Sonntag, 26. Februar 2012

Never catch a falling knife.......Eurorettung, die Siebte.


Am Montag ist wieder Stimmtag. Der Ausgang der Investorenfütterung ist wie immer schon vorher bekannt: Die 620-Köpfige Herde stimmt mit deutlicher Mehrheit dafür.

So schreibt die Wirtschaftswoche: „....Eurorettung zum Ersten, zum Zweiten und zum - mittlerweile siebten Mal: Am Montag stimmen die Abgeordneten über das Rettungspaket für Griechenland ab. Die Nein-Sager mehren sich…. Nach einer anschließenden Aussprache stimmen die Abgeordneten gegen 17 Uhr namentlich darüber ab, ob Griechenland über den Rettungsschirm EFSF hinaus weitere Hilfskredite bekommen soll. Es geht um neue Darlehen bis zu 130 Milliarden Euro. Hinzu kommen 24,4 Milliarden Euro, die aus dem ersten Hilfsprogramm für Griechenland vom Mai 2010 nicht ausgeschöpft wurden. Sie sollen künftig ebenfalls durch den EFSF-Fonds ausgegeben werden - statt wie bisher über Darlehen der einzelnen Euro-Länder. …“

Na, das ganze hat ein Ziel, zumindest vorgeblich: “...Ziel ist es, dass Griechenland mit den Nothilfen und einem scharfen Reform- und Sparprogramm seinen Schuldenstand bis 2020 auf 120,5 Prozent der Wirtschaftsleistung drückt - von derzeit über 160 Prozent. Im Antrag heißt es zudem: „Die Notmaßnahmen dienen insgesamt der Sicherung der Stabilität in der Eurozone.“...“. Nun hatten wir das schon sechs mal, geholfen hat es nicht. Am Anfang lag übrigens Griechenlands Staatschuldenquote bei 120%, schon vergessen? Nach Sechs Paketen liegt sie nun bei 170%. Tolle Leistung. Und die Schafe wundern sich. Wie konnte das nur passieren? Ganz einfach, wenn man in ein Pleite Land noch mehr Geld, und damit Schulden, pumpt, kann man nicht erwarten dass der Schuldenstand dann zurück geht. Und nun soll bis 2020 der Schuldenstand wieder auf 120% zurückgehen. Womit wir also wieder am Anfang wären. Weitere acht Jahre, jährlich zwei Pakete, um dann wieder da zu stehen wo wir angefangen hatten? Und dann, oh Wunder, soll sich das auch ab dann noch selbst tragen können? Da muss die Herde wohl unter BSE im Endstadium leiden.

Denn nach dem jetzt angekündigten „freiwilligen“ Schuldenschnitt wird natürlich die Schuldenlast wieder kontinuierlich ansteigen, bis zum nächsten Schnitt. Das folgt schon aus dem Grundgesetzt des FIAT-Geldes, Geld bzw. Vermögen auf der einen und Schulden auf der anderen Seite, sind immer die zwei Seiten der Medaille. Nein, Griechenland kann sich nur entschulden, indem es alle Geldbestände auf neue Drachmen ummünzt umd dann kräftig abwertet. Aber diese einfache Möglichkleit, die auf Kosten der internationalen Investoren gegangen wäre, wird nach der morgigen Zustimmung nicht mehr so einfach möglich sein: Denn die neuen Papiere mit langer Laufzeit, mit denen die Investoren nun beglückt werden, für diese soll ausdrücklich Britisches Recht und nicht Griechisches Recht gelten: „...Insgesamt sollen private Gläubiger auf 53,5 Prozent ihrer Forderungen gegenüber Athen verzichten. Für die restlichen 46,5 Prozent erhalten sie neue Wertpapiere. In Form einer 30-jährigen griechischen Anleihe mit EFSF-Absicherung fließen 31,5 Prozent, in Form von EFSF-Papieren mit ein oder zweijähriger Laufzeit weitere 15 Prozent. Zusätzlich gibt es zu der griechischen Anleihe ein Wertpapier, das vom Wirtschaftswachstum Griechenlands abhängt. Für die neuen Anleihen wird englisches Recht gelten.

Im Klartext: Diese neuen Tauschschulden lassen sich auch durch eine Neu-Drachme nicht mehr abwerten. Im Gegenteil, mit jeder Abwertungsrunde steigt der am griechischen BIP gemessene Anteil der Staatsschulden durch diese Altpapiere dann gleichermaßen. Auch hier haben sich die Parlamentarier, hüben wie drüben, wieder ins Bockshorn jagen lassen.

