Freitag, 11. November 2011

TandemVipera Herbstbösachten 2011: Same procedure as every year...

Alle Jahre wieder kommt das Herbstgutachten im letzten Jahresquartal auf den Tisch. Die offiziellen Aussichten sind nicht gerade gut, aber in Wahrheit, noch viel zu gut. So wie letztes Jahr hier nun also das TandemVipera-Herbstbösachten.


Langsam wird es einsam um Merkozy. Griechenland k.o., Italien k.o., und die EURO-Union kurz vor dem Platzen. So die FAZ: „Der Indikator, wie groß dieses Risiko ist, ist die Rendite für zehnjährige Staatsanleihen. Sind die Märkte misstrauisch, wollen sie für ihr Risiko besser entlohnt werden, die Rendite steigt. In dieser Woche ist das vor allem bei Italien passiert. Die Rendite der Staatsanleihe kletterte auf 7,2 Prozent....Ab wann genau das Zinsniveau gefährlich ist, hat der bekannte Vermögensverwalter Flossbach von Storch in einer Simulation ermittelt. Seine Berechnung basiert auf historischen Vergleichswerten, nach denen ein Teil der Staatsschuld in den kommenden zehn Jahren nicht mehr voll bedient werden kann, wenn der Anteil der Zinsausgaben an den Steuereinnahmen 30 Prozent übersteigt.“

Immer mehr EURO-Länder befinden sich nun in der Todeszone, und mit dem großen Italien ist der point of no return überschritten: „"In den vergangenen Jahrzehnten hat kein Land lange in der Gefahrenzone verharren oder sie sogar wieder verlassen können, ohne seine nationale Währung drastisch abzuwerten", sagt Philipp Vorndran, der Kapitalmarktstratege von Flossbach von Storch. "Denn die Renditen steigen dann schnell an." Weil die Märkte immer besorgter werden. Eine Abwertung ist aber nicht möglich, weil Italien durch den Euro keine eigene Währung hat.“

Auch wenn es noch keiner laut zugeben will, der EURO ist am Ende. Und das kann nun ziemlich schnell gehen. Kommissionspräsident Barosso kommt jetzt schon nicht mehr umhin, deutliche Warnungen vor einem Zerfall Europas zu geben: „Barroso warnte zugleich vor Populismus und Nationalismus in der EU. Auch Deutschland könne nicht von einer Spaltung Europas profitieren, sondern würde mit wirtschaftlichen Einbrüchen rechnen müssen. Es könne keinen Frieden und Wohlstand im Norden Europas geben, wenn es diese nicht auch im Süden und Osten des Kontinents gebe.“. Barossos Lösungsvorschlag dagegen klingt ziemlich abstrus, seine Forderung ist, wie könnte es anders sein, mehr statt weniger EURO: Alle EU-Staaten sollten demnach dem SCHROTTO beitreten.

Auf internationaler Ebene ist man schon etwas weiter: „Offenbar gibt es in Brüssel erste Überlegungen, dass die Euro-Zone in ihrer gegenwärtigen Form nicht zu halten ist. Die Nachrichtenagentur Reutersberichtet von mehreren Szenarien auf höchster diplomatischer Ebene, die eine Währungsreform mit dem Ausschluss schwacher Länder vorsehen.“. Die Währungsreform ist also bereits in der diplomatischen Vorbereitungsphase, und der von Pippa Malmgren konkret geäußerte Verdacht damit weniger abwegig, als gedacht: „Frankreich und Deutschland hätten seit Monaten "intensiven Kontakt in dieser Angelegenheit auf allen Ebenen", zitiert Reuters einen nicht namentlich genannten EU-Beamten. "Die Wahrheit ist, wir müssen genau die Liste derjenigen erstellen, die nicht teilnehmen wollen oder nicht teilnehmen können", sagte er weiter. Dabei müssten die Kriterien der Teilnahme sehr streng geprüft werden. Ein deutscher Beamter sagteReuters: "Man wird es immer noch den Euro nennen, aber mit weniger Staaten." “.

