Obwohl
nichts wirklich neues enthaltend, machen zur Zeit zwei bekannte
Redner auf Sich, und nebenbei auf Europa's tiefe Krise aufmerksam.
International besonders die weltbekannte Investorenlegende George Soros:“...Die
europäischen Staaten steuere in rasantem Tempo auf eine Krise zu,
wie sie die heutige Generation noch nicht erlebt habe. ... Nach
Soros' Einschätzug hängt die Rettung des Euro an Deutschland und
zur Lösung der Krise habe die Bundesregierung nur noch rund drei
Monate Zeit.
...“
Und
national unser unkaputtbarer Ex-Grüner Joschka Fischer: „Europa steht in Flammen: Denn
wenn der Euro zerfällt, wird auch die EU mit ihrem gemeinsamen Markt
zerfallen und eine Weltwirtschaftskrise auslösen, wie sie die heute
lebenden Generationen noch nicht erlebt haben.
..In
der Konsequenz droht Griechenland demnächst im Chaos zu versinken,
und der dann einsetzende Sturm auf die Banken in Spanien, Italien und
Frankreich wird eine Lawine auslösen, die Europa unter sich begraben
wird....“
Was
beide eint: Sie haben im Grundsatz recht. Nicht nur Europa steht in
Flammen, die ganze Welt tut es, und die jetzige Situation ist sehr
nahe der Situation vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs. Was beide
außerdem eint: Beide wollen das Richtige, und fordern das Falsche.
Wobei Soros dies aus seinem klassischen Ökonomieverständnis
ableitet, und Fischer aus purer ökonomischer Naivität: „....Soros
forderte einen Einlagensicherungsfonds für Europa und auch direkte
Zugriffsmöglichkeiten für Banken auf den Euro-Rettungsfonds.“
sowie unisono Fischer: „...Und
Deutschland muss sich entscheiden für eine Fiskalunion,
und das heißt, dass Deutschland schlussendlich das finanzielle
Überleben der Euro-Zone mit seiner Wirtschaftsmacht und seinem
Vermögen wird garantieren müssen: uneingeschränkter Kauf der
Staatsanleihen der Krisenländer durch die EZB, Europäisierung der
nationalen Schulden mittels Euro-Bonds, Wachstumsprogramme, um eine
Depression in der Euro-Zone zu verhindern und Wachstum zu
generieren....Politische Union, Fiskalunion, Wachstum und
Strukturreformen, diese vier Säulen müssen Europas Antwort auf
seine Krise tragen....“
Den
Grundfehler den beide einigt, und im Übrigen den Großteil der
Ökonomen, ist mit Fischers Zusammenfassung gut zu erläutern
„...Politische Union, Fiskalunion, Wachstum und Strukturreformen,
diese vier Säulen müssen Europas Antwort auf seine Krise
tragen....“. Wo liegt das Problem? Ganz einfach, politische Union
und Fiskalunion haben nichts mit Wachstum zu tun. So haben die USA
natürlich beides, und trotzdem die gleichen Probleme wie
Griechenland, wobei ihnen nur die Rolle des Dollars als Weltwährung
und die Fähigkeit des beliebigen Selbstdruckens dieser Währung noch
über die Runden hilft. Das zu erkennen, bedarf es aber keiner großen
ökonomischen Sachkenntnis, sondern dafür bräuchte man nur nicht so
grotesk betriebsblind zu sein wie etwa der Mustereuropäer Joschka
Fischer.
Das zweite Problem ist schon etwas komplexer, nämlich das
Wachstum eben nicht mehr durch weiteres Gelddrucken, und damit
wachsender Verschuldungsblase, zu erreichen ist. Im Gegenteil, jede
neue Milliarde, und jede gerettete Milliarde, erzeugt einen weiteren Renditedruck, der das BIP insgesamt abwürgt. Da helfen dann auch
keine Strukturreformen mehr, denn die bedeuteten in der Praxis
nämlich nur weitere Einschränkungen bei Arbeit und Einkommen der
unteren und mittleren Schichten, die aber genau die Erzeuger und
Konsumenten und hauptsächlichen Träger des BIP sind.