Aber nicht alle wollen zustimmen, denn “...Mehrere Abgeordnete haben angekündigt, das Rettungspaket für Griechenland am Montag abzulehnen. Zuletzt hatte Innenminister Hans-Peter Friedrich als erstes Regierungsmitglied für einen Austritt Griechenlands aus der Euro-Zone plädiert und damit für Aufsehen gesorgt....“. Natürlich hat der Mann Recht, und so schreibt die Rheinische Post: “...Eine Pleite Griechenlands noch in diesem Jahr dürfte die deutschen Steuerzahler nach Schätzungen von Finanzexperten mit mindestens 50 Milliarden Euro belasten. Weil dies so ist, kommt es billiger, die jetzige Rettung erst einmal zu finanzieren....“. 50 Mrd. ist eigentlich im jetzigen Umfeld ein Butterbrot, aber dennoch wenig schmackhaft, wenn man in 2013 wieder gewählt werden möchte.

Bei der letzten Zustimmungspflichtrunde sagte Frank Schäffler noch „..da ist noch nicht die Tinte drunter trocken, da reden wir schon über das nächste Rettungspaket.“ Diesmal ist noch nichtmal die Tinte drauf: „..Für Diskussionen sorgte auch Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU), der ein drittes Hilfspaket für Athen nicht ausschließen wollte....“. Also schiebt man den Karren vor sich her und packt immer mehr darauf. Die Zeche dafür hofft man so über den Termin zu schieben, und wenn's schief geht, dann werden die schusseligen Sozialdemokraten schon dass Ruder übernehmen: „Never catch a falling knife...“, sagt da der Amerikaner, da kann man sich nur böse schneiden und sei das Messer noch so schön. Aber so was macht die SPD aus geschichtlicher Erfahrung mit größter Begeisterung.

Und nicht nur das dritte Paket ist bereits in Vorbereitung, wo das zweite noch nicht mal verabschiedet ist, auch der IWF bindet seine Beteiligung ans zweite Paket an die Bedingung, dass der ESM, der in Kürze startet, auch gleich noch verdoppelt werden soll.

Bis Anfang 2007 wurden die Target-2-Schulden noch freiwillig glatt gestellt. Seit dem steigen die unbezahlten Außenstände der Bundesbank dramatisch an. Im Moment betragen sie fast exakt 500 Milliarden Euro.
Aber es kommt noch dicker: Es gibt einen noch eleganteren Trick den Deutschen Michel anzuzapfen. Hans-Werner Sinn und einige andere bedeutende Ökonomen haben bereits darauf aufmerksam gemacht. In dem dazu hoch interessanten Interview der Frankfurter Allgemeinen Zeitung resümiert er über unsere Bundeskanzlerin:“[FAZ:] Wie fällt Ihr Urteil über die Verhandlungstaktik der Bundeskanzlerin aus?[H.W. Sinn:] Frau Merkel wird von der Wall Street, Obama, der City of London, Sarkozy, Barroso und allen Staatschef der südlichen Länder gedrängt, den Anlegern über die Bad Bank in Luxemburg, die letztes Jahr gegründet wurde [die EFSF], ihre toxischen Staatspapiere abzukaufen. Dagegen hat sie die Strategie des Durchwurstelns entwickelt. Sie macht ihr Portemonnaie auf, wenn der Druck zu groß wird, aber sie gibt nicht alles her, was sie hat, weil sie weiß, dass ihre Freunde dann kein Interesse mehr an ihr haben. Sie versucht ihr Bestes. Aber wir sitzen trotzdem in der Falle.“
Gebe- und Nehmerländer für Target-2: Die BRD ist der absolute Zahlmeister, lediglich die Niederlande, Luxemburg  (EU) und Finnland geben etwas dazu. Mächtig zugegriffen haben Italien und Spanien, natürlich auch Griechenland und sogar Frankreich. Gefolgt von Österreich, Portugal, Belgien und Zypern, alles Pleitekandidaten.
Der zeitliche Verlauf des Zugriffs: Gerade der jüngste Wackelkandidat, Italien, hat  erst im letzten Jahr, dann aber richtig gründlich in die Taschen gegriffen. Es bediente sich praktisch alleine in 2011 mit satten 200 Mrd. Euro aus dem Target-2 Topf. Missbräuchlich versteht sich, denn für solche Tricksereihen war er nie vorgesehen. Aber nicht umsonst ist der Premier Mario Monti ein Finanzfachmann und wusste gleich, wie man am geräuschlosesten den Griechischen Fall für Italien, vorläufig jedenfalls, verhindern konnte. (Daten: Universität Osnabrück)

Denn die Investmentbranche hat schon seit Jahren die Hintertür des Bundesdeutschen Tressors gefunden: Die sogenannten TARGET-2 Kredite. Ein solches System hat im internationalen Finanztransfer durchaus seinen Platz: Es erlaubt im Prinzip größere Finanztransaktionen über Ländergrenzen hinweg, ohne dass dann jedesmal Käufer und Verkäufer dazu genötigt wären, mit Geldkoffern durch die Gegend zu fahren. Dabei übernimmt die Bundesbank praktisch einen intermeditären Part, indem sie das benötigte Geld der im Ausland zahlenden Bank vorschießt, um es der Empfängerbank auszuhändigen. Solche Systeme gibt es auch in den USA, aber das Europäische Target-2 System hat einen heftigen Schönheitsfehler: Es muss nicht wie in den USA jedes Jahr einmal glatt gestellt werden. Also lassen die Südländer hier einfach anschreiben! So wie ein notorischer Säufer das in seiner Kneipe macht, nur das beim Target-2 System der Wirt den tiefen Schlaf des Gerechten hat. Und das hat inzwischen dramatische Ausmaße angenommen, denn schon seit der Lehman-Pleite wird diese praktische Möglichkeit intensiv genutzt. (wer sich genauer damit beschäftigen will und wem die Ausführungen von Prof. Sinn zu komplex sind, dazu hier ein leicht verständliches PDF der taxpayers-europe.)

