Die Wahlen der letzten Wochen haben
eines gezeigt: Die arbeitende Bevölkerung ist in Europa nicht mehr
so selbstverständlich bereit, sich für Schulden und Vermögen
anderer Leute tot sparen zu lassen. Natürlich haben sie alle Recht
damit, auch wenn den wenigsten wohl klar ist, warum. Frankreich hat
gewählt, Sieger waren die Rechten unter Marine Le Pen die fast an
die 20% Marke kam, was allerdings nicht zur Stichwahl reichte, die
dann der Sozialist Hollande locker gegen Sarkozy gewann.
Hollande hat schon angekündigt, dass
er nicht gedenkt, weiter nach Merkels Pfeife
zu tanzen: „Beim
Abschreiten der Ehrenformation - gleich nachdem der neue französische
Präsident am Berliner Kanzleramt angekommen ist - fängt die
Kanzlerin schon an, ihn herumzudirigieren: Leicht, aber resolut
schubst sie ihn zur Seite, weil sie laut Protokoll an der Außenseite
des roten Teppichs laufen muss, er das aber nicht weiß - und erst
keinen Platz macht...“. Naja,
dann schaunmermal. In Griechenland kam es für die Europafans
allerdings noch dicker, Griechenland ist nach dem Wahlergebnis
praktisch aus dem Euro raus, denn lediglich die alte Nea Demokratia
ist noch auf Kurs, Pasok humpelt, und die breite Mehrheit hat ganz
links und ganz rechts gewählt. Keiner bekommt eine tragfähige
Mehrheit zustande, und schon steht die nächste Neuwahl an. Das
Ergebnis kann man sich in Brüssel ohne viel Phantasie schon ausmalen. Der BIP-totspar-Kurs ist megaout, und mittelfristig keine
Chance mehr auf die Durchsetzung des Merkel EU-Plans der allgemeinen
Austerität.
Den Griechen ist zu wünschen dass sie
es schaffen sämtliche Altschulden loszuwerden, und per neuer
Drachme, und zweifellos notwendigen Strukturreformen, wieder schnell
auf die Beine zu kommen. Mit den Altschulden, egal ob mit oder ohne
EU, ist das unmöglich. Natürlich wusste man das auch schon 2009,
sofern man nur ein bisschen bei Prozentrechnung aufgepasst hatte.
Trotzdem hat man hier schon ungeheures Geld versenkt. Welches aber
ausschließlich bei den Banken angekommen ist, weit ab der
schaffenden Basis. Mit dem anstehenden finalen Kollaps kommen dann
noch mal „ungeahnte“ Summen auf EZB und Bundesrepublik zu und das
ist noch lange nicht das letzte Säckel was uns da entgegen rollt.
Um das so wichtige „Vertrauen“ der
Investoren nicht zu verlieren, wird man alle Kosten wieder großzügig
sozialisieren müssen, via EFSF, ESM, EZB und endlich Bundeshaushalt.
Aber wie immer wird es nicht reichen, denn dadurch werden die
Probleme noch unlösbarer, ein Loch wird mit dem nächsten gestopft,
und das übernächste reißt gleich wieder auf: Spanien, Italien,
Portugal, um nur die bekanntesten zu nennen, denn außer in BRD,
Niederlande und Finnland ist kein Land mehr in Sicht. Und diese
letzten Mohikaner müssen sukzessive immer mehr schultern, bis sie
denn auch kollabieren.
Das ganze ist unvermeidbar, weil die
Mehrzahl der Ökonomen es bis heute ablehnt, alle privaten Vermögen
und Schulden mit ins Kalkül zu ziehen. Und sich deshalb wundern,
warum Spanien mit seiner eigentlich geringen Staatsverschuldung, mit
um die 68% noch deutlich unterhalb der BRD, dem Kollaps nahe ist,
während sich Länder wie Japan selbst mit 200% Staatsverschuldung
gemessen am BIP so grade noch durchwursteln. Der Grund ist simpel, es
kommt eben nicht alleine auf die öffentlichen Schulden an sondern
auf die Gesamtsumme aller öffentlicher plus aller privater Schulden
(sprich Vermögen). Und da sieht es inzwischen bei allen westlichen
Ländern bitter dunkel aus. Mit Umschuldungen egal wie, lässt sich
das nun mal nicht beheben, nur verschlimmern, wenn man aus privaten
öffentliche Schulden macht.