Strukturreformen haben ihre Zeit, allerdings nicht diese, denn es
sind in der jetzigen Situation Austeritätsprogramme die nur dabei
helfen, weitere gigantische Milliardenbeträge von unten nach oben zu
transportieren. Und damit das Gegenteil von Wachstum produzieren,
nämlich Deflation, und schließlich Stagflation, endlich
Hyperinfaltion und Krieg.
Strukturreformen
wären tatsächlich nötig, allerdings da wo der Fisch am meisten
stinkt, am Kopf. Man muss der Finanzhydra die unzähligen Köpfe
abschlagen, eine Strukturreform an die noch keiner ernsthaft
herangetreten ist, weder Fischer noch Soros noch sonst wer von
Einfluss, und es wird vermutlich auch keiner so schnell dazu kommen.
Denn es fehlt an entscheidender Stelle jedes ökonomische
Verständnis für solche Notwendigkeiten. Benötigen würden wir eine
unparitätische Währungsreform in Dollar und Euro, und den anderen westlichen Kleckerswährungen,
und das sehr bald. Die Aussicht auf Einsicht darin ist praktisch
Null, erstmal muss das Kind ganz tief in den Brunnen gefallen und
schon gründlich aufgedunsen sein.
Stattdessen
treiben wir nun unaufhaltsam in den nächsten Weltkrieg. Da zwischen
Vermögen des Einen und Verschuldung der Anderen ein Eins-zu-Eins
Zusammenhang besteht, gibt es kein entrinnen aus dem Dilemma, da
gerade die „Einen“ über die Mittel verfügen die Öffentlichkeit
gezielt an der Wahrheit vorbei zu führen: „...Die
Ursache für das Sinken des Zinsfußes wird vorzüglich darin
gefunden, daß die besonders rentablen Kapitalanlagen großen
Maßstabes heute erschöpft sind und nur Unternehmungen von geringer
Ergiebigkeit übrig bleiben. …Nur ein allgemeiner europäischer
Krieg könnte dieser Entwicklung Halt gebieten durch die ungeheure
Kapitalzerstörung, welche er bedeutet.” (Zitat: Zeitschrift des
Sparkassenverbandes, 1891).
Ökonomisch
naive und abhängige Politiker, und da ist Fischer bei weitem nicht
der Einzige, sind da eine leicht zu treffende, scheunentorgroße
Zielscheibe für Finanz-Lobbyisten. Besonders witzig dabei ist, dass
sich diese Herren auch noch selbst, nicht nur als Büttel, sondern
auch als Opferlamm anbieten: „[J.Fischer]...Es wäre eine Tragödie
und Ironie zugleich, wenn jetzt, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, das
wiedervereinigte Deutschland, diesmal friedlich und mit den besten
Absichten, die europäische Ordnung ein drittes Mal zugrunde richten
würde....“
Nein
lieber Joschka
, es ist nicht Deutschland dass die „europäische
Ordnung ein drittes Mal zugrunde richtet“,
und Es war es im historischen Kern auch nicht die ersten beiden mal.
Es ist jedes mal das aufgeblähte internationale Finanzkapital, seine
Lobbyisten und willfährigen Helfer, die lieber den Wert der diversen
Finanzpapiere verteidigen als den Wert der Arbeit und der Produktion,
die lieber nach unten treten und nach oben buckeln, die lieber
wertloses Papiergeld retten als die Menschen und den Frieden. Die
Einen aus Dreistigkeit, die Anderen aus Dummheit und ökonomischer
Naivität.
Damit
einher geht immer der Kieg, Bürgerkrieg und Revolution. Nicht nur in
Arabien, wo nach Lybien der weitere Krieg in Syrien und Iran nur
mühsam kurzfristig bis über die Wahl des US-Präsidenten im
November aufgeschoben ist. Währenddessen man sich mit Cyberattacken,
die auch nichts anderes als Kriegsakte (Stuxnet, Flame) sind, über
Wasser hält. Und mit Lieferung von Waffen (Leopards an Saudi
Arabien) und Atomwaffen (ABC-fähige U-Boote an Israel) militärisch abzusichern versucht.