Und da stehen der Rest Europas jetzt schon mit 500 Mrd. Euro bei uns in der Kreide. Natürlich wagt kein Deutscher Politiker oder Finanzverantwortliche zu fordern, dass diese Rechnung endlich mal glatt gestellt würde oder das man gar das Target-2-System endlich ändern sollte. Denn es geht gar nicht mehr, die Glattstellung genauso wie die Änderung würde unsere Südländer bereits jetzt in den Bankrott katapultieren. Gerade Spanien und Italien haben sich da kräftig bedient.
Die Target-2 Außenstände umgerechnet auf pro Kopf der Einwohner: In der BRD sind das  "nur" 6090 Euro, bei den kleinen Niederlanden und Finnland allerdings noch deutlich mehr. Für die deutsche zwei-Kind Durchschnittsfamilie kommen so also mehr als 24.000 € an Schulden noch oben drauf. Luxemburg schießt hier natürlich mit mehr als 200.000 € pro Kopf den absoluten Vogel ab. Das Land hat nur halb so viele Einwohner wie Köln, aber die größten Finanzverschiebebahnhöfe. Trotzdem: Wenn der Euro kollabiert wird diese unglaubliche Zeche der Luxemburgischen Bevölkerung präsentiert werden.

Und deswegen wird man dieses Scheunentor zur Selbstbedienung weit offen lassen, die ausstehenden Gelder werden in Bälde dann auch die Billionenmarke knacken, seien sie sicher. Zurück kommt das Geld nie, denn es ist bei den Alk's längst nicht mehr vorhanden. Und alles auf Rechnung der arbeitenden Bevölkerung, die das ganze in Zukunft zusätzlich noch ab stottern sollen. Sie glauben nicht dass man in der EU wirklich so Grotten dämlich war, als man den Euro schuf? Der britische Außenminister William Hague weiß es besser: "...Großbritanniens Außenminister William Hague hat die Euro-Zone als "brennendes Haus ohne Ausgang" bezeichnet. "Es war Wahnsinn, dieses System zu schaffen, jahrhundertelang wird darüber als eine Art historisches Monument kollektiven Wahnsinns geschrieben werden", sagte der konservative Politiker in einem Interview mit dem konservativen Polit-Magazin "The Spectator". ...Deutschland werde schwächere Mitgliedstaaten der Euro-Zone wie etwa Griechenland für "den Rest ihres Lebens" stützen müssen, sagte Hague. “ (Zitat 29.09.2011).

Das interessanteste der Montagsabstimmung wird also sein, wie viele der Abgeordneten diesmal den Mut aufbringen, sich gegen diesen kollektiven Wahnsinn zu stellen. Mehr oder weniger als bei der Donnerstags-Résistance im letzten Jahr?

Never catch a falling knife....Ganz sicher aber werden morgen mehr als 500 Parlamentarier begierig nach dem fallenden Messer greifen.

Freitag, 17. Februar 2012

Downgrade: Der erwartet überraschende Rücktritt


Der Antrag auf Aufhebung der Immunität hat das Fass zum überlaufen gebracht – Wulff tritt zurück. Etwas früher als erwartet, aber unvermeidbar. Unmöglich wäre es gewesen, mit einer solchen Liste der Verfehlungen fünf Jahre Präsident aller Deutschen zu bleiben. Natürlich werden seine Freunde, ja auch da gibt es ja noch einige, demnächst über die „Pressemeute“ herziehen, die angeblich ihren integren Mann zu Fall brachte. Aber was wir nun erleben ist der Fakt, das in der BRD die Demokratie noch funktioniert. Nicht immer perfekt, aber immerhin.

Natürlich, ohne freie Presse wäre Wulff mühelos fünf Jahre im Amt geblieben. Keine Frage. Aber das ist Aufgabe der Presse, alle die Unstimmigkeiten auf den Tisch zu bringen, die uns die Träger der offiziellen und privaten Macht so gerne verheimlichen wollen. Und es macht den Unterschied aus, das ein Wulff gehen muss, und ein Assad in Syrien trotz Massenmorden immer noch im Amt ist. Aber auch ein Putin oder Berlusconi, beide stützen bzw. stützten sich auf eine mit unterschiedlichen Methoden drangsalierte Presse.

