Vordergründig geht es bei dem
TTIP-Abkommen um die Generierung neuen Wachstums in der
Realwirtschaft und damit, scheinbar zwangsläufig, um neue
Arbeitsplätze, erhöhtes Volkseinkommen und letztendlich der
Treibstoff für den Motor jeden Wachstums, erhöhte Massenkaufkraft.
Entsprechend vordergründig stehen in der öffentlichen und
politischen Wahrnehmung die handels- und zollrechtlichen Regelungen
für die Industrien der Realwirtschaft sowie den Abbau noch
vorhandener Handelshemmnisse zwischen der EU und den USA.
Das angepeilte Transatlantische
Handelsabkommen TTIP ist aber u.a. wegen seiner implementierten
Sondergerichtsbarkeit seit längerem in der Kritik. Denn unter
Handelshemmnisse fallen schließlich auch jede Menge, gerade auch in
Europa demokratisch mühsam erkämpfte, Standards des Arbeitsrechtes,
Steuerrechtes, Umweltschutzes etc . Schon schlimm genug solche
Standards als böse Hemmnisse wahrzunehmen. Aber dann noch eine, weder
Grundgesetzlich noch Demokratisch legitimierte, Sondergerichtsbarkeit
einzurichten, die diese national-gesetzlich festgelegten
(Schutz-)Standards in allfälligem Einvernehmen der Lobbyisten
beiderseits des Atlantiks, übernational und zu Lasten Dritter
faktisch neu regeln dürfen, das ist schon toll dreist.
Eigentlich müssten alle Bundesrichter
längst gegen so etwas Sturm laufen, aber still ruht der See.
Nichts
ist so heilig wie die Investorenseele, da müssen auch mal dicke
Grund- und sonstige Rechte des Bürgers zurück stehen. Dem noch recht freien Internet allein
ist es zu verdanken, dass sich die Bedenken nicht so einfach weg
radieren ließen. Durch gewaltigen öffentlichen Druck hat sich die
eigentlich streng geheime Verhandlungskommission der EU nun zu ein
bisschen Demokratie nötigen lassen und immerhin auch den Entwurf des Abkommens veröffentlicht. Das ist immerhin schon ein
längst fällig gewesener Schritt. Was zur Zeit aber noch mehr
gefeiert wird, ist die zumindest angedachte Möglichkeit, auf die
angedachte Sondergerichtsbarkeit für die Konzerne zu verzichten.
Nun, zum feiern ist es so oder so zu
früh, denn was am Ende tatsächlich abgezeichnet wird steht noch in
aller Ferne. Und wer die verknuddelten Entwürfe einmal liest, der sieht auch gleich wie schwammig und weitläufig
diese Verträge sind und wie leicht man dort selbst riesige
Pferdefüße tief versenken und für die Politik und Öffentlichkeit
unentdeckt verstecken kann.
Tatsächlich müssen wir uns ja fragen,
wieso ein TTIP denn nun notwendig ist. Denn echte Handelshemmnisse
zwischen den USA und der EU gibt es schon lange nicht mehr. Klar, man
kann hier und da einiges verbessern und vereinfachen. Das betrifft
allerdings im wesentlichen nur Zölle und Papierkram. Haben sie schon
mal etwas z.B. via Ebay aus den USA bestellt? Natürlich geht das
prinzipiell völlig problemlos mit einem Mausklick für den
Besteller. Aber es fällt besonders für den Versender Papierkram an,
dann muss das Zeugs zweimal durch den Zoll, da werden jeweils wieder
Stempel und Papier gezückt, und je nach Inhalt des Päckchens noch
ein paar Euro Zoll für den Empfänger oben drauf verlangt. Das
volkswirtschaftlich teuerste an dem Procedere ist dabei gar nicht mal
der verlangte Zoll, sondern der elende Papierkram. Das gleiche
Päckchen aus Großbritannien oder Polen bestellt ist dagegen
problemlos und damit günstiger für alle Beteiligten.
![]() |
Argentinien 2004 - Prs. Nestor und sein Finanzminister unterzeichnen die Kapitulation vor den Finanzmärkten - wikipedia: Author Barcex |
Das ist ärgerlich, aber auch nicht
wirklich schwierig zu beheben.
Also einfach die USA genauso
behandeln, wie wir es mit Großbritannien oder Polen ja schon lange
machen. Dafür braucht man auch EU seitig nicht allzu viel zu tun,
alleine die USA hätten das Problem sich gegenüber der EU in
gleichem Masse zu öffnen. Komischerweise scheint dass für die USA
aber nicht sonderlich attraktiv zu sein, oder aber auch, die Lösung
ist nur zu einfach um Heerscharen von bestens bezahlten EU-Experten
mit guten Jobs zu versorgen?
