Das wird und muss ein frommer
Europaträumer-Wunsch bleiben, denn die Annahme, dass der deutsche
Michel jedwede EU-Schuldenübernahme einfach schluckt
und dann noch eine Politik ernst nehmen könnte, die das aktuell
wichtigste Bürgerthema im Wahlkampf gezielt ausklammert, nun, da muss man
schon ziemlich abgehoben und sehr gut versorgt sein um das
ernsthaft einzufordern. Gerade in Anbetracht der brutalen Härte
gegen die Jugend Europas, die zu Gunsten der
internationalen Investoren eine Arbeitslosenrate um die 50%
in den Südländern zu akzeptieren hat und absehbar auf ihre Zukunftschancen
verzichten soll. Rekordhalter ist hier aktuell Griechenland mit fast
58%. Wenn auch Müller's Söhne von solchen Sorgen nicht geplagt sein
dürften, so doch der Wähler, und besonders die Jungen, sind es aber
sehr wohl. Dass die Generation-50-Prozent noch nicht alle, wenn auch schon einige, Schaufensterscheiben
eingeschlagen hat oder dafür das sie noch nicht regelmäßig Supermärkte plündert, dafür
gehörte ihr eigentlich schon der Friedensnobelpreis zugeteilt. Was
allerdings voreilig wäre, denn es wird nicht ewig so bleiben.
Graphik zerohedge |
Da staunt der
Fachmann, und der Bürger wundert sich. Nun ja, nicht umsonst sind ja
fast die Hälfte der Bundestagsabgeordneten Juristen, und die können
bekanntlich alles. Auch Jugendarbeitslosigkeit einfach verbieten, per
Gesetz etwa ist das kein ernsthaftes Problem. So banal
einfach demnach die Lösungs-Initiative der EU: „Jugendarbeitslosigkeit sollte verboten werden, wenn es
nach EU-Arbeitskommissar Laszlo Andor geht. Um dieses hehre Anliegen
umzusetzen, sollen die EU-Staaten mit einer "Jugendgarantie"
verpflichtet werden, Menschen unter 25 Jahren zu beschäftigen. ..Die
Jugendlichen sollen nach dem Willen der EU-Kommission innerhalb von
vier Monaten einen neuen Job haben oder eine Weiterbildung machen. Im
Rahmen der Jugendgarantie sollen die Staaten dafür sorgen, dass
jeder junge Mensch zügig einen neuen Job oder einen Ausbildungs-
oder Praktikumsplatz hat oder sich weiterbildet.“.
Zu schön um wahr zu sein. Natürlich,
so etwas kostet Geld. Nicht das zu wenig Geld da wäre, nein, die
Frage ist lediglich woher man es zu nehmen gedenkt. Aus Steuern und
Abgaben, die zu 98,5% aus dem BIP (in der BRD) stammen, ist das
natürlich von hinten durch die Brust ins Auge geschossen. Denn für jeden
Jugendarbeitsplatz verliert man am anderen Ende einen Erwachsenenarbeitsplatz. Denn die Konsumenten und Unternehmer müssen
das bereitgestellte Geld anderswo wieder substituieren, und das tun
sie zwangsläufig am Ende wieder bei den Arbeitsplätzen. Ökonomischen Sinn hat so
etwas nur, wenn man das nötige Geld von den bislang verschonten (Groß-)Vermögen abzieht. Also
genau dort wo man zur Zeit auf Rechnung des Bürgers kräftig füttert, da müsste
man ordentlich melken, und nicht umgekehrt. Aber das ist von Wolke 7 aus gesehen nicht mehr so
leicht erkennbar.
So einfach und im Prinzip auch bekannt
solche Zusammenhänge sind, so wenig werden sie wahrgenommen. Als
eines der vielen Beispiele sei hier nur der deutsche Ökonom Wolfgang Stützel genannt, der in seiner „Volkswirtschaftliche
Saldenmechanik“ solche trivialen Selbstverständlichkeiten der Substitution schon Ende der 50er-Jahre
beschrieb. Nachhaltig interessiert hat's weder Ökonomen noch
Politiker so richtig, denn die ebenso trivialen Folgerungen für
Vermögen und ihr politisch-ökonomisches Verständnis war und ist
für die Macht des Geldes, gelinde gesagt, prekär.
Zum 2013-Wahlkampfgetümmel möchte ich
daher dieses Jahr mit einer Reihe von Artikeln zur
Volkswirtschaftslehre beitragen, mit ein paar ZDF's (Zahlen, Daten,
Fakten), als Anregung zur allgemeinen Diskussion. Beginnen möchte
ich mit einem Beitrag zu den Staatsschulden.
Im Artikel „Den Bürger sollst du würgen“ habe ich in 2011 schon einiges zu diesem Thema gesagt. Neben diesen
ökonomischen Fakten werden im Wahlkampf Fragen gestellt werden wie:
- Wer hat sie gemacht?
