In
Deutschland ist die Pressefreiheit in Art. 5 GG
geregelt:
„Jeder
hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern
und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen
ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der
Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine
Zensur findet nicht statt.“
„...Journalistenmeute,
räudigen Fuchs [dort: Bundespräsident], Hetzern, Steinewerfer,
Gipfel der Dreistigkeit, linksgrüner Hysterie-Berichterstattung,
bewusste Irreführung, Kampagnen-Wahnsinn, an der Nase herumführen,
Verleumdungskampagnen, unmoralische und unfähige Journalisten,...“
Mit diesen drastischen Worten lässt der FDP-Abgeordnete Günther mächtig
Luft über die deutsche Presse ab. Nicht gerade wenig, man könnte
schon sagen Pressluft, gemessen an dem recht kurzen Text. An dessen
Ende macht er uns allerdings auch wieder Hoffnung auf Besserung:
„...Liberale
an die Spitze einer Bewegung, die das Positive, das wir in unserer
Gesellschaft haben, wieder mehr in den Vordergrund rückt!“
Nun, natürlich kann
man Günther verstehen, denn gerade die FDP ist in den letzten
Monaten nicht gerade mit guter Presse ausgestattet gewesen. Und hat
in den Umfragen seit ihrem Höchststand fast 90% ihrer Zustimmung
verloren. Da können die Nerven schon blank liegen. Aber die Schuld
dafür bei der Presse zu suchen ist schon hanebüchen, schließlich
hat sich die FDP gründlich selbst demontiert, was dem wirklich
politisch Interessierten auch ohne große Presse leicht aufgefallen
sein dürfte. Was Hr. Günther wirklich nervt ist wohl die
Machtfrage: „Die Medien mit linksgrüner Hysterie-Berichterstattung
werden immer mehr zur 1. Gewalt im Staat.“. Nun ja, eigentlich
haben wir Gewaltenteilung, und für die Presse bliebe da eigentlich,
im besten Falle, die 4. Gewalt übrig. Das die FDP gerne die 1.
Gewalt für sich beansprucht, ist da zwar schon verräterisch, jedoch
auch nur die halbe Wahrheit. In Wahrheit ist die 1. Gewalt nämlich
längst der Markt, oder genauer der Finanzmarkt, und somit wären wir also bei der „markgerechten Demokratie“ und bestenfalls der 5.
Gewalt für die Presse. Oder die FDP eben.
MdB
Günther: „...Nun kann man unmoralische und unfähige
Journalisten nicht einfach zum Rücktritt auffordern. Wohl aber kann
man Zeitungen abbestellen, Radio- und Fernsehsender nichtmehr
einschalten. .... Das erfordert aber ... ein gewisses Maß an
Werten...Humanität, Demokratie und Selbstachtung. Wir müssen wieder
zurückfinden zu einem anständigen, fairen Umgang ...“.
Da hat er aber etwas nicht ganz verstanden. Auch wenn ich ihm in
Einzelfällen ausdrücklich zustimmen mag, ja es gibt unmoralische
und unfähige Journalisten die man besser „abstellt“, aber das
ist nicht das Maß um das es geht. Journalismus ist nicht dazu da
„anständig“ zu sein. Er ist dazu da, den Entscheidern in dieser
Gesellschaft kritisch auf die Finger zu schauen, insbesondere das
öffentlich zu machen, was uns die gesellschaftliche Elite nur allzu
gerne verheimlichen möchte. Und letzteres ist selten sehr
appetitlich, geschweige denn „anständig“. Genauso wenig wie es
zum Berufsbild eines Richters oder Staatsanwaltes gehört nett zu
sein, so wenig ist dies Aufgabe des Journalisten. Genauso wie erstere
muss er sich natürlich an den Grundregeln zwischenmenschlichen
Umgangs halten, aber dass ist im Einzelfall zu klären und kann nicht
verallgemeinert werden.
Aber,
lieber MdB Günther, keine Demokratie kann ohne freie
Berichterstattung, und dass bezieht sich gerade und besonders auf die
unangenehmen Dinge, entstehen, geschweige denn überleben.
Hofberichterstattung ist der Anfang vom Untergang, „Werte,
Humanität, Demokratie und Selbstachtung“
sind nett, aber nicht vornehmste Aufgabe der Presse, sondern vielmehr
der Politik. Lieber Hr. Günther, es ist Ihre Aufgabe. Wer die
Demokratie mittelfristig den Renditeforderungen der Investmentbanken
opfert, wer die Sozialkassen ausbluten lässt und stattdessen immer
gigantischere Rettungspakete für Großbanken schnürt, wer
Besteuerung der dies alles verursachenden Investmentvermögen und
Finanzbewegungen boykottiert, der verletzt seine vornehmsten
Pflichten als Demokrat.
Es ist auch kein
Wunder und auch keine Neuigkeit, das Diktaturen niemals mit einer
freien Presse existieren können. Hunderte Journalisten verlieren
jedes Jahr ihr Leben, weil sie die Dinge, die Die dort drüben und da
oben verheimlichen wollen, ans Tageslicht zu bringen drohen. Die
setzen mehr aufs Spiel als ihre Wiederwahl. Und sie bekommen dafür
auch weniger Geld. Was treibt die nur dazu, dieses Risiko zu
schultern? Was treibt andere dazu, ein kleineres Risiko, sich es etwa
mit dem Großkapital zu verscherzen und damit vielleicht wie Ihr
Kollege Schäffler herunter gemacht zu werden, nicht anzunehmen? Und
stattdessen lieber unsere Kinder und Enkelkinder zu Kreditbütteln
auf ewige Zeiten zu machen?
