Donnerstag, 19. März 2009

Systemkrise zweiter Akt: Der Apokalyptische Reiter


Nun ist der Apokalyptische Reiter auch offiziell aus dem Stall gelassen: Die Notenpresse reitet durch die Lande. Heute berichtet der Spiegel: „Die Fed kündigte an, für 300 Milliarden Dollar langfristige Staatsanleihen des Finanzministeriums aufzukaufen, um "zu einer Verbesserung der Lage auf den privaten Kreditmärkten beizutragen".
Die Fed erklärte sich außerdem bereit, den Ankauf fauler Hypothekenkredite auf dem US-Finanzmarkt noch auszuweiten. Dafür sollten weitere 750 Milliarden Dollar bereitgestellt werden; damit wird die Fed inklusive früherer Käufe insgesamt etwa 1,25 Billionen Dollar für den Erwerb verbriefter Immobilienkredite aufbringen.“


Das nötige Geld wird diesmal einfach gedruckt. Denn die Nullzinspolitik lässt den USA keine andere Möglichkeit mehr. „Es sei weitgehend gesetzt gewesen, dass die Fed auch Staatsanleihen kaufen und die Notenpresse richtig anwerfen werde, sagte Dan Fuss von der Finanzberatung Loomis Sayles in Boston.“. Denn über den Rückkauf der Staatsanleihen, kann man erstens dem Finanzmarkt Geld in die Hand geben, und zweitens, sich selbst entschulden. Aus dem längst überstrapazierten BIP kann man das Geld dafür nicht entnehmen, also druckt man es einfach.

Aber nicht nur die USA machen das: „Vor der Fed hatte bereits die britische Notenbank mit dem Ankauf von Staatstiteln begonnen, um die heimische Wirtschaft mit Geld zu fluten. Die Bank von Japan kündigte am Mittwoch die Ausweitung ihres laufenden Ankaufprogramms für Bonds auf umgerechnet knapp 220 Milliarden Euro an.“

Der Euro ist noch nicht ganz auf dem Boden, doch ist die Notenpresse längst im Visier: „Bei der Europäischen Zentralbank (EZB) wird mittlerweile über den Kauf von Commercial Papers diskutiert. Im Gegensatz zu den anderen Notenbanken hat die EZB aber noch Spielraum beim Leitzins. Dieser steht seit Anfang März bei 1,5 Prozent“. Die Börsen haben diese Entwicklung schon reflektiert, so stieg der Euro von zuletzt 1,25 Dollar auf 1,35 Dollar Gegenwert, in wenigen Tagen also relativ zur US-Währung um 8%. Ebenso gegenüber Schweizer Franken um ca. 5,5 % und gegen das Britische Pfund um sogar 9% in letzter Zeit. Natürlich stiegen auch die Börsen in den letzten Tagen von ihren Tiefstständen wieder auf höhere Werte, denn besonders die Bankentitel schnellten nach oben. In Erwartung der Geldflut sollten deren Titel nämlich erneut Gewinne versprechen. Zumindest kurzfristig, denn langfristig sind alle Papieranlagen mit Misstrauen zu betrachten.

Das Anwerfen der Gelddruckmaschinen ist immer das letzte Mittel. Es ist eine der wenigen Möglichkeiten, sich der überbordenden Schulden, Verpflichtungen und den diesen gegenüberstehenden Vermögen zu entledigen. Denn kein westlicher Industriestaat kann heute noch ernsthaft an eine relevante Tilgung der Schulden denken. Das war vor 20 Jahren schon so, aber heute ist es ein Märchen aus Tausend-und-Einer-Nacht.

Man beschreitet nun den Weg, den alle Imperien am Ende ihrer Tage beschritten und mit dem Verlust ihrer Macht bezahlten. Die Ursache des Problems ist schon auf der Dollar-Note fest geschrieben. Da steht, etwas unauffällig vorne links oben, aber dem aufmerksamen Leser kaum zu entgehen: „This Note is legal Tender for all Debts, public and private“. Ergo, „diese Banknote ist gesetzliches Zahlungsmittel für alle öffentlichen und privaten Schulden.“. Nun ist Geld aber nicht durch Schulden, sondern durch Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu decken!

Schulden sind aber immer auf der anderen Seite Vermögen und umgekehrt. Und Vermögen laufen auf Grund der Zinseszinsentwicklung grundsätzlich dem BIP irgendwann davon, früher oder später. Die unter Ronald Reagan seit 1981 privatisierte und aus staatlicher Kontrolle entlassene Finanzwirtschaft hat diese grundsätzliche Entwicklung jedoch dramatisch beschleunigt, Gier ersetzte fortan die Vernunft. Jetzt kommt es zum unvermeidbaren Payday, es ist der Zahltag angesagt. Die Schulden/Vermögen drängen nach dem ihnen angeblich zustehenden Anteil am BIP des Durchschnittbürgers. Da diese in den USA das BIP aber um mehr als das fünffache, in der BRD nur etwa das dreieinhalbfache, übertreffen, kann das nicht mehr gut gehen. Der tatsächliche Gegenwert der Vermögen muss also auf einen Bruchteil verringert werden, am einfachsten geht dies durch massive Inflation. Deren wahrscheinliche Folgen sind aber nicht ohne.

Merken Sie sich also das heutige Datum: Der Anfang vom Ende der Nachkriegswelt ist eingeläutet. Die Generationen unserer Kinder und Enkel werden eine andere Welt vorfinden, mit veränderten Grenzen und Machtverhältnissen. Hoffentlich auch mit geänderten Einsichten: Auf der Neudollar-Note sollte stehen: „This Note is legal Tender for all real GDP, public and private“. Real GDP, das ist real gross domestic product. Reales Bruttoinlandsprodukt, daran muss sich zukünftige staatlich kontrollierte Geldpolitik orientieren, es dürfen keine Schulden/Vermögen ohne grundsätzliche Deckung mehr ausgegeben werden. Man muss sich etwas einfallen lassen, um die Zinseszinsspirale in Zukunft zu verhindern, oder wenigstens massiv zu deckeln. Hoffentlich lernen wir das aus der Krise.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Vielen Dank für Ihren Kommentar. Ich werde ihn baldmöglichst freischalten. Diese Funktion dient lediglich der Vermeidung von Spam- und Flame- Kommentaren und dient niemals einer Zensur.