Auch das war in 2009 schon leicht
vorhersagbar. Genauso wie die nun überall aufkeimende politische
Unruhe und Verwerfungen, denn die Schuldenkrise ist eben eine
Verteilungskrise. Denn Geld, egal wann und wie es geschaffen wurde,
ist immer Schuld eines anderen in gleicher Höhe, und es ist nichts
anderes als ein staatlich verbürgter Gutschein auf aktuelles(!) BIP.
Es ist wie bei einem Schnellrestaurant, bei dem der Chef in der
Vergangenheit viel zu viele Gutscheine ohne Verfallsdatum an seine
guten Freunde verteilt hat. Irgendwann stehen viel mehr
Gutscheinbesitzer vor der Tür als man innen drin an Buletten
schaffen kann und der Laden macht dann zwangsweise pleite. Es sei
denn, man widerruft rechtzeitig die Gutscheine und verweigert die
weitere Annahme. Oder man versucht die Belegschaft zu unbezahlten
Überstunden ohne Ende und Bezahlung zu „überreden“. So einfach,
und so brutal, ist das. Und die Austeritätspolitiker in der EU haben
sich selbstredend für die zweite Möglichkeit entschieden, weil
ihnen die Gutscheinbesitzer mehr am Herzen zu liegen scheinen, als
ihre eigene Belegschaft. Die Völker der EU aber zeigen sich
zunehmend „uneinsichtig“ für die „Notwendigkeit“ die
Gutscheinbesitzer und dicken Freunde des Chefs zufrieden zu stellen.
In der EU versucht man nun händeringend
den GAU-Fall zu vermeiden. Zwar wird jetzt mit den Folterwerkzeugen
gedroht, und auch der EURO-Austritt in Erwägung gezogen, aber da
müssen wir erst mal sehen. Letztlich ist man in Brüssel sicher
bereit, zur Rettung des status quo, am Ende alle Schulden und
weiteren Kosten in nicht endend wollender Höhe aus Griechenland den
anderen EU Bürgern anzudienen, denn ein tatsächliches Ausscheiden
setzt mittelfristig eine Lawine in Gang. Die nächsten
Pleitekandidaten werden, und gar nicht zu Unrecht, die gleichen
Privilegien fordern. Nämlich ebenfalls relativ schadlos aus der
Renditensklaverei ausscheiden zu dürfen. Das Ende des Euros ist dann
schnell unabwendbar, und die ganze EU steht in der Tat dann auf der
Kippe. Denn die Verheerungen des Euro-Desasters fallen auf alle
EU-Institutionen zurück, und das zunehmend böse Blut zwischen den
Nationalstaaten wird sich nicht mehr einfach wegwischen lassen.
Von den Sprüchen, dass keine EURO Land
ernsthaft in Pleitegefahr wäre bis zum tatsächlichen Bankrott
Griechenlands vergingen keine zwei Jahre. Bis zum Ausscheiden
Griechenlands aus dem Euro wird wahrscheinlich weniger Zeit sein. Und
danach wird es auch nicht vielmehr als zwei zusätzliche Jahre
dauern, bis die Eurozone als ganzes am Ende ist. Und damit eines der
dümmsten Politexperimente der europäischen Geschichte.
Sehr geehrter Herr Genreith,
AntwortenLöschenIhrer Analyse des Gutschein Ponzi Schemes kann ich noch etwas abgewinnen aber Ihre Konklusion in Form von: "Und danach wird es auch nicht vielmehr als zwei zusätzliche Jahre dauern, bis die Eurozone als ganzes am Ende ist. Und damit eines der dümmsten Politexperimente der europäischen Geschichte." geht an der wirklichen Ursache vorbei. Denn jede Politik muss am Ende dumm aussehen, wenn sie eine Illusion naehrt, die die Wahrheit verschleiert. Wir leben nicht in einer funktionierenden Demokratie, in der mehrheitliche Interessen von gewaehlten Volksvertretern in Gesetze und Regierungshandlungen umgesetzt werden. Wir leben in einer Scheindemokratie oder besser gesagt in einer Plutokratie und das seit Gruendung der BRD. Auch die Weimarer Republik wurde von den antidemokratischen Kraeften des Fettaugensyndroms aus den Angeln gehoben. Und die BRD ist seit ihrer Gruendung Naehrboden fuer dieses Fettaugensyndrom. Wie erklaeren Sie sich dass Art14 Abs. 2 bis heute keine nachfolgende Gesetzgebung erfahren hat, die die Sozialpflichtigkeit des Eigentums vor deutschen Gerichten effektiv einklagbar macht? Wie erklaeren Sie sich, dass bis heute, also knapp fuenf Jahre nach Beginn der Krise die "Besten der Besten" keine zutreffende und ueberzeugende Analyse der Ursachen vorlegen koennen? Wie erklaeren Sie sich den absurden Streit darueber ob Sparen oder mehr Schulden machen die Loesung sei? Meinen Hinweis bei der Suche nach Antworten auf diese Fragen finden Sie u.a. hier:
http://fettaugensyndrom.blogspot.com/
MfG, Georg Trappe
P.S.: Ein friedliches, prosperierendes Europa indem die Menschen frei reisen, sich ueber ihre kulturelle Vielfalt austauschen und miteinander wirtschaften koennen ist kein dummes Politexperiment! Es tut weh soetwas zu lesen und zu sehen, das selbst intelligente Menschen wie sie, auf die Demagogie derer herein fallen, die auch die Weimarer Republik zum Opfer ihrer Interessen gemacht haben und so schon einmal Europa in Schutt und Asche gelegt haben.