Wo auch immer des Rätsels Lösung
liegt, bei den Handelshemmnissen für Produkte der Realwirtschaft
jedenfalls nicht. Das Geschäft floriert zwischen EU und USA
schließlich schon seit einem halben Jahrhundert problemlos. Die
zweifellos unterschiedlichen Standards haben bislang noch kaum einen
Handel auf gehalten. Natürlich gehen die Meinungen darüber wie
üblich weit auseinander. Die Verhandlungsführer loben ihre Idee
natürlich über den grünen Klee:
"Economic barriers between the EU and
the US are relatively low, not just due to long-standing membership
in the World Trade Organization but recent agreements such as the
EU–US Open Skies Agreement and work by the Transatlantic Economic
Council. The European Commission claims that passage of a
trans-Atlantic trade pact could boost overall trade between the
respective blocs by as much as 50%.“. Angesichts der schon aktuell
im realen Handel nicht existenten Hemmnisse eine förmlich aus der
Luft gerissenen Phantasie-Zahl. Realistischere Rechnungen sehen
anders aus: „In a Guardian article of 15 July 2013, Dean Baker of
the Center for Economic and Policy Research in the US observed that
with conventional trade barriers between the US and the EU already
low, the deal would focus on non-conventional barriers such as
freeing up regulations regarding fracking, GMOs and finance and
tightening laws on copyright. He goes on to assert that with less
ambitious projections the economic benefits per household are
mediocre "If we apply the projected income gain of 0.21% to the
projected median personal income in 2027, it comes to a bit more than
$50 a year. That's a little less than 15 cents a day. Don't spend it
all in one place."
Nehmen wir der Einfachheit halber mal
als ein simples Beispiel eine Kaffeemaschine. Die haben bekanntlich
einen Stromstecker, der in den meisten Ländern eben
unterschiedlichen Standards entsprechen muss. Problem? Nicht
wirklich, der Hersteller lötet für jedes Land halt andere Stecker
an dass Gerät und er Kostenunterschied ist minimal. Natürlich wäre
es besser wenn alle Länder dasselbe Steckersystem hätten. Das gibt
es noch nicht einmal innerhalb der EU. Ob Großbritannien oder
Dänemark, unsere dreipoligen Stecker passen da nicht. Die größte
Leistung der EU besteht in dem zweipoligen flachen Eurostecker, wo
immerhin der Abstand der Pole schon mal Standard ist und der deswegen
(fast) immer passt. Wow, zu mehr hat es in den letzten Jahrzehnten
nicht gereicht.
Was wäre da nun noch zu holen?
Zunächst mal müsste man sich im Sinne von TTIP auf einen Stecker
einigen. Raten Sie mal welcher das denn dann würde? Der Deutsche,
Britische oder Dänische? Surprise, surprise, es würde ziemlich
sicher der US-amerikanische werden. Was noch?
Der Hersteller bräuchte nun nur noch
ein Sorte von seinem chinesischen (ja da kommen die Dinger her)
Lieferanten zu bestellen. Ersparnis, wenn es hoch kommt, 1 Euro beim
potentiellen Endverbraucherpreis des Gerätes.
Was könnte der Hersteller mit dem
gewonnen Euro machen? Er könnte den zum Beispiel als zusätzlichen
Lohn an die Mitarbeiter weitergeben. Oder aber den Verkaufspreis
senken um gegen US, oder was viel wahrscheinlicher ist, gegen
China-Produkte besser anzukommen. Oder auch einfach auf sein
Investorenkonto überweisen? Sie dürfen erneut raten, was mit dem
Euro geschieht. Surprise, surprise, jedenfalls kaum Ersteres. Was
sonst noch? Nun, die Hersteller von Adapterstecker würden pleite
machen, denn die braucht ja nun keiner mehr. Auch beim Zoll und den
Papierkramstemplern könnte man nun Arbeitsplätze einsparen, denn
auch deren Arbeit wird nicht mehr benötigt. Nun kann man solche
Rechnungen natürlich etwas genauer und weitläufiger überschlagen, aber
selbst die Industriefreundlichen Wirtschaftsinstitute rechen unter
dem volkswirtschaftlichen Strich mit keinem nennenswerten
zusätzlichen(!) Wachstum oder gar Gewinn an Arbeitsplätzen, was
übrigens keineswegs das gleiche ist.
