Mittwoch, 6. Juli 2011

There isn't enough cocaine in Hollywood

...um sich die Story von Dominique Strauss-Kahn auszudenken, schreibt die Asian Times: „Here's a word of thanks to the New York Post for reminding me to stay away from fiction. Never mind that Rupert Murdoch's print platform here in New York City has an knife to twist in the morbid flesh of District Attorney Cyrus Vance, Jr, whose liberal instincts latched onto the most politically-correct accuser in recent history: a "very pious devout Muslim woman", a refugee from rape and genital mutilation in her native Guinea, assaulted by the head of the world's top economic agency, the International Monetary Fund. There isn't enough cocaine in Hollywood to inspire scriptwriters to invent such a poster-child for political-correctness.“.

Möglicherweise liegt es ja daran, dass das Zeugs bereits in Berlin verbraucht wurde, um sich die Welt wieder rosig zu schnupfen. Gejubelt wird von den Junkies der Berliner-Republik zur Zeit über einen Rückgang des Staatsdefizits und das man dem Wunsch der Liberalen-Kiffer nach Steuersenkungen, diesmal sogar für die popelige Masse statt schnöder Hoteliers, nach kommen müsse. Wieviel, für wen, warum und wieso, nichts genaues weiß man nicht, aber für die Sommerpause muss das reichen, und dann gell, schaunmermal.

Natürlich ist der Termin 2013 „rein zufällig“ vor der Wahl, genauso zufällig wie die Steuerentlastung der Hoteliers die knapp nach einer wohlwollenden Spende der zuständigen Lobby an Gelb-Schwarz und unmittelbar nach der gewonnenen Wahl 2009 erfolgte. Wieviel es sein soll ist unklar, klar ist nur das sich relativ wenige Hoteliers in der Zwischenzeit über vier bis fünf Milliarden freuen durften, und noch weniger Finanzgenies über rund 1000 Mrd. an Zuwendungen, Stützen und Garantien oder abgekauften Schrottaktien. Eine Milliarde für die Steuerzahler, wenn sie denn kommt, macht bei gut 40 Millionen Steuerbürgern, wovon allerdings nur die Hälfte Sozialabgaben vollumfänglich bezahlt, dann knapp 2,50 Euro pro Monat. Genug also, dass sich die deutsche Durchschnittsfamilie alle vier Wochen zu viert eine Currywurst teilen kann. Die dort verknappten Leistungen und erhöhten Sozialbeiträge fängt das keinesfalls auf, dafür müssten die angestrebten Entlastungen schon im hohen zwei- bis dreistelligen Milliardenbereich liegen. Ohne viel Koks ist daran nicht zu denken.

Also bringen wir unsere Junkies ein wenig auf den Boden der Tatsachen zurück. Zunächst kommt das Wort „Defizitrückgang“ beim Wähler, zum Glück der Regierung, oft genug als „Schuldenrückgang“ an. Das ist natürlich nicht der Fall. Es heißt lediglich, dass die weitere Schuldenzunahme nicht ganz so schnell erfolgt wie zunächst befürchtet wurde. Unaufhaltsam zunehmen tut sie natürlich trotzdem, und bei den nun avisierten minus(!) 2,9 statt minus 3,1 % bleibt es auch nur dann, wenn nicht noch mehr „schief“ geht, als sowieso schon. Aber auch da gilt: Ohne viel Koks ist daran nicht zu denken. Denn auch in den Kriselländern, allen voran aktuell Griechenland, nehmen trotz Sparprogrammen die Schulden nicht ab, sondern weiter zu. Und das kann sich auch nicht ändern, eventuelles Wachstum hin oder her. Denn um Staatsschulden zu verringern reicht es nicht aus, das EU-Schuldendefizit der erlaubten minus 3% einzuhalten, man müsste natürlich auf deutlich positive Werte kommen. Wenn man aber Schulden in Höhe von 150% des BIP's hat, die zu etwa 5% zu verzinsen sind, dann braucht man nämlich einen staatlichen(!) Überschuss von plus 8% um ein halbes Prozentchen zu tilgen. Wohl gesagt in der staatlichen Bilanz. Und das ist noch was ganz anderes als das Wachstum der Volkswirtschaft. Also, ohne viel Koks ist daran auch nicht zu denken.

So hat sich die Schuldenuhr in der Zeit seit Merkel und Westerwelle um fast 300 Mrd. hochgedreht, zur Zeit steht sie bei 2.028.316.000.000 € (2028 Milliarden Euro). Und das ist nur die offizielle Staatsverschuldung, die noch nicht fälligen Garantien plus all die Bad Banks Einlagen die die Regierung in der BRD und in der EU eingegangen ist, würden, wenn Sie direkt und nicht erst nach Fälligkeit gebucht werden müssten, die Uhr bereits deutlich über die 3000 Mrd. € Marke drehen. Dass dieses Kartenhaus trotzdem in der BRD noch hält, hat einen simplen Grund: da Schulden nie zurück gezahlt, sondern immer nur gegen neue und noch höhere Schulden rolliert werden, kommt es also auf das Vertrauen der Investoren an, dass diese Rollierung auch beim nächstenmal noch funktioniert. Und da steht sich die BRD im weltweiten Vergleich eben sehr gut. Würde man auch der BRD nicht mehr vertrauen, dann würde das gesamte Kartenhaus der westlichen Welt unmittelbar kollabieren.

