Thomas Freud: Kreditgeschäft bei Banken weiterhin rückläufig
Bei den meisten Bankinstituten ist das Kreditgeschäft rückläufig. Statt einen Kredit bei einer Bank zu nehmen, greifen große und kleine Unternehmen derzeit lieber auf andere Formen der Finanzierung zurück.
Mittelstand nutzt lieber Eigenkapital statt Fremdfinanzierung
Nach der Finanzkrise wurde lange Zeit das Schreckgespenst einer Kreditklemme beschworen. Wider Erwarten aber ist das Gegenteil eingetreten. Die Banken sitzen nun zunehmend auf günstigen Krediten und die Zinsen bei Wirtschaftskrediten befinden sich auf einem historischen Tiefstand. Dennoch ist die Nachfrage nur sehr zurückhaltend und das Kreditgeschäft insgesamt rückläufig. Eine Mehrzahl der Unternehmen aus dem Mittelstand verzichtet jetzt auf Fremdfinanzierung und nutzt stattdessen lieber angespartes Eigenkapital.
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http://www.kreditzentrale.com/ |
Ausschlaggebend für die Haltung der
Unternehmen war auch die Finanzkrise in der Europäischen Union, die
zu größerer Unsicherheit beigetragen hat und den Impuls stärkte,
ein dickeres Eigenkapitalpolster anzulegen. Vielfach sind nun
mittelständische und große Unternehmen in der Lage Investitionen
alleine durch Innenfinanzierung zu tätigen. Eine gute Konjunkturlage
begünstigt diese Haltung. Für die Banken aber ist diese Situation
problematisch.
Kleinunternehmer als Kunden eher
uninteressant
Bei großen Unternehmen kommen als
Finanzierungsmittel Unternehmensanleihen und Schuldscheindarlehen zum
Einsatz.
Startups und Kleinunternehmen haben
dagegen oftmals Schwierigkeiten einen Kredit zu erhalten, da sie als
Kreditnehmer meist nur sehr wenige Sicherheiten anbieten können und
so für viele Bankinstitute uninteressant sind. Der klassische Kredit
als Finanzierungsform entfällt daher als Möglichkeit. Wenn eine
Finanzierung über ein Bankinstitut nicht möglich ist, stellen sich
viele Gründer vor allem auf alternative Finanzierungsformen wie
Crowdfunding und Bürgschaften ein.
Viele Bankinstitute hoffen, dass sich
das rückläufige Kreditgeschäft durch Leitzinssenkungen der
Europäischen Zentralbank allmählich belebt, da eine
Kreditfinanzierung in dem Fall noch günstiger werden würde. Mehr zu
den angesprochenen Themen können Sie auf der Webseite „Kreditzentrale“ finden. Dort kann ich Ihnen ein kostenfreies Ebook zum Thema anbieten, das sie zur privaten Nutzung auf
Ihren Handheld-Devices herunterladen können.
Ergänzende Bemerkung TandemVipera:
Hr. Freud bemerkt in seinem kurzen und informativen Beitrag aus dem Bankenleben zum aktuellen Kreditgeschäft: „Viele Bankinstitute hoffen,
dass sich das rückläufige Kreditgeschäft durch Leitzinssenkungen
der Europäischen Zentralbank allmählich belebt, da eine
Kreditfinanzierung in dem Fall noch günstiger werden würde.“.
In der Tat ist dieser Glaube nicht nur
bei den (Zentral-)Banken weit verbreitet. Tatsächlich erscheint das
Argument auch sehr intuitiv, es suggeriert sogar die "goldrichtige" Lösung der Krise: Nämlich Zentralbank-Kredite für die Banken praktisch kostenlos bereit zu stellen, so dass diese
das Zentralbankgeld als vorteilhaftes Geschenk zu Gunsten der
Kreditvergabe an Firmen in der Realökonomie nutzen können. Natürlich mit der von der
Politik dabei erhofften Folge einer kräftigen Stimulierung des Wachstums
und damit auch einer Zunahme von (Vollzeit-) Arbeitsplätzen. Tatsächlich aber ist so etwas bislang nicht eingetreten, zumindest bei weitem nicht im intuitiv zu erwartenden Maße.