Warum ist das so? Nun den Grund habe
ich schon öfters erläutert. Wachstum in der Realwirtschaft
funktioniert nur solange wie die neben den Gewinnen auch die (netto)
Massenkaufkraft ansteigt. Letztere fällt aber seit Jahrzehnten in
den USA und auch schon längst in der EU. Jegliche Maßnahme, die
nicht auf eine unmittelbare Erhöhung der Massenkaufkraft zielt, ist
daher zum Scheitern verurteilt. Bei dem letzten Satz werden jetzt alle
politisch mit den TTIP Verhandlungen Beschäftigten laut aufschreien
und behaupten: „Ja gerade darauf zielen wir doch alle ab!“. Das
stimmt aber nicht. Tatsächlich zielt man auf eine verbesserte
Gewinnlage der Unternehmen und, was völlig übersehen wurde und den
Kern von TTIP ausmacht, auf eine deutliche Verbesserung der
Renditechancen der Investorengemeinde. Lediglich der verbreitete
naive Glaube, dass dies zumindest mittelbar fast das Gleiche sei,
hält selbst ansonsten Arbeitnehmerfreundliche Politiker eisern bei
der Stange.
Und da liegt des Pudels Kern: Es ist ja
weder hüben noch drüben das Problem, dass Konsumenten nicht
konsumieren, Arbeiter nicht arbeiten, oder Unternehmer nicht
produzieren und verkaufen wollen. Das Problem ist dass diese Abfolge
seit einiger Zeit nicht mehr funktioniert. Und die Ursache dafür
liegt in genau den Wirtschaftsteilnehmern, die bei der erwähnten
Abfolge (Unternehmen, Arbeitskräfte, Konsumenten) so gerne aus
geklammert bleiben und, ob man will oder nicht, immer dahinter
stecken: Die lieben Investoren und die Finanzwirtschaft. Deren Renditeforderungen nun mal seit etwa 15 Jahren so hoch sind, dass sie jedes reale Wachstum alleine über den Zinseszins direkt wieder verfrühstücken.
So wie alle volkswirtschaftlichen
Wundermittel der letzten Jahre und Jahrzehnte wird daher auch TTIP
keinen Aufschwung herbei zaubern können.
Woher denn auch, es ist
schließlich aus exakt demselben neoliberalen Garn gesponnen wie auch
alle anderen Rohrkrepierer vorher. Genützt haben sie Staat und
Bürger wenig, den Banken und Investoren aber immer wieder den
goldenen Kragen gerettet. Das Wundermittel darin ist nämlich
prinzipiell immer dasselbe: Viel, sehr viel, Geld von den
internationalen Geldgebern, sprich insbesondere von den mit frischem
FED Geld gefütterten US Investoren, das ungehindert über noch
halbwegs unverbrauchte Ökonomien ausgeschüttet und
selbstverständlich ordentlich rentiert werden soll.
Und deswegen ist für die USA ein
reines Handelsabkommen für Produkte der Realwirtschaft auch ziemlich
uninteressant. Denn tatsächlich ist die USA inzwischen weit gehend
deindustrialisiert. Mehr als 70% des US-BIP's wird durch
Dienstleistungen im Bereich Verkauf von Produkten, die wiederum
zumeist aus Fernost kommen, erwirtschaftet. Die EU ist im ganzen
Konsumgüterbereich erheblich besser aufgestellt als die USA und
würde die vorhandene Reste der US-Industrie förmlich platt machen,
also „Detroitisieren“, können, sofern sich die USA
auf ein reines Handelsabkommen mit gleich starken Rechten beiderseits
einlassen würde.
Viel besser aufgestellt sind die USA
nämlich in der Finanzwirtschaft, nicht nur durch ihre Institute,
sondern gerade auch durch die Eigenschaft des Dollars als nahezu
unangefochtene Weltwährung. Der Euro kann und konnte das nicht
ändern, nicht umsonst hat man ihn aus Richtung der USA ja auch
erfolgreich unter Dauerfeuer genommen. Nein die USA haben nur ein
wirklich nachgefragtes Exportprodukt, wenn man mal von der
Sonderstellung in der Waffenproduktion absieht: Schulden. Sei es in
Form frisch gedruckter Dollarnoten oder irgendeiner seiner Derivate.
Und diese Dollarberge wachsen mit der Einführung des Quantitative
Easing zur Rettung der US-Banken lustig weiter ins astronomische. Was
die USA schon seit Jahrzehnten und immer mehr braucht sind weniger
Abnehmer für ihre kaum noch im eigenen Land produzierten Produkte,
sondern eine ständig steigende Zahl von Käufern für ihre
gigantischen Geld- und damit Schuldenberge.
