Montag, 7. November 2011

(III.) Weltkrieg, zweiter Akt.


Kommende Woche wird die internationale Atomenergiebehörde ihr Statement zum Iranischen Atomprogramm abgeben. Darin wird stehen, dass der Verdacht, das der Iran eine Atomwaffe entwickelt naheliegend und halbwegs begründet ist. Nun das ist für niemanden eine wirkliche Überraschung, aber doch der Aufhänger um endlich „Butter bei die Fisch“ zu geben. Während der Bericht gerade druckfertig gemacht wird, genauso wie die vorgefertigten triefend moralischen Entrüstungsstatements der internationalen westlichen Medien über soviel nukleare Agressivität des islamischen Mullahstaates, inklusive der üblichen Passagen über das „unverrückbare Existenzrechts Israels“, laufen schon seit Tagen die Angriffsvorbereitungen seitens Israels, USA, Großbritannien und vermutliche Frankreich. Also die übliche „Koalition der Willigen“, an deren selbstherrliche Kriegsentscheidungen sich die westliche und bundesrepublikanische Öffentlichkeit schon routinemäßig gewöhnt hat.

Wie weit die BRD an dem nächsten Kriegsakt beteiligt sein wird ist unklar. Der geheime unheimliche Panzerdeal mit Saudi-Arabien machte aber vor Monaten schon Furore und die heimliche Beteiligung der engsten Bundesregierung ist damit auch unmittelbar naheliegend: „Bei der geheimen Sitzung am 27. Juni hatte die Regierung über eine Voranfrage des Rüstungskonzerns Krauss-Maffei Wegmann beraten. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) argumentierte in der Sitzung gegen das Geschäft. Auch im Auswärtigen Amt wachsen die Bedenken. Vehement für den Export sprachen sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) aus. Am Schluss stimmten allerdings sämtliche anwesenden Minister dem Geschäft zu.“. Nun, ohne intime Beteiligung Israels hat ein solches Geschäft in der Geschichte der BRD noch nie funktioniert.

Natürlich ist nicht das wirkliche Problem eine weitere Atommacht auf dem Planeten zu haben, sondern es geht ausschließlich um den möglichen Bruch des israelischen Nuklearwaffenmonopols im nahöstlichen Pulverfass. Und an Verbündeten hat Israel in der Region nicht mehr viel vorzuweisen, seit dem Ägypten nach der Revolution eher wieder antiisraelisch geworden ist und auch die Türkei nach osmanischer Restauration zu streben scheint. Lediglich Saudi-Arabien ist Garant des Westens und Intimfeind der Iraner, und soll endlich auch die 200 modernsten Leopard-Panzer von Krauss-Maffei gegen die Mullahs in Stellung bringen. Das Israel schon seit spätestens 2006 nach einem Angriff auf Iran schielt ist bekannt. Aber selbst unter Bush's Regentschaft hat es nicht zu einem Angriffspakt mit den USA gereicht. Grund dafür war nicht zuletzt die fehlende Bereitschaft der US-Bevölkerung einem weiteren teuren und wahrscheinlich wieder erfolglosen Kriegseinsatz zu zustimmen. Und die Obamaregierung hatte bislang erst recht keine Lust dazu.

Nun aber drängt die Zeit. Und Israels Furcht vor dem drohenden Untergang ist, egal ob man nun pro- oder antiisraelisch eingestellt ist, absolut real und faktisch gerechtfertigt. Ob deswegen eine weitere, vielleicht schon ultimative, Eskalation des nun seit rund 100 Jahren andauernden latenten Okkupations- und Kriegszustandes des Westens mit Arabien wirklich sinnvoll ist, diese Frage steht allerdings auf einem ganz anderem Blatt. Um das zu verstehen, muss man sich nicht nur die Ereignisse der letzten paar Jahre anschauen, sondern das politisch-militärische Spiel um den Nahen Osten seit der letzten einschneidenden weltpolitischen Machtveränderung.

