Samstag, 22. Februar 2014

Klitsch-K.o., und noch ´ne Revolution

Die Ukraine hat es scheinbar geschafft, schon wieder ist eine Kleptokratie vom Volk zum Teufel gejagt worden. Die wievielte Revolution das in den letzten dreieinhalb(!) Jahren war ist allerdings kaum noch nachzuhalten. Es begann mit dem arabischen Frühling in Tunesien am 17.12.2010, es folgten vergleichbare Unruhen, Revolutionen und Bürgerkriege in Ägypten, Algerien, Bahrain, Dschibuti, Irak, Jemen, Jordanien, Kuwait, Libyen, Marokko, Mauretanien, Oman, Palästina, Saudi-Arabien, Sudan, Syrien, Tunesien. Ferner strahlte er aus auf China, Iran, Israel, Malawi, Spanien und die Türkei wo auch entsprechende Bewegungen ausgelöst wurden. Damit sind wir aber längst noch nicht am Ende. Das gleiche Spiel geht rund um den Erdball weiter, ob in Mali, Thailand, Zentral Afrikanische Republik, Venezuela, Mexiko, Süd-Sudan, Brasilien, Argentinien, Kenia, Bolivien, Haiti, Nicaragua, Ecuador, Indien, Nigeria, Pakistan, Libanon, Philippinen, Afghanistan, Kolumbien, überall knallt es gewaltig zwischen Volk und Oberschichten. Und selbst in unmittelbarer Nähe rumpelt es, sei es so in Frankreich, Großbritannien, Spanien, Italien, Portugal, etc. und sogar in den USA gärt es längst gewaltig. Mehr zur Sache geht es aber auch noch ganz nahe, so in Albanien oder im Kosovo, auch in Ungarn und in Tschechien kriselt es.

Die Ukraine und ihre strategische Lage für Russland. Bild: wikipedia
Und jetzt auch noch die Ukraine, last but not least, und dabei habe ich noch nicht mal alle Krisenherde aufgezählt: „Die Ereignisse in der Ukraine überschlagen sich: Die ehemalige Regierungschefin Julia Timoschenko ist nach mehr als zweieinhalb Jahren Haft wieder frei. Das ukrainische Parlament hat zuvor Präsident Viktor Janukowitsch für abgesetzt erklärt und Neuwahlen für den 25. Mai angeordnet - den Tag der Europawahl. Janukowitsch lehnt einen Rücktritt ab. Zuvor hatte er Kiew verlassen und ist angeblich nach Charkow gereist. Die ostukrainische Millionenstadt gilt als Hochburg von Janukowitsch….Russland fordert Einhaltung des Friedensplans: Der russische Außenminister Sergej Lawrow wirft der ukrainischen Opposition vor, sie halte sich nicht an die Abmachung, die sie am Freitag mit Präsident Janukowitsch unterzeichnet habe. Deutschland, Frankreich und Polen müssten ihren Einfluss auf die Opposition nutzen, um das sofort zu ändern. Die Opposition werde von "bewaffneten Extremisten und Pogrom-Anstiftern" angeführt, deren Aktionen eine direkte Bedrohung für die Souveränität und die verfassungsrechtliche Ordnung der Ukraine seien…..Der Luxus des Präsidenten: Zahlreiche Ukrainer machen sich auf den Weg zu der verlassenen Residenz von Janukowitsch, die außerhalb von Kiew liegt. Dort entdecken sie, dass der Präsident offenbar in Saus und Braus gelebt hat, mit Privatzoo und Autosammlung, wie Korrespondenten des ukrainischen Senders 5Channel und des britischen Senders Channel 4 berichten….“

Nun mit Janukowitsch ist es natürlich nicht anders als mit Gaddafi, oder mit sonst einem Kleptokraten auf dieser Welt. 