Das trifft sich nun aus Sicht der USA
mit dem glücklichen Umstand, dass die meisten Menschen und praktisch
alle Politiker, Geld für einen Wert halten. Ergo, der Import von
Geld via internationaler (US-)Investoren in eine nationale
(EU-)Ökonomie würde dem Import von Werten, also einem Gewinn,
gleichkommen. Leider ist dies ein klassischer neoliberaler Unfug.
Geld ist kein Wert, sondern nur ein staatlich garantierter Anspruch
auf einen Wert. Der Unterschied zwischen Wert (in einer Nation
erwirtschaftetes BIP) und Anspruch auf Wert (in einer Nation
vorhandenes Geld) erklärt im Prinzip schon das ganze Dilemma.
Insbesondere wenn der Anspruch nicht aus dem eigenen Land kommt.
Einen Wert, die die arbeitende
Bevölkerung eines Landes erst einmal erwirtschaften muss. Das was
Investoren ins Land bringen, sind erst einmal nur Schulden für
denjenigen der die Gelder annimmt (kauft), die dann, mit Rendite
versteht sich, zurück gezahlt werden sollen. Und zwar in diesem
speziellen Fall auch noch mit erwarteten Renditen (5-10%) die locker
mehrere 100-mal höher sind als die von der EZB (0,05%) oder FED (0%)
geforderten Zinsen. Das wäre ja noch nicht einmal so schlimm, wenn
es denn überhaupt eine Nachfrage für solche Gelder gäbe. Denn es war ja
schon unmöglich die letzten geschenkten Chargen an die EU-Banken für fast umsonst zu
verhökern, geschweige denn dass diese in der Lage gewesen wären,
dass so billige Geld in die Wirtschaft zu transferieren. Das Geld kommt unten praktisch nicht an, weil dort die Nachfrage über die dafür notwendig steigende Massenkaufkraft fehlt. Das Geld
wandert daher wenn überhaupt nur noch in weitere Aktien- und
Immobilienblasen.
Was schon mit geschenkten Geld von innen nicht klappt, das soll nun mit deutlich teurerem Geld von außen funktionieren? Wohl kaum. Das Ziel von TTIP ist aus
Sicht der USA eher ein weiteres Fass für Rendite trächtige Finanz-Blasen aufzumachen. Händeringend gesucht, weil fasst alle Fässer
weltweit schon vollgelaufen sind und nichts schlimmer wäre, wenn all
die Dollar (die nichts anderes als US-Schulden sind) zurück in die
USA wandern würden.
Schauen wir nun also einfach mal in die
Vertragsentwürfe:
„TTIP - Directives for the negotiation on the Transatlantic Trade
and Investment Partnership between the European Union and the United
States of America“ führt in seiner
Präambel auf:
Nature and Scope of the Agreement
1. The Agreement will exclusively
contain provisions on trade and trade-related areas applicable
between the Parties. The Agreement should confirm that the
transatlantic trade and investment partnership is based on common
values, including the protection and promotion of human rights and
international security.
2. The Agreement shall be ambitious,
comprehensive, balanced, and fully consistent with World Trade
Organisation (WTO) rules and obligations.
3. The Agreement shall provide for the
reciprocal liberalisation of trade in goods and services as well as
rules on trade-related issues, with a high level of ambition going
beyond existing WTO commitments.
4. The obligations of the Agreement
shall be binding on all levels of government.
Nun, das klingt zunächst mal wenig
aufregend, und die Anmahnung der Menschenrechte klingt ja nun auch
gleich überaus nobel. Etwas lustig bis merkwürdig ist, dass im
ersten Satz betont wird, dass man sich ausschließlich um
Handelsangelegenheiten kümmern würde, wobei man dann aber eifrig die
Menschenrechte in Beschlag nimmt. Dabei dachte ich das der Vertrag
eigentlich zwischen zwei funktionierenden Demokratien geschlossen
werden soll und nicht mit Nordkorea. Zumindest, soviel darf ich
hieraus schließen, ist der altehrwürdige Handel mit Sklaven nun auch offiziell ausgeschlossen.
Absätze 2 und 3 besagen nun überdeutlich,
dass der Vertrag nicht nur ambitioniert sein soll, sondern alles
bereits dagewesene an Liberalisierung noch um Längen übertreffen
soll. Super-Post-Neo-Liberalismus demnach also.
Absatz 4 besagt schließlich, das der Vertrag „auf allen Ebenen der Regierung“ bindend sein
soll. Hmm, was soll das nun heißen? Unterzeichnen sollen ja nun die
Regierungen bzw. deren EU-Beauftragte. Das reicht offensichtlich aber
den im geheimen Munkelnden noch nicht. Vermutlich hat man die
Verfassungen und die Bundesrichter im Visier, die man hiermit
offensichtlich vorsorglich über Bord werfen
möchte. Ob das notwendig ist wage ich zu bezweifeln, denn bislang
sind diese ja noch immer bei der Grundrechtsfrage zu solchen
EU-Vereinbarungen erheblicher Tragweite schon beim ersten offiziellen
Seenotsignal freiwillig über Bord gesprungen. Und es besteht kaum
ein Anlass eine Änderung dieses Verhaltens zu befürchten.