Der nahe Osten war für lange Jahrhunderte, nämlich von 1299 - 1923 Teil des osmanischen Reiches, also salopp gesagt, der Türkei. Das Ende leitete sich wie bei jedem Weltreich mit einer Pleite ein: “Finanziell geriet die Pforte [der Sultanspalast in Istanbul] nun vollends in die Abhängigkeit der europäischen Großmächte. Nachdem der Staatsbankrott erklärt worden war, übernahm die Dette publique einen Gutteil der Finanzverwaltung. Das europäische Kapital konnte ungehindert in den Staat fließen. Seine Interessen konzentrierten sich auf die Rohstoffquellen im Irak, aber auch Großprojekte wie den Bau der Bagdadbahn. Dabei kam das Deutsche Reich zum Zuge, das spätestens seit dem Berliner Kongress zum guten Partner für das Osmanische Reich geworden war.“ Die „Dette Publique Ottomane“ war übrigens eine finanzielle Notstandsverwaltung der osmanischen Türkei, die ganz fatal an die gerade eben faktisch eingerichtete Notstandsfinanzverwaltung durch IWF und EU für Griechenland und Italien erinnert: „Die Administration de la Dette Publique Ottomane (Osmanische Schuldenverwaltung) wurde 1881 von den sieben wichtigsten europäischen Mächten gegründet, nachdem das Osmanische Reich1875 seine Schuldenzahlungen eingestellt und den Staatsbankrott erklärt hatte. Es hatte im europäischen Ausland Anleihen aufgenommen und sich dabei überschuldet.“

Die Vergleiche mit der aktuellen Lage in Europa sind so frappierend, dass man den Wikipedia Artikel hier ruhig weiter zitieren darf: „Das Osmanische Reich schloss im Jahr 1838 ein Freihandelsabkommen mit Großbritannien ab. Damit mussten einheimische, noch traditionell hergestellte Waren mit den britischen, industriell produzierten und somit billigeren Gütern konkurrieren. Im Laufe der Zeit nahm die finanzielle Abhängigkeit vom Westen weiter zu. 1856 wurde die erste Auslandsanleihe aufgenommen. Um weitere Finanzkrisen zu bewältigen verschuldete sich der Staat weiter. Im Jahr 1875 folgte dieZahlungsunfähigkeit. Staatspapiere konnten nur noch mit der Hälfte der Zinsen und Zinseszinsen bedient werden. Nach dem Berliner Kongress und durch das Mouharrem-Dekret wurde am 20. Dezember 1881 die Administration de la Dette Publique Ottomane gegründet. Frankreich war mit einem Anteil von 40% der größte Gläubiger, gefolgt von England mit 29%, den Niederlanden mit 7,6%, Belgien mit 7,2% und dem Deutschen Reich mit 4,7%. Die Schuldenverwaltung wurde vollständig von einem europäischen Bankenkonsortium unter britisch-französischer Leitung gesteuert. Es verwaltete die Einnahmen aus wichtigen Steuern des Osmanischen Reiches und verwendete sie zur Rückzahlung der Schulden. Im überwiegend agrarisch geprägten Osmanischen Reich gerieten damit zahlreiche Wirtschaftsbereiche unter die Kontrolle ausländischer Finanzinstitutionen. Dadurch und durch die Schuldenrückzahlungen verloren die osmanischen Reformer wirtschaftspolitischen Spielraum. Das Osmanische Reich konnte den wirtschaftlichen Rückstand gegenüber den europäischen Großmächten nicht mehr aufholen.“

Nun, die spezielle Partnerschaft mit dem Deutschen Reich sollte dem Osmanischen Reich dann aber endgültig das Genick brechen, denn da die Türkei Deutschland im Ersten Weltkrieg 1914-1918 die Stange hielt, wurde sie danach dann auch zur willkommenen Kriegsbeute der damaligen Weltmacht Großbritannien und dem Kriegsgewinnler Frankreich. In 1920 war aus dem ehemals stolzen Weltreich ein vergleichsweise winziger Rumpfstaat auf einem Teilgebiet der heutigen Türkei geworden.

