Dienstag, 5. Juni 2012

Die Welt in Flammen


Obwohl nichts wirklich neues enthaltend, machen zur Zeit zwei bekannte Redner auf Sich, und nebenbei auf Europa's tiefe Krise aufmerksam. International besonders die weltbekannte Investorenlegende George Soros:“...Die europäischen Staaten steuere in rasantem Tempo auf eine Krise zu, wie sie die heutige Generation noch nicht erlebt habe. ... Nach Soros' Einschätzug hängt die Rettung des Euro an Deutschland und zur Lösung der Krise habe die Bundesregierung nur noch rund drei Monate Zeit. ...“

Und national unser unkaputtbarer Ex-Grüner Joschka Fischer „Europa steht in Flammen: Denn wenn der Euro zerfällt, wird auch die EU mit ihrem gemeinsamen Markt zerfallen und eine Weltwirtschaftskrise auslösen, wie sie die heute lebenden Generationen noch nicht erlebt haben. ..In der Konsequenz droht Griechenland demnächst im Chaos zu versinken, und der dann einsetzende Sturm auf die Banken in Spanien, Italien und Frankreich wird eine Lawine auslösen, die Europa unter sich begraben wird....“

Was beide eint: Sie haben im Grundsatz recht. Nicht nur Europa steht in Flammen, die ganze Welt tut es, und die jetzige Situation ist sehr nahe der Situation vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Was beide außerdem eint: Beide wollen das Richtige, und fordern das Falsche. Wobei Soros dies aus seinem klassischen Ökonomieverständnis ableitet, und Fischer aus purer ökonomischer Naivität: „....Soros forderte einen Einlagensicherungsfonds für Europa und auch direkte Zugriffsmöglichkeiten für Banken auf den Euro-Rettungsfonds. sowie unisono Fischer: „...Und Deutschland muss sich entscheiden für eine Fiskalunion, und das heißt, dass Deutschland schlussendlich das finanzielle Überleben der Euro-Zone mit seiner Wirtschaftsmacht und seinem Vermögen wird garantieren müssen: uneingeschränkter Kauf der Staatsanleihen der Krisenländer durch die EZB, Europäisierung der nationalen Schulden mittels Euro-Bonds, Wachstumsprogramme, um eine Depression in der Euro-Zone zu verhindern und Wachstum zu generieren....Politische Union, Fiskalunion, Wachstum und Strukturreformen, diese vier Säulen müssen Europas Antwort auf seine Krise tragen....“

Den Grundfehler den beide einigt, und im Übrigen den Großteil der Ökonomen, ist mit Fischers Zusammenfassung gut zu erläutern „...Politische Union, Fiskalunion, Wachstum und Strukturreformen, diese vier Säulen müssen Europas Antwort auf seine Krise tragen....“. Wo liegt das Problem? Ganz einfach, politische Union und Fiskalunion haben nichts mit Wachstum zu tun. So haben die USA natürlich beides, und trotzdem die gleichen Probleme wie Griechenland, wobei ihnen nur die Rolle des Dollars als Weltwährung und die Fähigkeit des beliebigen Selbstdruckens dieser Währung noch über die Runden hilft. Das zu erkennen, bedarf es aber keiner großen ökonomischen Sachkenntnis, sondern dafür bräuchte man nur nicht so grotesk betriebsblind zu sein wie etwa der Mustereuropäer Joschka Fischer. 

Das zweite Problem ist schon etwas komplexer, nämlich das Wachstum eben nicht mehr durch weiteres Gelddrucken, und damit wachsender Verschuldungsblase, zu erreichen ist. Im Gegenteil, jede neue Milliarde, und jede gerettete Milliarde, erzeugt einen weiteren Renditedruck, der das BIP insgesamt abwürgt. Da helfen dann auch keine Strukturreformen mehr, denn die bedeuteten in der Praxis nämlich nur weitere Einschränkungen bei Arbeit und Einkommen der unteren und mittleren Schichten, die aber genau die Erzeuger und Konsumenten und hauptsächlichen Träger des BIP sind. Strukturreformen haben ihre Zeit, allerdings nicht diese, denn es sind in der jetzigen Situation Austeritätsprogramme die nur dabei helfen, weitere gigantische Milliardenbeträge von unten nach oben zu transportieren. Und damit das Gegenteil von Wachstum produzieren, nämlich Deflation, und schließlich Stagflation, endlich Hyperinfaltion und Krieg.

