahlen würden. Und wer auf die Unmöglichkeit des Perpetuum Mobiles hinweist, wird heute wie damals der Angstmache und Kompetenzlosigkeit bezichtigt.

Alles Unfug. Selbst das rund 10-mal stärkere Deutschland hat nämlich erst einmal in seiner Geschichte mehr als einen Kleckersbetrag seiner Schulden zurück zahlen können. Das war unter Gerhard Schröder im Jahr 2000. Der Grund dafür war der enorme Erlös aus den UMTS-Frequenz-Versteigerungen, das Defizit wurde daher ausnahmsweise und trotz einer Nettokreditaufnahme von 23,8 Mrd., zu einem insgesamten Überschuss von 1,3% des BIP's, also rund 20 Mrd. Euro. Wer jetzt also von einer griechischen Rückzahlung incl. Zinsen von, in wenigen Jahren, an die 200 Mrd. Euro träumt, der leidet wahrlich an Vernarrung.



Und das Griechenland ausgerechnet durch Sparen an der Konsumkraft seiner Bürger seine Wirtschaft wieder auf Vordermann bringt, was für die Verbesserung der Einnahmenseite unabdingbar ist, klingt wie Gesang von einem anderen Stern. Zumal gerade Deutschland wie kein Anderer neue Schulden aufnahm, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Genau das Gegenteil von Sparen, und das mit gutem Grunde. "Denn inzwischen glaubt kaum noch ein Investor, dass Griechenland seine Schulden je vollständig zurückzahlen kann, Hilfe von IWF und EU hin oder her. Denn das Land muss in den kommenden fünf Jahren 30 bis 40 Mrd. Euro jährlich für Zins und Tilgung aufbringen. Die Steuereinnahmen betrugen 2009 aber nur 48,5 Mrd. Euro. Selbst wenn jetzt neue Milliarden fließen - wo soll das hinführen? "Es geht daher nicht ohne Umschuldung", sagt Bert Flossbach vom Vermögensverwalter Flossbach & von Storch. Einfache Mathematik zeige, dass Griechenland seine Schulden nie zurückzahlen könne." zitierte kürzlich die WELT.

So nimmt das Schicksal seinen Lauf. Die Europäer sind in die Falle gegangen:"Bis zu 600 Milliarden Euro müssten die reicheren Länder auf den Tisch legen, falls auch die Wackelkandidaten Portugal, Spanien und Irland komplett gestützt werden müssten, sagen Volkswirte. ..... In der Öffentlichkeit behaupten Vertreter der Eurozone, dass es keinen Diskussionsbedarf über eine Rettung von weiteren Staaten gebe. Hinter verschlossenen Türen heißt es lediglich, dass derzeit keine internationalen Gespräche über solch ein Szenario geführt würden. ....„Die Ansteckung, die wir derzeit bei anderen Staaten der Eurozone sehen, muss sehr ernst genommen werden“, sagte Allan von Mehren, Volkswirt bei der Danske Bank. „Wir erleben allmählich eine gefährliche Krisendynamik, bei der sinkende Bondkurse nicht zu einer steigenden Nachfrage führt, sondern genau das Gegenteil bewirkt.“ Derzeit gehe sein Haus davon aus, dass man Griechenland für 120 Milliarden Euro retten könne. „Die Summe könnte aber auf 500 bis 600 Milliarden Euro steigen, sollten Portugal und Spanien dazukommen.“..."

Selbst das ist nur die halbe Wahrheit. Denn die nächste Schlacht spielt sich bereits vor Lissabon ab. Da wird es erst richtig interessant. Denn während mit den sinkenden Griechen nur weniger als 40 Mrd. Anleihen bei deutschen und etwa 55 Mrd. Euro bei französischen Banken unter Verlustrisiko stehen, ist es bei Portugal so richtig dramatisch: Denn deren Hauptgläubiger ist ausgerechnet der Wackelkandidat Spanien, wo dann sofort 240 Mrd. an portugiesischen Anleihen faul würden. Kippt also Portugal, so kippt Spanien gleich hinterher.

Und das könnte schon bald der Fall sein. Denn für die großen Drahtzieher im Hintergrund ist der Fall Portugals, und damit des Euros, elementar wichtig. Es ist nämlich keineswegs nur eine bequeme Möglichkeit der Bereicherung für Goldman Sachs, Meryll Lynch und Deutsche Bank, um nur die größten Player zu nennen.

