Dienstag, 31. März 2009

Jubiläum 2009: Das Vermächtnis des Arminius


Eigentlich war das Jahr 2009 als grandiose Jübiläumsveranstaltung zum Urmythos der Deutschen, der ersten Staatsgründungen auf germanischem Boden, geplant. In der Zeit von etwa 9 v.Chr.-19 n.Chr. waren diese das Reich des Marbod und von 9 n.Chr.-20 n.Chr. das Reich des Arminius. Mit dem gigantischen Schatz aus der Varusbeute legte er den finanziellen Grundstein für seinen Versuch der Staatenbildung, aber auch für Neid, Gier und endlich seinen Tod durch die Hände seiner eigenen Verwandtschaft.

Die beiden Reiche gingen somit im Bruderkrieg 17-20 n.Chr. schon wieder restlos unter. Ihre Geschichte aber wurde, am Rande erwähnt, von römischen Historiographen überliefert; ihr Mythos wurde in Sagen und Liedern (Marbod-Thidreksage; Arminus-Siegfriedlied) bewahrt, und das Nibelungenlied führte schließlich um 1200 wieder zusammen, was zusammen gehört.

Wir wissen nicht, welchen inneren Kampf Arminius ausfocht, was ihn zu der Revolte gegen die römische Vorherrschaft antrieb. Er war adliger römischer Ritter, und genauso von germanischem Adel, er war wohlhabend und einflussreich. Was treib ihn dazu alle seine Privilegien und sein nacktes Leben mit seiner unerwarteten Wendung gegen Rom zu riskieren?

So wenig uns römische Historiographen zu seinem persönlichen Motiv überlieferten, so eindeutig ist aber ihre Einschätzung für den zentralen Grund, warum ihm die Mehrzahl der ansonsten notorisch zerstrittenen germanischen Stämme in den riskanten Kampf folgten: Es war die mit Varus eingekehrten römischen Gesetze und die rigorose Einforderung drangsalierender Steuern und Abgaben durch den römischen Staat.

Als es im Jahre 9 zum Shootout im Teutoburger Wald kam, war man zwar schon fast eine Generation an römische Einflussnahme gewöhnt, und hatte sich gut arrangiert, aber nun war der Bogen durch Varus kräftig überspannt worden. Um Christi Geburt gab es in Rom wiederkehrende Versorgungsengpässe und Hungersnöte, der pannonische Krieg 6 bis 9 forderte Unsummen. Als folgerichtig, der Verwaltungsfachmann und Mitglied der kaiserlichen Familia, Varus von Augustus etwa Ende 6 nach Germanien geschickt wurde, diente dessen Einsatz dem Eintreiben von Einkünften aus der frisch geschaffenen Provinz Germanien zwischen Rhein und Elbe.

Zwischen Volk und Staat besteht grundsätzlich ein ungeschriebener Vertrag: "Ich gebe dem Staat, und der Staat gibt mir". Der Staat gibt mir Infrastruktur und Schutz; Rechtssicherheit liefert Schutz vor inneren Feinden, Gerechtigkeit und Freiheit garantieren ein wirtschaftliches Auskommen und das Militär schützt mich endlich noch vor äußeren Feinden. Ist der Staat aber klamm, so geht dieser Vertrag für die zunehmend hoch Besteuerten nicht mehr auf. Im ungünstigsten Fall ist der Zustand "Ich gebe alles und der Staat gibt mir nichts" erreicht. An diesem Punkt ist das Tor für Aufstände, Revolution und Krieg weit geöffnet. In der Geschichte finden wir hunderte solcher Beispiele. Ein Blick unter die Stichworte Aufstand, Revolte, Revolution, Bauernkriege, etc. pp., etwa in Wikipedia, liefert dazu schnell atemberaubende Einblicke.


Die Französische Revolution (1789 bis 1799) gehört zu den folgenreichsten Ereignissen der neuzeitlichen europäischen Geschichte. Als der Generalkontrolleur der Finanzen Jacques Necker 1781 erstmals die Zahlen des französischen Staatsbudgets veröffentlichte, war dies als Befreiungsschlag zur Herstellung allgemeiner Reformbereitschaft in einer ansonsten ausweglosen Finanzkrise gemeint. Seine Amtsvorgänger hatten da bereits vergebliche Anläufe zur Stabilisierung der Staatsfinanzen unternommen. Neckers Zahlenwerk schockierte: Einnahmen von 503 Millionen Livres (Pfund) standen Ausgaben von 620 Millionen gegenüber, wovon allein die Hälfte auf Zins und Tilgung für die enorme Staatsverschuldung entfiel. Weitere 25% verschlang das Militär, 19% die Zivilverwaltung und ca. 6% die königliche Hofhaltung. Dass für höfische Feste und Pensionszahlungen an Höflinge eine Summe von 36 Millionen Livres anfiel, wurde als besonders skandalös angesehen. Der Großteil der Bevölkerung war an Aufklärungsdenken und Politisierung wenig interessiert, am Brotpreis umso mehr. Die Bauern, die vier Fünftel der Bevölkerung stellten, hatten 1788 eine schlimme Missernte erlitten und danach einen harten Winter durchlebt. Während es ihnen am Nötigsten fehlte, sahen sie die Speicher der weltlichen und geistlichen Grundherren, denen sie Abgaben zu entrichten hatten, noch gut gefüllt.

Kommt Ihnen der obige Abschnitt aus Wikipedia bekannt vor? Nun am Freitag entscheidet der Bundesrat über die anstehende Verstaatlichung der HRE. Die Zustimmung der Länderkammer ist noch strittig. Geht man diesen Schritt nicht, so wird am Montag die HRE so sehr wackeln, dass der nächste Erdrutsch nach der Lehman-Pleite in Gang kommt. Macht man diesen Schritt, so hängt man dem Steuerzahler Risiken von geschätzten weiteren 1000 Mrd. Euro an den Hals.

Die werden zwar erst mal als Sondervermögen getarnt werden, sind aber mittelfristig nichts anderes als Schulden, deren Verzinsung, geschweige denn Tilgung, durch Steuern aus dem BIP zu erbringen sind. Die Hoffnung das irgend jemand die lauernden wertlosen Derivate später zu einem anständigen Preis versilbert, ist weniger als dünn. Danach hat der Staat mittelfristig nur noch die Wahl zwischen Währungsruin zur Entschuldung und/oder aber Steuerdrangsalierung der Bürger. Der ungeschriebene Staatsvertrag mit dem Bürger gerät dann wieder einmal ins Wanken, die vielschichtigen Folgen sind jedem Geschichtsinteressierten bestens bekannt.