Strukturreformen wären tatsächlich nötig, allerdings da wo der Fisch am meisten stinkt, am Kopf. Man muss der Finanzhydra die unzähligen Köpfe abschlagen, eine Strukturreform an die noch keiner ernsthaft herangetreten ist, weder Fischer noch Soros noch sonst wer von Einfluss, und es wird vermutlich auch keiner so schnell dazu kommen. Denn es fehlt an entscheidender Stelle jedes ökonomische Verständnis für solche Notwendigkeiten. Benötigen würden wir eine unparitätische Währungsreform in Dollar und Euro, und den anderen westlichen Kleckerswährungen, und das sehr bald. Die Aussicht auf Einsicht darin ist praktisch Null, erstmal muss das Kind ganz tief in den Brunnen gefallen und schon gründlich aufgedunsen sein.

Stattdessen treiben wir nun unaufhaltsam in den nächsten Weltkrieg. Da zwischen Vermögen des Einen und Verschuldung der Anderen ein Eins-zu-Eins Zusammenhang besteht, gibt es kein entrinnen aus dem Dilemma, da gerade die „Einen“ über die Mittel verfügen die Öffentlichkeit gezielt an der Wahrheit vorbei zu führen:...Die Ursache für das Sinken des Zinsfußes wird vorzüglich darin gefunden, daß die besonders rentablen Kapitalanlagen großen Maßstabes heute erschöpft sind und nur Unternehmungen von geringer Ergiebigkeit übrig bleiben. …Nur ein allgemeiner europäischer Krieg könnte dieser Entwicklung Halt gebieten durch die ungeheure Kapitalzerstörung, welche er bedeutet.” (Zitat: Zeitschrift des Sparkassenverbandes, 1891).

Ökonomisch naive und abhängige Politiker, und da ist Fischer bei weitem nicht der Einzige, sind da eine leicht zu treffende, scheunentorgroße Zielscheibe für Finanz-Lobbyisten. Besonders witzig dabei ist, dass sich diese Herren auch noch selbst, nicht nur als Büttel, sondern auch als Opferlamm anbieten: „[J.Fischer]...Es wäre eine Tragödie und Ironie zugleich, wenn jetzt, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, das wiedervereinigte Deutschland, diesmal friedlich und mit den besten Absichten, die europäische Ordnung ein drittes Mal zugrunde richten würde....“

Nein lieber Joschka , es ist nicht Deutschland dass die „europäische Ordnung ein drittes Mal zugrunde richtet“, und Es war es im historischen Kern auch nicht die ersten beiden mal. Es ist jedes mal das aufgeblähte internationale Finanzkapital, seine Lobbyisten und willfährigen Helfer, die lieber den Wert der diversen Finanzpapiere verteidigen als den Wert der Arbeit und der Produktion, die lieber nach unten treten und nach oben buckeln, die lieber wertloses Papiergeld retten als die Menschen und den Frieden. Die Einen aus Dreistigkeit, die Anderen aus Dummheit und ökonomischer Naivität.

Damit einher geht immer der Kieg, Bürgerkrieg und Revolution. Nicht nur in Arabien, wo nach Lybien der weitere Krieg in Syrien und Iran nur mühsam kurzfristig bis über die Wahl des US-Präsidenten im November aufgeschoben ist. Währenddessen man sich mit Cyberattacken, die auch nichts anderes als Kriegsakte (Stuxnet, Flame) sind, über Wasser hält. Und mit Lieferung von Waffen (Leopards an Saudi Arabien) und Atomwaffen (ABC-fähige U-Boote an Israel) militärisch abzusichern versucht.