Der
Druck im Kessel steigt nun gewaltig. Ein Bürgerkrieg auch in Griechenland
ist nicht mehr fern: „Der ehemalige Bürgerschutzminister Michalis
Chrysochoidis warnt: „Es kann schnell passieren, dass die
Institutionen sich auflösen und jeder sich bewaffneten Banden
anschließen muss. Wir treiben auf einen Bürgerkrieg zu – das ist
keine Übertreibung.““, während man den Bürgerkrieg in Syrien laufen lässt wo tausende Zivilisten
systematisch massakriert werden, schlimmer als je in Lybien. Wo man
erst nach November eingreifen will, wenn die Felle des Westens längst
davon geschwommen sind, wo die Bündnisverpflichtungen des Westens zu
Israel und die Bündnisse des Ostens, Russlands und Chinas, dagegen
bei Syrien und Iran liegen, wo die Kettenreaktion ab 2013, wenn man
Syrien und Iran attakieren will und muss, kaum mehr aufzuhalten ist.
Wo dann zunächst in einem Nahost-Stellvertreterkrieg die alten
offenen Ost-West-Rechnungen der letzten hundert Jahre auf den Tisch
kommen, die absehbar in einer direkten Konfrontation zwischen US und
NATO-Truppen mit Russischen und Chinesischen Truppen münden wird. Das ist klar absehbar, und hängt vor allem an einem
Zusammenhang: Geld, Verschuldung und Macht(erhalt).
War
vor dem Ersten/Zweiten Weltkrieg 1914-1945 noch der militärisch
geprägte, aber im Kern finanzökonomische, Imperalismus der Auslöser :“..Das
„Zeitalter des Hochimperialismus“ bezeichnet eine Epoche der vor
allem durch europäische Groß- und Mittelmächte betriebenen
weltweiten Ausdehnung von Herrschaftsgebieten auf Übersee-Territorien
im Zeitraum ab ca. 1870 bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges
(1914), motiviert vornehmlich durch wirtschaftliche und strategische
Interessen, später auch zunehmend von nationalpsychologischer
Konkurrenz zwischen den imperialistischen Mächten....“, so wurde
dies durch einen demokratisch verbrämten, aber trotzdem immer wieder
vehement militärisch gestützten, westlichen Finanzimperialismus
nach 1945 ersetzt. Das Ergebnis ist nun exakt das gleiche.
Nehmen
wir vorweg, was nicht mehr so fern ist, ein Bismarck Zitat das in der
Allgemeinen Mobilmachung am 1 August 1914 durch Kaiser Wilhelm den II
angeführt wurde: „Ein Friede, der der
Befürchtung ausgesetzt ist, jeden Tag, jede Woche gestört zu
werden, hat nicht den Wert eines Friedens; ein Krieg ist oft weniger
schädlich für den allgemeinen Wohlstand, als ein solcher unsicherer
Friede.“. Ähnlich wohlklingende Paradoxa werden wir in wenigen
Jahren auch wieder von überforderten Politikern vorgesetzt bekommen.
Hallo Herr Genreith,
AntwortenLöschender Zusammenbruch des Staates führt nicht unbedingt in den Bürgerkrieg oder gar den nächsten Weltkrieg.
Ich empfehle Ihnen dazu die Lektüre von "Frei von Herrschafft, Fragmente Anarchistischer anthropologie" von David Graeber
http://www.amazon.de/Frei-von-Herrschaft-anarchistischen-Anthropologie/dp/3779502089
Dieser ist nicht nur ein sehr intelligenter und angesehener Anthropologe sondern hat sich zum wichtigsten Vordenker der Occupy Bewegung geschrieben.
Man muss nicht mit Gewalt der Macht entgegentreten, man kann sich auch Nischen suchen die der Zurückweichende Staat offen lassen musste.