Damit war aber nun auch erstmals Palästina an die Westalliierten gefallen. Das traf sich nun großartig mit den Interessen der zionistischen Siedler in Palästina, die seit der französischen antijüdischen Dreyfus-Affäre 1894 begonnen hatten, in Palästina durch systematische Einwanderung und Landkauf das Land der antiken Urahnen wieder in, zunächst pekuniär bedingten Immobilien-, Besitz zu nehmen. Die zionistische Diplomatie konnte nun den neuen prozionistischen Besatzungsmächten das sogenannte Völkerbundsmandat abringen, dessen wesentliche Aussage in den zentralen Sätzen „„Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina“. Dies unter der Bedingung, „dass nichts getan werden soll, was die bürgerlichen und religiösen Rechte bestehender nichtjüdischer Gemeinschaften in Palästina […] beeinträchtigen würde“.“ zusammen gefasst werden kann.

Natürlich war der zweite Teil dieser salomonischen Entscheidung ein heftiger Dorn im Auge der zionistischen Bewegung, aber der Ausgang des nächsten Weltkrieges gab schließlich die Gelegenheit, sich massiv über diese salomonischen Sinn der Deklaration hinweg zu setzen. Zwar war der Immobilien Besitz in jüdischer Hand in 1918 von 2,5% des Bodens bis 1948 auf 5,7% nur unwesentlich gestiegen, aber nach dem Eindruck des europäischen Holocaust, an dem Deutschland zwar die Haupt- aber keineswegs die Alleinlast trug, setzte die westlichen Alliierten der völkerrechtswidrigen militärischen Okkupation Palästinas, unter Ignorierung des im Wesentlichen immer noch geltenden Volkerbundmandats, durch die Zionistischen Bewegung dann keinen ernsthaften Widerstand mehr entgegen.

Das Verhängnis begann mit der britischen Entscheidung sich aus Kostengründen aus Palästina zurück zu ziehen. Der Plan für das „danach“ bestand in einer Teilung des umstrittenen Gebietes. Die zionistische Lobby konnte dabei jedoch, obwohl sie ja das Land faktisch okkupiert hatten und zudem in der Minderzahl waren und somit aus durchaus nachvollziehbarer arabischer Sicht, dabei unberechtigter Weise die besten Filetstücke für sich herausschlagen: „Von den Befürwortern des Plans war starker Druck ausgeübt worden, um die Vereinten Nationen zur Annahme des Plans zu bringen. Die radikalen Nationalisten wie Menachem Begins Irgun oder Jitzhak Schamirs Lechi lehnten den Plan ab - ihnen ging er nicht weit genug. Bis zum heutigen Tage wird in israelischen Geschichtsbüchern der 29. November als wichtigster Tag in Israels Bemühungen um einen eigenen Staat angesehen. Dennoch wurde von einigen kritisiert, dass die entsprechenden Gebiete keine Kontinuität hinsichtlich jüdischer Staatlichkeit darstellten. Die arabischen Führer lehnten den Plan ab. Neben der generellen Ablehnung eines jüdischen Staates geschah dies mit der Begründung, der Plan verletzte die Rechte der Mehrheitsbevölkerung in Palästina, die zu diesem Zeitpunkt zu 67 Prozent nicht-jüdischen Religionen angehörten. Sie empfanden den Plan als Katastrophe. Kritisiert wurde die Menge und die Qualität des Landes, das den Juden zugeteilt wurde. In der Folgezeit kam es im Mandatsgebiet zu zahlreichen Überfällen und Anschlägen durch irreguläre jüdische und arabische Kräfte. Einige Stunden nach der Ausrufung des Staates Israel durch David Ben Gurion am 14. Mai 1948, am Tag des Auslaufens des britischen Mandats, eröffneten die Armeen Transjordaniens, des Irak, des Libanon, Ägyptens und Syriens die Kampfhandlungen gegen Israel (Palästinakrieg, in Israel "Unabhängigkeitskrieg").“

Und, nicht nötig weiter auszuführen, hat sich an dem prinzipiellen Kriegszustand, wenn gleich sich zwischenzeitlich die Machtkonstellationen, Koalitionen und Diskrepanzen zwischen den beteiligten Staaten und Organisationen ständig und stetig verändert haben, nichts wesentliches geändert. Ständige Groß- und Kleinkriege, sowie arabischer aber auch jüdischer Terrorismus, und die Unfähigkeit zu einem gerechten Frieden, nicht zu Letzt und in letzter Zeit ganz besonders durch das Israel Netanjahu's, haben nicht nur abertausende Opfer gefordert sondern auch an der grundsätzlich prekären Situation des Staates Israel wenig geändert.