Entscheidend für die Zukunft Europas und der BRD ist in den nächsten Monaten das Konzept, wie man die anstehende Währungsreform zu gestalten gedenkt. Denn während für die dann bereits Pleite gegangen Länder der Effekt in jedem Falle positiv wäre, so wäre dagegen für die „starken“ Länder wie die BRD, es absolut tödlich die bereits übernommenen „Rettungs“-Milliarden und Billionen per eins zu eins Ummünzung zu übernehmen oder auch nur zu garantieren. Wenn man es nicht schafft gigantische Investmentvermögen abzuschreiben, ist es bestenfalls nur eine Insolvenzverschleppung der noch „starken“ Staaten.

Was wir hier bisher sahen, war immer dasselbe Spiel: Mit jedem Dominostein der fällt, wird einfach die Kreditlinie weiter aufgebläht, und damit natürlich das internationale Investmentcasino, dass den ganzen Schaden zu verantworten hat. Bereits im September erklärte Kommissionspräsident Barroso: „Over the last three years, Member States have provided aid and provided guarantees to the financial sector to the tune of 4,600 billion euros. It is time, in return, the financial sector contributes to society," said José Manuel Barroso, the president, in a speech on the state of the Union to the European Parliament in Strasbourg.“. Nun also 4600 Mrd. Euro Geschenke an die Kreditwirtschaft in nur drei Jahren, und monatlich werden es mehr. Dagegen stehen entsprechende Lasten des kleinen Mannes, aber bislang keinerlei Gegenleistungen der Kreditwirtschaft. Im Gegenteil, selbst wenn die „freiwillige“ Beteiligung an der Griechenpleite wirklich zum Zuge käme, was noch lange und jetzt erst recht nicht sicher ist, dann kommen über die Rekapitalisierungswünsche der Banken dann wieder entsprechende Garantien und Geschenke durch die Hintertür aufs Konto. Nettoeffekt für den Steuerzahler im günstigsten Fall Null. Im ungünstigsten und wahrscheinlichsten Fall kommt sogar noch ein ordentlicher Buckel drauf, denn wegen der enormen Hebelung der Bilanzen der Investmentbanken, die zum Teil mit weniger als 5% Eigenkapital arbeiten, kommen die dann einsetzenden Bankenrettungsprogramme um diesen Hebel sogar teurer, und natürlich, auf alleinige Rechnung der Schaffenden in Europa.

Auch die schwache Hoffnung auf eine (einseitige) Einführung einer Kapitaltransfersteuer, immerhin hilfreich, dürfte ins Leere laufen. Zu stark ist die Bankenlobby in der EU-Politik, zu Groß die Panik der Politiker, und zu gering ihr tatsächlich vorgesehenes Volumen. So das Ergebnis des gerade endenden G20-Treffens: “Die besonders von Deutschland und Frankreich geforderte Abgabe auf Finanzgeschäfte stößt international auf Widerstand. US-Präsident Barack Obama akzeptierte immerhin, den Finanzsektor an den Kosten der Krise zu beteiligen....“. Mehr als solch hohle Absichtserklärungen sind, wie immer, nicht heraus gekommen. Großbritannien hat das ganz aktuell noch einmal klargestellt:„Der britische Finanzminister George Osborne hatte erst am Dienstag den Vorstoß von Bundeskanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy für eine Finanztransaktionssteuer brüsk zurückgewiesen. Wegen des Widerstands gegen dieses und andere Vorhaben, den auch andere EU-Ländern mit eigenen Währungen teilen, wird eine Einführung der Abgabe allein in den Eurostaaten diskutiert.“

So sind halt unsere Finanzgenies. Wenn's schlecht geht ruft man nach staatlichen Subventionen und Garantien in unbegrenzter Höhe. Mit Marktwirtschaft hat das nun wirklich gar nichts zu tun. Geht es dann aber um ein bisschen Beteiligung am Schaden, dann wird das rigoros abgelehnt oder geschickt umgangen. Effektive Steuern auf Finanzprodukte wird von diesen schrägen Managern und Lobbyisten nämlich als eklatanter Verstoß gegen die Marktwirtschaft, Neidpolitik und Kommunismus gebrandmarkt. Ergo: Mit irgendeiner frei- oder auch unwilligen Beteiligung die einen solchen Ausdruck verdient, braucht also niemand ernsthaft zu rechnen. Ohne mutige Zwangsmaßnahmen und demokratische Daumenschrauben ist da kein einziger Blumentopf zu gewinnen. Echte Demokraten also werden sich aus der Zwangsjacke der Kapitalindustrie befreien müssen.