Trotzdem gilt natürlich für den Kleinkreditnehmer oder Häuslebauer: Die Zeiten sind ausgesprochen günstig einen Kredit aufzunehmen, wenn man ihn denn wirklich braucht und vor allen Dingen, über die vereinbarte Laufzeit hinweg auch bedienen kann.
Trotzdem gilt natürlich für den Kleinkreditnehmer oder Häuslebauer: Die Zeiten sind ausgesprochen günstig einen Kredit aufzunehmen, wenn man ihn denn wirklich braucht und vor allen Dingen, über die vereinbarte Laufzeit hinweg auch bedienen kann.
Warum aber fragen gerade die, die größeres Wachstum erzeugen könnten, z.Z. kaum Kredite nach? Die vollständig Antwort dazu ist etwas komplex (siehe
http://arxiv.org/abs/1407.6334
Kapitel 18, S.52 ff.), denn sie resultiert prinzipiell aus der Tatsache
dass eine Volkswirtschaft ein praktisch geschlossenes System mit
entsprechenden Rückkoppelungen ist, Betriebswirtschaft dagegen weit flexiblere offene Systeme behandelt. Volkswirtschaftlich mit
betriebswirtschaftlichen Argumenten zu hantieren ist daher häufig
nur irreführend. Denn geschlossene Systeme können sich diametral
entgegen der betriebswirtschaftlichen Intuition verhalten. Dies ist
natürlich besonders im Krisenfall gegeben, da ein geschlossenes
System genau dann „gegen die Wand“ läuft und
betriebswirtschaftliche Argumentationen in der Volkswirtschaft damit
zunehmend sinnlos werden.
Trotzdem kann man hier auch recht vereinfacht
betriebswirtschaftlich argumentieren:
Dazu fragen wir uns, wie es denn um die Effektivität einer Kreditaufnahme für eine
Firma bestellt ist, die im Grunde genommen auch selbst über
ausreichend Kapital zur Eigenfinanzierung verfügt: Die
Firmen-Kapital-Effektivität ist im Prinzip ja der erzielbare Gewinn
geteilt durch die Kosten des Eigenkapitals plus die Kosten eines
Kredites. Die „Kosten“ des Eigenkapitals können im normal Fall
als negativ angesetzt werden (also Gewinn), da das angelegte
Eigenkapital ja selbst Zinsen erwirtschaftet, die man bei Nicht-Verwendung von den Kreditkosten abziehen darf.
Die Kosten von Krediten sind, genauso
wie der erzielbare Gewinn durch die Neuinvestition, immer recht nahe
an das aktuelle Wirtschaftswachstum gekoppelt (tatsächlich gilt die
Faustregel Zinsen>=Inflation>=Wachstum). Was wir als Gewinn
erwarten müssen ist nun das Wirtschaftswachstum (denn das haben wir
ja sowieso im Hintergrund aller schon bestehenden Investitionen) plus
die Kosten für den regulären Bankkredit für die Neuinvestition.
Kredit_Effektivität = (BIP_Wachstum+Kredit_Kosten)/(EK_Kosten + Kredit_Kosten)>1
Die Effektivität sollte natürlich
immer größer Null sein, sonst zerrinnt einem das Geld nur so unter
den Fingern. Sie muss aber sogar größer als 1 (=100%) sein, um sich
gegenüber dem einfachen Nichtstun zu lohnen. Denn ist sie kleiner
als 1, dann wäre es nämlich besser gewesen, sowohl eigenes als auch
fremdes Kapital dort zu lassen, wo es ehedem schon lag.
Nehmen wir als ein realistisches
Beispiel an, dass die Banken im Schnitt dem Geldanleger 2% mehr
Zinsen zahlen, als das aktuelle Wachstum der Wirtschaft ist. Das ist
dann etwas mehr als die Inflation und der Kunde ist zufrieden. Bei
der Vergabe von Krediten muss sie natürlich entsprechend stärker
zulangen, um selbst dabei einen Gewinn zu machen. Nehmen wir an, sie
verlangen das aktuelle Wirtschaftswachstum plus 6%, was dann einem
Bankengewinn von ca. 4% entspräche. Dann sieht die
betriebswirtschaftliche Rechnung so aus:
Sei das aktuelle Wachstum 3%, also
Einlagezins 5% und Kreditzins 9%, dann ergibt sich:
Effektivität Bankkredit:
(3%+9%)/(-5%+9%)=12/4= 3
Eigenfinanzierung: (3%+9%)/(5%)=12/5=
2,4
also: Fremdkredit rechnet sich besser.