9 bis 2009, eine schöne runde Zahl wäre es für ein Fest des "sich selbst auf die Schultern Klopfens" gewesen. Nun aber wird dieses Fest überschattet vom Vermächtnis des Segifrit Irmin, dem starken Siegfried, von den Römern Arminius und von den Deutschen später Hermann der Cherusker genannt: In Nichts liegt der Aufstieg und Fall der Reiche so sehr verstrickt, als in Steuerdrangsalierung und dem Ruin der Währung.

Dienstag, 24. März 2009

Systemkrise, dritter Akt: Der Dollar wird offiziell angezählt


"Der Chef der chinesischen Zentralbank hat eine neue globale Leitwährung gefordert, die unter der Aufsicht des Internationalen Währungsfonds stehen soll. Damit argumentiert er indirekt gegen den Dollar." schreibt die Welt heute. Diese unheimliche Geldschwemme aus den USA; waren vor zwei Jahren noch Millionen die gängige Wirtschaftsgröße, so ab Ende 2008 dann Milliarden, so sind es nun im Frühjahr 2009 schon Billionen $, von denen regelmäßig für Stützungskäufe die Rede ist.

Zunehmend nervös werden damit natürlich die Besitzer der gewaltigen Währungsreserven in Dollar, die sich außerhalb der USA seit der Reagan-Zeit angesammelt haben. Die gilt es in halbwegs taugliche Sachwerte zu verwandeln. Gold kommt dafür nicht in Frage, denn von dem edlen Metall gibt es viel zu wenig, allein in Deutschland könnten die Reserven gerade einmal knapp 1% der Bankenaktiva decken.

So geht man also auf Einkaufstour, um zu retten, was zu retten ist. Daimler ist da eine prima Adresse. Durch Fehlinvestments im Größenwahn der jüngsten Vergangenheit wurde Daimler vom wohlhabensten deutschen Musterkonzern zum Übernahmekandidat gieriger Hedgefonds. Da kommen die Scheichs aus Abu Dhabi als vermeintliche Retter gelegen. Mit gut 9% steigen sie jetzt ein, die Option auf mehr ist bereits angesagt. Ganz sicher haben die Ölmultis ihre Dollarreserven dafür locker gemacht, solange solche Edelstücke im Westen dafür noch zu bekommen sind. Irgendwann können wir dann Abucedes fahren.

Und die Edelstücke werden zunehmend knapp. Die gut zwei Milliarden für die Mercedesanteile nehmen sich sehr bescheiden aus, wenn man bedenkt das alleine China rund 2 Billionen Dollar hortet. Natürlich gibt es in der EU und der BRD, aber auch in Japan, Saudi Arabien, Indien und so weiter noch reichlich dieser netten kleinen grünen US-Staatsanleihen. Und wer zuerst kommt, der malt zu erst. Nur nicht alle auf einmal, dann ist der Kollaps nämlich da und man kann sich mit den Greenbacks die Wände tapezieren.

Das Problem dabei: Wenn in wenigen Jahren neue Währungen eingeführt werden um das Elend zu beenden, dann befindet sich das westliche Tafelsilber in ausländischer Hand. Das Modell Opel ist dann auch das Modell Daimler, und viele, viele weitere. Durch die, weitgehend unbewusste, Krisenverschleppung wird eine tabula rasa immer unmöglicher. Die Folgekosten der Schuldenorgien werden in die neue Weltordnung hinüber transportiert.


Derweil setzt sich auch bei offiziellen Stellen durch, dass der Wirtschaftseinbruch in 2009 weit deftiger ausfallen wird, als immer behauptet. So korrigiert sich die Bundesregierung auf minus 4,5% und der IWF auf minus 9%, die Commerzbank bietet minus 7%. Nun, Politiker sind wie Obsthändler, 4,5 klingt besser als 5, und 9 besser als 10 %. Ausgerechnet hat die Zahl natürlich niemand in dieser suggerierten Genauigkeit, es sind mehr oder weniger gute Orakel. So hatte ich am 10.02. schon meine Prognose von minus 10% abgegeben. Da wir erst am Anfang des Jahres stehen, habe ich kaum Zweifel dass dies nicht eintreffen könnte, vielleicht bin ich damit sogar zu optimistisch gewesen.

Ende des Jahres werden wir also, mit viel Glück, auf ein BIP von etwa 2200 Mrd. Euro kommen. Am Missverhältnis der Aktiva/Passiva wird sich indes kaum etwas tun, solange man damit fortschreitet, private Schulden/Vermögen in öffentliche Schulden zu verwandeln. Die Entwicklung des BIP wird uns im Nachhinein serviert werden, die Entwicklung der Aktiva der Banken dagegen sind zeitnah bei der Bundesbank erhältlich.

Das Allzeithoch wurde im Oktober 2008 mit 8093 Milliarden erreicht. Danach fiel es erstmals etwas auf 8050 im November und sogar auf 7956 Mrd. € im Dezember 2008. Das waren gerade einmal 1,7 %, welch herber Verlust. Seitdem steigen die Vermögen schon wieder, nämlich auf 7970 Mrd.€ im Januar 2009. In dieser Summe befindet sich natürlich auch die Gesamtverschuldung von Bund, Länder und Gemeinden. Die letzte offizielle Zahl aus 2008 belief sich hier auf fast 1600 Mrd.€.

Diese Rechnung wird auch erst viel später berechnet werden, sie wird aber dieses Jahr locker auf die 2000 Mrd.€ Grenze zu marschieren, allein wegen der diversen Stützungsprogramme und Aushilfen für Europa. Wobei die „Sondervermögen“ der Soffin (rund 500 Mrd.) und dem eventuellen Schuldenberg der HRE (bis zu 1000 Mrd.€), ein anstehendes weiteres „Sondervermögen“, noch gar nicht eingerechnet sind. Die können zu den jeweiligen Fälligkeitsdaten den Schuldenberg schnell auf die 3000 Mrd. € Marke katapultieren.


Klar ist damit: Das neuralgische BIP/Aktiva-Verhältnis wird weiter zunehmen und die deutschen Vermögensverwalter müssen nicht mehr so sehr ihre schrägen Fondsmanager in den Kampf um die Verzinsung ihre Derivate aus dem BIP schicken, sondern der Staat wird selbst zum gefälligen Inkassobüro. Will der Staat nämlich ernsthaft die Schulden bedienen, von Tilgung ganz zu schweigen, dann muss er die Daumenschrauben beim Durchschnittsbürger in Zukunft gewaltig anziehen.

Ich habe aber großen Zweifel daran, dass er das ernsthaft vor hat, es wäre schlicht der Selbstmord der Demokratie. Er wird sich der Last früher oder später entledigen müssen. Wie er das macht, wird noch spannend.