Danach kommt mehr oder weniger
vernünftiges zum Handel, ganz sicher ist ja auch nicht gleich alles schlecht, was in dem Vertrag stehen soll.
Das wirkliche Ei des Kolumbus aber wird
erst mit Punkt 22 auf den Tisch geklopft:
Investment Protection:
Paragraph 22: The aim of negotiations
on investment will be to negotiate investment liberalisation and
protection provisions including areas of mixed competence, such as
portfolio investment, property and expropriation aspects, on the
basis of the highest levels of liberalisation and highest standards
of protection that both Parties have negotiated to date. After prior
consultation with Member States and in accordance with the EU
Treaties the inclusion of investment protection and investor-to-state
dispute settlement (ISDS) will depend on whether a satisfactory
solution, meeting the EU interests concerning the issues covered by
paragraph 23, is achieved. The matter shall also be considered in
view of the final balance of the Agreement.
Also „investment liberalisation and
protection provisions...on the basis of the highest levels of
liberalisation and highest standards of protection...“. Na das wird aber eine tolle Sache. Frisch, fromm, fröhlich, frei, fürs Kapital und das auch noch mit Schutzhütchen.
Der
folgende Paragraph 23 stellt lediglich klar, dass gleiches Recht auch
für die EU gelten soll. Eigentlich überflüssig, aber man merkt
zumindest daran, dass die EU-Verhandler immerhin und zu Recht in diesem
Punkt misstrauisch sind. Den wahren Knackpunkt haben sie aber nicht
wahrgenommen.
Paragraph 23: As regards investment protection, the
objective of the respective provisions of the Agreement should:
- provide for the highest possible level of legal protection and certainty for European investors in the US,
- provide for the promotion of the European standards of protection which should increase Europe's attractiveness as a destination for foreign investment,
- provide for a level playing field for investors in the US and in the EU, -
- build upon the Member States' experience and best practice regarding their bilateral investment agreements with third countries,
- and should be without prejudice to the right of the EU and the Member States to adopt and enforce, in accordance with their respective competences, measures necessary to pursue legitimate public policy objectives such as social, environmental, security, stability of the financial system, public health and safety in a non- discriminatory manner. The Agreement should respect the policies of the EU and its Member States for the promotion and protection of cultural diversity.
Scope: the investment protection
chapter of the Agreement should cover a broad range of investors and
their investments, intellectual property rights included, whether the
investment is made before or after the entry into force of the
Agreement.
Standards of treatment: the
negotiations should aim to include in particular, but not
exclusively, the following standards of treatment and rules:
a) fair and equitable treatment,
including a prohibition of unreasonable, arbitrary or discriminatory
measures,
b) national treatment,
c)most-favoured nation treatment
d) protection against direct and
indirect expropriation, including the right to prompt, adequate and
effective compensation,
e) full protection and security of
investors and investments
f) other effective protection
provisions, such as an "umbrella clause",
g)free transfer of funds of capital
and payments by investors
h) rules concerning subrogation.
Enforcement: the Agreement should aim
to provide for an effective and state-of-the-art investor-to-state
dispute settlement mechanism, providing for transparency,
independence of arbitrators and predictability of the Agreement,
including through the possibility of binding interpretation of the
Agreement by the Parties. State-to-state dispute settlement should be
included, but should not interfere with the right of investors to
have recourse to the investor-to-state dispute settlement mechanisms.
It should provide for investors as wide a range of arbitration fora
as is currently available under the Member States' bilateral
investment agreements. The investor-to-state dispute settlement
mechanism should contain safeguards against manifestly unjustified or
frivolous claims. Consideration should be given to the possibility of
creating an appellate mechanism applicable to investor-to-state
dispute settlement under the Agreement, and to the appropriate
relationship between ISDS and domestic remedies.
Relationship with other parts of the
Agreement: investment protection provisions should not be linked to
the market access commitments on investment taken elsewhere in the
Agreement. ISDS shall not apply to market access provisions. These
market access commitments may include, when necessary, rules
prohibiting performance requirements.
All sub–central authorities and
entities (such as States or municipalities) should effectively comply
with the investment protection chapter of this Agreement.