Sei aber das aktuelle Wachstum nur
1,5%, also Einlagezins 3,5% und Kreditzins 7,5%, dann ergibt sich:
Effektivität Bankkredit:
(1,5%+7,5%)/(-3,5%+7,5%)=9/4= 2,25
Eigenfinanzierung:
(1,5%+7,5%)/(3,5%)=90/35= 2,57
also: Eigenkredit rechnet sich jetzt
besser.
Wenn wir die zugrunde liegende Funktion gegen das BIP-Wachstum auftragen so sehen wir:
Bei ordentlichem Wachstum lohnen sich daher Fremdkredite. Sinkt
das BIP-Wachstum dagegen unter einen kritischen Wert (hier im Beispiel 2%),
dann wird die Eigenfinanzierung deutlich effektiver als bei der Bank einen
Fremdkredit aufzunehmen. Der Bankenkredit verliert in dem gewählten
Beispiel ab -1% Rezession sogar jeden Sinn und wird zum
reinen Verlustgeschäft.
Dies ist der prinzipielle betriebswirtschaftliche Grund, warum es eben nichts hilft immer mehr billiges Geld in die Banken zu pumpen. Es wird dadurch nichts besser sondern das Dilemma verfestigt sich nur weiter. Volkswirtschaftlich betrachtet wird die Sache dann noch viel verrückter, da wir ja die Rückwirkung der Kapitalspenden durch die Zentralbank berücksichtigen müssen. Denn dieses billige Geld geht wegen der obigen Problematik vorwiegend in Finanzinstrumente, die dann wiederum verzinst werden und die Eigenkapitaldecke großer Unternehmen stärker werden lässt, was wiederum die Eigenfinanzierung um so effektiver macht.
Die Schlange beißt sich in
den Schwanz
Ein selbstbezüglicher Effekt den Politiker, und leider auch viele Volkswirtschaftler, immer noch nicht richtig verstanden haben. Die Ökonomien der Welt leiden nicht unter zu wenig, sondern unter zu viel Geld. Was alleine noch nicht so schlimm wäre, wenn es sich nicht zunehmend in immer weniger Händen konzentrieren würde. Immer mehr Geld dort hin zu schleudern, wo sowieso schon zu viel davon vorhanden ist, nützt unterm Strich gar nichts.
Feuer wird hier sprichwörtlich mit Öl bekämpft. So nahmen die EU-Banken die letzte billige EZB-Tranche ja auch kaum noch an. Warum? Weil die Banken einfach nicht mehr wissen wohin sie mit den vielen Scheinchen noch sollen. Die sind dann sogar geschenkt noch zu teuer. Denn sämtliche Anlagemöglichkeiten sind längst vollgelaufen und die Industrie, die ja selbst in aller Regel schon erheblicher Vermögensbesitzer ist, braucht das Geld schon gar nicht mehr.
Jedenfalls nicht um Wachstum zu finanzieren, wofür die Konsumenten langsam ausgehen, da denen ja die Massenkaufkraft über private und staatliche Instrumente weiter entzogen wird. Weil man nämlich die Bezahlung der gesellschaftlichen Kosten praktisch alleine von Diesen verlangt. Allgemeine Kosten, zu denen ja nun auch noch die Zinslasten für das, an zum Teil sogar obendrein marode Banken, verschenkte Geld hinzu gekommen sind. Die Folge ist Deflation, die Folge davon weniger Wachstum und weniger Zinsen, weniger Kreditnachfrage, und immer die selben verrückten Antworten auf die Krise: Die Zentralbanken wie EZB und FED schmeißen erneut weiteres Geld in den übersättigten Markt und der Kreis dreht folglich die nächste Runde. Solange, bis es dann wieder irgendwo mächtig im Gebälk kracht.
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