Montag, 20. April 2009

farcical revolution: Minnesota bewaffnet und gefährlich?


"Sieh dich vor, Amerika, die Revolution wird kommen!" zitiert heute der Spiegel Glenn Beck. Der 45-jährige startete eine Show für die konservativen Fox News mit inzwischen mehr als zwei Millionen Zuschauer und auf Anhieb das drittbeliebteste TV-Kabelprogramm in den USA.


"Seit Wochen köchelt der Volkszorn über Wirtschaftskrise, über Arbeitslosigkeit, Bonusskandale, den Kollaps der Autobranche, die Milliardenspritzen des Staates an die Banken. Diese bisher eigentlich ideologiefreie Wut will das rechte Lager nun für seinen erbitterten Kampf gegen US-Präsident Barack Obama politisch instrumentalisieren.". So streute er das Gerücht, die US-Katastrophenschutzbehörde würde bereits KZs bauen, oder warnt vor Notenbankchefs Ben Bernanke: "Sie kontrollieren euer Leben!". Und das, obwohl gerade Beide auf das konservative Konto der politischen Freunde des Showmasters gehen.

Aber auch der konservative Buchmarkt gibt einiges her: „"Amerika sei auf dem "Weg zur Tyrannei", postuliert der Radio-Talker Mark Levin, dessen Buch "Liberty and Tyranny - A Conservative Manifesto" seit zwei Wochen auf Platz eins der Sachbuch-Bestsellerliste der "New York Times" steht."

In den USA hat sich längst ein explosives Gemisch aus Staatsverdrossenheit, weltentrückten Pioneergeist und gigantischen Waffenarsenalen entwickelt. Natürlich dürfen hier auch beliebte US-Schauspieler nicht fehlen, die ja nicht zum ersten mal ihr Cowboyimage in die reale Politik verpflanzen möchten: ""Wie viel mehr wollen sich die Amerikaner zumuten lassen?", schreibt auch Chuck Norris, der zum Republikaner-Maskottchen mutierte Actionheld, im rechten Kampfblog "WorldNetDaily". "Wann ist es genug? Wird die Geschichte eine zweite amerikanische Revolution schreiben müssen?""


So schimpfen Tausende gegen Staatsausgaben, Steuererhöhungen und Konjunkturpakete. Sie sehen in Obama einen "Faschisten" oder "Kommunisten", je nach Gusto. In Anlehnung an die Boston Teaparty, ein Ereignis das der Gründung der USA vorausging und ein Protest gegen die englische Steuerpolitik war, werfen diese nun Teebeutel vors Weiße Haus. Nun verlangten sie in Texas die Sezession aus der Republik. Angedroht von keinem geringeren als dem republikanischen Gouverneur Rick Perry. Als Präsident des neuen unabhängigen Texas hat sich, wer sonst, Chuck Norris empfohlen.

Eben diese Heimatschutzbehörde (DHS) warnt vor einer Ausuferung der rechten Gewalt: "Wirtschaftskrise, Arbeitslosigkeit und Unmut über Obama könnten nicht unbedingt nur friedliche Proteste zur Folge haben. ...Die Bedrohung durch Eigenbrötler und kleine Terrorzellen ist ausgeprägter als in vergangenen Jahren." Als Beispiel nannte es den Amoklauf von Pittsburgh, bei dem ein Mann Anfang April drei Cops erschoss.
Obamas Person und die Rezession seien "einzigartige Triebfedern" zur "Radikalisierung und Rekrutierung", so der DHS-Bericht. "Rechtsextremisten schlagen daraus Kapital", um "ihre Attraktivität zu verbreitern"
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Kampf dem Staat, keine Steuern und unbeschränkter Schusswaffenbesitz sind die sozialfremden Triebfedern dieser Radikalisierung. "Seit November sind beim FBI 5,5 Millionen Anträge auf Background-Check zum Kauf einer Schusswaffe gestellt worden - 1,2 Millionen mehr als im Vorjahreszeitraum. ....Top-Hit: die semiautomatische M&P-Pistole." Das man mit so einer Maschinenpistole nicht unbedingt auf Hasenjagd geht, sieht auch die republikanische Kongressabgeordnete Michele Bachmann. Nicht dass sie etwas dagegen hätte, nein, sie ruft ihren Heimatstaat nun zur Revolution auf: "Ich will, dass die Leute in Minnesota bewaffnet und gefährlich sind." Das Licht am Ende des Tunnels kann bekanntlich der entgegen kommende Zug sein. Oder aber die rechte Revolution. Merkwürdig hier nur, das es ausgerechnet diejenigen Anhänger der republikanischen Partei sind, die das Desaster politisch zu verantworten haben. Es ist eine seltsame Mischung aus altem Pioniergeist, Waffennarretei und Rassismus die mit jedem Tag der Krise brisanter werden kann.

Man muss sich sowieso wundern, wie das Millionenheer der Armen den Kontrast zwischen Traum und Wirklichkeit der USA erträgt. Der unzerbrechlich wirkende Glaube an den Schuhputzer der zum Dollarmillionär wird, lässt zudem den Zustrom lateinamerikanischer und mexikanischer Bürger im Süden nie abreißen. Die fliehen nicht nur vor der schuldenbasierten Armut in ihren finanzdesolaten Ländern, sondern auch vor den fürchterlichen Drogenkriegen wie in Mexiko. Diesem fallen pro Jahr tausende zum Opfer, der Unterschied zu anderen Bürgerkriegszonen dieser Welt liegt nur in der minderen öffentlichen Wahrnehmung, nicht aber in Angst, Elend und Tod. Es sind dabei nicht nur die Drogenkartelle die Schuldigen, es ist auch der nie enden wollende Bedarf der USA nach diesen Giften. Und, in umgekehrter Richtung, die Schusswaffenexporte nach Lateinamerika, deren Bedarf eben auch nicht beim Hasenjagen liegt. Zumindest in diesem Teilbereich der US-Wirtschaft besteht kein nennenswertes Außenhandelsdefizit.

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