Und damit sollten alle Kokser nochmal daran erinnert werden, dass das Kernproblem der Finanzkrise, die in Wahrheit seit 2000 grasiert, nach wie vor völlig ungelöst ist: Der viel zu hohe Kapitalkoeffizient. Der führt nämlich dazu, dass auch jedes denkbare Wachstum nicht ausreicht, um den exponentiell steigenden Renditebedarf dieses Tyrannosaurus Rex zu stillen.


Bevor wir dieses Monstrum nochmal näher betrachten, ein kurzer Abstecher zu dem Thema, warum es Volkswirtschaften wie der chinesischen und deutschen Exportweltmeister noch so gut geht, und warum der Schuldenkönig USA, trotz schlimmerer Zahlen als Griechenland, ebenfalls noch einigermaßen über die Runden kommt. Dazu berechnen wir an Hand des DMWM einfach den Effekt, wenn eine Modellvolkswirtschaft Kapital exportiert, im Werte vom 10% seines BIP's, und eine zweite, zunächst schwächere Volkswirtschaft dieses annimmt, und damit zusätzliches BIP und Exporte generiert. In der ersten Graphik sehen wir, nur zum Vergleich zur zweiten Graphik, den Fall ohne eine solche Wechselwirkung: Beide Volkswirtschaften haben natürlich den üblichen Verlauf in ihrer Entwicklung des BIP (der Kapitalstock ist in der Graphik nur für Blau angegeben, hier interessiert im wesentlichen die beiden BIP's). Dabei nehmen wir im Modell an, dass die rote Volkswirtschaft 25 Jahre später startet und nur halb so groß ist wie blau (Pseudo-USA und Pseudo-China). Das Maximum des BIP's von Rot bleibt dabei auch unter dem Maximum von Blau, wie kaum anders zu erwarten war.


In der zweiten Graphik sehen wir den, insbesondere bei dem Verhältnis USA – China gut beobachtbaren, erheblichen Effekt eines solchen Kapitaltransfers: Während nun Rot raketenartig wächst, und das BIP von Blau deutlich überholt, stagniert das BIP von Blau auf einem, noch guten, Niveau. Wichtiger dabei ist aber noch, dass nun Rot wegen der dortigen Kapital-Blasenbildung früher, und heftiger, als sonst wieder abstürzt, während Blau es schafft, sich über deutlich längere Zeiträume am Leben zu erhalten.

Den Preis, den Blau bezahlt, ist eine totale Konsumorientierung, und damit Verlust der weltweiten Konkurrenzfähigkeit seiner Industrie, der Preis für Rot ist der viel zu schnelle Aufstieg, und Absturz:„...Sollte es zu einer Krise im Land kommen, etwa durch das Platzen der Blase an den Immobilienmärkten, könnten Banken gewaltige Probleme bekommen. Die Zahl der ausgefallenen Kredite könnte einen Wert von mehr als zwölf Prozent erreichen. Es fehle ein Plan, wie mit dieser Problematik umzugehen sei, kritisiert Moody's. ….Analysten weisen vor allem infolge der unsicheren Lage auf dem Immobilienmarkt und der hohen Kredite an die Lokalregierungen darauf hin, dass mehrere Banken pleitegefährdet seien. Erst kürzlich hatte die Ratingagentur Fitch den Ausblick für die Note für Kredite in Landeswährung auf negativ gesenkt. Nach Schätzungen von Standard& Poor's könnten bis zu 30 Prozent der an die Regionen vergebenen Kredite ausfallen....“. Die offiziellen chinesischen Daten sind nicht besonders zuverlässig, nach meiner Kenntnis liegt aber der Kapitalstock in China bereits bei ca. 280% des BIP, und damit bereits bedrohlich nahe vor dem Kritischen Wert von 3.

Die Situation sieht für die BRD ganz ähnlich aus. Auch hier sammelt sich durch die vergleichbare Stellung in der Weltwirtschaft viel zu viel Kapital an, der neue Rekordwert wurde Ende 2010 mit 8.352.277.000.000 Euro, also mehr als 8352 Milliarden Euro, oder fast 8,4 Billionen erreicht. Die Folge ist natürlich ein viel zu hoher Renditedruck auf das BIP, der nur so lange zu ertragen ist, wie die Welt in der Lage und bereit ist, die überschüssige deutsche Produktion abzunehmen.


Und nun zu den Realzahlen der BRD: In obiger Graphik sehen wir das Verhältnis von Kapitalstock zu BIP, in der Ökonomie mit dem Begriff Kapitalkoeffizient bezeichnet. Darunter, nach dem gleichen Schema berechnet, der Koeffizient der inländischen Kredite an Nichtbanken, d.h. der Anteil des normalen Geschäftsbankenmodells am gesamten Kapitalstock, ebenfalls im Verhältnis zum BIP, jeweils nach realen Zeitreihen der Bundesbank. Um es nochmal zu betonen, es sind reine Realzahlen, keine Modelldaten, und sie fordern vom Betrachter keine mathematischen Kenntnisse, sondern nur den gesunden Menschenverstand.

