Dienstag, 31. März 2009

Jubiläum 2009: Das Vermächtnis des Arminius


Eigentlich war das Jahr 2009 als grandiose Jübiläumsveranstaltung zum Urmythos der Deutschen, der ersten Staatsgründungen auf germanischem Boden, geplant. In der Zeit von etwa 9 v.Chr.-19 n.Chr. waren diese das Reich des Marbod und von 9 n.Chr.-20 n.Chr. das Reich des Arminius. Mit dem gigantischen Schatz aus der Varusbeute legte er den finanziellen Grundstein für seinen Versuch der Staatenbildung, aber auch für Neid, Gier und endlich seinen Tod durch die Hände seiner eigenen Verwandtschaft.

Die beiden Reiche gingen somit im Bruderkrieg 17-20 n.Chr. schon wieder restlos unter. Ihre Geschichte aber wurde, am Rande erwähnt, von römischen Historiographen überliefert; ihr Mythos wurde in Sagen und Liedern (Marbod-Thidreksage; Arminus-Siegfriedlied) bewahrt, und das Nibelungenlied führte schließlich um 1200 wieder zusammen, was zusammen gehört.

Wir wissen nicht, welchen inneren Kampf Arminius ausfocht, was ihn zu der Revolte gegen die römische Vorherrschaft antrieb. Er war adliger römischer Ritter, und genauso von germanischem Adel, er war wohlhabend und einflussreich. Was treib ihn dazu alle seine Privilegien und sein nacktes Leben mit seiner unerwarteten Wendung gegen Rom zu riskieren?

So wenig uns römische Historiographen zu seinem persönlichen Motiv überlieferten, so eindeutig ist aber ihre Einschätzung für den zentralen Grund, warum ihm die Mehrzahl der ansonsten notorisch zerstrittenen germanischen Stämme in den riskanten Kampf folgten: Es war die mit Varus eingekehrten römischen Gesetze und die rigorose Einforderung drangsalierender Steuern und Abgaben durch den römischen Staat.

Als es im Jahre 9 zum Shootout im Teutoburger Wald kam, war man zwar schon fast eine Generation an römische Einflussnahme gewöhnt, und hatte sich gut arrangiert, aber nun war der Bogen durch Varus kräftig überspannt worden. Um Christi Geburt gab es in Rom wiederkehrende Versorgungsengpässe und Hungersnöte, der pannonische Krieg 6 bis 9 forderte Unsummen. Als folgerichtig, der Verwaltungsfachmann und Mitglied der kaiserlichen Familia, Varus von Augustus etwa Ende 6 nach Germanien geschickt wurde, diente dessen Einsatz dem Eintreiben von Einkünften aus der frisch geschaffenen Provinz Germanien zwischen Rhein und Elbe.

Zwischen Volk und Staat besteht grundsätzlich ein ungeschriebener Vertrag: "Ich gebe dem Staat, und der Staat gibt mir". Der Staat gibt mir Infrastruktur und Schutz; Rechtssicherheit liefert Schutz vor inneren Feinden, Gerechtigkeit und Freiheit garantieren ein wirtschaftliches Auskommen und das Militär schützt mich endlich noch vor äußeren Feinden. Ist der Staat aber klamm, so geht dieser Vertrag für die zunehmend hoch Besteuerten nicht mehr auf. Im ungünstigsten Fall ist der Zustand "Ich gebe alles und der Staat gibt mir nichts" erreicht. An diesem Punkt ist das Tor für Aufstände, Revolution und Krieg weit geöffnet. In der Geschichte finden wir hunderte solcher Beispiele. Ein Blick unter die Stichworte Aufstand, Revolte, Revolution, Bauernkriege, etc. pp., etwa in Wikipedia, liefert dazu schnell atemberaubende Einblicke.


Die Französische Revolution (1789 bis 1799) gehört zu den folgenreichsten Ereignissen der neuzeitlichen europäischen Geschichte. Als der Generalkontrolleur der Finanzen Jacques Necker 1781 erstmals die Zahlen des französischen Staatsbudgets veröffentlichte, war dies als Befreiungsschlag zur Herstellung allgemeiner Reformbereitschaft in einer ansonsten ausweglosen Finanzkrise gemeint. Seine Amtsvorgänger hatten da bereits vergebliche Anläufe zur Stabilisierung der Staatsfinanzen unternommen. Neckers Zahlenwerk schockierte: Einnahmen von 503 Millionen Livres (Pfund) standen Ausgaben von 620 Millionen gegenüber, wovon allein die Hälfte auf Zins und Tilgung für die enorme Staatsverschuldung entfiel. Weitere 25% verschlang das Militär, 19% die Zivilverwaltung und ca. 6% die königliche Hofhaltung. Dass für höfische Feste und Pensionszahlungen an Höflinge eine Summe von 36 Millionen Livres anfiel, wurde als besonders skandalös angesehen. Der Großteil der Bevölkerung war an Aufklärungsdenken und Politisierung wenig interessiert, am Brotpreis umso mehr. Die Bauern, die vier Fünftel der Bevölkerung stellten, hatten 1788 eine schlimme Missernte erlitten und danach einen harten Winter durchlebt. Während es ihnen am Nötigsten fehlte, sahen sie die Speicher der weltlichen und geistlichen Grundherren, denen sie Abgaben zu entrichten hatten, noch gut gefüllt.

Kommt Ihnen der obige Abschnitt aus Wikipedia bekannt vor? Nun am Freitag entscheidet der Bundesrat über die anstehende Verstaatlichung der HRE. Die Zustimmung der Länderkammer ist noch strittig. Geht man diesen Schritt nicht, so wird am Montag die HRE so sehr wackeln, dass der nächste Erdrutsch nach der Lehman-Pleite in Gang kommt. Macht man diesen Schritt, so hängt man dem Steuerzahler Risiken von geschätzten weiteren 1000 Mrd. Euro an den Hals.

Die werden zwar erst mal als Sondervermögen getarnt werden, sind aber mittelfristig nichts anderes als Schulden, deren Verzinsung, geschweige denn Tilgung, durch Steuern aus dem BIP zu erbringen sind. Die Hoffnung das irgend jemand die lauernden wertlosen Derivate später zu einem anständigen Preis versilbert, ist weniger als dünn. Danach hat der Staat mittelfristig nur noch die Wahl zwischen Währungsruin zur Entschuldung und/oder aber Steuerdrangsalierung der Bürger. Der ungeschriebene Staatsvertrag mit dem Bürger gerät dann wieder einmal ins Wanken, die vielschichtigen Folgen sind jedem Geschichtsinteressierten bestens bekannt.


9 bis 2009, eine schöne runde Zahl wäre es für ein Fest des "sich selbst auf die Schultern Klopfens" gewesen. Nun aber wird dieses Fest überschattet vom Vermächtnis des Segifrit Irmin, dem starken Siegfried, von den Römern Arminius und von den Deutschen später Hermann der Cherusker genannt: In Nichts liegt der Aufstieg und Fall der Reiche so sehr verstrickt, als in Steuerdrangsalierung und dem Ruin der Währung.

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