In Japan geht die Welt unter. Zumindest ein Teil davon. Nun gut, ausnahmsweise ist die Katastrophe nicht direkt durch den Menschen gemacht. Aber es trifft Japan in einer sowieso heiklen Situation. Völlig überschuldet steht das Land ehedem vor dem Bankrott und die gewaltige Naturkatastrophe bricht einen weiteren Zahn aus der Krone. Vom menschlichen Leid wollen wir lieber hier nicht reden, man kann es sowieso nicht in geeignete Worte fassen. Aber der wirtschaftliche Schaden tut nun ein weiteres im wackeligen Gefüge der Weltfinanzen. Zu guter Letzt ist heute morgen nun auch noch einer der Nuklearreaktoren in Nordostjapan in die Luft geflogen.
Den "Störfall" kann man ab Cliptimer 2:15 schön beobachten. Erst hebt das Dach gen Himmel ab, dann fliegt der ganze Block auseinander. Die Meldungen überschlagen sich
Der Spiegel::
„[11.14 Uhr] Evakuierungszone wird um die Atomanlage Fukushima auf 20 Kilometer ausgeweitet, meldet die Nachrichtenagentur Kyodo. Unterdessen hat die Behörde für Nuklear- und Industriesicherheit laut Fernsehsender NHK erklärt, zwei radioaktive Substanzen, Caesium und Jod, seien in der nähe des Kraftwerkes Fukushima 1 festgestellt worden. Das deute darauf hin, dass einige der Metallbehälter mit Uranbrennstoff zu schmelzen begonnen haben.“. Und nun gerade:
"[13.01 Uhr] Im japanischen Kernkraftwerk Fukushima hat es offenbar eine Kernschmelze gegeben. Die ARD meldet, die japanische Behörde für Kernkraftsicherheit habe dies offiziell bestätigt.".
Nun haben wir den Salat. Der kernschmelzende Reaktor wurde Ende der 60er Jahre gebaut, eines der antiken Schmückstückchen der Atomindustrie, die vor kurzem auch durch die Merkelregierung in der BRD ihren bereits entzogenen Waffenschein im partikulären Gewinninteresse erneuert bekamen. Und nur zur Information, Tokio liegt etwa 250 km südlich des Reaktors.
Japan liegt an einer äußerst ungünstigen Stelle, wo sich die Pazifische Platte unter die Japanische Erdplatte schiebt. Mit 12 Metern pro Jahrhundert, also nur 12 cm pro Jahr, findet dieser schleichende Vorgang statt und die sich aufstauenden Drücke entladen sich in regelmäßigen Abständen. Wenn man Glück hat geschieht dies häufiger in kleineren Beben, die in Japan
niemanden mehr beunruhigen, oder wenn es länger dauert, in so heftigen Ereignissen wie gestern. Da dies häufig zudem am oder unterm Wasser stattfindet, sind auch Tsunamis leider keine Seltenheit in diesem geologisch unruhigen Gebiet.
Während Japan trauert können sich im Windschatten dieser Katastrophe Andere freuen, denn dort ist die öffentliche Aufmerksamkeit erstmal weit abgelenkt. Das sind natürlich arabische Despoten wie der vermeintlich Irre aus Lybien, der während dessen seinen Bürgerkrieg weiter ungehindert durchziehen kann, aber auch die EU Kommision, die wieder einmal einen ihrer gigantischen „Rettungsschirme“ zu gleicher Zeit durch gewinkt hat.
In Libyen lässt der Westen die Dinge laufen, die USA, die normalerweise um ein Eingreifen in dem strategisch für den Westen so wichtigen Gebiet nicht verlegen wären, sind durch ihre wenig sinnvollen und genauso wenig erfolgreichen Kriege in Afghanistan und Irak finanziell und militärisch überspannt. Von den Europäern müssen wir vornehm schweigen, die sind sich so einig wie immer. Also garnicht, und vor so einem Papiertiger ohne die USA braucht wirklich keiner Angst zu haben.