- Woran liegt es?
- Geht es denn auch anders?
- Kann man sie zurückzahlen? Kann man sie abbauen?
- Gibt es eine „Schuld“? Wenn ja, bei wem?
Für die erste Frage betrachten wir einfach einmal die Entwicklung der Staatsschulden über die Zeit. In der ersten Graphik dazu sehen wir die Zahlen nach den offiziellen Quellen:
Das Bild zeigt uns die in den
Regierungszeiten angefallen Verschuldungen seit Gründung der BRD
unter den verschiedenen Regierungen. Und zwar nicht absolut, sondern
wegen der Gerechtigkeit jeweils normiert auf ein Regierungsjahr. In
der Säule blau die absolute Zahl in Milliarden Euro pro
Regierungsjahr, und in der roten Säule die relativen Zahlen, d.h.
die prozentual auf das BIP bezogene Erhöhung der Staatsschuld,
normiert auf ein Dezil. Neben dem alt bekannten Problem der ständigen
Zunahme der Staatsverschuldung
fällt auf, dass diese Verschuldungen kaum mit den "schwarzen"
oder "roten" Regierungen zu korrelieren sind, sondern
deutlich an einem Phasenwechsel geringer Verschuldungen bis Anfangs
der 70er, und der Phase der Hochverschuldungen seitdem bis heute fest
zu machen ist. Das liegt natürlich an dem Phasenwechsel der
Volkswirtschaft seit 1967, als der Kapitalkoeffizient erstmals den
Wert 1 überschritt. Die letzte Säule (BK Merkel) übrigens enthält
lediglich die offizielle Staatsverschuldung. Also ohne die vielen
Garantien, Bürgschaften und riskanten Kredite, die sich noch in diversen Schattenhaushalten befinden. Diese würden sonst die
Graphiken weit nach oben durchschlagen.
Etwas differenzierter wird das Bild,
wenn wir die einzelnen Kabinette abbilden, denn zum Beispiel hatte
Kohl insgesamt fünf Regierungsumbildungen in seinen 16
Regierungsjahren.
Die bei den Kabinetten benutzten Abkürzungen bedeuten: UL Union-Liberale, ULa - dito und Andere, SL - sozialliberale Koalition, SG - SPD und Grüne, GK - Große Koalition Union/SPD. |
Man sieht nun schon viel deutlicher,
dass die Zurechnung der Staatsverschuldung an eine bestimmt rote oder
schwarze Regierung Unfug ist. Egal ob rot ob schwarz, ob mit oder
ohne FDP, das Ergebnis ist überall sehr durchwachsen. So gab es für
den Bürger billige und teure Jahre unter Adenauer und Erhard (CDU), dagen wurde unter SPD Beteiligung (GK unter Kiesinger 1966 und bis
Brandt 1974 (SPD) ) wieder relativ "preisgünstig"
gewirtschaftet. Die SPD Schmidt Jahre waren dann aber wieder „teuer“,
und ebenso die letzten Kohl Kabinette. Danach war die Schröder-SPD
Kabinett I wieder ausgesprochen preisgünstig, aber die Merkel-CDU im Kabinett
II schießt aktuell natürlich den Vogel nach oben ab.
Mit gelb-rot-grün-schwarzer-Politik
hat dies offensichtlich ganz wenig bis gar nichts zu tun. Tatsächlich
sehen wir hier, neben dem statistischen Rauschen, nun sogar alle drei
wesentlichen Phasen einer Volkswirtschaft, praktisch eins zu eins, in
der zunehmenden spezifischen Staatsverschuldung abgebildet: Nämlich
Phase I, die Wirtschaftswunderzeiten, wo das BIP deutlich größer
bis gleich der Summe der volkswirtschaftlichen Vermögen war
(Kabinette Adenauer I bis Brandt II), dann die Phase in der das BIP
noch nicht vollständig mit Krediten gesättigt war (Kabinette
Schmidt I bis Kohl III), und schließlich die Endzeit, wo das BIP
nicht einmal mehr ausreichend groß ist, um noch ein ausreichendes
Reservoir für allgemeine Kredite, geschweige denn für alle Assets,
ab geben zu können (Kabinette Kohl IV bis Merkel II).
Staatsverschuldung im Verhältnis zu den Assets (CAP), zum BIP (GDP) und zu den Krediten in die Realwirtschaft (LOANS) nach den Daten der Bundesbank (Assets: OU0308, Loans: OU0115). |
Auch wenn man sagen muss, dass
Regierungen einen gewissen Einfluss auf den Gang der
Staatsverschuldung haben, so wird dieser spezifische Einfluss aber im
allgemeinen weit überschätzt.In Wirklichkeit muss sich der Staat wie alle anderen Wirtschaftsteilnehmer auch (rund 80% der volkswirtschaftlichen Verschuldung ist privat) verschulden. Das Problem für alle ist aber dass das Verhältnis zwischen der Summe aller volkswirtschaftlichen Vermögen (Banken-Passiva) gleich der Summe alle volkswirtschaftlichen Schulden (Banken-Aktiva) ist, und eben, dass das Verhältnis dieser Assetsumme zum BIP mit der Zeit zwangsläufig größer wird. Deshalb sinkt die Stützungsfähigkeit (Sustainability) des BIP für Vermögen und Schulden aller Art mit der Zeit gegen Null.