Christian Wulff und seine Frau müssen sich allerdings nicht fürchten, nun auf Hartz IV ab zu gleiten. Denn jedem ehemaligen Bundespräsidenten steht lebenslang der „Ehrensold“ von 200.000 Euro pro Jahr zu. Sogar über den Tod hinaus, sofern seine Witwe ihn überlebt, denn die lässt man natürlich deswegen nicht im Regen stehen. Allein diese Regel sollte bei der Wahl eines Bundespräsidenten eigentlich schon eine Rolle spielen, denn es ist nicht gerade sinnvoll einen BP in den 40ern zu wählen. Denn da stehen im allgemeinen 50 Jahre Zahlungen der öffentlichen Hand im Raume, selbst wenn der Kandidat nur 1 Tag im Amt war.

Ein BP sollte schon wenigstens die 60er-Marke gerissen haben. Dann hat er nicht nur mehr Lebenserfahrung und eine besser bekannte Vergangenheit, er hat meist auch mehr Demut und Abgeklärtheit einen so wichtigen Posten auszufüllen. Und muss sich nicht immer mit dem Gedanken und der Vorbereitung seiner weiteren Karriere nach der Amtszeit beschäftigen.

Innerhalb kürzester Zeit haben nun zwei BP's hingeschmissen, Köhler aus eigenem Antrieb weil er nicht weiter den Grüß-Gott-August für Merkel spielen wollte, und der zweite weil er zu einem geworden war. Nun dürfte das Gezänke um den nächsten Kandidaten/in wieder losgehen.

Der sehr schnelle Rücktritt Wulffs kam sicherlich einem mehr oder weniger offenen Rücktrittsbefehl der eisernen Kanzlerin zuvor. Denn die Order wäre angesichts der anstehenden Wahl im Mai in Schleswig-Holstein unumgänglich geworden. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung ist wahrscheinlich nur vor dem 5. Mai die Durchsetzung eines weiteren Merkelkandidaten möglich.

Angesichts des BP-Desasters der letzten Jahren, und damit der völligen Marginalisierung des BP's, wäre jetzt aber nur ein wirklich überparteilicher Kandidat/in aller Deutschen noch eine letzte Rettungsmöglichkeit für das Ansehen dieses Postens. Oder auch eine Verfassungsrechtliche andere Stellung, was aber in der Kürze gar nicht machbar ist.

Die nächsten Wochen werden zeigen, welchen Weg man bereit ist zu gehen. Machtspiele oder Demokratie, was wird im Vordergrund stehen? Schaunmermal.

Mittwoch, 15. Februar 2012

Geht ES M-it der Demokratie ad ACTA ?

Was haben Griechenlandrettung, ESM und ACTA gemeinsam? Nun ja, gemeinsam ist ihnen, dass sie mit Demokratie jedenfalls kaum etwas zu tun haben.

Beginnen wir mit der Griechenlandrettung.

Nun, was ist da geschehen? Seit Jahren pumpt man da Milliarden rein, und was passiert? Nichts positives jedenfalls, und das BIP sinkt immer weiter. Zur maasslosen Überraschung unserer verantwortlichen Politiker. Die Welt veröffentlichte dazu die folgende Graphik mit großer „Verwunderung“:



Nun, irgend welche Ähnlichkeiten mit dem „Dead Man Walking Modell“ erkennbar? Nun natürlich, es war leicht vorhersagbar. Denn jeder neue Euro den man ins Land pumpt, schreit nach noch mehr Zinsen, und darunter knickt das BIP ein, gerade natürlich dann, wenn der Staat selbst das Inkasso der Renditen per „Sparbeschlüsse“ übernimmt. Und Kasse wird natürlich nur bei den kleinen Leuten gemacht, etwa bei den Rentnern, denen man 20% ihrer, sowieso im Durchschnitt unter deutschem Hartz IV Niveau liegenden, Bezüge wegnimmt um das freie Geld auf die Konten der Investmentbanker zu transferieren. 

Besteuerung von Vermögen, Renditen und Kapitaltransfers? Pustekuchen, wo kämen wir denn da hin, da würde das so wertvolle „Vertrauen“ der Meute ja so stark darunter leiden, dass es erst recht keine neuen Kredite und Schulden geben würde. Und was in Griechenland längst Fakt ist, die Rezension, ist natürlich auch die Zukunft ganz Europas: „...Es ist ein europaweiter Trend: In den 17 Euro-Ländern ist die Wirtschaftsleistung zum Jahresende ebenfalls gesunken - erstmals seit zweieinhalb Jahren. Das Bruttoinlandsprodukt sank um 0,3 Prozent gegenüber dem Vorquartal, wie die europäische Statistikbehörde Eurostat mitteilte. ...“

So schreibt die Frankfurter Rundschau auch: „Krawalle in Athen, Freude an den Finanzmärkten – die Reaktionen auf das Ja des griechischen Parlaments zum harten Sparpaket könnten unterschiedlicher kaum ausfallen.“. Na so was. Könnte das vielleicht an den etwas unfair verteilten Lasten einerseits, und sprudelnden Einnahmen andererseits, liegen?