Nun ist der Oberst von Libyen allerdings nicht so irre, wie er immer dargestellt wird. Er weiß ziemlich genau was er tun muss und kann. Das er sich halten „muss“ ist klar, nur so kann er seinen Hals retten. Andernfalls muss er damit rechnen, gemeinsam mit seiner kompletten Brut, an einer malerischen Straßenlaterne der Strandpromenade von Tripolis öffentlich aufgebaumelt zu werden.
Das er es kann, ist auch klar, schließlich verfügt er über militärische und finanzielle Mittel die deutlich stärker sind als die der Aufständigen. Und Europa und die USA zögern in den Krieg einzutreten, nicht zuletzt auch deswegen, weil die arabischen, afrikanischen und asiatischen Mitglieder der Weltgemeinschaft, insbesondere die aufstrebenden BRIC-Staaten, eine Zustimmung zu einem Eingreifen ablehnen. Aus verständlichen eigennützigen Motiven, denn Despotien sind in dieser Welt keine Ausnahme sondern schon eher die Regel. Und man will ja nicht der Nächste sein der wegen ein paar lächerlichen Verteilungsstreitigkeiten mit dem Besuch eines Flugzeugträgers rechnen muss.

Zudem ist
Libyen weniger ein einheitliches Volk als eine traditionelle Stammesgesellschaft, und die USA hatten schon einmal einen mäßig erfolgreichen
Krieg mit Libyen (1801-1815)ausgefochten. Die Zwickmühle ist jedenfalls gewaltig. Man kann hoffen, dass der Krieg in Nordafrika bald zu Ende geht, wobei es erstmal, strategisch gesehen, völlig egal ist, wer dabei obsiegt. Dabei ist es aus Sicht der Noch-Weltmacht USA sogar günstiger, wenn der ölige Oberst sich durchsetzt. Denn mit dem kann man eigentlich, seit der Klärung der Lockerbie-Angelegenheit, wieder ganz gut.
Und zweitens würde das erste blutige Scheitern einer Arabischen Revolution, nach Tunesien und Ägypten, den Flächenbrand dort eher zur Ruhe bringen, als ein Sieg der Aufständigen. Andernfalls dürfte der Funke nämlich weiterspringen um am Ende den Gaufall, den Sturz des Saudischen Feudalismus, herbeiführen. Dann nämlich kommt Israel in allergrößte Bedrängnis, da die Saudis nicht nur reich, sondern auch hochgerüstet sind, inklusive der Beteiligung am pakistanischen Atomwaffenprogramm. Das sich in den Nachfolgeregimen funktionierende und furchtbar nette Demokratien etablieren, daran glaubt indes kaum ein westlicher Diplomat. Die Folge ist mit einiger Sicherheit der nächste Weltkrieg, da China schon längst, finanziert mit den Dollarbergen aus den USA, seine Weltmachtstellung in den Nahen Osten vorgetrieben hat. Die andere Möglichkeit wäre jetzt sofort einzugreifen, ohne ausreichendes UNO-Mandat, und die Dinge dort nach Möglichkeit im westlichen Sinne zu verändern. Aber das ist ein militärisches Lotteriespiel, dass womöglich ebenfalls mittelfristig den nächsten Weltkrieg befördert.
