Freitag, 22. Juli 2011

Dumm, Dümmer, Demokraten: Europa schafft sich ab

Das wievielte Rettungspaket war das nun eigentlich? Mit dem Zählen kommt man da gar nicht mehr nach. Wozu auch, gerettet wurde bekanntlich bislang ja in keinem Fall Land und Leute, sondern nur Banken und Superreiche. Damit das auch so bleibt, zumindest vorläufig bis der Ballon dann endgültig platzen wird, nimmt man sich auf die Nachtsitzungen und Euroreisen als Berater auch genau die Böcke mit, die den ehemals grünen Garten kahl gefressen haben: Die Investmentbanker, höchstpersönlich vertreten vom einem der drei größten der Welt, dem Josef Ackermann eben. Man hätte sich als Berater ja auch einige derjenigen mitnehmen können, die die ganze Sause bezahlen sollen, etwa einen Vertreter des Steuerzahlerbundes oder der Gewerkschaften.

Nun gut, die verstehen vielleicht genauso wenig von Volkswirtschaft wie unsere Gurkentruppe in Brüssel, aber zumindest verstehen sie, wer wirklich zur Kasse gebeten wird. Und zwar nicht zum Abholen, sondern zum Einzahlen. Aber deren Ideen hätten sich mit den nächtlichen Kafferunden zu wenig gedeckt und der einvernehmliche Sektempfang nach der Pressekonferenz wäre etwas säuerlich geworden, da sich der Bürger und seine wenigen verbliebenen Fürsprecher im allgemeinen ja zunehmend als beratungsresistent zeigen.



Über das, was bei so was herauskommt, darf man sich also nicht wundern. Zuerst vielleicht mal das Positive, was nicht so viel ist, aber immerhin nicht völlig unerheblich: Die „Beteiligung“ privater Gläubiger. Die wird, je nach Gusto, auf bis zu 50 Milliarden bis 2014 hochgerechnet. „Freiwillig“ versteht sich. Soll heißen: Kann sein, kann aber auch nicht sein. Die Freiwilligkeit besteht im wesentlichen darin, dass die Finanzwelt immerhin eingesehen hat, dass sie zumindest jetzt mal an der Reihe sind wenigstens einen kleinen symbolischen Beitrag zu leisten. „Die Summen, mit denen jongliert wird, sind mal wieder beachtlich. 109 Milliarden Euro umfasst das neue Rettungspaket für Griechenland, 37 Milliarden Euro sollen die Banken bis 2014 beisteuern. Unter anderem sollen sie ihre Griechenland-Anleihen in neue Papiere mit längeren Laufzeiten und niedrigeren Zinsen umtauschen. Bis 2019 soll ihr Obolus zur Griechenland-Hilfe gar auf insgesamt 106 Milliarden Euro angestiegen sei. Ein hübsches Pfund, mit dem Angela Merkel innenpolitisch künftig wuchern kann. Denn daheim sieht sie sich immer wieder der Forderung ausgesetzt, bloß nicht den Steuerzahler allein bluten zu lassen.“ schreibt der Focus heute.

So tönt Ackermann auch gleich, mit triefenden Krokodilstränen: „„Ja, das trifft uns hart“, sagte Deutsche-Bank-Vorstandschef Josef Ackermann am Rande des Euro-Krisengipfels in Brüssel in einem Interview des ZDF.“. Na der arme Kerl, nach vierstelligen Milliardenbeträgen zu Lasten der kleinen Leute, könnte, eher aber nicht, nun seine Eigenkapitalrendite um ein paar Marginalien sinken. Seine Boni werden ganz sicher nicht sinken, denn in der Tat hat er sich diesen mehr als verdient, indem er wesentlich dazu beigetragen hat, einen echten Schuldenschnitt, und damit den völlig äquivalenten Vermögensschnitt, zu vermeiden.

Denn es geht, wie immer, alles auf Kosten der Schaffenden. Das was die Ackermänner so hart trifft, ist nämlich keineswegs wie jetzt fleißig suggeriert wird, ein Vermögensschnitt, sondern ein „freiwilliger“ Verzicht auf einen kleinen Teil der versprochenen Gewinne. Nichts anderes ist nämlich die vorgesehene Streckung der Anleihenlaufzeiten. Das ist „hart“ für jemanden, der nun vielleicht statt der angestrebten 25% Eigenkapitalrendite nur noch 23% erzielt, stellt aber keinen Schuldenerlass für die Europäer dar. Es reduziert lediglich den unvermeidbaren Anstieg ein wenig.

Was auch noch „erreicht“ wurde, ist dass man die Griechenschulden (per Eigenankauf von Staatsaneihen) ein wenig, via EZB und Euro-Rettungsfonds, mehr auf die anderen Staaten umverteilt und in weniger sichtbare Bilanzen verschoben wird. Dadurch werden die Gesamt-EU Schulden aber keinen Deut geringer, es sieht nur auf den ersten Blick nicht mehr so verheerend aus. Zumindest solange bis man feststellt, das auch, so der nächste Punkt, die Verringerung der Zinslasten der Krisenländle von 4,5 auf 3,5 % immer noch ein deutlich positiver Zins ist, und damit der Anstieg der Lasten lustig weiter fortschreitet.