Seit dem israelischen Sieg im Jom-Kipurr-Krieg 1973 gab es nie wieder eine größere Einigkeit unter den Arabern, die Israel hätte gefährlich werden können. Seitdem gilt, neben der gezielt geförderten Uneinigkeit der arabischen Staaten untereinander, aber vor allen Dingen das israelische Nuklearwaffenmonopol in der Region als Garant der israelischen Existenz: „Das israelische Atomprogramm begann in den 1950er Jahren mit Unterstützung Frankreichs. Zwar hat die israelische Regierung über Menge und Qualität ihres Kernwaffenarsenals nie ausdrücklich Auskunft gegeben, doch es gilt als sicher, dass Israel spätestens seit 1967 über Atombomben verfügt. Genauere Informationen wurden erstmals 1986 öffentlich, als Mordechai Vanunu, ein ehemaliger Techniker des Negev Nuclear Research Center, Fotos und Unterlagen über das israelische Atomprogramm an die Presse weitergab. Basierend auf Vanunus Enthüllungen wurde das israelische Arsenal Anfang der 1990er auf 100 bis 200 Sprengköpfe geschätzt. Andere Schätzungen liegen bei 75 bis 130 Sprengköpfen Ende der 1990er; wieder andere gehen bis zu 400. Es ist gut möglich, dass Israel auf vollständige Kernwaffentests verzichten konnte. Erstens ist das Gun-Design so einfach, dass auf Tests verzichtet werden kann. Zweitens wird spekuliert, dass Israel Zugriff auf die Daten französischer oder amerikanischer Atomtests hatte. Im Mai 2009 beendete auch die amerikanische Regierung ihr Stillschweigen und verlangte einen Beitritt zum Atomwaffensperrvertrag."

Es liegt in der Bigotterie des Westens, geboren aus der Beteiligung aller europäischen Staaten an Progromen und dem Holocaust am jüdischen Volke, das man einerseits die illegale Nuklearrüstung Israels stetig gefördert und offiziell stets verschwiegen und geleugnet hat; während man den Iran bereits in 1968 zur Unterzeichnung des Atomwaffensperrvertrages brachte, den Israel aber bis heute nicht unterzeichnet hat und auch, im Gegensatz zu Iran und allen sonstigen dem Westen feindlich gesinnten Staaten, nie zu unbehinderten Inspektionen der Internationalen Atomenergiebehörde genötigt wurde. Atomambitionen des Iraks und Irans dagegen werden als casus belli gewertet, und in aller Regel auch von der US dominierten UNO sowie den Verbündeten Europäern abgesegnet. Wenn nicht, wie im letzten Irakkrieg, dann kann man aber auch gerne auf ein offizielles Mandat verzichten. Das nennt man dann „Koalition der Willigen“.

Natürlich ist ein atomar bewaffneter Iran für den Westen in keinem Fall ein wünschenswerter Zustand. Aus Sicht des betroffenen Staates aber es ist nun mal eine allzu oft bestätigte Wahrheit, das insbesondere eine lokale Hegemonialmacht, nur dann ernst genommen wird, wenn sie über Atomwaffen verfügen kann. Was man Israel zubilligt, aber auch Nordkorea und natürlich sich selbst, dass kann man daher nicht so einfach jedem souveränen Staat nach eigenem Gutdünken verbieten. Klar, man kann es zu unterbinden versuchen, etwa mit massiven wirtschaftlichen und diplomatischen Druckmitteln. Das mag im Hinblick auf Israel vielleicht zweierlei Maß darstellen, aber es ist machtpolitisch durchaus akzeptabel. Ein Angriffskrieg dagegen ist eine mehr als zweifelhafte Angelegenheit.