Das Problem liegt eben darin, dass das BIP beim besten Willen nicht mehr in der Lage ist, die gewaltigen Kapitalmengen zu absorbieren. So erreichte das Verhältnis Kapitalstock zu BIP bereits Ende der 60er-Jahre ein Verhältnis von 1:1 und in den 80er-Jahren dann auch das Verhältnis von Krediten in die Realwirtschaft zu BIP den Gleichstand. Bis zum Höhepunkt des Kapitalistischen Wirtschaftssystems um das Jahr 2000 erreichte letzterer etwa 145%, also fast das anderthalbfache des BIP's. D.h. es wurde deutlich mehr als das komplette BIP kreditfinanziert.

Was die Politik in den USA und EU mit ihren gewaltigen Geldspritzen erreichen wollte war nun, diesen sowieso schon überzogenen Kreditbedarf weiter zu steigern, was natürlich nicht mehr geht, und man sich seitdem wundert, das die Finanzspritzen unterm Strich fast ausschließlich in eine weitere Vergrößerung des schädlichen Investmentanteils der Banken geht und diesen weiter aufbläht. Statt einer Erhöhung des Geschäftsbankenanteils hat es sogar einen Rückgang auf etwa 130% gegeben, was immer noch die natürlich Grenze des BIP's übersteigt. Es ist der tiefere Grund, warum all die Rettungspakete in ihrer jetzigen Form keinerlei Chancen auf mittel- oder gar langfristige Änderung des Kernproblems hergeben.

Das ist ein altes Problem entwickelter Volkswirtschaften, und war auch vor der letzten Jahrhundertkatastrophe, ausgerechnet von Vertretern der Kapitalseite, erkannt worden: Der deutsche Sparkassenverband warnte schon eindrücklich in seiner Kundenzeitschrift im Jahre 1891, gut zwei Jahrzehnte vor der Katastrophe des Ersten Weltkrieges: "Die Ursache für das Sinken des Zinsfußes wird vorzüglich darin gefunden, dass die besonders rentablen Capitalanlagen großen Maßstabes heute erschöpft sind und nur Unternehmungen von geringer Ergiebigkeit übrig bleiben... So spricht denn alles dafür, dass wir noch einem weiteren Sinken des Zinsfußes entgegensehen. Nur ein allgemeiner europäischer Krieg könnte dieser Entwicklung Halt gebieten durch die ungeheure Capitalzerstörung, welche er bedeutet.".

Denn die einzige Lösung des Problems steckt in einer massiven Rückführung des Kapitalkoeffizienten. Dazu gibt es aber nur schmerzhafte Lösungen, wobei sich immer nur die Frage erhebt, auf wessen Kosten. Dass die Finanzwirtschaft das nicht sehen möchte ist einleuchtend, dass es die Politiker nicht sehen können, ist entweder Uninformiertheit oder Schlimmeren geschuldet. Sei es Dummheit, Feigheit oder Korrumpiertheit , oder eben zuviel Koks in der Birne geschuldet.

In dem Zusammenhang ist der Panzerdeal an Saudi-Arabien als Symptom der Krise zu sehen: „Die Bundesregierung hat sich angeblich für einen Verkauf von 200 „Leopard“-Kampfpanzern an Saudi-Arabien die Zustimmung Israels und der USA eingeholt. Das Königreich sei der letzte Stützpfeiler in der instabilen Region.“. In der Tat war es für alle Beobachter erstaunlich, dass aus Israel keinerlei offizieller Protest zu hören war, obwohl der normalerweise schon bei einer Kiste Gewehrmunition kommt. Tatsächlich erweist sich der Deal als abgesprochen und dient nicht nur der Versorgung der deutschen Rüstungsindustrie, und ihrer Investoren, mit Gewinn und Renditen. Die 200 Leopards der modernsten Kategorie sollen tatsächlich gegen den Iran in Stellung gebracht werden. Wobei man sich auf den „ letzte Stützpfeiler“ der Region, und darauf das er nicht bald einbricht, verlassen muss.

Krieg in Arabien, war da nicht was? Ja, der deutsche Michel hat es schon fast vergessen, seit bald vier Monaten tobt ein europäisch-arabischer Krieg in Libyen, der schon längst die Tragweite des ursprünglichen UN-Mandats übersteigt. Und das ist ganz sicher nur der Anfang, und das wissen die Strategen von Washington über London, Paris, Berlin, Moskau und Peking ganz genau.

Nun, den Verbleib des in Hollywood fehlenden Koks haben wir also geklärt, das Schicksal der Welt noch nicht ganz. Und ohne Koks, ist auch gar nicht daran zu denken.

1 Kommentar:

Vielen Dank für Ihren Kommentar. Ich werde ihn baldmöglichst freischalten. Diese Funktion dient lediglich der Vermeidung von Spam- und Flame- Kommentaren und dient niemals einer Zensur.