Was war vorausgegangen? „Begleitet von den Ausschreitungen hat das griechische Parlament am frühen Montagmorgen den von EU, Internationalem Währungsfonds und Europäischer Zentralbank geforderten weiteren Sparmaßnahmen zugestimmt. Das Gesetz sieht weitere drastische Ausgabenkürzungen vor; Sie sehen unter anderem die Streichung jeder fünften Stelle im öffentlichen Dienst und die Kürzung des Mindestlohns um mehr als ein Fünftel vor. Die Einsparungen sind Bedingung für die Auszahlung eines zweiten Rettungspakets in Höhe von 130 Milliarden Euro, ohne das Griechenland im März zahlungsunfähig wäre.“

Aha, aber wie war das mit der Zustimmung: „Für das Gesetz stimmten 199 Abgeordnete, 74 votierten dagegen. Die griechische Regierungskoalition schloss anschließend 43 Abgeordnete aus ihren Reihen aus. Als Grund wurde deren Abstimmungsverhalten genannt. Die Sozialisten verbannten 22 ihrer Abgeordneten, die Konservativen 21.“ Wie war das mit dem Grundpfeiler der Demokratie, dass der Abgeordnete nur seinem, zugegebenermaßen meist nicht besonders belastbaren, Gewissen verpflichtet wäre? 43 Abgeordnete wurden gefeuert, weil sie für das Volk statt für die Kapitalinteressen ausländischer Investmenthäuser stimmten?

Vorgeblich sollen auch die privaten Gläubiger bluten: „...Gegenstand der Debatte war auch eine Einigung mit privaten Gläubigern, durch die Griechenland mindestens 100 Milliarden Euro seiner Schulden in Höhe von 360 Milliarden Euro erlassen bekäme.“. Nur dies ist noch lange nicht in trockenen Tüchern, und selbst diese 100 Milliarden würden nicht genügen um die Griechische Kuh vom Eis zu bewegen. Aber auch die 100 Mrd. werden nicht kommen. Denn die privaten Gläubiger, insbesondere die großen Hedgefonds, denken im Traume nicht daran die von Ackermann und Co. völlig unverbindlich eingeräumten „freiwilligen“ Schuldenschnitt zu machen. Sie wären ja auch schön blöd, ihr Geld zu verschenken, solange die EU-Regierungen so schön an ihrer Leimrute kleben. Da die „regierenden“ Simpel soviel Angst vor dem Vertrauensverlust der Investmentmeute haben und einen echten, zwangweisen, Schuldenschnitt scheuen, haben sie es nicht nötig auf irgendetwas zu verzichten. Es ist ganz klar, sie brauchen nur stur zu bleiben, und dann wird die EZB, ESFS und ESM die Zeche schon „freiwillig“ übernehmen und auf die arbeitende Bevölkerung der EU umlegen.

Von den versprochenen 100 Mrd. wird unter Strich also nur eine Marginalie bleiben, denn nur wenige Verantwortliche, wie etwa Josef Ackermann, haben genug volkswirtschaftlichen Verstand um ein zu sehen, dass man nun an der Reihe ist ein „Opfer“ auf sich zu nehmen, um noch schlimmeres zu verhindern oder wenigstens zu verzögern: „...Mehr als 100.000 Demonstranten protestierten am Sonntag auf dem Athener Syntagma-Platz vor dem Parlament gegen die geplanten Sparmaßnahmen - zunächst friedlich, dann schlugen die Proteste in gewaltsame Randale um. Mindestens 45 Gebäude gingen in Flammen auf, Plünderer verwüsteten Dutzende Geschäfte und Banken. Die Randalierer attackierten die Polizei, die anschließend sofort Tränengas einsetzte. Es waren die schlimmsten Ausschreitungen seit Jahren. Nach Krankenhausangaben wurden 74 Menschen verletzt, 45 mutmaßliche Unruhestifter wurden festgenommen, weitere 40 kamen in Gewahrsam....“

Jede Milliarde die ein Staat spart, kostet rund 20.000 Arbeitsplätze, die dadurch mittelbar finanziert wurden: „....Ursache der rasanten Talfahrt ist nach übereinstimmender Einschätzung von Finanzexperten die Sparpolitik, die die Wirtschaft des Fast-Pleitestaates abwürgt. ...Die Arbeitslosenquote betrug im November 20,9 Prozent und übertraf damit erstmals in der jüngeren Geschichte Griechenlands die psychologisch wichtige Grenze von einer Million Menschen."