Die Gegenmacht zu Oligarchie und Macht und Geldkonzentration ist die Abwesenheit von Macht.
Was meinen sie denn, was die Occupy Bewegung ist? Sie stellt in Spanien, griechenland, USA usw gerade (Abseits der Medienwahrnehmung) dar wie eine Gegenmacht wirken kann.
Schon suchen sich in Griechenland die Empörten die Freiräume die sie selbst gestalten können und anstatt sich dem staat mit Gewalt entgegenzustellen wird dieser Ignoriert.
Größte Gefahr allein ist die Entwicklung rechtsextremer, faschistoider Strukturen in Europa und anderswo, aber auch hier geben Griechenland und Spanien Hoffnung, obwohl dort die nationalistische Propaganda und die Law and Order Populisten versuchen mit Totalitären Mitteln diese Gegenmacht im Keim zu ersticken.
Ein wenig mehr Vertrauen in die Jugend also Herr Genreith, die ist wesentlich klüger als Sie denken.
Hallo,
AntwortenLöschenja ich hege auch Sympathien für David Graeber. Allerdings habe ich wenig Hoffnung, dass sich seine Menschenfreundlichen Ideen in der (weltweiten) Breite in die Praxis umsetzen lassen. Wie Sie auch sagen "Größte Gefahr allein ist die Entwicklung rechtsextremer, faschistoider Strukturen in Europa und anderswo,...", ja und das genau tun sie, und zwar praktisch immer. Ihnen kommt entgegen, dass sie sich immer an tief verankerte Urreflexe des Menschen anhängen, um sie auf ihre Linie zu bringen. Je größer die Not der Menschen, desto weniger Politik und Ideologie brauchen sie dafür. Auftretende Machtvakuaa werden zudem sogleich von irgendwelchen Lumpenführern besetzt, egal ob politisch oder räuberisch. Söldner, Privatarmeen, Piraten, Land- und Strassenräuber, Diebe und Halsabschneider, Freichors und Bürgerwehren etc. pp..
Spätestens nämlich wenn der Hunger und die Angst ums nackte Überleben die Menschen regiert, ist es aus mit schönen Träumen von Frieden und Altruismus, dann setzt sich einfach der Stärkere durch, und natürlich die Gruppe der brutalsten An- und Verführer. Die Fraktion der "Dichter und Denker", mögen sie klug und mutig sein, sie setzen sich in der Geschichte der Krisen und Nöte kaum einmal durch.
Schön wenn es diesmal, nach 12.000 Jahren Kulturgeschichte, zum ersten mal anders käme.
"Schön wenn es diesmal, nach 12.000 Jahren Kulturgeschichte, zum ersten mal anders käme."
AntwortenLöschenDas kann ich tatsächlich nicht nachvollziehen.
Man kann aber folgendes aus der Geschichte und dem Studium von Gesellschaften lernen. Wann immer die Ressourcen knapp werden verstärken sich solidarische Tendenzen innerhalb von Gesellschaften.
Der Kapitalismus und der Überfluss den wir bisher genossen haben unsere Gesellschaft heute entfremdet (wie schon von Marx beschrieben), aber der Trend muss nicht so weiter gehen.
Wie viele NGOs oder politische organisatuionen haben sich gegründet? Wie viele junge Menschen haben sich in diesen Gruppen organisiert. Der antifaschistische Wiederstand ist so lebhaft und stark wie nie zuvor. Kaum eine Versammlung der NPD lässt sich irgendwo ungestört von Antifa Gruppen durchführen.
Wir sind nicht Politikverdrossen, nur Polititkerverdrossen. Und irgendwelchen Rattenfängern wird die Mehrzahl der Deutschen nicht hinterherlauufen. In einen Krieg gegen unsere Nachbarn werden sich junge Menschen deshalb bestimmt nicht wie 1914 und 1939 begeistert stürzen. Das können sie nicht glauben wenn sie sich unsere Gesellschaft heute anschauen.