Während der Katastrophe wurde in Brüssel mal wieder „gerettet“. Regierungschefs kungeln Euro-Rettung aus, schreibt dazu der
Spiegel:
„"Die Grundschneise ist geschlagen": Kanzlerin Merkel zeigte sich nach einer langen Nachtsitzung ausgesprochen zufrieden mit den Ergebnissen des Brüsseler Euro-Gipfels. Der temporäre Rettungsschirm wird ausgeweitet, über die Eckpunkte einer langfristigen Lösung besteht Einigkeit....Sie beschlossen auch die Aufstockung des temporären Rettungsfonds, so dass künftig 440 Milliarden Euro statt 250 Milliarden Euro an bilateralen Notkrediten für Problemländer zur Verfügung stehen. Und sie legten die Grundzüge des ständigen Rettungsschirms fest, der ab 2013 den temporären Rettungsschirm ablösen soll.“Neben der, faktisch bedingungslosen und unbegrenzten Schuldenausweitung der öffentlichen Haushalte, wollte Merkel eine „europäische Wirtschaftsregierung“ anstoßen:
„...Unter dem Pakt vereinbaren die 17 Euro-Länder, sich künftig in der Haushalts-, Steuer- und Sozialpolitik stärker abzustimmen. So sollen Schuldenkrisen wie in Griechenland und Irland vermieden werden. Man wolle "eine neue Qualität der wirtschaftspolitischen Koordinierung im Euro-Währungsgebiet" erreichen, heißt es in der Abschlusserklärung der 17. Ob dies funktioniert, hängt allerdings davon ab, wie ernst die Regierungschefs ihre Selbstverpflichtung zu Reformen nehmen. Denn gezwungen werden können sie von den anderen nicht - der Pakt sieht keinerlei Sanktionen vor....“.
Im Klartext, jeder macht was er will, keiner weiß warum, aber alle machen mit. Dabei geht es auch nicht wirklich freundschaftlich zu:
„Kenny [Irland] traf der volle Zorn des deutsch-französischen Duos, weil er keine Zugeständnisse bei der Unternehmensteuer machen wollte. Er habe eine "kräftige, lebhafte Diskussion" mit Sarkozy gehabt, berichtete Kenny hinterher. Teilnehmer berichteten von einem veritablen Wutanfall des Franzosen.“.
Was die Wirksamkeit solcher Rettungen angeht, so kann man sich das an einem einfachen Beispiel verdeutlichen: Nun, die EU ist im Prinzip nichts anderes als eine Familie. Da kommt also der Sohnemann zum Pappi, und sagt ihm das er so viele Spielschulden hat, dass ihm die Bank keine Kredite mehr einräumt. Er bittet den Pappi seine Schulden zu übernehmen um nochmal neu anfangen zu können. Nun der Pappi, ein frommer Esel wie er ist, macht das. Und nun frage ich Sie: Hat danach die Familie weniger Schulden? Nein, natürlich nicht. Im Gegenteil, durch die Umschuldung auf den Pappi hat die Familie keinen Cent weniger Schulden, dafür aber nun aus Sicht der Banken gleich zwei statt einen kritischen Schuldner.
Genauso ist es mit der EU. Gerettet wird hier keiner, es werden die Schulden lediglich unter den Familienmitgliedern neu umverteilt, wodurch kein Cent der Schulden verschwindet, aber dafür am Ende Alle kreditunwürdig werden.Es gibt also keine Rettungspakete sondern nur Umverteilungspakete. Dabei spielt es keine Rolle, wie man diese im einzelnen benennt: Egal ob Kredite, Garantien, Bad Banks, Cash, Selbstankauf von Staatsanleihen oder Gelddrucken usw. usf., es spielt keine Rolle. Es sind nur vernebelnde Konstrukte um den Kern der Angelegenheit zu verdunkeln. So wie wenn man eine Atommülldeponie Entsorgungspark tauft.
Und die Kernschmelze des Finanzsystems steht noch bevor. Ihr einfaches Grundprinzip ist die absolute Identität von Schulden und Vermögen im FIAT-Money System. Oder finanztechnisch ausgedrückt, die völlige Gleichheit von Aktiva und Passiva der Bilanzen der Kreditinstitute. Das hat volkswirtschaftlich (nicht betriebswirtschaftlich!) zur Folge:
Wenn Vermögen erhalten werden sollen, müssen Schulden erhalten bleiben. Wenn Vermögen steigen sollen, dann müssen Schulden steigen. Und wenn Schulden sinken sollen, dann müssen Vermögen verschwinden.Das ist so banal und einfach, das es schon wehtut. So banal wie Naturkatastrophen und Kriege. Und nichts davon wird uns in Ruhe lassen.