Na,
merken Sie was? Die Presse und Meinungsfreiheit war für Hitler nun
mal das eindeutig größere Problem: „...Man
muß diese infame .. Art, ehrlichen Menschen .. die Schmutzkübel
niedrigster Verleumdungen und Ehrabschneidungen über das saubere
Kleid zu
gießen, studieren, um die ganze Gefahr dieser Presselumpen richtig
würdigen zu können. ….Man pflegt gerade in Journalistenkreisen
die Presse gerne als eine „Großmacht“ im Staate zu bezeichnen.
Tatsächlich ist ihre Bedeutung denn auch eine wahrhaft
ungeheuerliche. Sie kann überhaupt gar nicht überschätzt werden;
….Hat sie [die deutsche Presse] nicht mitgeholfen, unser Volk zu
einer elenden Sittenlosigkeit zu erziehen? Wurden nicht Moral und
Sitte von ihr lächerlich gemacht, als rückständig und spießig
gedeutet, bis endlich auch unser Volk „modern“ wurde?....Denn
indem die einen vor Anstand triefen, glauben ihnen alle Schwachköpfe
um so lieber, daß es sich bei den anderen nur um leichte Auswüchse
handle, die aber niemals zu einer Verletzung der Pressefreiheit..
führen dürften. So scheut man sich, gegen dieses Banditentum
vorzugehen, fürchtet man doch, in einem solchen Falle auch sofort
die „anständige“ Presse gegen sich zu haben; eine Furcht, die
auch nur zu begründet ist. …...Diese Presse ist es vor allem, die
in einem geradezu fanatischen Verleumdungskampf alles herunterreißt,
...“, um nur ein paar der wenig schmeichelhaften Zitate anzuführen.
Und,
stellen Sie sich vor, auch Hitler hatte ganz ähnliche Probleme mit der
Anerkennung seiner Partei und der „marxistischen“ Presse: „...Ich
habe damals den Standpunkt eingenommen: Ganz gleich, ob sie über uns
lachen oder schimpfen, ob sie uns als Hanswurste oder als Verbrecher
hinstellen; die Hauptsache ist, daß sie uns erwähnen, daß sie sich
immer wieder mit uns beschäftigen, und daß wir allmählich in den
Augen der Arbeiter selber wirklich als die Macht erscheinen, mit der
zur Zeit allein noch eine Auseinandersetzung stattfindet. Was wir
wirklich sind und was wir wirklich wollen, das werden wir eines
schönen Tages der ..Pressemeute schon zeigen. …..Sowie wir selbst
die große Notwendigkeit erkennen, die unser außenpolitisches
Handeln zu bestimmen hat, wird aus diesem Erkennen die Kraft der
Beharrlichkeit strömen, die wir manches Mal nötig brauchen, wenn
unter dem Trommelfeuer unserer gegnerischen Pressemeute dem einen
oder anderen bänglich zumute wird und ihn die leise Neigung
beschleicht, um nicht alles gegen sich zu haben, wenigstens auf
diesem oder jenem Gebiet eine Konzession zu gewähren und mit den
Wölfen zu heulen. …..Denn solange die Einsicht der Masse so gering
bleibt wie jetzt und der Staat so gleichgültig wie heute, wird diese
Masse stets dem am ersten folgen, der in wirtschaftlichen Dingen
zunächst die unverschämtesten Versprechungen bietet. ..Wird doch
seine gesamte Tätigkeit durch keinerlei moralische Bedenken gehemmt.
So schlägt er denn auf diesem Gebiete zwangsläufig in kurzer Zeit
jeden Konkurrenten aus dem Felde....Von
den marxistischen Lügenblättern kann man dabei überhaupt
schweigen; ...ist doch ihre Aufgabe nur, dem Volke das völkische und
nationale Rückgrat zu brechen, um es so reif zu machen für das
Sklavenjoch des internationalen Kapitals ...“.
Nun
fällt Ihnen was auf? Nein, ich unterstelle Ihnen keine Nähe zu
braunen Genossen, darum geht es nicht und kann es niemals gehen. Das
Problem ist ein ganz anderes: Wir sind alle diesem braunen Gestrüpp
noch, oder besser wieder, viel zu nahe. Nicht das braune Gedankengut
ist die wirkliche Gefahr, die Gefahr ist die gesellschaftliche
Wirklichkeit, die sich gerade in Europa wieder den Zuständen
annähert, die in der Weimarer Republik dieses Gedankengut auf
fruchtbaren Boden fallen ließ. Es ist weder für Sie noch für sonst
einen Parlamentarier beabsichtigt, aber auch kein Zufall, wenn man
sich in Worte versteigt, die an längst vergangen geglaubte Zeiten
erinnern. Denn es ist schlicht unvermeidlich.
Geschichte
wiederholt sich, und wiederholt sich und wiederholt sich,...when will
they ever learn?