Tatsächlich muss der Staat dieses Spiel mitmachen, wenn er nicht als Staat versagen will. Multipliziert man die Staatsverschuldung einfach mit dem konstanten Faktor 5 (das ist der Kehrwert von 20%), dann ergibt sich sogleich das letzte Bild:
Durchgezogene Kurve: Offizielle Staatsschulden mal 5; gestrichelt: Summe aller Aktiva der deutschen Kreditinstitute gemäß Daten der Bundesbank von 1950 bis zum Jahre 2010. |
Auf die weiteren Fragen
- Geht es denn auch anders?
- Kann man sie zurückzahlen? Kann man sie abbauen?
- Gibt es eine „Schuld“? Wenn ja, bei wem?
"…den Kreditausweitungen zwischen 1970 und 2009, in Höhe von 1.596 Mrd. Euro, standen in der gleichen Zeit Zinszahlungen des Staates in Höhe von 1.562 Mrd. Euro gegenüber! D. h., nutzbar für Staat und Bürger waren in diesen 39 Jahren nur jene 34 Mrd. Euro, die sich aus der Differenz zwischen Kreditaufnahmen und Zinszahlungen ergeben. – Profitiert hat also alleine jene Bürger-Minderheit, die dem Staat ihr Geld geliehen hat: Sie ist um 1.562 Mrd. Euro reicher geworden."
AntwortenLöschenHelmut Creutz (Staatsverschuldung – kurz gefasst)
Eigentlich bedarf es keines weiteren Beweises, dass Politiker keine Volksvertreter sind, sondern berufsmäßige Vollidioten (altgr.: idiotes = Privatperson; jemand, der öffentliche und private Interessen nicht trennen kann und deshalb für ein öffentliches Amt ungeeignet ist) im wahrsten Sinn des Wortes. Dabei ist zu beachten, dass sie nicht aus "bösem Willen" handeln, sondern sie wissen wirklich nicht, was sie tun.
Der "Jahrhundertökonom" John Maynard Keynes wusste, dass eine "antizyklische staatliche Investitionspolitik" die Katastrophe (globale Liquiditätsfalle) nur hinausschieben aber nicht verhindern kann, denn solange keine staatliche Liquiditätsgebühr ("carrying costs") auf alles Zentralbankgeld erhoben wird und es ein privates Bodeneigentumsrecht gibt, ist der Staat niemals in der Lage, die Verschuldung wieder abzubauen. Keynes wusste aber auch, dass die "hohe Politik" dumm genug sein würde, alle denkbaren und undenkbaren Möglichkeiten einer staatlichen Investitionspolitik auszuprobieren (nebenbei bemerkt: der erste Patient, der den Keynesianismus anwendete, war Adolf Hitler), bevor sie ihr Versagen eingestehen würde, denn etwas anderes kann die politische Seifenoper in einer Zinsgeld-Ökonomie (zivilisatorisches Mittelalter) sowieso nicht machen.
Das einzig Sinnvolle, was Politiker tun können, ist, sich selbst überflüssig zu machen! Aber auch dafür sind sie zu dumm, denn es fehlt ihnen jegliche Kompetenz, die Marktwirtschaft vom parasitären Gegenprinzip des Privatkapitalismus zu befreien und damit eine echte Soziale Marktwirtschaft zu verwirklichen, ohne dabei eine Katastrophe in der Katastrophe auszulösen. Selbst wenn man den Politikern bis ins Detail aufschreiben würde, wie eine freiwirtschaftliche Geld- und Bodenreform praktisch durchzuführen ist, würden sie immer noch genügend Denkfehler dazwischen setzen, um mehr Schaden anzurichten als alles andere! Man muss sie also wie kleine Kinder an die Hand nehmen und ihnen Schritt für Schritt zeigen, was zu tun ist.
Das kostet den deutschen Steuerzahler die "Kleinigkeit" von 48 Mrd. Euro; nicht weil ich unverschämt bin, sondern weil ich mir gerade noch zutraue, diesen Betrag nach der Verwirklichung der Natürlichen Wirtschaftsordnung gewinnbringend in die Technologien zu investieren, die mich persönlich interessieren. Und was sind schon 600 Euro pro Mitbürger nicht nur für den sprichwörtlichen, sondern den tatsächlichen Himmel auf Erden?
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