Volk und Journalisten wundern sich jetzt wieder einmal, in welchem Saus und Braus die lieben Herrenmenschen auf Kosten der Ausgeplünderten leben. Aber wer glaubt das wäre nur in solchen Regimen der Fall, weit weg irgendwo da am Hindukusch oder so, der irrt gewaltig. Nicht anders ist es etwa mit Berlusconi in Italien, der immer noch nicht tot zu kriegen ist und seine ekligen politischen Fäden weiter zieht, und das er Busenfreund von Putin ist und von Gaddafi war, das kommt keineswegs von ungefähr. Ob Diktatur, ob Pseudo-Demokratie oder auch echte Demokratien, die Top-Oberschichten wissen immer wie sie sich am besten das jeweils gegenwärtige System erst zu Nutzen, und schließlich zu Eigen machen. Selbst im „soliden“ Europa nördlich der Alpen werden sich irgendwann noch ein paar Revolutionäre und Journalisten „wundern“ müssen, wie dreist da überall abgesahnt wurde und wird.

Nun wäre die ganze Umstürzlerei ja durchaus noch allgemein zu beklatschen und zu begrüßen, wenn da irgendwie eine Aussicht auf mittel –oder langfristigen Erfolg zu sehen wäre. Aber Pustekuchen. Ob nun in Libyen oder Ägypten oder sonst wo: Nach der Revolution ist immer auch vor der Revolution. Denn Demokratie, sofern sie überhaupt Oberwasser gewinnen sollte, bringt bestenfalls Freiheit, aber keine anständig bezahlte Arbeit, kein Brot, und auch keine feste Unterkunft. Allzu gerne wird den neuen (Pseudo?)-Demokratien unterstellt, dass sie halt zum Wirtschaften zu dumm seien, naja, zumindest genauso dumm wie die alten wenn nicht schlimmer. In gewisser Weise stimmt das sogar, allerdings auf eine etwas subtilere Art.

Denn, das ist halt das Bedeutsame, mit einem Austausch der Regierung, ja sogar der Regierungsart, ist eben gar nichts gewonnen. Zwar verschwinden ein paar alte Drecksäcke von den Futternäpfen und Neue setzen sich dafür daran, vielleicht im Idealfalle sogar welche, die gar nicht so gemein und dreist sind und tatsächlich dem Volk ihren gerechten Anteil zuführen möchten. Aber an der gewaltigen Ungleichverteilung und Umverteilung nach oben, dort und auch sonst wo in der Welt, daran konnte keine einzige noch so erfolgreiche Revolution der jüngsten Geschichte etwas ändern. Was absehbar natürlich die nächste und übernächste Revolution auf dem Fuße folgen lässt, so wie in Ägypten. Oder es wird gleich ganze Sache gemacht, wie nun seit drei Jahren im Massenmorden des Bürgerkrieges von Syrien.

Oder auch in Mexiko und Venezuela, nur zum Beispiel, die ähnlich hohe Opferzahlen ausweisen können, Schlachtorte des Grauens die man hierzulande wohl weislich unter den blutroten Teppich kehrt, zuviel ist eben zuviel. Im Vergleich dazu sind Geschichten von Priestern und Politikern die kleinen Jungs nachlaufen, oder korrupten Staatsoberhäuptern und ihren Nutten, Geschichten von schwulen Bischöfen die für ihren Lover Luxuskatakomben aus Spendengeldern finanzieren, alternde 68er-Morallesben die als vorgebliche Normalo-Frauenvertreter agieren und genauso wie Ex-Fußballer gleich Schubkarrenweise die Steuer-Millionen hinterziehen, oder Fußballstars aus demselben Behuf, die etwa wie BerLustconi straflos Minderjährige poppen; Banker die Milliarden auf Bürgerkosten versenken und trotzdem statt Strafe fette Boni’s für ihre merkwürdige „Leistung“ einklagen dürfen, und so sind weitere solche Geschichten unserer kreativen Gesetzesinterpreten und Oberschichtenvorbilder im Vergleich zum wahren Elend dieser Welt eine echte mediale Erfrischung für die Seele.

Die eigentliche Ursache, ja die große Klammer die all diese grausamen und weniger grausamen Geschichten zusammenbringt, das ist aber immer das gleiche elendige Problem, nämlich das leidige Schuldgeldsystem. 

Und, da alle diese Revolutionen der letzten paar Jahre daran nichts geändert haben, kann sich natürlich auch an den ökonomischen Sachlagen in deren Heimatländer unmöglich allzu viel ändern. Insbesondere nichts an der enormen Ungleichverteilung von Vermögen, die überall in der Welt in den letzten 30 Jahren ins Abstruse gewachsen ist. Und ohne eine Währungs- und Vermögensreform ändert keine Revolution der Welt irgendetwas an den Ansprüchen der wenigen Reichen auf die Arbeitsergebnisse der Massen, die dafür selbst und mit ihrem schönen neuen selbst gewählten Staate immer noch weiter die entsprechenden Schulden gegen halten und bedienen müssen.