Freitag, 20. März 2009

"Tag der Unfreiheit" oder Tag der Heuchelei?


Heuchelei zählt bekanntlich zum Grundrepertoire der Politik. "Eine Verstaatlichung der angeschlagenen Hypo Real Estate rückt näher: Der Bundestag hat dem Gesetz zur Enteignung der Bankaktionäre mehrheitlich zugestimmt. Die Opposition spricht von einem "Tag der Unfreiheit"." schreibt heute der Spiegel. "Jetzt darf die Regierung notfalls die Aktionäre enteignen, wenn freiwillige Lösungen scheitern. Das Parlament hat das entsprechende Gesetz mit der Stimmenmehrheit der Großen Koalition beschlossen. FDP und Linke stimmten mit Nein, die Grünen enthielten sich.".

Enteignung? Wieso das eigentlich. Ohne die, unfreiwillige und ungefragte, Hilfe des Steuerzahlers wären die Anteile der Aktionäre 0,00 Euro wert, statt der just heute noch lächerlichen 82 Cents. Allein die bereits gewährten Hilfen summieren sich auf eine Höhe, die jeden durchschnittlichen deutschen Familienvater um 5000 Euro erleichtert haben. Gegen diese Enteignung durch die Hintertür hat sich dieser aber weder gewehrt, noch ist ihm einer der Parlamentarier mit der Verbalkeule und dem Grundgesetz unter dem Arm zur Seite gesprungen.

Die Aktionäre werden also nicht enteignet, sondern sie bekommen für ihre völlig wertlosen Anteile nun demnächst noch einen ordentlich überhöhten Betrag, so etwa 2 bis 3 Euro pro Aktie, die auch der kleine Mann wieder berappen darf. Ungefragt versteht sich.

Allerdings werden die Aktionäre entmachtet. Das bedeutet, das etwa der Hauptaktionär Flowers mit seinen Anteilen nicht weiter auf Kosten der Allgemeinheit pokern kann. Er muss jetzt nehmen, was man ihm zuspricht. Das wird viel mehr sein, als ihm normalerweise zustände, aber weniger als er sich aus der Notlage des deutschen Staates heraus hätte ergaunern können.

Jeder weiß das, aber die politische Heuchelei kennt kein Erbarmen mit dem Wähler. Das Abstimmungsverhalten der Koalition ist unumgänglich. Dagegen reklamiert die FDP den "Tag der Unfreiheit" als würde die Republik nun zum Guantanamo für arme wehrlose Spekulanten.

Und so stimmt die FDP mit Nein, um sich als Hüter der freien Marktwirtschaft zu profilieren; die Linke stimmt erstaunlicherweise ebenfalls mit Nein, um nicht als Kommunisten diffamiert zu werden; und die Grünen, last but not least, enthalten sich der Stimme, da sie ja noch nicht wissen können, mit wem sie im Herbst zu koalieren geneigt sein werden.

Sprechen wir also lieber von einer "Honor Bound to defend Freedom", frei nach Bush, einer "Ehrenpflicht zur Verteidigung der Freiheit" des Bürgers vor ungezügelter Ausbeutung.

Donnerstag, 19. März 2009

Systemkrise zweiter Akt: Der Apokalyptische Reiter


Nun ist der Apokalyptische Reiter auch offiziell aus dem Stall gelassen: Die Notenpresse reitet durch die Lande. Heute berichtet der Spiegel: „Die Fed kündigte an, für 300 Milliarden Dollar langfristige Staatsanleihen des Finanzministeriums aufzukaufen, um "zu einer Verbesserung der Lage auf den privaten Kreditmärkten beizutragen".
Die Fed erklärte sich außerdem bereit, den Ankauf fauler Hypothekenkredite auf dem US-Finanzmarkt noch auszuweiten. Dafür sollten weitere 750 Milliarden Dollar bereitgestellt werden; damit wird die Fed inklusive früherer Käufe insgesamt etwa 1,25 Billionen Dollar für den Erwerb verbriefter Immobilienkredite aufbringen.“


Das nötige Geld wird diesmal einfach gedruckt. Denn die Nullzinspolitik lässt den USA keine andere Möglichkeit mehr. „Es sei weitgehend gesetzt gewesen, dass die Fed auch Staatsanleihen kaufen und die Notenpresse richtig anwerfen werde, sagte Dan Fuss von der Finanzberatung Loomis Sayles in Boston.“. Denn über den Rückkauf der Staatsanleihen, kann man erstens dem Finanzmarkt Geld in die Hand geben, und zweitens, sich selbst entschulden. Aus dem längst überstrapazierten BIP kann man das Geld dafür nicht entnehmen, also druckt man es einfach.

Aber nicht nur die USA machen das: „Vor der Fed hatte bereits die britische Notenbank mit dem Ankauf von Staatstiteln begonnen, um die heimische Wirtschaft mit Geld zu fluten. Die Bank von Japan kündigte am Mittwoch die Ausweitung ihres laufenden Ankaufprogramms für Bonds auf umgerechnet knapp 220 Milliarden Euro an.“

Der Euro ist noch nicht ganz auf dem Boden, doch ist die Notenpresse längst im Visier: „Bei der Europäischen Zentralbank (EZB) wird mittlerweile über den Kauf von Commercial Papers diskutiert. Im Gegensatz zu den anderen Notenbanken hat die EZB aber noch Spielraum beim Leitzins. Dieser steht seit Anfang März bei 1,5 Prozent“. Die Börsen haben diese Entwicklung schon reflektiert, so stieg der Euro von zuletzt 1,25 Dollar auf 1,35 Dollar Gegenwert, in wenigen Tagen also relativ zur US-Währung um 8%. Ebenso gegenüber Schweizer Franken um ca. 5,5 % und gegen das Britische Pfund um sogar 9% in letzter Zeit. Natürlich stiegen auch die Börsen in den letzten Tagen von ihren Tiefstständen wieder auf höhere Werte, denn besonders die Bankentitel schnellten nach oben. In Erwartung der Geldflut sollten deren Titel nämlich erneut Gewinne versprechen. Zumindest kurzfristig, denn langfristig sind alle Papieranlagen mit Misstrauen zu betrachten.

Das Anwerfen der Gelddruckmaschinen ist immer das letzte Mittel. Es ist eine der wenigen Möglichkeiten, sich der überbordenden Schulden, Verpflichtungen und den diesen gegenüberstehenden Vermögen zu entledigen. Denn kein westlicher Industriestaat kann heute noch ernsthaft an eine relevante Tilgung der Schulden denken. Das war vor 20 Jahren schon so, aber heute ist es ein Märchen aus Tausend-und-Einer-Nacht.

