Mittwoch, 19. Mai 2010

Knüppel aus dem Sack


In den 10 Tagen seit der NRW-Wahl hat sich einiges getan. Hatte die Koalition in Berlin am Tage vor der Wahl noch gute 22 Mrd. Euro dem Steuerzahler aufs Auge gedrückt, so forderte sie am Wahltagabend bereits weitere 123 Mrd., als Teil eines Gesamtpaketes von 750 Mrd. Euro dem deutschen Michel ab.

Knüppel aus dem Sack also, und am Tag danach hieß es seitens BK Merkel bereits, dass es auch mit den versprochenen Steuererleichterungen nichts werden wird. Da der böse Wähler nämlich ebenfalls seinen Knüppel hervor geholt hätte, und in NRW gelb-schwarz nicht zugestimmt hat, und somit das FDP-Zückerchen nunmehr nicht mehr durchsetzbar sei.

Als hätte man es ahnen können. Also werden, wie schon vermutet, die Folterwerkzeuge ausgepackt. Und dann holte auch der Finanzmarkt seinen Knüppel, schon am zweiten Tag, wieder hervor: Nach kurzer Erleichterung kratzte der EURO am Dienstag bereist wieder ab und der Goldpreis knackte sowohl in Dollar als in Euro gemessen alle bisherigen Rekorde. Etwas gutes hatte das auf jeden Fall: Nachdem auch die Wirkung des nächsten Gigapaketes, zumindest fürs erste, verpuffte, ist die Diskussion um Beschränkungen der weltweiten Finanz-Yuppies in den Führungsetagen der deutschen Edelklasse angekommen.

Seit gestern wird daher zurück geknüppelt. Erstmals sind in der BRD Leerverkäufe an deutschen Handelsplätzen verboten: "...Die deutsche Finanzaufsicht BaFin hatte überraschend ab Mitternacht ungedeckte Leerverkäufe von Staatsanleihen der Euro-Länder sowie auf Aktien der zehn größten deutschen Finanzinstitute untersagt. Das Verbot betrifft auch ungedeckte Kreditausfallversicherungen auf Euro-Staatsanleihen. Bankhäuser kritisierten die deutsche Entscheidung als Verzweiflungstat.....Laut Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gilt die Regelung zunächst bis zum 31. März 2011."

Natürlich kann das die Börsianer wenig erfreuen: "...Marktteilnehmer zeigten wenig Verständnis für die BaFin- Entscheidung. Diese gleich einem Verzweiflungsakt, erklärte das Frankfurter Bankhaus Metzler. „Erschwerend kommt hinzu, dass Europa nach wie vor nicht mit einer Stimme spricht, wie der deutsche Alleingang zeigt“, sagte Metzler- Experte Özgür. „Dies führt letztlich dazu, dass Investoren verunsichert werden und finanzielle Mittel aus dem Euroraum abziehen.“". Wie wenig einig man sich in Brüssel ist, betonte Deutschlands wichtigster Partner Frankreich: "..Frankreich zeigte sich irritiert über den deutschen Vorstoß. „Ich finde, dass jemand bei einer solchen Maßnahme zumindest den Rat der anderen Mitgliedstaaten einholen sollte“, sagte die französische Wirtschaftsministerin Christine Lagarde. „Folglich erwägen wir dies nicht ... Wir haben nicht vor, dem Schritt zu folgen“, sagte Lagarde."

Die Stimmung ist demnach nicht die Beste, aber immer noch besser als in Bangkok, wo man heute gleich das halbe Bankenviertel abgefackelt hat. "In rote Hemden gekleidete Demonstranten setzten mindestens 17 Gebäude in Brand, darunter die Börse und das zweitgrößte Kaufhaus Südostasiens, das Central World, das vollständig zerstört wurde. ...Die Rothemden, die überwiegend der armen Landbevölkerung entstammen und Anhänger des gestürzten Ministerpräsidenten Thaksin Shinawatra sind, werfen Abhisit vor, demokratisch nicht legitimiert zu sein.." schreibt das Handelsblatt.

Wichtiger als die Probleme der Landbevölkerung scheint jedoch auch dort das "Vertrauen" der Finanzjongleure zu sein: "...Die Börse schloss am Mittwoch vorzeitig, auch für Donnerstag und Freitag wurde der Handel ausgesetzt. „Die Situation ist jetzt schlimmer als erwartet und die Entwicklung noch schwerer stoppen“, sagte Kavee Chukitsakem, Research-Chef von Kasikor Securities. Nach der Aufgabe der Anführer der Rothemden, „sind die Dinge außer Kontrolle geraten“. Nach Ansicht seines Kollegen Kongkiat Opaswongkarn von Asia Plus Securities wird es Jahre dauern, bis das Land das Vertrauen bei Investoren wiedererlangt."

Fast unter geht dabei das Machtgerangel in NRW. Rüttgers hatte am 9. Mai zwar wie erwartet die meisten Stimmen bekommen, aber mit gerade mal 6200 Stimmen reichte es zu keinem einzigen Mandat mehr als bei Frau Kraft. Daher erfreut uns die Tage wieder ein Hessen-Deja-Vu. Rüttgers versucht den Koch zu geben, mit der Schützenhilfe durch die FDP, die sich wieder einmal einem möglichen Bündnis verweigert.

Also aussitzen und solange Zwietracht säen, bis sich der politische Gegner so sehr selbst im Wege steht, das es trotz Abwahl zum weiter Regieren reicht. Die Chancen stehen gar nicht mal schlecht dafür. Allemal ein spannendes Schauspiel, so als hätte Deutschland wahrlich keine größeren Probleme als die Frage, ob eine weitere Partei im größten Bundesland nun mit der Edelklasse spielen darf oder nicht.

Geknüppelt wurde aber auch gegen den zur Zeit wichtigsten Mann Deutschlands: Michael Ballack. Ausgerechent einer der WM-Gegner der kommende Vorrunde in Südafrika, der Ghanaer Kevin-Prince Boateng, säbelte unseren Edelkicker von der Adidassohle. Jetzt heißt es wirklich anpacken. Für Löws Buben sowieso, und für uns: Bier und Tröten auspacken und bei den Open Viewings mit einer Stimme Deutschland anfeuern. Denn dort besteht ja eine kleine Chance auf einen Sieg.

Wie die neuen Entwicklungen, rund um das sündhaft teure EURO-Rettungspaket, an den Finanzplätzen der Welt, im Bürokratiemonster Brüssel und in den Geldbörsen des Bürgers aufgenommen werden, ist noch unklar. Nicht im Ergebnis, aber doch im Timing. Zumindest aber auf die Ergebnisse in Südafrika darf man sich freuen.

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