Und das wird auch in der Ukraine so sein. Egal wer da jetzt übernimmt, ob die so süß aussehende ausgehungerte Blondine oder der stählerne Koloss Dr. Eisenfaust Klitschko, es bleibt hinter einer neuen Fassade bei den gleichen ungleichen Machtverhältnissen. Dass jüngst die wesentlichen Kräfte in der Ukraine flugs die Seiten wechselten um nun mit der Revolution zu gehen, hat nämlich weniger mit Gewissen zu tun, als mit praktischem Denken: Mit wem „Wir“ da oben regieren ist letztlich doch schnurz egal, ob rot, ob schwarz, ob braun, wir lieben alle Frau`n…sprich Regierungen „what so ever“ die nichts wesentliches an den durch und durch ungerechten Einkommens- und Vermögensverteilungen ändern werden. Die Farben der Parteien sind da eher Geschmackssache, und zumindest da ist man geneigt dem Volke das zugeben, was dem Volke ist: Den Geschmack an der Sache, aber das fette gesottene Fleisch bleibt bitte da wo es auch vorher schon war.

So schlittern wir also auf breitester Front in Unmut, Umsturz, und gar Bürgerkriege, wobei in der Tat nicht im entferntesten eine Aussicht auf eine Dauerlösung auch nur eines dieser Konflikte gegeben ist, solange man die inzwischen gegebenen Vermögens- und Schuldverhältnisse weiter perpetuiert. Insbesondere die Ukraine hat auch das Potential zu einem internationalen Krieg. Denn für Russland steht einiges auf dem Spiel. Sie kann es sich kaum leisten die Ukraine quasi an die EU und NATO zu verlieren. Die ukrainische Krim ist die Basis der Schwarzmeerflotte, und damit der unmittelbare Zugang zum strategisch bedeutsamen Mittelmeer. Die Krim ist zudem, nota bene, das Zentrum des Islamismus in der Ukraine. Das drohende Verlust eines aus der russischen Oppression entlassenen Ukraine für die Weltmacht Russland, oder die Träume davon, wäre also äusserst schmerzhaft. Und die weitere Kettenreaktion droht unmittelbar: Im benachbarten Weißrussland regiert ein Diktator, gegen den der Ukrainer Janukowitsch geradezu ein netter Chorknabe ist. Und wenn Weißrussland ebenso fällt, dann könnte Russland nach Westen hin ziemlich alt aussehen. Das wäre dann alles EU-Territorium, der Machtbereich Russlands also endgültig ganz weit nach Osten gedrängt, ungefähr, auch das nota bene, nicht ganz, aber fast schon auf den äußersten Machtausdehnungsbereich der deutschen Hitlertruppen im zweiten Weltkrieg. 

Stalingrad lässt grüßen, und das sitzt der russischen Seele noch mehr im Gedächtnis als der Deutschen. 

Natürlich könnte sich die russische Südmarine auf die Gegend um Sotschi zurückziehen, aber auch dieser letzte Zugang zum Schwarzen Meer ist nicht wirklich sicher, wenn man solche Revolutionen einfach zulässt: Dort ist nicht nur der Islam sondern auch andere Minderheiten wie die Kosaken besonders stark und könnten weiteren Sezessionen den Weg bereiten. Was dann das endgültige Aus aller russischen Weltmachtsträume wäre. Genauso ein Aus, als würde die USA den Dollar als Weltwährung verlieren, und über den Dollar-Euro-Yen-gebundenen Schuldenturm ihre geopolitische Macht einbüßen würden, und dann die Spritrechnung für ihre Kriegsmarine unbezahlbar werden ließen. Das Eine wie das Andere wird man zu unterbinden wissen.

Russland muss und wird also seinen Einfluss auf die Ukraine verteidigen, mit allen denkbaren Mitteln. Erstmal abwartend vorsichtig, aber wenn es darauf ankommt auch schnell und sehr drastisch. Das Ukrainische Drama ist also mit einem möglicherweise erfolgreichen Umsturz noch lange nicht zu Ende. Es fängt gerade erst an. Heute.