Na da picken wir jetzt nur ein paar der
dicksten und faulsten Eier heraus:
Spielfeld für Investoren: „...provide
for a level playing field for investors in the US and in the EU“,
das ist fast schon lustig in dieser so demaskierenden Weise des
Ausdrucks.
Der Argentinien-Paragraph: „Scope: the investment protection chapter of the Agreement
should cover a broad range of investors and their investments,
intellectual property rights included, whether the investment is made
before or after the entry into force of the Agreement....“. Im
Klartext die Bevölkerung eines betroffenen Staates soll sowohl für
uralte bis neue Schulden bis ans Lebensende ihrer Urenkel gerade
stehen müssen. Schulden die ganz Andere zu anderen Zeiten reich
gemacht haben. Ein fromidabler Erb-Sklavenhandel per Konstruktion und
natürlich im Rahmen der „Menschenrechte“ zu sehen, sofern man
nur Investor vom Schlage eines Paul Singer ist, der jüngst ein ganzes Land seinem Hedgefond zur Geisel machte..
Meistbegünstigungsklausel:
„Standards of treatment: ...fair and equitable treatment, including
a prohibition of unreasonable, arbitrary or discriminatory measures,
...most-favoured nation treatment,...“. Im Klartext: Alle haben den
niedrigsten Standard gegenüber den lieben Investoren anzuwenden.
Schon mal etwas von Kapitaltransfer- oder gar Kapitalsteuern gehört?
Sollte mal kommen ist aber wieder „in Vergessenheit“ geraten
gell. Auch besser so, denn mit dieser Klausel ist jegliche
Besteuerungsmöglichkeit, selbst die winzigen bereits hier und da
vorhandenen, passe. Die einzige Möglichkeit die Reichen Investoren
an den Kosten des Staates und an der Banken Rettung, die fast nur
diesen nützt, zu beteiligen sind damit endgültig Schnee von
vorgestern. Nur wenn alle Staaten so etwas wollten, und dass ist
schon in der EU nicht möglich geschweige denn mit den USA, dann darf
es so was eben auch sonst wo nicht geben. Bon.
No-Risk-Investment: „...protection
against direct and indirect expropriation, including the right to
prompt, adequate and effective compensation,..full protection and
security of investors and investments, ...other effective protection
provisions, such as an "umbrella clause", …rules
concerning subrogation. ...“. Das ist so unverschämt dass es einem
eigentlich sofort die Sprache verschlagen sollte. Der Sinn der
Klauseln ist klar: Unter keinen auch wie auch immer gearteten
Umständen darf der Investor auch nur einen Cent verlieren. Sollte
dass doch mal einzutreten drohen, so hat der betroffene Staat, im
Klartext ist der „umbrella“ (Regenschirm) der kleine Mann oder
Frau der Nation, dass vollständig zu bezahlen. Ganz neben bei
bezieht sich diese dreiste Protektion auch auf Persönlichkeiten
„full protection and security of investors and investments“. Soll
heißen auch wenn ein Halunke von Investor sich möglicherweise auf
juristischem Glatteis bewegt hat, er darf deswegen nicht so einfach
zur Rechenschaft gezogen werden, schon gar nicht vor Gerichten des
betroffenen Auslandes. Die letzte Fußangel sind dann noch die „rules
concerning subrogation“. Soll heißen, dass man sich auch noch von
der letzten Gefahr befreien möchte, nämlich das jemand auf die Idee
kommt Forderungen z.B. an Drittstaaten weiter zu reichen (subrogation = Abtretung einer Forderung ), so dass diese nicht unter das Abkommen
fallen würden. Ja wo käme man denn da hin, gell. Schließlich trägt
der liebe Investor ja ständig ein unternehmerische Risiko mit sich
herum, für das er ja seine großen Einkommen kassiert,
oder nicht? Nun, so also eher nicht. Null Risiko, maximal möglicher
Gewinn, und dass staatlich garantiert. Und den hochbezahlten
Verhandlungsführern ist das bislang noch nicht einmal aufgefallen?
Der Mensch ist frei, das Kapital ist
freier - zum Abschluss dann nochmal im Klartext, falls es noch immer
keiner gemerkt haben sollte, schließt der Paragraph 23 mit „...free
transfer of funds of capital and payments by investors,...“. Heißt
im Klartext, weder die Annahme noch der Abzug von Geldern darf
reguliert oder behindert werden.