Viel wichtiger ist folgender Umstand: Die größten Geldhäuser der westlichen Welt, und auch die Schwellenländer unter der Führung Chinas, haben weit mehr wackelige Staatsanleihen auf Dollarbasis als auf Eurobasis in Ihren Büchern stehen. Nämlich mindestens das Doppelte. Und der gesamte Anleihenmarkt ist in der Krise der nicht mehr Refinanzierbarkeit. Die Dollaranleihen sind sogar noch viel fauler als die in Euro, sie sind überhaupt nur noch am Leben, weil die FED seit zwei Jahren die eigenen Anleihen der USA massiv selbst aufkauft. Und da sind Jahr für Jahr um die 1500 Mrd. Dollar fällig, jedes Jahr!

Die Anleihenemissionen stehen also in einem Konkurrenzverhältnis. Es ist ergo ganz wichtig, dass sich das Vertrauen der weltweiten Anleger vom EURO entfernt und erneut in den Dollar hinein geht. Nur so kann man die fälligen Anleihenverkäufe der USA ermöglichen, andernfalls kollabiert dieser und das Gros der weltweiten Staatsanleihen geht den Bach runter. Zumal die Selbstankäufe der USA nun auslaufen sollen, und die privaten Anleger das Geschäft wieder übernehmen sollen. Die können aber nicht an zwei Fronten kaufen, sondern müssen deswegen aus dem EURO heraus- und in den Dollar hinein gehen.

Der Verlust der EURO-Anleihen ist somit das deutlich kleinere Übel. Und deswegen läuft jetzt der Angriff auf Portugal, Spanien, Italien, Frankreich und zuletzt Berlin. Fressen und gefressen werden. Der Euro ist der zum Tode verurteilte Organspender, um dem Dollar noch ein paar nette Jahre zu gönnen.

Damit der Dollar noch einige Jahre überleben kann, ist der Tod des Euro’s unabdingbar!

Deswegen darf sich niemand der Illusion hingeben, mit der Griechenland-„Rettung“ sei es nun getan. Ganz im Gegenteil ist damit lediglich die entscheidende Plänkelschlacht gewonnen: Der für den Dollar so gefährliche Stabilitätspakt ist endgültig Geschichte, und Europas Politiker sind voll auf den Leim gegangen.

Und unter dem Leim befindet sich noch eine andere Wahrheit: Noch schlimmer als die westlichen Staaten sind ausgerechnet die Banken selbst verschuldet. Die haben nämlich Bank-Anleihen in der Höhe des 5-fachen, und mehr, des eigenen Wertes ausgegeben, und die müssen genauso refinanziert werden wie die Staatsanleihen. Jahr für Jahr. Auch die stehen in Konkurrenz zu den Euro-Anleihen.


Somit ist es keineswegs schnödes Gewinnstreben, das Bankhäuser wie Goldman Sachs zu Spekulationen gegen den EURO antreibt. Es ist schlicht eine mittelfristige Überlebensnotwendigkeit dieser Häuser und deswegen wird der Währungskrieg auch gnadenlos, und bis zum bitteren Ende, weitergehen.

2 Kommentare:

  1. Lieber Herr Genreith,
    durch Zufall bin ich vor einigen Wochen auf Ihren Blog gestossen.
    Ich mache gerade eine Ausbildung zur Betriebswirtin (IHK) und wir behandeln das Thema Griechenland nebenbei im Unterricht (in Außenwirtschaft haben wir einen Professor für Volkswirtschaft der Hochschule Regensburg).
    Sie beschreiben die Zusammenhänge der Weltwirtschaft wirklich sehr verständlich und ich kann mein 'Wissen' mit Interesse (ich meine hier auch: mühelos) vertiefen und festigen.
    Dafür wollte ich mich bedanken!
    Herzliche Grüße,
    Alexandra Lück

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  2. Mit den Vorgängen um den Griechenland-Bailout habe auch ich mich sehr intensiv beschäftigt ( http://beltwild.blogspot.com/search/label/Griechenland-Bailout ) und die Idee, einen Zusammenhang zwischen dem objektiven Ablenkungsinteresse der USA (und Großbritanniens!) von ihrer eigenen Währungsmisere und der intensivierten Debatte um die angebliche Euro-Misere zu suchen, war mir auch schon gekommen.
    Dass hier allerdings eine objektive Knappheit der für Anleihekäufe verfügbaren Mittel vorliegt, war mir nicht bewusst.
    Ich kann eine solche Meinung allerdings auch schlecht mit der zunehmenden Kapitalakkumulation bei den Reichen zusammenbringen: da müsste doch dann genügend Geld zusammenkommen?

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