Man beschreitet nun den Weg, den alle Imperien am Ende ihrer Tage beschritten und mit dem Verlust ihrer Macht bezahlten. Die Ursache des Problems ist schon auf der Dollar-Note fest geschrieben. Da steht, etwas unauffällig vorne links oben, aber dem aufmerksamen Leser kaum zu entgehen: „This Note is legal Tender for all Debts, public and private“. Ergo, „diese Banknote ist gesetzliches Zahlungsmittel für alle öffentlichen und privaten Schulden.“. Nun ist Geld aber nicht durch Schulden, sondern durch Bruttoinlandsprodukt (BIP) zu decken!

Schulden sind aber immer auf der anderen Seite Vermögen und umgekehrt. Und Vermögen laufen auf Grund der Zinseszinsentwicklung grundsätzlich dem BIP irgendwann davon, früher oder später. Die unter Ronald Reagan seit 1981 privatisierte und aus staatlicher Kontrolle entlassene Finanzwirtschaft hat diese grundsätzliche Entwicklung jedoch dramatisch beschleunigt, Gier ersetzte fortan die Vernunft. Jetzt kommt es zum unvermeidbaren Payday, es ist der Zahltag angesagt. Die Schulden/Vermögen drängen nach dem ihnen angeblich zustehenden Anteil am BIP des Durchschnittbürgers. Da diese in den USA das BIP aber um mehr als das fünffache, in der BRD nur etwa das dreieinhalbfache, übertreffen, kann das nicht mehr gut gehen. Der tatsächliche Gegenwert der Vermögen muss also auf einen Bruchteil verringert werden, am einfachsten geht dies durch massive Inflation. Deren wahrscheinliche Folgen sind aber nicht ohne.

Merken Sie sich also das heutige Datum: Der Anfang vom Ende der Nachkriegswelt ist eingeläutet. Die Generationen unserer Kinder und Enkel werden eine andere Welt vorfinden, mit veränderten Grenzen und Machtverhältnissen. Hoffentlich auch mit geänderten Einsichten: Auf der Neudollar-Note sollte stehen: „This Note is legal Tender for all real GDP, public and private“. Real GDP, das ist real gross domestic product. Reales Bruttoinlandsprodukt, daran muss sich zukünftige staatlich kontrollierte Geldpolitik orientieren, es dürfen keine Schulden/Vermögen ohne grundsätzliche Deckung mehr ausgegeben werden. Man muss sich etwas einfallen lassen, um die Zinseszinsspirale in Zukunft zu verhindern, oder wenigstens massiv zu deckeln. Hoffentlich lernen wir das aus der Krise.

Mittwoch, 11. März 2009

Sodom und Gomorrha: Nach Uns die Sintflut


Trotz fast einer Milliarde Euro Verlust in 2008 genehmigen sich die verantwortlichen Postmanager einen satten Bonus von rund 12 Millionen Euro, allein für den Chef ein kleines Trostpflaster von 2,4 Millionen neben seinem spärlichen Grundgehalt von fast einer Million.

"Und wofür? Als Belohnung für den Rekordverlust? Nein, als „Bleibeprämie“. Also dafür, dass sie weiterhin das taten, wofür sie ihr festes Gehalt bekamen: ihren Job. Diese Arbeitsmoral erschien den spendablen Geldgebern - dem Aufsichtsrat - so sensationell, dass man sie einfach belohnen musste." schreibt der Focus in seinem Artikel "Der dreiste Postbank-Raub".

Auch die HRE, die Zombiebank ihres Boni-klagefreudigen Exmanagers Funke, schreibt weiter lustig rote Zahlen. "Hypo Real Estate braucht dringend zehn Milliarden Euro: ...Dieser Verlust müsse bis zur Aufsichtsratssitzung am 24. April ausgeglichen werden, um eine Insolvenz zu vermeiden." bemerkt der Spiegel. Nicht erwähnenswert ist, dass es sich dabei natürlich nur um einen weiteren Steuerzahlerzuschuss handelt, dem im Monatstakt weitere folgen müssen.

Kaum Zweifel gibt es daran, dass dies stattfinden wird. "Wer unverschuldet in Not gerät, dem wird geholfen." wird Kanzlerin Merkel zitiert, die nun die schwerste Krise seit 1945 sieht. Außer Frage natürlich, das die HRE "unverschuldet", Opel dagegen ehr "verschuldet" in die Krise geschlittert ist. Klar auch, dass die HRE eine systemisch wichtige Klientel sei, und ihr unvermeidbarer Zusammenbruch dazu führen würde, das alles noch viel, viel, viel schlimmer für den Michel kommen würde.

Damit der Bürger bei der ganzen Verbalakrobatik zwischen Bleibeprämie, Kapitalerhöhungen, unschuldigen Posträubern und schuldigen Opelanern nicht zu sehr verwirrt wird, sorgen sich derweil die Ministerpräsidenten Koch und Rüttgers um eine angemessene Besetzung unserer Medien mit wohlsprechenden Chefredakteuren. Ganz selbstlos versteht sich, schließlich ist die Krise reine Psychologie, und da kann man was dran tun.

Nun, wie stellt sich diese Situation für den Bürger dar? Da kommen also ziemlich reiche und mächtige Leute auf Sie zu und sagen "Gib mir ordentlich Geld, mir geht's nicht so gut". Sie fragen natürlich, "Warum sollte ich das tun? Mir gehts schließlich noch viel schlechter als Euch!".
Die Antwort ist derweil so simpel wie überzeugend: "Weil wir dann dafür sorgen werden, dass es Dir noch viel schlechter gehen wird!".
Da Sie dass nicht hinnehmen wollen, laufen Sie zu den örtlichen Behörden und beschweren sich. Da sagt man ihnen jedoch nur: "Dann gib denen gefälligst das Geld, sonst wird es Dir bald wirklich schlimm ergehen.".
Da Sie das aber wiederum nicht so hilfreich finden, laufen Sie gleich weiter zum örtlichen Lokalsender, um die Sache publik zu machen. Der Chefredakteur aber erklärt Ihnen: "Tut mir leid, aber Die sägen gerade dermaßen an meinem Stuhl, ich kann den Krempel nicht bringen. Tschüss, und viel Glück, wird schon wieder!".
Wenn Ihnen jetzt noch beim Rausgehen ein Redakteur steckt, dass gerade der Bürgermeister aus den Wahlkampfspenden genau dieser mächtigen Leute, die Ihr Geld haben wollen, seinen Wahlkampf finanziert, dann geht Ihnen langsam ein kleines Licht auf.

Was sie sagen, diese Story kennen Sie schon? Wie, aus einem Städtchen in Sizilien? Ja was, wie nennt man denn so was dort?