Nun mag man einwenden dass das doch so
klar wäre, wenn ich 100 Euro auf mein Konto lege dann kann ich die
doch am nächsten Tag auch wieder abheben, oder? Ja natürlich, nur
wir reden bei den lieben Investoren eben in aller Regel nicht über
Kleingeld, worunter sie ruhig auch ein Investment von ein paar
Millionen zählen dürfen. Die regen Niemanden auf, Peanuts eben. Wir
reden von Investoren die Milliarden bewegen, oftmals mehr Geld als
ganze Volkswirtschaften besitzen, und dass von heute auf morgen um noch
irgendwo in der Welt ein paar Prozentchen Rendite heraus zu ziehen. Und das in
der Regel auch ohne nur eine Schraube an der realen Werkbank zu
drehen oder drehen zu lassen. Da geht es mal um kurzfristige
Arbitrage Mitnahmen, Devisen, Zertifikate, Schuldtitelhandel und tausend
andere volkswirtschaftlich eher schädliches Abzocken von Gewinnen
aus reinen Finanzschiebereien.
Dazu zählen selbstverständlich auch
die Aktivitäten der Hedgefonds
Also der Ankauf ganzer Firmen auf Kredit, ausschlachten um dann die noch edlen Teile mit Gewinn weiter zu verkaufen. Das nennt sich Sanierung, wobei der Gewinn beim Hedgefonds bleibt, die aufgewendeten Kreditkosten aber der Firma aufgelastet werden und die enormen sozialen Kosten gefeuerter Arbeitnehmer bleiben selbstredend bei Staat und Bürger hängen. Aber auch mal ein ganzes Land wird nicht verschmäht, nicht zuletzt durch Paul Singer und seine
geschickte Ausplünderung der Argentinischen Bürger. Dazu kaufte er
nach einem Schuldenschnitt alte Titel zu ca. 20% des Nennwertes.
Zockerniveau also, mit der Absicht natürlich, die später irgendwie
für mehr los zu werden. In diesem Falle zu 100%, unter Ausnutzung
ausgeprochen haarspalterischer juristischer Finessen. Die ihm von dem
als verschroben geltenden New Yorker Richter Thomas Griesa dann auch glatt zugestanden wurden. Selbst US-Bankenvertreter
haben diese Entscheidung später noch als äußerst merkwürdig und gefährlich kritisiert. Nämlich weil der Schuss zukünftig auch für die USA mal nach hinten los gehen könnte.
Unter TTIP müsste der arme Paul allerdings nicht noch um seine
Zockergewinne fürchten, die die Argentinische Präsidentin trotz der
Bestätigung im finalen Urteil des Höchsten US-Berufungsgericht
unter Chef Richter Katzmann verweigert hat. Unter TTIP währen wir
tatsächlich verpflichtet ihm das Geld hinterher zu tragen, auch ohne das er die Hilfe eines gnädig gestimmten Bundesgerichtes in Anspruch nehmen müsste.
Oder was will man machen, wenn nun
Globale Investment-Häuser wie Goldman Sachs und andere nach Herzenslust und ohne Einschränkung in Deutschland
investieren wollen. Banken übernehmen und deren Investmentanteil mit
billigem EZB-Geld auf Teufel und Rendite komm heraus aufblasen. To big
to fail? Nun ja, aber nach welchen Regeln denn bitte, den Deutschen, Italienischen,
Britischen oder den US-Regeln? Egal, jedenfalls die billigsten, denn
so steht's im TTIP. Für den absehbaren tiefen Fall, Gewinne dürfen
kurz vorher selbstverständlich ungehindert abgezogen werden, darf,
nein muss, der deutsche Michel dann seinen ganz großen „Umbrella“
aufziehen. Und der liebe Lloyd
sagt da dann auch "Danke schön, und Gott vergelt's". Belangt werden
könnte er und sonstige genauso pfiffige Banker jedenfalls nicht.
Unterbinden, oder auch nur behindern,
darf man solche Geschäfte nach dem jetzigen Wortlaut von TTIP durch Niemanden und Nirgends mehr. Ganz im Gegenteil haben der Staat und seine Bürger
dann sogar noch die Pflicht, das eventuelle Rest-Risiko abzusichern
und die Geschäfte und Gewinntransfers ins ferne Nirwana tatkräftig
zu befördern.
Das Erschütternde ist, dass die Politik Nichts, aber auch gar
Nichts, aus der jüngeren Geschichte gelernt zu haben scheint.
Nach wie vor werden Schulden
mit noch größeren Schulden bekämpft, und der realwirtschaftliche
kontraproduktive, ja teilweise einfach nur räuberische, Investmentbankingbereich bis zum
geht nicht mehr aufgeblasen. Wachstum und ausreichend neue
Arbeitsplätze erzeugt man so nicht, eine Erfahrung die man ja nun
auch ohne tiefer gehende Ökonomiekenntnisse längst gemacht haben
sollte.