Und weiter geht’s nach Griechenland mit Portugal, bevor die großen Länder dran sind : “...Auch Portugal kämpft mit den Folge seines Haushaltsdefizits und der daraus folgenden Sparpolitik. Die Wirtschaft des Landes ist im vierten Quartal das fünfte Mal in Folge geschrumpft. ….Im vergangenen Jahr war Portugal unter den Euro-Rettungsschirm geschlüpft und erhielt Zusagen für Kredithilfen im Volumen von 78 Mrd. Euro. ...Viele Experten befürchten, dass der Betrag nicht ausreichen wird, das Land vor der Pleite zu bewahren. ...Tatsächlich gibt es eine Reihe von Parallelen zwischen den zwei Euro-Ländern. Auch in Griechenland wurde erst für die Reformen gelobt, bevor dann die Konjunktur begann einzubrechen. ...Die Strukturprobleme in Portugal ähneln dabei denen der Griechen: Beide Wirtschaften stützen sich stark auf die Binnenwirtschaft - nach Griechenland hat Portugal die zweithöchste Konsumquote in der Euro-Zone. Ein hartes Sparprogramm trifft also massiv die Binnenkonjunktur.“

Ab einer Schuldenquote um die 80%, und da stimmen die meisten Volkswirt aus Erfahrung bei, ist die weitere Schuldenspirale für den Staat durch BIP-Wachstum schon nicht mehr auflösbar. Der Grund dafür ist relativ simpel: Da die Investoren nach Rückzahlung ihrer Kredite mehr Kaufkraft(!) haben wollen als vorher, liegt der verlangte Zins letztlich immer über der Wachstumsrate. D.h. ab etwa 80% Verschuldung gehen 100% des Wachstums weg vom Arbeitenden und Konsumenten hin zu den Kapitaleignern. Da beisst die Maus keinen Faden ab und ganz EUROpa hat diese Grenze schon gerissen, einschließlich der BRD. Ein Zurück, ohne massive Schulden- unddamit eben auch Vermögensvernichtung, ist daher gar nicht mehr möglich. Nicht nur nicht für Griechenland.

Aber schlimmer noch: Diejenigen die ihre Vermögen durch die Schuldenlawine ja erst aufgebaut haben, sind nicht diejenigen, die jetzt die Kosten des Desasters berappen sollen. Besonders drastisch ist hier der Vorschlag, der auch noch nicht vom Tisch ist, für Griechenland ein Sonderkonto einzurichten, auf das alle Staatseinnahmen fließen. Davon würden dann zu aller erst die Kapitaleigner bedient, und was danach noch übrig bleibt von den Steuergeldern und Abgaben der kleinen Leute, diesen Rest würde man dann großzügig wie man ist, dem Parlament zum Verteilen lassen. Hier wird nicht nur deutlich, dass unsere Demokraten ernsthaft gewillt sind, die arbeitende EU-Bevölkerung rigoros den Renditen der Investmentbanken unterzuordnen, man ist auch gewillt ein demokratisches Parlament völlig aus den Angeln zu hebeln.

Denn ein Parlament, dass nicht mehr über das her und hin der Staatsfinanzen entscheiden kann, ist nur noch ein belangloser Debattierclub. Das Haushaltsrecht des Parlaments ist nämlich nicht umsonst faktisch das höchste und wichtigste Recht einer demokratischen Grundordnung. Denn jegliche politische Entscheidung die tatsächlich Wirkung entfalten soll, muss im Haushaltsplan mit Geld unterlegt sein. Andernfalls ist es nur heiße Luft ohne jeden Belang. Wenn ein Politiker etwa von verbesserter Bildung fabuliert, und im Haushaltsplan kein Cent dafür eingeplant wird, dann können sie sich auch das Märchen von Hänsel und Gretel erzählen lassen. Es ist bestenfalls unterhaltsam, hat aber keinerlei Konsequenzen in der gesellschaftlichen Realität.

Wer den Parlamenten die freie Bestimmung über die Finanzen des Staates nimmt, aus welchem Grund auch immer, entmachtet das Parlament und führt die Demokratie ad absurdum. Demokratie ist dann nur noch ein Papiertiger, die Bürger Zinsknechte, und eine Lachnummer in den Vorständen der großen Investmentbanken.


Kommen wir zwischen durch zum scheinbar kleinsten Problem, dem ACTA-Abkommen.


Auch das kommt ganz treu daher, denn wer würde schon Produktpiraterie, Urheberrechtsverletzungen, Ideen- und Tantiemenklau Vorschub leisten wollen. Das Problem hier: Gesetze und Rechte in diesem Bereich gibt es in den westlichen Staaten, sei es EU, USA oder Japan, schon in Hülle und Fülle. Mehr als genug. Zugegebenermaßen muss man an der Durchsetzung des Rechtes und von Schadenersatzansprüchen hier und da noch etwas tun, insbesondere wenn es darum geht kleinere Unternehmen, Autoren und Künstler zu schützen. Denn gerade diese Klientel, deren Finanzkraft viel zu gering ist um größere und komplizierte Prozesse, oft sogar international, durch zu stehen, denen muss und kann auch geholfen werden.