Und diese Zwangsmaßnahmen dürfen sich auch nicht im Kleinklein verlieren, also etwa läppische Finanztransaktionssteuern von vermutlich 0,01%, wie zuletzt angedacht wurde. Allein der bereits im September aufgelaufene Berg von 4600 Mrd. Euro an neuen Schulden und Garantien, die jetzt sukzessive alle fällig werden, sind bereits 200% des BRD BIP's und 50% des EU-Bip's. Allein die notwendigen Zinszahlungen für diesen Berg würde durch das noch mögliche Wachstum der ganzen Eurozone auf Generationen hin nicht auf zu bringen sein, geschweige denn wenn diese Summe in nun immer weniger „starken“ Länder Haushalt aufgehen würden.

Nun hat man neben Griechenland also auch faktisch Italien unter Kuratel gestellt. Wer glaubt, damit hätten's wir, wird vor den kommenden Krisentreffen die Augen verschließen müssen. Denn da kommen jetzt einer nach dem anderen. Spanien, Portugal, Irland, Belgien, Dänemark und auch Frankreich, die unmittelbar in Stress geraten, da sie einer der größten Investmentparadies-Banken der Welt, die BNP Paribas, unterhalten müssen. Und zu guter Letzt dann auch die BRD. Denn selbst die BRD befindet sich ja bereits im Abwärtsstrudel, der dieses Jahr nur durch den Effekt des kräftigen Außenhandelsüberschusses, den wir weltweit alleine mit China teilen, etwas abgedämpft wurde.

Im längerfristigen Mittel geht es mit dem BIP weiter abwärts, im nächsten Jahr wird es erneut eng und rezessiv: „EU-Kommission warnt vor Rezession in Europa: Die Konjunktur in Europa ist völlig zum Erliegen gekommen. Für das folgende Jahr befürchtet die EU sogar einen Abschwung der Wirtschaft. ...Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) in der gesamten Union wird der Prognose zufolge „bis weit ins Jahr 2012 hinein stagnieren“ und im gesamten kommenden Jahr nur mehr um 0,6 Prozent wachsen...“

Zudem kommen weitere Dominosteine zu den üblichen Verdächtigen hinzu: „Nun hat die EU-Kommission Belgien, Malta, Polen, Ungarn und Zypern mit Sanktionsverfahren, weil sie ihre zu hohe Staatsverschuldung nicht zügig genug abbauen, gedroht. Finanzkommissar Rehn gab den Ländern bis Mitte Dezember Zeit, Pläne zum Schuldenabbau vorzulegen.....Deutschland wird im kommenden Jahr keine Konjunkturlokomotive mehr sein.  ...Die Schulden Griechenlands dürften der Prognose zufolge in den nächsten Jahren völlig aus dem Ruder laufen. Die gesamtstaatliche Verschuldung werde 2012 und 2013 jeweils knapp 200 Prozent des Bruttoinlandsprodukts erreichen....“.

Schauen wir zum Schluss noch einmal auf die Daten zur Entwicklung des Kapitalkoeffizienten.


Nach den neuesten Daten der Bundesbank verzeichnen die Bankbilanzen der BRD einen neuen Allzeitrekord. Kurz vor dem Lehmandesaster betrugen diese 8035 Mrd. Euro um dann durch die internationalen Turbulenzen zwischenzeitlich auf etwas unter 7500 Mrd. zu fallen. Mit der Bankenrettung ist nun aber im September 2011 die Irrsinnssumme von knapp 8540 Mrd. Euro erreicht worden. Also gegenüber dem zwischenzeitlichen Tiefstand ein Plus von mehr als 1000 Mrd. Euro und selbst gegenüber dem Vor-Lehman-Stand ein Plus von mehr als 500 Mrd. Euro. Da kann kein BIP mithalten, dieses ist in der Zwischenzeit gefallen oder bestenfalls stagniert. Der Grund ist natürlich, das alleine die Zinsen nur für die Bilanzzuwächse alle in Zukunft noch möglichen BIP-Zuwächse sofort wieder auffressen. Die nächste Graphik zeigt BIP und Aktiva (Schulden identisch Vermögen) im Zusammenhang, jetzt bis 2011, zur Verdeutlichung:


Die Schere zwischen Vermögen und Produktion klafft immer weiter auseinander, und das bei sinkendem oder stagnierendem BIP. Die Ursache für letzteres ist natürlich der steigende Renditedruck des Kapitals, dass seine Zinsen in letzter Konsequenz ja immer aus dem BIP ziehen muss.