Hallo Hr. Trappe,
AntwortenLöschenmit dem "dümmstem Politexperiment" meine ich natürlich nur das EURO-Experiment und keineswegs ein einiges Europa. Letzteres ist unabdingbar für Europa, dass in der Geschichte fast mehr Kriegs- als Friedenszeiten kannte. Aber mit dem "dümmsten Politexperiment" aller zeiten sprengt man natürlich auch das einieg Friedenseuropa, und dadurch ist es nicht nur das "dümmste", sondern sogar das "saudümmste" Politexperiment der europäischen Geschichte.
Ganz aktuell schließe ich mich der Auffassung von Simon Dixon an, ein wirklich überzeugender Redner:
LöschenDie Politiker haben zwischenzeitlich keine Wahl mehr, retten sie nicht, was kapitalistisch korrekt wäre, fallen wir in eine fürchterliche Depression. Den Vermögenden das Geld abzuknöpfen ist de facto auch nicht realisierbar, zumindest nicht im erforderlichen Umfang.
Das Kettenbriefsystem ist viel zu weit fortgeschritten, es gibt keine Lösung mehr ohne Katastrophe, das Spiel ist schon verloren.
Das Schlimme ist, dass Ponzi-Schemata zu Beginn wunderbar funktionieren und während des Verlaufes alle daran glauben, und am Ende ist es eben zu spät. So werden wir nach dem Zusammenbruch ein neues Pyramidenspiel beginnen ...
Simon Dixon sagt es ganz deutlich, es ist ein vom Menschen erfundenes, absolut perverses System, dass Geld Schulden sind, das durch private Banken geschaffen wird. Das muss nicht so sein und darf auch nicht so sein! Denn geht die private Bank pleite, vernichtet sie "unser" Geld. Sie darf daher nicht pleite gehen! Aber die ganze Welt hat dieses absolut blödsinnige und perverse System kopiert! Man könnte wirklich verzweifeln.
Wer englisch beherrscht, hier ein phantastisch engaierter Vortrag von Simon Dixon, eine Stunde, die sich wirklich lohnt:
https://www.youtube.com/watch?v=NJd0jd0PIWk
Yep, genauso ist es. Es ist ein Pyramidensystem, das etwa zwei Generationen bis zum Maximum, und dann eine Generation bis zum Weltkrieg braucht. Das lässt sich auch historisch mit bester Regelmäßigkeit belegen.
LöschenDas Fettaugensybdrom hat seine Ursache aber nicht in einer einheitlichen Waehrung fuer europaeische Laender sondern wirkt universal. Auch die USA sind vom Fettaugensyndrom und seinen Folgen befallen. Und viele andere Volkswirtschaften, wenn nicht alle, auch. Das hat mit dem Euro nur in soweit etwas zu tun, dass der Euro auch eine Waehrung ist, die auf dem selben Bank- und Geldwesen fusst, wie die anderen Waehrungen auch.
AntwortenLöschenGetrennte Waehrungen in Europa mildern vieleicht die Symptome des Fettaugensyndroms, aber sie beheben sie nicht. Die schwachsinnige amerikanische Argumentation, dass China durch die Bindung des Yuan an den Dollar die exzessiven Handelsdefizite verursache, ist alleine dadurch wiederlegt, das die USA mit weit ueber 80 weiteren Laendern Handelsdefizite "pflegt", von denen die meisten "floatende" Waehrungen haben. Die USA sind das globale Griechenland. Das Fettaugensyndrom fuehrt auf globaler Ebene zu Exportweltmeistern und degenerierten Volkswirtschaften, deren realwirtschaftliche Zweige im wesentlichen aus "Dienstleistungen" bestehen. Das Ursachenbuendel was dahinter steckt sieht meiner Meinung nach so aus:
http://troikaneoliberaledenkfehler.blogspot.com/
und das Fettaugensyndrom ist dabei die mit Abstand maechtigste Kraft. Das loesen Sie nicht mit getrennten Waehrungen, weder in Europa noch sonstwo.