Nun, der Krieg gegen den Iran, der nun in den nächsten Tagen oder Wochen beginnen soll, sei es in einem israelischen Alleingang „Der israelische Präsident Shimon Peres heizte die Diskussion über einen Militärschlag weiter an. Im israelischen Fernsehen sagte er, die militärische Option rücke näher. Der Iran nähere sich dem Besitz von Atomwaffen, und dem dürfe die Staatengemeinschaft nicht zusehen. Auf die Frage, ob die Situation sich eher in Richtung auf eine militärische Konfrontation statt auf eine diplomatische Lösung zubewege, antwortete er: "Ich glaube, ja." “; oder mit der offenen oder verdeckten Beteiligung der USA und auch der Völkerbundmandatsträger von damals Großbritannien und Frankreich, dieser absehbare Krieg versetzt uns nun mit einiger Wahrscheinlichkeit wieder genau an den Anfangspunkt der Geschichte, um die Zeit des sogenannten Ersten Weltkrieges und den Anfang des modernen Israels zurück. Allerdings mit aus westlicher Sicht komplett verdrehten und ungünstigen Vorzeichen.

Denn nach inzwischen rund 100 Jahren haben sich die Machtverhältnis in ihrem typischen Rhythmus wieder umgedreht. Diesmal ist es nicht das osmanische Reich das Pleite ist und unter internationaler finanztechnischer Zwangsverwaltung steht, sondern der Süden Europas mit zunehmender Tendenz zur Ausweitung auf ganz Europa. Die Situation in den USA ist ebenfalls keinen Deut besser als in Griechenland, lediglich der Fakt der Weltwährung Dollar rettet die USA noch historisch kurze Zeit über die Runden. Jetzt sind es die Türkei und Russland, die ihre Pleiten und Währungsrefomen bereits hinter sich haben und aufstrebende neue Hegemonial- oder gar zukünftige Weltmächte darstellen, und natürlich ist es das gigantische China und, noch etwas versteckt hinterm Hindukusch, das kaum kleinere Indien.

Und die hocken um Palästina und dem Ölreichen nahen Osten wie die Frösche um den Teich. Iran ist der wichtigste Öllieferant der Chinesen und deren unverzichtbarer Handelspartner. Auch das neu erstarkte Russland streckt die Finger in diese Richtung aus, und die in den letzten Jahren wirtschaftliche geradezu explodierte Türkei sitzt, mit ihren arabischen Partner Syrien und, ebenfalls, Iran, sowie so direkt vor den Toren Tel Aviv's und Jerusalems. Selbst der Irak, wo die USA in Kürze abziehen wollen, ist nach der Hinrichtung Saddams zunehmend in die Arme des Irans gerückt und wird inzwischen von einer „demokratisch“ gewählten, dem Iran sehr verbundenen Regierung geführt: „Aber am Ende ist George W. Bush 2003 in den Krieg gezogen und alles, was wir dafür bekommen haben, ist eine Diktatur, die sich in einen halben Polizeistaat verwandelt hat. Und ist Irak also ein Gewinner, nachdem die US-Armee acht Jahre lang auf dem Land herum getrampelt ist? Sicher nicht. Iraks Zivilgesellschaft wurde zerschreddert, acht Jahre Bürgerkrieg kosteten mehr als 100.000 Tote, das Land ist heute Heimat einer kleinen, aber höchst aktiven Außenstelle der al-Qaida. Die USA gehen, ohne einen Ausgleich zwischen den kurdischen und arabischen Irakern geschaffen zu haben; dieser Topf bleibt einfach am Kochen. Die USA haben nicht einmal stabile Grenzen für das befreundete kurdische Gebiet aufgebaut - mit dem Ergebnis, dass die Iraner "Kurdistan" von Osten her beschießen, während türkische Kampfflugzeuge es von Westen bombardieren. Die Türkei gehört zur Nato - das ist so, als ob Washington ruhig zusehen würde, wenn die Deutschen nächste Woche Bomben über Polen abwerfen würden.“