Der Druck im Kessel steigt nun gewaltig. Ein Bürgerkrieg auch in Griechenland ist nicht mehr fern: „Der ehemalige Bürgerschutzminister Michalis Chrysochoidis warnt: „Es kann schnell passieren, dass die Institutionen sich auflösen und jeder sich bewaffneten Banden anschließen muss. Wir treiben auf einen Bürgerkrieg zu – das ist keine Übertreibung.““, während man den Bürgerkrieg in Syrien laufen lässt wo tausende Zivilisten systematisch massakriert werden, schlimmer als je in Lybien. Wo man erst nach November eingreifen will, wenn die Felle des Westens längst davon geschwommen sind, wo die Bündnisverpflichtungen des Westens zu Israel und die Bündnisse des Ostens, Russlands und Chinas, dagegen bei Syrien und Iran liegen, wo die Kettenreaktion ab 2013, wenn man Syrien und Iran attakieren will und muss, kaum mehr aufzuhalten ist. Wo dann zunächst in einem Nahost-Stellvertreterkrieg die alten offenen Ost-West-Rechnungen der letzten hundert Jahre auf den Tisch kommen, die absehbar in einer direkten Konfrontation zwischen US und NATO-Truppen mit Russischen und Chinesischen Truppen münden wird. Das ist klar absehbar, und hängt vor allem an einem Zusammenhang: Geld, Verschuldung und Macht(erhalt).

War vor dem Ersten/Zweiten Weltkrieg 1914-1945 noch der militärisch geprägte, aber im Kern finanzökonomische, Imperalismus der Auslöser :“..Das „Zeitalter des Hochimperialismus“ bezeichnet eine Epoche der vor allem durch europäische Groß- und Mittelmächte betriebenen weltweiten Ausdehnung von Herrschaftsgebieten auf Übersee-Territorien im Zeitraum ab ca. 1870 bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges (1914), motiviert vornehmlich durch wirtschaftliche und strategische Interessen, später auch zunehmend von nationalpsychologischer Konkurrenz zwischen den imperialistischen Mächten....“, so wurde dies durch einen demokratisch verbrämten, aber trotzdem immer wieder vehement militärisch gestützten, westlichen Finanzimperialismus nach 1945 ersetzt. Das Ergebnis ist nun exakt das gleiche.

Nehmen wir vorweg, was nicht mehr so fern ist, ein Bismarck Zitat das in der Allgemeinen Mobilmachung am 1 August 1914 durch Kaiser Wilhelm den II angeführt wurde: „Ein Friede, der der Befürchtung ausgesetzt ist, jeden Tag, jede Woche gestört zu werden, hat nicht den Wert eines Friedens; ein Krieg ist oft weniger schädlich für den allgemeinen Wohlstand, als ein solcher unsicherer Friede.“. Ähnlich wohlklingende Paradoxa werden wir in wenigen Jahren auch wieder von überforderten Politikern vorgesetzt bekommen.

3 Kommentare:

  1. Hallo Herr Genreith,

    der Zusammenbruch des Staates führt nicht unbedingt in den Bürgerkrieg oder gar den nächsten Weltkrieg.

    Ich empfehle Ihnen dazu die Lektüre von "Frei von Herrschafft, Fragmente Anarchistischer anthropologie" von David Graeber
    http://www.amazon.de/Frei-von-Herrschaft-anarchistischen-Anthropologie/dp/3779502089

    Dieser ist nicht nur ein sehr intelligenter und angesehener Anthropologe sondern hat sich zum wichtigsten Vordenker der Occupy Bewegung geschrieben.

    Man muss nicht mit Gewalt der Macht entgegentreten, man kann sich auch Nischen suchen die der Zurückweichende Staat offen lassen musste.
    Die Gegenmacht zu Oligarchie und Macht und Geldkonzentration ist die Abwesenheit von Macht.