Was die Eigenankäufe von Staatsschulden angeht, auch die stellen keinen Verlust dar, denn diese werden ja zum Marktpreis angekauft. Das heißt derjenige, der seine Griechenanleihen sowieso verkaufen wollte, findet jetzt einen zusätzlichen Käufer. Und der führt mit seiner potenten Nachfrage automatisch eine Erhöhung des Preises dieser Altanlagen herbei! Denn musste der gebeutelte Griechenanleihenbesitzer zur Zeit seine Papiere für vielleicht 70% des Nennwertes verkaufen, so darf er nach dieser Entscheidung nun locker auf 85 oder 90% des Preises hoffen. Und kann, falls er nicht gleich verkauft und mit ein bisschen Verhandlungsgeschick ausgestattet, sogar auf die versprochenen 100% kommen. Die Folge ist, dass der erhoffte „Gewinn“, und damit der „freiwillige Beitrag“ deutlich geringer ausfallen wird als die Brüsseler Milchmädchen es berechnet haben. Und somit der Anleiheneigner nach marktwirtschaftlichen Maßstäben keinen Verlust, sondern sogar einen Gewinn in seiner Assetposition verbuchen kann. Und die so zurück gekauften Anleihen sind ja auch nicht einfach weg, sondern lasten auf dem Steuer- und Abgabenkonten der Schaffenden.

Da freut sich das Ackermännchen auch entsprechend: „„Ich bin der felsenfesten Überzeugung, dass wir einen ganz wichtigen Schritt gemacht haben, indem wir eine gute Lösung für Griechenland gefunden haben“, sagte Ackermann. „Damit sollte das griechische Problem gelöst sein.““. Und nicht ganz unrichtig, assistiert die Angela: „Und noch etwas stellte die Kanzlerin als Gewissheit hin:„Der Tag heute bedeutet für die Menschen in Deutschland ein Mehr an Sicherheit für unsere gemeinsame Währung.“ Was man jetzt für die Rettung Griechenlands aufwende, „das bekommen wir um ein Vielfaches zurück“. Wie wahr, wie wahr. Denn da kommt noch viel, viel mehr hinterher.

Die ganze Sause des gestrigen Tages war natürlich wieder völlig hirn-, ähem, alternativlos: „..Nach Merkel’scher Diktion ist der neuerliche Milliardenaufwand „alternativlos“. Welche Alternativen dennoch vorstellbar wären, malte die flämische Zeitung „De Standaard“ an die Wand. Pünktlich zum Gipfel am belgischen Nationalfeiertag erschreckte sie ihre Leser mit einer Science-Fiction-Story der besonderen Art. 2015: Die ehemalige Euro-Zone ist in ein nördliches „Euromark“-Gebiet und den südlichen Rest auseinandergefallen. Griechenland, Irland und Portugal sind schon längst bankrott und mussten ihre alten Nationalwährungen erneut einführen. Nach dem Ausbruch einer Hyper-Inflation und sozialen Unruhen haben in Griechenland die Obristen wieder die Macht übernommen. Die folgende gesamteuropäische Wirtschaftskrise kostete die nördlichen Länder zehn Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts, die südlichen 15 Prozent. Wer in die nördliche „Euromark“-Zone aufgenommen werden will, muss sich strikten Auflagen Deutschlands unterwerfen. Dort ist Bundeskanzlerin Angela Merkel 2013 wiedergewählt worden....“.

Ob die öffentliche Verdummblödung so lange klappt, wage ich zu bezweifeln, wenn auch nicht ganz. In Ermangelung von Alternativen, also den echten und nicht den -losen, wird dem Wähler ja nicht viel mehr übrig bleiben. So wundert man sich über Strömungen, die man längst passe glaubte. Strömungen, die spiegelbildlich gleich vor 80 Jahren genau von den gleichen Klientel und unfähigen Demokraten erst möglich gemacht wurden. Um das ganze nicht völlig aus dem Ruder gleiten zu lassen, würde ich schon mal eine weitere Rettungsbehörde einrichten, die entsprechende Stellenanzeigen für neues Führerpersonal aushängt.

Sicher ist Sicher. So sicher wie die Rettung des Euros.

1 Kommentar:

  1. Nun haben wir ihn, den Europäischen Währungsfonds mit verkappten Euro-Bonds. Wer John Perkins´"Economic Hit Man" gelesen hat, weiß auch, welch perfide Aufgabe das internationale Pendant IWF tatsächlich hat: Schuld-Versklavung. Demokratie adé.

    Wenn Ihr das für übertrieben haltet, dann hört Euch das hier an:

    Carlos Gebauer zum ESM

    Und Egon W. Kreutzer zeigt die unglaubliche Perversion zur Aufrechterhaltung des Systems in seinem aktuellen Kommentar wie folgt auf:

    "Wo soll der EWF (sollte er denn kommen und so heißen) das Geld hernehmen? Die pekuniäre Selbstkastration der modernen Industriestaaten macht es unumgänglich, die Rettungsmilliarden erst zu leihen, bevor man sie an den Schuldner durchreichen kann, damit der sie postwendend als Tilgung an die gleichen Gläubiger zurückreicht."

    AntwortenLöschen

Vielen Dank für Ihren Kommentar. Ich werde ihn baldmöglichst freischalten. Diese Funktion dient lediglich der Vermeidung von Spam- und Flame- Kommentaren und dient niemals einer Zensur.