Allerdings nicht mit ACTA. Denn wer sich den ACTA-Vertrag etwas genauer anschaut sieht schnell, dass dieses Abkommen ganz deutlich auf Großkonzerne zugeschnitten ist, und nicht auf diejenigen, die unseren Schutz wirklich benötigen würden.

Nehmen wir das Beispiel Produktpiraterie: ACTA sieht vor dass im Prinzip Jeder, der auch nur den Verdacht hat das irgendeine eine Lieferung die zum Beispiel im Hamburger Hafen beim Zoll ankommt, gegen seine Rechte verstößt, auf Grund dieses Verdachtes die Ladung anhalten und sicherstellen lassen kann.

Nun ist das auf den ersten Blick ja ganz richtig, denn wenn da etwa Armbanduhren ankommen, die einem bestimmten Schweizer Modell ähnlich sehen, dann kann man das ja verstehen. Auf dem normalen Rechtsweg, da wären die Zwiebeln längst verhökert, bevor der Kläger sein dann vielleicht schon nutzloses Recht bekäme. Andererseits kann es aber auch passieren, dass sie eine Ladung anhalten, und sich nachher herausstellt, dass die Ladung völlig legal war. Der Händler aber, der auf die vom ihm schon bezahlte Ladung wartete, ist wegen des Ausbleibens der selbigen bereits Pleite gegangen.

Beides ist nicht schön, und daher sieht ACTA folgende prinzipielle Lösung vor: Sie können jederzeit aufgrund eines Verdachtes die zweifelhafte Ladung anhalten lassen, aber sie müssen andererseits bis zur gerichtlichen Klärung eine Sicherungsleistung erbringen, die dem möglichen Schaden für den Berechtigten Empfänger ausgleichen würde.

Klingt gut nicht wahr? Ist es aber nicht. So ist es etwa für einen großen Konzern wie Microsoft überhaupt kein Problem die im Auftrag vom Kleinunternehmer aus Indien eintreffende Ladung mit Softwareprodukten anzuhalten. Denn die Sicherungsleistung kostete Microsoft nur ein Lächeln, dem Kleinunternehmer die Verzögerung aber vielleicht schon seine Existenz. Umgekehrt aber ist die Sache völlig unmöglich: Verdächtigt der kleine deutsche Softwareunternehmer Microsoft der Verletzung seiner Schutzrechte, dann kann er deren Ladung praktisch nicht aufhalten: Denn alleine für die dann fällige Sicherheitsleistung müsste er schon soviel Zinsen an seine Bank zahlen, dass er nach zwei Wochen pleite wäre.

Und dieses Grundkonzept zieht sich quer durch alle Paragraphen von ACTA. Es geht nicht wirklich um den berechtigten Schutz von Künstlern und Erfindern. Es geht um die Sicherung der, in den meist US-amerikanischen Megaunternehmen, massiv investierten Kapitalinteressen zu genügen.

Das zeigt sich auch in dem im öffentlichen Focus stehenden Einflussnahme auf die Internetkultur. Auch hier ist das alleinige Ziel, den Megaunternehmen der meist US-amerikanischen Unterhaltungsindustrie alle Vorteile zu zuschanzen, und den Kleineren Unternehmern und Bürgern alle Kosten und Risiken auf zu laden. Nehmen wir hier als Beispiel die Musikindustrie. Um das häufige Kopieren oder die Lizenz umgehende Nutzung von Musikprodukten zu verhindern, sollen die Internetprovider dazu genötigt werden, jederzeit auf Verlangen der Konzerne die Verbindungsdaten ihrer Nutzre herauszugeben. Und zwar unter faktisch vollständiger Umgehung des demokratisch legitimierten Rechtsweges. Denn dazu müssen die Provider die gesamte Internetkommikation Aufzeichnen und Aufbewahren, unter Verletzung der informellen Selbstbestimmung des Bürgers und der Telekommunikations Gesetze. Das Gesetz sieht auch vor, das dann etwa ein ermittelter Teenie, der 1000 Songs heruntergeladen hat, diese 1000 Songs komplett bezahlen muss. Plus eventuelle weitere Kopien, die andere von ihm gezogen haben, etwa auch unwissentliche die beim üblichen P2P-Verfahren häufig noch anfallen. Das sind dann schnell einmal 10.000 Euro, die einem Lehrling mit Zins und Zinseszins im Extremfall das ganze Leben lang verfolgen. Natürlich ist dass schon lebensfremd, denn der Lehrling hätte schon die 2000 Euro die normalerweise für 1000 legale Downloads angefallen wären, niemals ausgegeben, sondern bestenfalls die 20 Euro, die er sich gerade noch für eine CD hätte abzwacken können. Unter Umgehung der richterlichen Würdigung werden hier bereits Luftbuchungen in sprudelnde Gewinne verwandelt. Schlimmer noch: Sollte der Downloader im Einzelfall nicht zu ermitteln sein, dann sollen an seiner statt die Internetprovider den „Schaden“ ersetzen. Da sich das kein Provider, schon gar nicht die Kleineren, leisten können, werden diese wiederum unter Umgehung des demokratischen Rechtsweges faktisch gezwungen, Zensur zu betreiben und alle Seiten vorsorglich stillzulegen, die auch nur entfernt im Verdacht stehen könnten, irgendwo Urheberrechtsschäden anzurichten.