Deutlicher wird das Problem, wenn man die Zahlen der Bankbilanzen und des BIP's statt einzeln über die Zeit aufzutragen, diese als direkte Funktion BIP Y in Abhängigkeit vom totalen Kapitalstock K darstellt, also Y(K):


In obiger Graphik sehen wir die Realdaten (rot) und die Modelldaten (DMWM, blau) als Y(K) Plot aufgetragen. Wie wir sehen, befindet sich die BRD knapp vor dem Maximum ihrer Möglichkeiten. Sofern keine größeren Abschreibungen stattfinden, ist mit um etwa 2500 Mrd. Euro BIP (nach heutigem Geldwert) herum die Spitze erreicht. Langfristig geht es danach (real) nur noch abwärts. Die Abweichungen von der theoretischen Kurve sind im wesentlichen den Auslandsbeiträgen geschuldet, die in der blauen Kurve (autarke BRD) nicht berücksichtigt sind. Die erste negative Abweichung bei einem BIP um 1300 Mrd. Lag an der etwas zu spendablen Anfangszeit der BK Kohl-Jahre, die geringe Überperformance um die 1700 Mrd. Euro an der Hinzunahme der DDR und der damit Verbundenen Erhöhung des BIP's aufgrund des Bevölkerungszuwachses. Die kräftige Underperformance oberhalb der 2000 Mrd. Euro BIP Marke resultierte aus der DotCom-Blase, die eine enorme Menge ausländischen Kapitals in die deutsche Bilanzsumme spülte und entsprechenden Druck auf die BIP-performance ausübte.

Das besondere an den Realdaten ist aber nun, am Ende der Fahnenstange, das kleine „Schweineschwänzchen“, also der Knubbel in dieser Darstellung ganz oben. Den können wir uns in der nächsten Darstellung in Vergrößerung genauer anschauen:


Diese Schleifenbildung ist nun ein deutliches und typisches Zeichen für eine rezessive Krise. Denn was wir hier sehen ist, dass obwohl immer mehr Kapital ins System eingespeist wird (Kapitalkoeffizient K/Y in roten Klammern bei den Jahreszahlen), das BIP nicht mehr folgen kann, sondern unter der Last einbricht. Hier also bei K/Y=3,21 im Jahre 2008. Ende 2009 geht der Kapitalkoeffizient auf 3,13 zurück, und das BIP wieder etwas Luft bekommt und wieder wächst. Gleichzeitig wächst aber auch wieder der Kapitalkoeffizient und erreicht Ende 2010 den Wert von 3,34. Die neuesten Zahlen der Bundesbank zeigen, dass er im September 2011 nun sogar schon bei etwa 8540/2500=3,42 liegen dürfte (die endgültigen Zahlen für 2011 werden wir erst in einem halben Jahr vollständig und korrekt haben). Der Kapitaldruck erreicht jedenfalls einen neuen Rekordwert, die Folge wird unmittelbar sein, dass entweder nun das BIP die erhöhten Kapitalzinsen schultern muss, oder wenn das nicht klappt, das Kapital erneut einbrechen muss, wie nach der Lehmanpleite.


Nun schauen wir auf das BIP der EURO-Union der 17 Länder. In obiger Graphik sehen wir die Entwicklung des totalen Kapitalstocks und des BIP für die 17 Euro-Länder in absoluten realen Zahlen der EZB. Natürlich sehen wir die gleiche zunehmende Schere zwischen Vermögen und BIP, die die Zinszahlungen öffentlicher UND privater Schulden zunehmend unmöglich macht. Aus dem „Dead Man Walking“ -Modell wissen wir, dass dieser Effekt ab einem Kapitalkoeffizienten von etwa 3 virulent wird (theoretisch: Ohne Inflationseffekt ab e=2,71. Mit dem intrinsischen Inflationseffekt wird es ab 3 kritisch und etwa ab 3,5 kommt man nie wieder aus der Malaise heraus....siehe ggf. auch MFT).