Ach. (Zitat: Loriot)

Freitag, 6. März 2009

Flaschenpfand: Funke will Millionen


Die HRE steht kurz vor dem Kollaps. Bis zu 1000 Mrd. Euro Schulden drohen dem Steuerzahler angelastet zu werden. Der Spitzenmanager Georg Funke wurde bereits Ende 2008 deswegen fristlos gefeuert.

Nun will er seinen ehemaligen Arbeitgeber auf Weiterzahlung seiner Ansprüche verklagen, da sein Vertrag ja eigentlich bis 2013 bestanden hätte. Das wären also einmal das bescheidene Gehalt von 150.000 euro pro Monat und danach Pensionszahlungen von nur noch 560.000 Euro/Jahr, so dass sich das in weiteren 15 Jahren auf 8,4 Millionen Euro addiert. Nun ja, wenn er sich ein wenig einschränkt, wird er davon gerade noch leben können. Aber er ist ja noch jung, da wirds schon noch was mehr werden.

"Funke galt vielen als maßgeblich verantwortlich für die Krise der Bank. Zuletzt hatte der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff ein härteres Vorgehen der Justiz gegen das ehemalige Management der HRE gefordert. "Eine pflichtwidrige Vernichtung von Kapital ist eine Straftat", hatte Wulff gesagt." zitiert das Manager-Magazin.

Funkes Anwalt sieht das selbstverständlich anders: "..."Wir wehren uns gegen eine Vorverurteilung", sagte der Anwalt des Managers, Wolfgang Kreuzer, der "Süddeutschen Zeitung". Es sei nicht in Ordnung, seinen Mandanten zum Sündenbock zu machen.". Warum auch, wie so sollte ausgerechnet der Chef eines Unternehmens denn verantwortlich für das Schiksal des Betriebes sein? Nur weil man ihm 150.000 Euro pro Monat plus Boni dafür bezahlt hat? Nicht nachvollziehbar, versteht sich.

Das die durchschnittlichen Steuerzahler bis zum Sankt Nimmerleinstag sein Fiasko abzahlen sollen, steht demnach nicht zur Debatte: "Dabei steht der Immobilienfinanzierer am Rande des Zusammenbruchs. Nur Finanzhilfen von Steuerzahlern und Banken in Höhe von rund 102 Milliarden Euro haben die HRE bisher vor der Pleite bewahrt." Zu denen die da zahlen sollen gehört auch Emmely, der man wegen 1 Euro 30 cent Flaschenpfand fristlos den Stuhl vor die Türe setzte.

Übrigens, was bedeuten die bereits geflossenen 102 Mrd.Euro? Es sind schlappe 1230 Euro pro Bundesbürger, oder auch rund 5000 Euro pro abhängig Vollzeitbeschäftigten. Und das sind nur die Schulden, die technisch nicht mehr abzahlbar sind und daher noch viel höhere Zins- und Zinseszinszahlungen nach sich ziehen. An die 1000 Mrd wollen wir jetzt lieber mal nicht denken.

Ich bin aber mal gespannt, wie das Gericht in diesem Falle urteilt. Gilt hier vielleicht der gleiche Grundsatz „Das Gericht wies ausdrücklich darauf hin, dass der Vertrauensverlust durch die Einlösung der Pfandbons der maßgebliche Kündigungsgrund sei, nicht aber der Wert der Sache in Höhe von 1,30 Euro. Die sonst in Strafverfahren gültige Unschuldsvermutung greife hier nicht.“ wie bei Emmely auch für den Herrn Funke? Oder sehen wir wieder die shakespeareske Komödie "Was ihr wollt" mit einem völlig unschuldsvermuteten Spitzenbanker?

Eins jedenfalls ist jetzt schon sicher: Das Flaschenpfand dürfen wir uns alle teilen.

Dienstag, 3. März 2009

Futurologie III: Die Vergangenheit ist die Richtung der wahrscheinlichsten Vorhersage.


Zeit ist eine schwer fassbare Größe, insbesondere die grundsätzliche Richtung des Zeitpfeils in die Zukunft. Aus Sicht der statistischen Physik kann man sagen: Vergangenheit ist die Richtung der wahrscheinlichsten Vorhersage.

Entsprechend schwammig bleibt daher häufig die Vorhersage der Zukunft. Nichts desto trotz ist auch in diese Richtung vieles erkennbar. Auch an Futurologen mangelt es nicht, allein die Konsistenz der Aussagen lässt zu wünschen übrig.

So haben wir auf der einen Seite die Schönredner und Abwiegler, auf der anderen Seite die Dr. Dooms und Endzeitprediger, dazwischen alle denkbaren Abstufungen. Nun, was soll der Bürger glauben, der sich nicht im Wirrwahr der Finanzlogik und unnötigen Fachchinesisch auskennt. Insbesondere Letzteres dient ja auch dem Dummschwätzen gleichermaßen von Anlegern, Politikern und Wahlvolk. Allein der Blick auf die Randbedingungen der Wirtschaftsordnung schafft die Freiheit, sich nicht durch verwirrende Details auf Nebenkriegsschauplätzen verheizen zu lassen (dazu kurz am Ende des Artikels).

Fangen wir mit den Schönrednern an: So etwa Allianz-Chefvolkswirt Heise heute im Focus. „...ich erwarte, dass schon in den kommenden Monaten eine Stabilisierung einsetzt...“ der wie so viele die immer wieder verschobene Talsohle grüßen sieht. „...Die Kreditparty ist eindeutig vorbei. Es folgt eine Phase der Konsolidierung. Eine weltwirtschaftliche Stagnation oder globale Depression steht uns aber nicht bevor. Dafür sprechen die zwei Billionen Dollar schweren Rettungspakete, die geldpolitische Lockerung der Zentralbanken und die gesunkenen Öl- und Energiepreise....“ zitiert ihn der Focus. Wer die Billionen stemmen soll, darüber verliert er aber kein unnötiges Wort. „..Jetzt gilt es, die Übertreibungen zu korrigieren, Verschuldung abzubauen und Überkapazitäten zu beseitigen... Dass wir einige große Belastungsfaktoren für das Wirtschaftswachstum haben, und darunter vor allem den Abbau der immens gestiegenen Staatsschulden. Dieses Abtragen der Schulden wird das Wachstum auf Jahre hinweg belasten.....“, als wenn das so einfach möglich wäre. Schließlich hat es selbst in den besten Zeiten der BRD nie einen signifikanten Abbau der Staatsschulden gegeben, sondern immer nur einen Zuwachs.