Ein grandioses Eigentor der USA. Und es kommt noch schlimmer: „Teheran verlor nicht nur einen Feind, als Saddam schließlich gehängt wurde. Es gewann mit dem neuen Irak sogar einen Verbündeten. Als die USA bei den irakischen Wahlen im März 2010 daran scheiterten, dort eine Regierung aufzubauen, half Iran eine Lösung zu vermitteln, zu welcher der heutige Premierminister Maliki gehört, sowie Schiitenführer Muktada al-Sadr. Maliki ist auch Finanzminister und Innenminister, aber bitte, er ist kein Diktator. Der Premier, ein Schiit, erinnert sich an glückliche Tage, die er während Saddams Herrschaft in Iran verbrachte. Und Sadr lebte nach 2003 als religiöser "Student" im iranischen Gom, während die USA ihn auf die "Capture or Kill"-Liste setzten. Beide Männer sind Iran heute eng verbunden und bringen Irak näher und näher an Teherans politische Positionen heran. Nichts von alledem wird helfen, ein stabiles Irak zu schaffen. Das Gegenteil ist der Fall.“

Die Situation vor dem nächsten Akt des Weltkrieges des 21. Jahrhunderts kann uns nun leicht an den Punkt bringen, an dem die Welt etwa 1939 mit dem deutsch-sowjetischen Angriff auf Polen stand: The point of no return...denn falls der Iran nicht so freundlich ist, den Luftschlag zu akzeptieren und einfach aus zu sitzen, und wenn die Interessen-, Handels- und Stützmächte Türkei, Russland und vor allen Dingen China nicht bereit sind die neuerliche westliche Dominanzausweitung zu tolerieren, dann kann es ganz schön dicke kommen. Natürlich kann der Irak dem unmittelbaren Luftschlag kaum etwas entgegen setzen, mit viel Glück gelingt ihm vielleicht der Abschuss von ein, zwei oder drei angreifenden Kampfbombern. Unangenehm für die Angreifer, vor allen dingen innenpolitisch, militärisch aber völlig bedeutungslos. Die angedrohte „Apokalypse“ wird so nicht stattfinden, dafür fehlen dem Iran die wesentlichen technisch-militärischen Mittel.

Wenn aber der Iran tatsächlich bereit ist in ein weitergehendes militärisches Abenteurer zu starten, dann hat er durchaus effektive Möglichkeiten dies zu tun: „Zugleich bekräftigte Salehi, dass Iran sich nicht vor einem Militärschlag fürchte. Seit acht Jahren höre Teheran diese Drohungen, sagte er. Iran habe aber Selbstvertrauen und könne sich selbst verteidigen. Schon am vergangenen Donnerstag hatte Staatspräsident Mahmud Ahmadineschad gesagt, ein kritischer Punkt sei erreicht, bei dem der Westen eine militärische Konfrontation plane.“. Denn er müsste seine Gegner im Prinzip nur in einen Bodenkrieg zwingen, etwa durch einen Angriff auf Saudi-Arabien via Kuweit, vielleicht genauso wie Israel „präventiv“, und könnte damit die ganze Region in einen Erdrutsch bringen.

Die westliche Achse im Nahen Osten besteht zur Zeit praktisch nur noch aus Israel und Saudi-Arabien. Iran, Syrien, Irak, Türkei, Russland und China werden im Zweifel dann zusammen stehen, verdeckt oder offen. Ägypten im Süden ist auch nach dem Fall von Mubarak keine Option mehr sondern zunehmend anti-israelisch und anti-christlich, und weiter westlich davon stehen auch keine verlässlichen westlichen Kandidaten mehr sondern, Ironie des Schicksals, gewählte Islamisten in Lybien und Tunesien.