In der nächsten Graphik schauen wir uns die relativen Werte an: Die Blau Linie ist der Kapitalkoeffizient, die gelbe das nominale Wachstum des BIP, und die grüner Linie inflationsbereinigt das Wachstum nach offiziellen(!) Zahlen. Sehr schön zu erkennen, wie die Krise mit dem Überschreiten der K/Y = 3 Marke in 2006 einsetzt. Der Kapitalkoeffizient der 17 EURO-Staaten liegt inzwischen bei über 3,5 und ohne ausreichende Kapital- und Schuldenvernichtung ist da keine Hoffnung mehr in Sicht.

Das sich die EU nur noch im Kreise bewegt, sieht man wiederum an der abhängigen Funktion Y(K), also BIP in Abhängigkeit von der Größe des totalen Kapitalstockes der 17 EURO-Länder:


Auch hier sehen wir in der Y(K) Darstellung wieder die typische erste Krisenschleife kurz vor dem Ende der theoretisch möglichen ungestörten Entwicklung, wie man sie oben rechts gut erkennen kann. Und dasselbe noch mal im Detail:


Von 2006 bis 2008 stieg der Kapitalkoeffizient von 3,03 auf 3,44 was immerhin stolze 13,5% Zuwachs in nur zwei Jahren ausmacht. In 2011 dürfte der Koeffizient schließlich auf etwa 3,61 steigen und die nächste Krisenschleife in 2012 einleiten.

Das dies tatsächlich so ist, zeigt exemplarisch deutlich dieselbe Funktion für Japan im folgenden Bild:


Japan hat im Vergleich zur BRD eine rasantere Nachkriegsentwicklung durch gemacht, es war in den 70er-Jahren ein Wachstumsmotor von derselben Performance wie heute China. Bereits 1968 überholte Japan daher die BRD in der Rangliste der weltweit stärksten Wirtschaftsnationen. In 1976 überstieg dann erstmals der japanische Kapitalkoeffizient die Marke von 1 (in der BRD war das etwa 1967), was mit dem Phasenwechsel vom BIP-getriebenen zur Kapital-getriebenen Volkswirtschaft einhergeht.

Den ersten Knick erhält Japan von 1976 bis 1978. Zu dieser Zeit öffnete sich Japan zunehmend dem freien Welthandel, was Japan attraktiver für Investitionen machte. Der Kapitalkoeffizient machte in dieser kurzen Zeit einen ungewöhnlich heftigen Sprung ( von 1,03 auf 1,62 also um mehr als 57%) dem das BIP so schnell nicht folgen konnte. Dieser Knick ist auch einer Reihe von Deviseninterventionen zu verdanken, die in der Folge der Kündigung des Goldstandards für den US-Dollar folgte, an den der Yen damals stark gebunden war.

Die Japanische Malaise begann aber erst 1985, als der Kapitalkoeffizient den eigentlich noch erträglichen Wert von 2,22 erreichte. Die ungewöhnlich hohe Attraktivität Japans für ausländisches Kapital, die bis heute trotz Rekord-Staatsverschuldung von 200% immer noch anhält, erzeugte aber nun bereits die erste richtige Spekulationsblase. Gewissermaßen als Blaupause der US-Immobilienkrise die ab 2007 die Weltwirtschaft in die Krise riss, waren damals schon die Anlagen und Immobilienpreise in Japan auf astronomische Höhen explodiert und brachen nun zusammen. Und der Kapitalkoeffizient erreichte jetzt schnell die Größe e=2,71 und dann in 1996 schon über 3.

Seit dem dreht die Japanische Ökonomie eine Krisenschleife nach der anderen. Die internationale Ökonomie hat diesen Zustand treffend „bubble-economy“ getauft. Oder auch die Bezeichnung „verlorenes Jahrzehnt“ Japans. Gemeint waren damit eigentlich die 1990er Jahre, aber es ist eine der üblichen Untertreibungen, denn tatsächlich dauert diese verlorene Jahrzehnt bereits 26 Jahre und ein Ende ist überhaupt nicht in Sicht.