Viele Gruesse
Georg Trappe
P.S.: Warum hat ein Herr Schacht wohl die Nuenrnberger Prozesse ueberlebt und ist relativ ungestreift aus dem Desaster hervor gegangen?
Absolut korrekt, das „Fettaugensyndrom“ ist universal. Das „EURO-Syndrom“ verschärft die Lage nur insofern, als das die einzelnen, sehr unterschiedlichen, EU-Ökonomien nicht mehr dediziert auf die Lage reagieren können. Und dazu gehören natürlich so Dinge wie die, die Hr. Schacht vertrat: „Schacht befürwortete ähnlich wie John Maynard Keynes eine kontrollierte Geldschöpfung durch die Notenbank, um deflationäre Tendenzen zu bekämpfen und Arbeitsprogramme zu finanzieren.“ (Wp.).
AntwortenLöschenDie Kuh vom Eis bekommt man tatsächlich nur durch massive Vermögensvernichtung, und zwar um wenigstens 50%, was allerdings noch nicht mal langfristig wirkt, sondern dafür braucht man sogar 90%. Zur Erhaltung der Vermögen ist den „oberen Zehntausend“ jedoch jedes Mittel recht, selbst der Weltkrieg.
Der stochastische Ansatz des „Fettaugensyndrom“ ist wirklich interessant, er liefert exakt die selbe Zeitschiene wie die analytische Lösung. Ich würde vorschlagen dass sie einen Artikel dazu in der RWER machen. (Beispiel: http://www.paecon.net/PAEReview/issue57/PeetzGenreith57.pdf ). Das ist die Gruppe um Steve Keen und Dirk Bezemer, zu dem ich auch guten Kontakt pflege. Man muss dass ganze nur noch in eine „glatte“ Form bringen.
Hm, da ging ein weiterer Kommentar von mir zu frueh und unfertig raus. Ich hoffe er ist nicht verloren. Waere schoen wenn Sie ihn freischalten koennten und ich dann so die Fortsetzung anfuegen kann.
AntwortenLöschenSorry
Georg Trappe
Tja, da ging wohl mein Kommentar ins Nirvana. Also hier mein zweiter Anlauf:
AntwortenLöschenDie Loesung liegt tatsaechlich in einer Reduzierung /Fixierung der Ungleichverteilung auf einem niedrigeren Niveau. Das groesser und fetter immer besser ist, ist etwas fuer die neoliberalen Burgerkingmuftis, die ihre Sachen nicht zu Ende denken. Wenn man diese Master Reset Crashes vermeiden will, dann kommt man um eine Begrenzung der Eigentumsakkumulation nicht herum. Ob das nun in die Ideologie passt oder nicht, es ist so.
Auf globaler Ebene sind die USA das grosse Griechenland, gepraegt von exzessiver Geldschoepfung durch das Bankensystem in Leitwaehrung und eine dadurch vollkommen degenerierte Realwirtschaft die nicht nur abhaengig von Exportweltmeistern wie Japan, Korea, China ist sondern auch von den Exporten ueber 80 weiterer Staaten, die Leitwaehrung akzeptieren (muessen).
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Also Waehrungsumstellungen, floatende Waehrungen uebertuenchen nur die wirklichen Ursachen. Kaschieren die Symptome, aber packen das Uebel nicht an der Wurzel.
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Vielen Dank fuer die Anregung einen Aufsatz auf RWER zu veroeffentlichen. Ich werde mal darueber nachdenken. Vielleicht koennten wir ja was zusammen machen. Wenn es Sie interessiert, wie ich die Dinge sehe, hier noch ein neuer Artikel, der es hoffentlich verdeutlicht.
http://georgtsapereaude.blogspot.com/2012/05/wirtschaft-eine-dissipative-struktur_19.html
Viele Gruesse
Georg Trappe
P.S.: Und was ich von den 1% und ihren Dienstleistern halte koennen Sie hier nachlesen, wenn Sie moechten:
http://georgtsapereaude.blogspot.com/2012/05/das-desaster-nimmt-seinen.html
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