Schon die vier großen Nahostkriege von 1948 bis 1973 waren Stellvertreterkriege, damals der Ostblock unter Führung der Russen auf Seite der Araber, und die USA und Europa auf Seiten der Israelis. Damals war der Westen wirtschaftlich unschlagbar stark, der Ostblock hatte seine Pleiten noch vor sich. Heute ist es genau umgekehrt, und dass der nächste Nahostkrieg dann auch erstmals umgekehrt ausgeht, das liegt daher durchaus nahe. Aber es würde zwingend den Untergang Israels bedeuten, mit oder ohne Atomwaffeneinsatz, denn der aufgestaute Hass in der Region gegen den als doppelzüngig und gewaltsam empfundenen Westen und seinen Exponenten Israel lässt in Wahrheit keine friedliche Koexistenz mehr zu.

Israel kann sich nur mit unangefochtener militärischer Überlegenheit und massiven Zwangsmaßnahmen wie dem Mauerbau halten. Letzteres auch eine unglaubliche Groteske der Geschichte, die Mauer die uns der Krieg in Deutschland brachte und schließlich in nationalem Taumel der Gefühle förmlich pulverisiert wurde, eine solche wird von den Opfern des Holocaust in ihrem neugeschaffenen Land, just in den Jahren nach dem Fall des sogenannten „antikapitalistischen Schutzwalles“, wiederum als unverzichtbarer „antiislamistischer Schutzwall“ erneut aufbetonniert.

Die aktuelle Situation ist also hochbrisant und riskant. Die Alternativen sind so oder so in jedem Fall nicht rosig. Denn die Chancen auf eine stabile Friedenslösung sind lange verpasst, sie hätte nach 1973 aus der Position der unangefochtenen Stärke des Westens und Israels herbei geführt werden müssen, fair und relativ großzügig, und hätte bis spätestens 2006 über die Bühne gegangen sein müssen. Dass es dazu nie kam, ist den blinden Radikalen auf beiden Seiten zu zu rechnen. Und das waren nie alleine die Hamas und Fatah und wie sie alle hießen, es war genauso die politisch so bedeutend einflussreiche, aber doch absolut recht dünne Schicht der radikalen Siedler und orthodoxen Juden in Israel, die in ihrem religiösen Wahnsinn und terroristischen Aktivität ihren schlimmsten arabischen Antipoden nie wesentlich nach standen.

Eine faire Friedenslösung hätte allerdings immer bedeutet, eine sehr große Anzahl illegaler jüdischer Siedlungen auf palästinensischem Gebiet abzureißen und zwangsweise umzusiedeln. Ein politischer Kraftakt gegen die im Parlament immer mit regierenden Orthodoxen, der jederzeit zu Bürgerkrieg oder bürgerkriegsähnlichen zuständen in Israel hätte führen müssen. Der nun anstehende Iranangriff aber wird im günstigsten Falle etwas Zeit für Israel schaffen, eine Lösung wird er nicht bringen können. Vielmehr werden neuer Hass und Wut den alten Hass verfestigen und vergrößern, und schlimmer noch, es werden sich neue Koalitionen mit zunehmend ungünstigeren Voraussetzungen bilden.


Die Geschichte des modernen Staates Israels begann im Prinzip mit der Kapitulation der ottomanischen Stadtregierung Jerusalems vor den Briten am 9. Dezember 1917. In gut 6 Jahren wird sich dieses historische Datum zum 100.sten mal jähren. Schon im Vorfeld des sich abzeichnenden Sieges der Briten gegen das osmanische Reich avisierten die Briten den Zionisten eine neue Heimstätte: „In der Balfour-Deklaration vom 2. November 1917 erklärte sich Großbritannien einverstanden mit den zionistischen Bestrebungen, in Palästina eine „nationale Heimstätte“ des jüdischen Volkes zu errichten. Dabei sollten die Rechte bestehender nicht-jüdischer Gemeinschaften gewahrt bleiben.“

In 2017 werden die EURO-Union und die USA pleite und wirtschaftlich und militärisch weitgehend impotent sein. Israel kann aber ohne die massive Unterstützung aus EU und USA nicht existieren, schon rein wirtschaftlich und finanziell nicht. Es spricht zur Zeit leider sehr wenig dafür, das der Staat Israel dieses Datum um historisch wesentliche Jahre überleben wird. Das zu verhindern, dass bedarf mehr, intelligentere, und mutigere Initiativen als einen weiteren Krieg.

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