Und das mit brutalen BIP Einbrüchen die zum Teil sogar die 20%-Marke deutlich überschreiten, und das in kürzeren Abständen, wie man der Graphik leicht entnehmen kann. Nur der außerordentlichen Leidensfähigkeit und Gelassenheit der Japaner, die diese ja gerade dieses Jahr nach dem verheerenden Tsunami und der Atomkatastrophe von Fukushima demonstrierten, ist es zu verdanken das es in Japan zu keinen übergroßen Spannungen kam. Man bedenke, der letzte Einbruch in Deutschland nach Lehman betrug kaum 5%. Natürlich hat Japan die Möglichkeit, seinen Yen-Kurs kräftig zu manipulieren und Geld ins System zu schießen, um überhaupt noch klar zu kommen, und das wird auch regelmäßig genutzt. Die folgenden Crashes werden dafür aber immer heftiger, wie wir in der Graphik sehen.

Was wir dabei aber lernen können: Spätestens ab Kapitalkoeffizienten um die 3 kommt eine Ökonomie in eine sogenannte „bubble-economy“ oder „verlorenes Jahrzehnt“, wobei mit den üblichen monetären Methoden kein dauerhaftes Entrinnen mehr möglich ist.

Das Prozedere ist dann immer „the same procedure as everywhere“: Wenn der Kapitalkoeffizient zu schnell und/oder kräftig steigt, dann kracht das BIP unter der Renditelast zusammen. Auf den Einbruch reagiert die nationale Politik dann regelmäßig mit Konjunkturprogrammen, Subventionen und weiteren monetären Stützungen (QE quantitative easing) und Deviseninterventionen. Daraufhin erfolgt eine kurzfristige Erhohlung des BIP's, die bei bereits sehr hohen Kapitalkoeffizienten aber nicht nachhaltig sein kann. Bis dann der durch die weitere Kreditausdehnung erneut erhöhte Renditedruck das BIP wieder in die Knie zwingt. Vor dem theoretisch mögliche Maximum der Volkswirtschaftlichen Entwicklung entsteht dadurch ein durch dirigistische Maßnahmen induzierter Stau, der sich in Form von rezessiven Krisenschleifen manifestiert.

Bei den Zahlen der USA haben wir, wie übrigens in sehr vielen Ländern, das Problem überhaupt an verlässliche Zahlen zu kommen. Denn nicht alle staatlichen Statistikinstitute weisen überhaupt vollständige Zahlen für die totale Bilanzsumme der dort ansässigen Banken aus. Meist sind nur bestimmte Teilsummen zu bekommen, die aber nicht viel nützen.


Bei den US-Zahlen ist besonders verheerend, das dort seit den 1990er-Jahren das BIP hedonisiert ausgewiesen wird. Das heißt es werden gar keine Realzahlen des BIPs (GDP gross domestic product) mehr ausgewiesen, sondern nur noch statistisch massiv hochinterpolierte Daten. Den dadurch erzeugten Knick in den US-Daten kann man ganz gut erkennen. Tatsächlich ist das BIP der USA seit den 1990er-Jahren real nicht mehr gewachsen. Was nicht zuletzt auch daran erkennbar ist, dass die Realeinkommen der US-Mittelschicht heute auf dem Niveau der 1980er Jahre sind.

Für Länder wie China sind überhaupt keine wirklich verlässlichen Zahlen zu bekommen. Allerdings, die Zahlen die ich bislang einsehen konnte zeigen, dass der Kapitalkoeffizient auch in China schon recht nahe an den kritischen Werten um 3 angelangt ist. Was wenig verwundert, da China in den letzten Jahre wie kein anderes Land riesige Geldmengen angezogen hat, insbesondere resultierend aus der Schuldenfinanzierung der USA. So sind die Immobilienpreise in China genauso wie in Japan in den 80ern bereits bedrohlich überzogen. Auch hier ist das Platzen einer gewaltigen Blase in nicht allzu langer Zeit zu befürchten.

Bleibt als Fazit die Frage, was uns in 2012 erwartet. Wie immer ist das schwierigste an der Prognose die Voraussage...insbesondere wenn es um kurzfristige Details geht. Die langfristige Vorhersage ist dagegen ein Kinderspiel.

Nun, wir haben die Situation das sich praktisch alle relevanten Ökonomien in Krisenschleifen befinden. Aufgrund mangelhafter Zahlen können wir für USA und China nicht sicher sagen, ob die Krisenschleife gerade auf Rezessionskurs ist oder nicht. Für die EU und die BRD gilt dies aber sicher. Die politische Ebene in der EU und der BRD hat bisher nicht gezeigt, dass sie das Wesen der Finanzkrise begriffen hätte. Weiterhin werden Schuldenprobleme mit dem auftürmen neuer und umverteilen weiterer Schulden bekämpft. Das kann beim besten Willen nicht funktionieren, im Gegenteil die Schärfe der Krise wird noch verstärkt.