    Was meinen sie denn, was die Occupy Bewegung ist? Sie stellt in Spanien, griechenland, USA usw gerade (Abseits der Medienwahrnehmung) dar wie eine Gegenmacht wirken kann.

    Schon suchen sich in Griechenland die Empörten die Freiräume die sie selbst gestalten können und anstatt sich dem staat mit Gewalt entgegenzustellen wird dieser Ignoriert.

    Größte Gefahr allein ist die Entwicklung rechtsextremer, faschistoider Strukturen in Europa und anderswo, aber auch hier geben Griechenland und Spanien Hoffnung, obwohl dort die nationalistische Propaganda und die Law and Order Populisten versuchen mit Totalitären Mitteln diese Gegenmacht im Keim zu ersticken.

    Ein wenig mehr Vertrauen in die Jugend also Herr Genreith, die ist wesentlich klüger als Sie denken.

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  2. Hallo,

    ja ich hege auch Sympathien für David Graeber. Allerdings habe ich wenig Hoffnung, dass sich seine Menschenfreundlichen Ideen in der (weltweiten) Breite in die Praxis umsetzen lassen. Wie Sie auch sagen "Größte Gefahr allein ist die Entwicklung rechtsextremer, faschistoider Strukturen in Europa und anderswo,...", ja und das genau tun sie, und zwar praktisch immer. Ihnen kommt entgegen, dass sie sich immer an tief verankerte Urreflexe des Menschen anhängen, um sie auf ihre Linie zu bringen. Je größer die Not der Menschen, desto weniger Politik und Ideologie brauchen sie dafür. Auftretende Machtvakuaa werden zudem sogleich von irgendwelchen Lumpenführern besetzt, egal ob politisch oder räuberisch. Söldner, Privatarmeen, Piraten, Land- und Strassenräuber, Diebe und Halsabschneider, Freichors und Bürgerwehren etc. pp..

    Spätestens nämlich wenn der Hunger und die Angst ums nackte Überleben die Menschen regiert, ist es aus mit schönen Träumen von Frieden und Altruismus, dann setzt sich einfach der Stärkere durch, und natürlich die Gruppe der brutalsten An- und Verführer. Die Fraktion der "Dichter und Denker", mögen sie klug und mutig sein, sie setzen sich in der Geschichte der Krisen und Nöte kaum einmal durch.

    Schön wenn es diesmal, nach 12.000 Jahren Kulturgeschichte, zum ersten mal anders käme.

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  3. "Schön wenn es diesmal, nach 12.000 Jahren Kulturgeschichte, zum ersten mal anders käme."

    Das kann ich tatsächlich nicht nachvollziehen.

    Man kann aber folgendes aus der Geschichte und dem Studium von Gesellschaften lernen. Wann immer die Ressourcen knapp werden verstärken sich solidarische Tendenzen innerhalb von Gesellschaften.

    Der Kapitalismus und der Überfluss den wir bisher genossen haben unsere Gesellschaft heute entfremdet (wie schon von Marx beschrieben), aber der Trend muss nicht so weiter gehen.

    Wie viele NGOs oder politische organisatuionen haben sich gegründet? Wie viele junge Menschen haben sich in diesen Gruppen organisiert. Der antifaschistische Wiederstand ist so lebhaft und stark wie nie zuvor. Kaum eine Versammlung der NPD lässt sich irgendwo ungestört von Antifa Gruppen durchführen.

    Wir sind nicht Politikverdrossen, nur Polititkerverdrossen. Und irgendwelchen Rattenfängern wird die Mehrzahl der Deutschen nicht hinterherlauufen. In einen Krieg gegen unsere Nachbarn werden sich junge Menschen deshalb bestimmt nicht wie 1914 und 1939 begeistert stürzen. Das können sie nicht glauben wenn sie sich unsere Gesellschaft heute anschauen.

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