Finanzminister Peer Steinbrück hatte bei Beckmann immerhin ein Herz für Zahlen:: „..Es gibt keine objektive Grenze..“ war ihm auf die Frage, wo denn die Grenze staatlicher Unterstützungsleistungen liegen, zu entlocken. „..Er warnt vor Übertreibungen und "journalistischen Kopfgeburten", immer wieder. Und er hat Glück: Bei seinem verzweifelten Beschwören der Normalität eilt ihm als zweiter Gast bald Commerzbank-Chef Martin Blessing zu Hilfe;....Doch man muss nur genau genug hinhören, um zu merken, dass die einzige Normalität der beiden Finanzkrisen-Kämpfer die Beständigkeit des Ausnahmezustands geworden ist. ..“ schreibt der Spiegel. Die beiden vertreten hier die Gilde der zur Zeit um Ruder ackernden Krisenmanager. Deren Patentrezept ist das Auflegen immer dickerer Rettungs- und Belebungspakete zum Wohle der Wirtschaft und auf Rechnung des Steuerzahlers.

Stefan Homburg, Professor für Finanzwissenschaft in Hannover, ist dagegen ehr in der Mitte der Diskussion anzusiedeln: „..gilt als Querkopf in der Ökonomenzunft. Im Interview mit FOCUS Online redet er Klartext: Warum es keine Krise gibt – und der Chef der Commerzbank entlassen werden muss...“ schreibt der Focus in seinem Artikel „Die Bundesregierung laviert dilettantisch.“. Was Homburg auszeichnet ist, das er einen besseren Durchblick und günstigere Rezepte vorzuweisen hat: „..Der Fall Hypo Real Estate kennzeichnet den Drang der Politiker, kurzatmig Probleme zu vermeiden, koste es im Hinblick auf die Zukunft, was es wolle. Die fatalen Fehlanreize solcher Staatshilfen werden nicht bedacht. Die Enteignungspläne unterstreichen, wie dilettantisch die Bundesregierung laviert.... Besser wäre es gewesen, man hätte die HRE im Herbst in die Insolvenz gehen lassen. Dann müsste man sich heute nicht von den Altaktionären erpressen lassen. Notfalls hätte der Bund die Bank vom Insolvenzverwalter erwerben können....“.

So verschärft dieses Vorgehen die Situation weiter „...Die Rettung der Hypo Real Estate war von Anfang an eine konzeptionelle Fehlentscheidung. Sie hat zur Folge, dass Banken künftig noch höhere Risiken eingehen werden als bisher – denn im schlimmsten Fall hilft ja Vater Staat...“. Wie recht er hat, und fügt hinzu: „...Natürlich wären die Folgen einer HRE-Pleite für manche schmerzhaft gewesen – aber es gehört nicht zu den Aufgaben des Steuerzahlers, Abschreibungen privater Unternehmen zu übernehmen...“.

Für Steinbrücks Adjutanten bei Beckmann hat er klare Worte übrig: “... Auf dem Höhepunkt der Finanzmarktturbulenzen kam Chef Martin Blessing auf die aparte Idee, auch noch die Dresdner Bank zu kaufen. Dafür darf jetzt der Steuerzahler einspringen – und nicht, um eine Pleite abzuwenden. Es ist eine absolute Verrohung der Sitten, dass Herr Blessing noch immer im Sattel sitzt und sich als Starbanker feiern lässt...“, was wiederum eine unzweideutige Qualifizierung für die Beratertruppe der Bundesregierung darstellt.

Auch das es nicht Mangel an Geld, sondern Mangel an Renditen war, hat er richtig gesehen: „...Es gab nie eine allgemeine Kreditverknappung, eine Untersuchung der Bundesbank belegt das. Die vorgebliche Kreditklemme wurde von den Banken erfunden, die begründen mussten, warum sie Geld vom Staat wollen...“. Letztlich ist für ihn eindeutig, auch wenn er mit seiner Meinung wohl nicht alleine steht, die Ursache dieser selbstmörderischen Geldverschenkung ausgemacht: “... Banken gehören zu den größten Parteispendern in Deutschland, ihrer Macht kann eine Bundesregierung nichts entgegensetzen. Realpolitisch ist es besser, so traurig das klingen mag, sich gegen das Gemeinwohl und für Banker und Boni zu entscheiden. Anschließend ist diese Entscheidung durch eine gepfefferte politische Anti-Bonus-Rhetorik zu verschleiern. Union und SPD schimpfen über Boni, die sie zuvor durch Steuergelder erst ermöglicht haben.“.

Ein Glück, dass diese Weisheit aus berufener Ecke kommt. Ich wünsche Herrn Homburg alles Gute gegen die Brandung der Kollegenschelte. Zuletzt findet er aber zum Ökonomen-Mainstream zurück: „...Das Wort Krise werden Sie von mir nicht hören. Wir beobachten eine Konjunkturdelle, und es ist nicht ausgemacht, ob diese schlimmer wird als vergleichbare Abschwünge der jüngeren Vergangenheit.“ Hier verdampfen also auch irgendwo die Staatsschulden.

Der Vermögensverwalter Jan Ehrhardt ist da weniger optimistisch: “Er sagt: Die Krise dauert noch Jahre.“ meint der Focus. Mit „..Eine Erholung ist nicht in Sicht. Es wird Jahre dauern, bis die globale Wirtschaft wieder auf die Beine kommt, mindestens bis 2011. Der US-Immobilienmarkt – dort hat die Finanzkrise ihren Ursprung – ist schon längst kein Thema mehr. Die Welt leidet darunter, dass Banken sich entschulden müssen und weniger Kredite vergeben. Zugleich bemühen sich im Abschwung die Unternehmer, ihre Lager leer zu räumen. Sie investieren kaum...“ umschreibt er die momentane Situation ganz treffend. Insbesondere die Überkapazitäten und vollen Lager führen ja zur Zeit, trotz Schwindel erregender Geldproduktion, zum Erstaunen mancher zu einem deflationären Trend: Kaum ein Tag wo nicht ein Flyer mit neuen Sonderangeboten ins Haus flattert.

Wie man sein Geld beisamen hält, verrät er auch. „...Der Aktienanteil in den Depots sinkt. Dafür kaufen wir verstärkt kurzlaufende Anleihen, etwa von der Bundesrepublik oder von soliden Unternehmen wie E.on und RWE. Die laufen nicht Gefahr, pleitezugehen. Daneben greifen wir immer mehr zu Gold, in vielen Depots liegt der Anteil bei mehr als fünf Prozent...“. Denn, so weiter: „...Der Goldpreis steigt nicht von ungefähr – für Investoren bleiben bei der schwachen Börse immer weniger Alternativen. Langlaufende Anleihen etwa, sonst sehr beliebt, kommen kaum infrage: Zum einen dürfte in zwei, drei Jahren die Inflation deutlich zunehmen – zum anderen droht im Extremfall sogar Staaten der Eurozone der Bankrott....“.