Mit dem Exitus von Irland und Griechenland ist die Krise tief ins Bewusstsein gedrungen, mit Italien wird sie unbeherrschbar. Auf der Kippe stehen nun auch andere. Belgien und Frankreich geraten in Kürze in den Strudel. Obwohl die Zusammenhänge zwischen zu großem Kapitalstock und BIP auf der politischen Ebene nicht begriffen wird, so hat sich doch bereits die Ahnung breit gemacht, dass die „Rettungsschirme“ endlich nicht funktionieren werden.

Der wirtschaftliche Effekt des Exportüberhangs des Export-Vizeweltmeisters BRD kann nur solange wirksam bleiben, wie das Ausland diese Produkte tatsächlich nachfragt und bezahlen kann. Da China, Japan, Großbritannien und die USA, und ganz besonders die EU-EURO-Partner allesamt kriseln, ja wie die USA kurz vor der Insolvenz stehen, kann dieser Sondereffekt niemals nachhaltig sein. Auch können die verschiedenen internationalen Versuche die Krise mit frischem Geld zu bekämpfen nicht funktionieren, da sie den Renditedruck auf die nationalen BIP's nur weiter erhöhen.

Sollen volkswirtschaftliche Schulden sinken, dann müssen national angelegte Vermögen sinken. Denn volkswirtschaftliche Schulden und Vermögen sind in unserem Geldsystem absolut identisch. Alle bisherigen Rettungsversuche gehen dagegen den umgekehrten Weg. Eine Einsicht, hinsichtlich einer massiven und effektiven, und nicht nur marginalen, Besteuerung von Vermögen, Kapitalgewinnen und Kapitaltransfer, oder der ersatzlosen Abwicklung insolventer Investmentinstitute, oder der Behinderung, Trennung oder Verbotes des Derivatehandels, ist weltweit nicht einmal im Ansatz erkennbar. Und werden auch 2012, von einigen Marginalien einmal abgesehen, kaum besser werden.

1.) Wir dürfen daher in 2012 von einer neuen Rezession wie nach der Lehmanpleite ausgehen. Der Startpunkt wird durch einen zunächst unscheinbaren Aufhänger gegeben werden, wie es auch die relativ kleine Bank Lehman Brothers war. Das dürfte bis spätestens etwa Mitte 2012 zu erwarten sein. Der langfristige Trend (DMWM) sagt ein Minus -1% voraus, wegen der üblichen Schwankungen um den Mittelwert und der diesjährigen guten Konjunktur wird daher das von den Wirtschaftswaisen avisierte Miniplus von 0,8% nicht halten, wir müssen mit einem Rückgang um die -2% in 2012 rechnen. Kommt es in den kommenden Monaten aber bereits zu einem massiven Kollaps, dann sind allerdings alle Zahlenspiele reinste Makulatur.

2.) Die Überlegungen zu einer Währungsreform werden auf politischer Ebene in der EU in 2012 konkrete Formen annehmen. Die Kreditindustrie werden dabei allerdings alle Hebel in Bewegung setzen um Politiker und die Bevölkerung weiter zu verunsichern und in ihrem Interesse zu manipulieren. Bis zu den Präsidentschaftswahlen in Frankreich (22. April 2012 evtl. zweiten Wahlgang am 6. Mai 2012) wird man mit allen Mitteln den EURO verteidigen, wozu auch unbegrenzte Ankäufe von Staatsanleihen durch die EZB gehören werden. Danach nur noch bedingt und in Abhängigkeit von der Schwere der bis dahin eingetretenen sozialen und politischen Verwerfungen. Der zeitlich verschobene Wahlkampf in der BRD (voraussichtlich der 15. oder 22. September 2013) spielt da ein wichtige Rolle, da je nach den Ereignissen besonders in Frankreich, entweder in 2012 tabula rasa bezüglich des EURO's gemacht werden muss, oder aber die Gelddruckmaschine EZB bis mindestens Ende 2013 bis zur kompletten Überhitzung hochlaufen muss.