Man warf Öl ins Feuer und siehe da, der Brand hörte einfach
nicht auf. Die Brandstifter im Hintergrund dienen nun der
freiwilligen Feuerwehr den guten Ratschlag an, der Fehler läge einfach an
immer noch zu wenig Öl. Man möge doch einfach noch mehr Öl ins
Feuer pumpen, dann werde der Brand schon irgendwann erlöschen. Und die Brandhelfer der EU glauben das
auch noch wider besseren Wissens und alt-neoliberaleChlorhühnchen blasen weiterhin kräftig ins Horn dass es
allen widerschallt.
Es lohnt sich auch ein Blick in den US-Hintergrund von TTIP zu werfen. Wer sind US seitig die Antreiber und Vorbereiter des
Abkommens? Natürlich die US-Regierung, die fast
schon traditionell von der US Banking Industrie unterwandert wird.
Gerade auch Barack Obamas Regierung hat ein lange Liste von Goldman Sachs Officern
in seiner Besetzungsliste. Zuständige Wirtschaftsministerin ist Penny Pritzker, die natürlich, ebenfalls eine solide Karriere als
Investmentbankerin vorzuweisen hat. Hinter dem TTIP stehen weiterhin
die Transatlantic Business Organisation
unter Chef Stuart Eizenstat und der Transatlantic Economic Council unter dem US-Chef Michael Froman die dem Investmentgeschäft bzw. ihren
Lobbyorganisationen ebenfalls nahe stehen, inklusive den schon mal
erwähnten Bilderbergern und Co. Was Wunder also wenn TTIP nur
vordergründig für Handelserleichterungen steht, womit man lediglich
längst eingetretene Türen öffnen könnte. Für ein Wachstum dass,
wenn überhaupt noch möglich, so winzig wäre dass es im
statistischen Rauschen verschwindet. Dafür müsste man sich nicht
wirklich so ins Zeug werfen, so wie etwa Chlorhühnchen Friederich Merz für das allseits bekannte Atlantik-Brücke Bündnis. Man müsste weder
demokratiefeindliche Geheimverhandlungen noch Sondergerichtsbarkeiten
den Weg bereiten.
Dafür würden ein paar Zollverhandlungen und
Entbürokratisierungsabkommen leicht ausreichen.
Nein es geht den USA nicht um ein
bisschen GDP-peanuts sondern um viel Größeres.
Der
Investmentbereich der Banken (Bankeneigengeschäft) ist ja bereits in
der BRD gut doppelt so groß geworden wie der Commercial Bank
Business, also die Kreditvergabe in die Realwirtschaft. In den USA
liegt der Faktor sogar bei etwa 5.
Das funktioniert nur wenn man die
zugehörigen Schuldtitel im Ausland gewinnbringend verkaufen kann,
sei es als simple Greenbacks oder auch als komplexe Zertifikate etc.
pp. Der größte Teil dieser wachsenden Last gehört in den USA aber zu der Altersversorgung der Bevölkerung, und die droht nun mehr und
mehr den Bach hinunter zu gehen. Die Detroitkatstrophe war nur
der Anfang in dem es hier erstmals ein wirklich großes Gemeinwesen
auf einen Schlag hinwegraffte.
Diese Entwicklung der
Alterversorgungen Richtung Nullpunkt geht hinter den Kulissen aber
lustig weiter. Längst rumort es heftig in den USA, nicht nur da wo Einwanderungsdruck, wie an der Mexikanischen Grenze oder
Rassismus wie jüngst in Fergusson hinzukommt. Der Amerikanische Traum wird
für immer mehr Einwohner, einschließlich für den so zentralen Mittelstand, zum Albtraum und Horrorszenario. Weitere
Zusammenbrüche der Lebensersparnisse der Bevölkerung können auch
die USA absehbar in einen „Amerikanischen Frühling“ stürzen.
Die Lunte dazu brennt und das die Ladung noch nicht gezündet
hat, liegt lediglich an dem tief verwurzelten, aber längst hinfällig
gewordenen Glauben an den Amerikanischen Traum, wo Jeder angeblich
von Heute auf Morgen zum Millionär werden kann. Oder zum armen
Lumpen ohne Wohnung, und ohne Alters- und Gesundheitsversorgung.
Was
die USA jetzt am dringendsten braucht ist daher ein großes Fass wo noch was von
den vielen Schuldtiteln hinein passt um effektiv aus fremden BIP die Renditen
für die unangenehm murrenden Mittelstandsbürger noch her zaubern zu können.
Lieber die Detroitisierung von Paris, Rom und Berlin riskieren, als
die von Washington bis Los Angeles.
Das ist ziemlich offensichtlich das wahre Ziel hinter TTIP: RIP Detroit, adios Germany, Arividerci Roma.