Zu der Frage der Zukunft des Euros meint er: “... Fragezeichen sind angebracht. ... Die Wettbewerbsfähigkeit der einzelnen Länder ist zu unterschiedlich. Es ist auf Dauer nicht vertretbar, dass die starken Länder für die schwachen Länder einspringen, die in guten Zeiten ihren Wohlstand auf Pump finanzieren. Auch Deutschland könnte schon bald vor einer Zerreißprobe stehen. ...Deutschland ist das wirtschaftlich stärkste Land der Eurozone. Es ist fraglich, ob sich politisch auf Dauer durchsetzen lässt, dass Deutschland für schwache Länder einspringen muss.“.

Derweil kämpft Obama in den USA, wo es noch dicker kommen könnte, mit den realen Problemen eines Messias: "Obama wird viel mehr Geld brauchen" titelt das Manager-Magazin. „...Sein rund 800 Milliarden Dollar schweres Konjunkturpaket wird ihn aber nicht weit bringen, befürchten Finanzexperten. Sollte er nicht nachlegen, könnten bis 2010 weitere acht Millionen US-Bürger ihren Job verlieren....“. So ist auch klar, das noch viel mehr ungedecktes Geld in den Ring geworfen wird: „...Die US-Regierung, die bereits jetzt mit Unsummen gegensteuert, dürfte den Einsatz noch erhöhen. Ein Staatsdefizit von einer Billion Dollar "dürfte in den nächsten Jahren die Norm werden", meint Peter Anderson, Chief Investment Officer bei RCM, dem Aktienportfoliomanager von Allianz Global Investors.... Zu dem ersten Konjunkturpaket kämen Kapitalspritzen für Finanzinstitute, Autohersteller sowie weit reichende Staatsgarantien hinzu. Die Belastungen für den Steuerzahler seien kaum abzuschätzen....“.

Langsam sieht man ein, dass man Geld mit BIP verwechselt hat: „...Die kreative Geldvermehrung durch "Mortgage Equity Withdrawal" - also der Aufnahme neuer Kredite auf die scheinbar unendlich steigenden Häuserwerte - war seit 2001 für einen Großteil des Wachstums des US-BIP verantwortlich....“. Aber nicht Geld ist BIP, sondern BIP ist Geld, ein gewaltiger Unterschied, der weitgehend verkannt wird. Alle Erleichterungen zur Konjunkturbelebung werden letztlich nur in dem explodierenden Schuldendienst landen: „...In dieser schwierigen Situation werden auch die angekündigten Steuererleichterung keine nennenswerten Auswirkungen auf den Konsum haben - die Mehrzahl der Bürger dürfte Steuerschecks dazu nutzen, ihre Schulden zu bedienen...". Ergo, der endlose Transfer von Unten nach Oben eskaliert.

Nun, was können wir für 2009 erwarten? Zunächst mal wird man versuchen, mit viel Geld auf Rechnung des Wählers die Wirtschaft so weit zu beatmen, dass man über den Wahltermin im September kommt. Die Rechnung soll erst 2010 präsentiert werden. So was kann aber schief gehen, wie wir an Dubbelju Bush gesehen haben. Dem Finanzgenie platzte die Krise mitten in die Endphase des Wahlkampfs, so dass sein republikanischer Kandidat McCain keine Schnitte mehr bekam. Wenn sich die Dinge schnell zuspitzen sollten, kann das auch unseren Volksparteien blühen.

Ob vor oder nach der Wahl, die Rechnung wird saftig: Mit den jetzt schon in Neuverschuldung und Sondervermögen angehäuften Verbindlichkeiten, bei gleichzeitig deftig sinkenden BIP und Steuereinnahmen plus steigender Kosten für Sozialtransfers (Arbeitslosigkeit), wird die tatsächliche Staatsverschuldung zum Jahresende die 100% Marke knacken.

Auch ohne große Finanzmathematik kann ein jeder sich vorstellen was das bedeutet: Bei den auch in guten Zeiten langfristig nur noch möglichen Steigerungsraten des BIP von höchstens 2%, aber Kreditzinsen bzw. Renditen von Finanzprodukten von wenigstens 5%, übersteigt dann der öffentliche Schuldendienst alleine bereits jeden möglichen Wohlstandszuwachs deutlich. Der Staat muss diesen daher von Unten nach Oben abtransportieren, er kann gar nicht mehr anders. Der Durchschnittsbürger kann sich daher in Zukunft soviel abstrampeln wie er will, er wird die Ernte nicht mehr einfahren können.

Und irgendwann will er dann auch nicht mehr. Was das bedeutet, behandeln wir später.

Montag, 2. März 2009

Heute auf dem Spielplan: Christian Wulff gibt den Zorro


So zitiert heute der Spiegel: Christian Wulff verlangt, dass die Justiz gegen Vorstände und Aufsichtsräte von Krisenbanken vorgeht. Auch deren Privatvermögen soll zum Schadensersatz herangezogen werden....Eine pflichtwidrige Vernichtung von Kapital ist eine Straftat..... Er erwarte von den Strafverfolgungsbehörden, dass die verantwortlichen Vorstände und Aufsichtsräte etwa der Hypo Real Estate und der Depfa jetzt vernommen würden. Die Justiz müsse auch dafür sorgen, dass privates Vermögen von Bankvorständen gesichert werde, um eine spätere Durchsetzung möglicher Schadensersatzansprüche zu erleichtern,...Dazu sei es sinnvoll, gegen die Verdächtigen Reisebeschränkungen und Meldepflichten zu verhängen. .....Bei kurzfristigen Liquiditätsbeschaffungen für langfristige Verpflichtungen seien Vermögensschäden gigantischen Ausmaßes bewusst in Kauf genommen wurden. "Solches Zockertum ist kein bloßes ökonomisches Versagen, sondern wirft die Frage nach Verantwortung und Haftung auf". Respekt, Herr Ministerpräsident. Immerhin sind Sie Rechtsanwalt mit Wirtschafts-Schwerpunkt und einer der wenigen, denen aufgefallen ist, das man statt öffentlicher Boni-Finanzierung auch andere Saiten aufziehen könnte.

Der frühere Bürgermeister von Europas Bankenhauptstadt London, Ken Livingstone, hat da schon etwas härtere Vorschläge zu bieten:
"Honestly, we should shoot one banker a week until the others improve." Jede Woche einen Banker erschießen, bis die anderen sich besinnen, zitiert ihn der Spiegel.


Nun ja, wer sind die Schuldigen an dem sich anbahnenden Debakel der westlichen Industrienationen? Banker, Politiker, Ökonomen, Journalisten, Bürger? Alle sind darin verstrickt. Teils aus Gier, teils aus Inkompetenz, teils aus Naivität.