3.) Vor allen Dingen die Südländer werden anhand der Abgabenseite die Auswirkungen für den Bürger am ehesten und schärfsten spüren. Aber auch Frankreich und Großbritannien, wo es zu Ausschreitungen kommen wird. Deutschland wird etwas besser abschneiden und daher vergleichsweise ruhig, wenn auch nicht ganz ruhig, bleiben.

4.) Der Wahlkampf in den USA (Wahltag ist erst der 6. November 2012 ) lähmt die bislang wichtigste Industrienation 2012 in allen Entscheidungen, die wirklich etwas bewegen könnten. Wirtschaftlich positive Signale sind aus dieser Richtung nicht zu erwarten. Organisationen wie Occupy Wallstreet und Tea Party auf der politisch anderen Seite, könnten aber zu sozialen Eskalationen in den USA beitragen, die sich früher oder später aber auch sonst spontan entfalten werden.

5.) Die Kriege in Nordafrika, Nahost- und Asien werden in weitere gefährlichere Dimensionen vordringen. Die arabische Revolution wird von den alten Eliten und Islamisten an sich gezogen. Nicht nur Syrien ist zur Zeit immer noch ein ungelöstes Problem einer mordenden Diktatur in Nahost. Die versprochenen Demokratien in Tunesien, Libyen und Ägypten werden die Erwartungen der revolutionären Bevölkerungen an verbessertem Wohlstand nicht erfüllen können und neue, meist antiwestliche, Ventile suchen.

6.) Neben einem Angriff auf den Iran durch Israel mit oder ohne die USA, wird es zu neuen Blockbildungen kommen. China, Russland und die Türkei werden die Vormacht der USA in der Region nicht mehr einfach akzeptieren und zunehmend gegensätzliche Partei ergreifen. Zudem besteht ein innenpolitisch-wirtschaftliches Interesse verschiedener Staaten an solchen Konflikten. Im Rahmen des Wahlkampfes in den USA ist daher auch seitens des Friedensnobelpreisträgers Obama und seiner Administration ein spontanes Umdenken und Eintritt in das iranische und auch weitere Kriegsabenteuer möglich.

7.) Ein großer Unsicherheitsfaktor ist China, denn obwohl genaue Zahlen nicht verfügbar sind, ist ein Platzen der Finanz- und Immobilienblase dort jederzeit denkbar. Neben der weltwirtschaftlich massiven Auswirkung ist die Frage der innen- und außenpolitischen Wirkung auf China und die Welt, auch und besonders in militärischer Sicht, kaum kalkulierbar. Selbst ein „chinesischer Frühling“ ist in der Folge eines Finanzblasen-Kollapses keineswegs undenkbar.

2 Kommentare:

  1. Sehr gute Analyse imho. Nur eine kleine Anmerkung zu "Der Startpunkt ... unscheinbaren Aufhänger gegeben werden, wie es auch die relativ kleine Bank Lehman Brothers war.."
    Den Startpunkt hatten wir bereits, mit der Pleite von MF Global. Eine Kakerlake kommt niemals allein ... Und in CHINA IST DIE Immobillien BLASE m.E. bereits geplatzt.

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  2. Hallo Herr Genreith,

    Ihren gut begruendeten Ausfuehrungen zum Kapitalkoeffizienten, die ich weitgehend teile
    http://georgtsapereaude.blogspot.com/2011/11/zur-neutralitaet-des-geldes.html
    moechte ich noch etwas an die Seite stellen, das ich auch fuer beachtenswert halte, wenn es um ein tieferes Verstaendnis der Krisenursachen geht. Seit Pareto sind Konznetrationsprozesse in der Wirtschaft bekannt. Sie sind endlos empirisch belegt. Juengst von der Credit Suisse in diesem Report:
    https://www.credit-suisse.com/news/en/media_release.jsp?ns=41610
    und in dieser Studie der ETH Zuerich:
    http://arxiv.org/PS_cache/arxiv/pdf/1107/1107.5728v2.pdf
    In diesem Artikel habe ich das mal aufgegriffen und mit Hilfe eines einfachen Models, das an der Unnniversity of Minnesota entwickelt wurde, untersucht.
    http://georgtsapereaude.blogspot.com/2011/11/wie-sich-das-system-selbst-zerstoert.html
    Sehen Sie selber, was dabei heraus kam.

    Viele Gruesse

    Georg Trappe

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