Nun, die Sache wird tatsächlich erst rund, wenn man den engen Zusammenhang zwischen Finanz- und Realwirtschaft betrachtet. Der Zusammenhang ist nämlich viel enger, als man denkt. Insbesondere liegt das daran, dass in den Standardlehren der Volkswirtschaft diese als quasi offenes System betrachtet wird. Da ist Kapital, ergo Vermögen, immer etwas positives. Denn Kredite schmieren die Wirtschaft, und wenn zuviel Kapital da ist, dann ist ja keiner gezwungen einen Kredit aufzunehmen. Das Kapital zieht dann halt woanders hin, wo vielleicht noch ein Kredit nachgefragt wird.

In einem offenen System kann man das so betrachten, und auch in geschlossenen Systemen, solange diese noch nicht sehr weit entwickelt sind. Wächst ein System aber in die Nähe seiner Grenzen, dann werden Randeffekte immer deutlicher, und am Ende überwiegen diese Randeffekte bei weitem.

Und das ist längst der Fall. Es gibt nämlich nicht viele große Wirtschaftsräume, das sind USA, Europa, Japan und neuerdings kommt auch China hoch. Das war’s aber schon, den Rest kann man knicken. Vor allen die Klassiker USA, EU und Japan schwimmen inzwischen dermaßen im Geld, dass dieses Kapital überhaupt nicht mehr weg kann. Von wegen scheues Reh, es gibt gar keinen Wald mehr den man noch abgrasen könnte! Und deswegen richtet sich der Zinsforderungsdruck des Kapitals nur noch gegen das eigene BIP. Renditen werden mit aller Gewalt eingetrieben. Bei der Staatsverschuldung ist es der Staat selbst, der es den Bürgern abknöpft, bei den privaten Forderungen aus Bankenaktiva sind es die Finanzjongleure die keinen noch so schäbigen Trick auslassen, um ihre Zinsforderungen aus dem BIP herauszuziehen.

Und so taumelt ein westliches Land nach dem Anderen in den Strudel des drohenden Staatsbankrotts. Denn die ökonomischen Rezepte mit denen man arbeitet taugen gut für eine sich entwickelnde Ökonomie, für eine Ökonomie im Endstadium sind sie aber nur noch kontraproduktiv. Als Ursache der Krise glaubt man die Kreditklemme ausgemacht zu haben. Folglich pumpt man Wahnsinnssummen in die Stützung des Bankenwesens und pumpt die Geldmengen weiter auf, bei gleichzeitig sinkendem BIP. Das führt nur zur Ummünzung von wackeligen privaten in vermeintlich sichere öffentliche Schulden.

Damit wird die Ursache nur verstärkt. Die Kreditklemme resultiert prinzipiell nämlich nicht aus fehlendem Geld, sondern aus der Tatsache, dass die Finanzwirtschaft es nicht mehr schafft die nötigen Renditen aus dem BIP zu quetschen, ja sogar mit dem Verlust des eingesetzten Kapitals rechnen muss. Was Ökonomen wenig berücksichtigen, ist die Gier. Kapitalbesitzer handeln nicht vernünftig oder gar altruistisch, nein, sie haben natürlich nur eines im Sinn, nämlich das eingesetzte Kapital zu vermehren. Wie, ist dabei nebensächlich, Hauptsache es ist viel. Ob das dann noch durch BIP gedeckt ist, und wer die Zeche zahlt, will man lieber gar nicht erst wissen.

Im Artikel "Minister Cool verzweifelt an der Krise" sieht man an den Briten, wie der Hase läuft: "...Der Haushalt weist 700 Milliarden Pfund Schulden aus, das sind 48 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Kein schlechter Wert im internationalen Vergleich. Aber nach der Teilverstaatlichung von RBS und Lloyds werden deren Schulden nun als Staatsschulden ausgewiesen - und der Berg ist plötzlich dreimal so hoch: Auf 2,2 Billionen Pfund schätzt ihn die nationale Statistikbehörde. ..."

D.h. man landet nach nur wenigen Monaten auf 150% Staatsverschuldung, Ende offen, dass riecht streng nach Kollaps. Aber bei uns sieht es bald auch nicht besser aus, allein wir verstecken unsere Schulden noch in so genannte Sondervermögen, wie bei der Soffin (500 Mrd.). Dann fällt es nicht so auf. Auch wir nähern uns mit großen Schritten den 150%, spätestens wenn tatsächlich die HRE übernommen wird (bis zu 1000 Mrd. "Sondervermögen"), dann bricht uns das auch den Hals.

So sind es längst große Länder, die im Straucheln begriffen sind: Griechenland ist technisch pleite, Großbritannien, Spanien, Portugal, Irland und natürlich die Ostländer wackeln. Aber auch Russland, China, und last but not least, die USA sind in übelsten Schwierigkeiten:„50 Millionen Jobs könnten dieses Jahr verloren gehen, französische wie britische Gewerkschaften rufen zu Streiks auf. In Russland schickt Premier Putin Polizisten auf die Straße, Peking will sich mit Geschenken an die Ärmsten Ruhe erkaufen. Der Druck der Bürger wächst.“ zitiert der Spiegel.

Am Wochenende hatten die Ostländer schonmal 160 Mrd. Euro gefordert, und wurden erstmal abschlägig bestimmt. Aber das war nur ein verhaltener Notruf. Der nächste Call beläuft sich vermutlich auf ein Vielfaches und wird energischer sein.


Bei den sich unvermeidlich anbahnenden öffentlichen Schuldenständen verkommt der Staat zunehmend zum Grüß-Gott-August. Er kann seinen Aufgaben nicht mehr nachkommen, er muss dem Bürger alle Leistungen entziehen und gleichzeitig die Steuer- und Abgabenquote drastisch erhöhen. Diese Drangsalierung führt dann zu vermehrter Schattenwirtschaft, Schwarzarbeit, Kriminalität, dass wieder zu verringerten Einahmen und so kollabiert dann endlich das System in Revolution oder Krieg. Denn eines muss klar sein: Die Demokratie war immer ein unschlagbares Exportmodell, weil sie wie kein anderes Herrschaftssystem breiten allgemeinen Wohlstand garantieren konnte. Ist dieses Glücksversprechen erst einmal nachhaltig zerstört, so ist anderen Herrschaftsformen Tür und Tor geöffnet.

So war es schon immer, die Hoffnung, dass es diesmal anders kommt, scheint gering. Der gordische Knoten der privaten und öffentlichen Verschuldungen ist nur noch mit einem gewagten Hieb zu lösen. Entflechten lässt sich die weltweite Schuldenfalle nicht mehr.