Und damit schon den größten Teil der privaten Bürgerseiten des Netzes, denn schon ein etwas überzogenes Zitat kann diesen Tatbestand erfüllen. Und das wiederum kommt vielen westlichen Staaten, die im Zuge der Finanzkrise jetzt immer mehr von der Demokratie in die Kapitaldiktatur abgleiten, nur gelegen. Denn mit diesem Instrument lassen sich kritische Blogs zu Hauf einstellen, und zwar vorsorglich, mit ungewissem Rechtsschutz der dem geschassten Journalisten meist nichts mehr nützt und sofern er ihn sich überhaupt leisten kann. So wie eine Demokratie nur mit freier Presse existieren kann, so kann eine Diktatur nur ohne freie Presse Fuß fassen.

Und, ganz nebenbei, die Qualität dessen, was von den großen amerikanischen Unternehmen an Musik und Film herüber schwappt, ist sowieso reichlich fraglich. So schrieb bezeichnenderweise die Financial Times: „...Wer so gut von den Toten [zuletzt Whitney Houston] lebt, kümmert sich natürlich weniger um neues musikalisches Leben: Bis zu 80 Prozent der Neuerscheinungen werden von den kleineren Unternehmen der Musikbranche veröffentlicht. Während Innovationen also fast ausschließlich von unten kommen, kontrollieren die Branchenriesen Universal, Sony, EMI und Wea fast 70 Prozent des Marktes. Damit schaufeln die Major Labels fleißig am eigenen Grab: Sobald Musiker nennenswerte Umsätze machen, werden sie mit viel Geld von den Großen der Branche abgeworben. Danach steigt der Druck auf die Künstler ins Unermessliche: Im Vordergrund steht nicht mehr die Musik, sondern der Umsatz....“. Nun, 70% des Marktes mit Produkten die zu 80%-digitaler Datenmüll sind, was die künstlerische Qualität angeht. Produkte die mit einer solchen Macht in den Markt gepumpt werden, dass der Radiohörer jeden Tag mit den immer gleichen „Hits“ voll gedröhnt wird, deren einziger Vorteil gegen die lokale Konkurrenz der ungezählten niegehörten Künstlern der ist, dass hinter ihnen des große Kapital steht, an dem auch kein deutscher Lokalsender vorbei kommt.

Gott sei Dank, ein kleiner Lichtblick, haben schon einige europäische Staaten diese ACTA vorläufig gestoppt: „...Bulgarien hat ACTA ebenso wie Polen, Tschechien, die Slowakei und Lettland zwar unterzeichnet, aber die Ratifizierung gestoppt. Deutschland hat beschlossen, das Abkommen bis zur Klärung offener Fragen nicht zu unterzeichnen. Auch in Sofia hatten am Wochenende mehrere tausend Internetnutzer gegen das ACTA-Abkommen demonstriert. ….. Am Zug sei jetzt aber erst einmal das Europaparlament. Dort beginnen am 27. Februar die Beratungen über das umstrittene Abkommen. Zur künftigen Gestaltung des Urheberrechts im Internet sagte Schulz, das Geschäftsmodell, kreative Werke auf physische Datenträger wie CD oder DVD zu bringen, sei tot. „Wir können nicht Geschäftsmodelle subventionieren, die einfach nicht mehr tragfähig sind.“ Ein zeitgemäßes Urheberrecht müsse für einen fairen Ausgleich zwischen Urhebern kreativer Werke und den Verbrauchern sorgen....“. Also schaunmermal, ob sich wenigstens hier einmal die Vernunft vor Übersee-Speichelleckerei durchsetzt.

Kommen wir zu schlechter Letzt zum ESM.


Der ESM, der Europäische-Stabilitäts-Mechanismus, wird sich auch schnell als Europäisches System für Selbstbedienung und Missmanagement herausstellen. Warum nun das? Nun, der ESM ist die letzte Hoffnung der Gut-Europäer. Sie glauben wirklich sie hätten damit das Ei des Kolumbus gefunden, um den Euro zu retten. Das ist natürlich Unfug. Und das hat mehrere und ziemlich simple Gründe:

Erstens: Egal ob EFSF oder ESM, weder die Bezeichnung noch die spezielle Art, wie man weiteres Geld ins System pumpt, spielen eine grundsätzliche Rolle. Mehr Geld, oder auch nur abgesicherte Schrottderivate, sind immer nur neue Schulden die alte Schulden bekämpfen sollen. Das funktioniert natürlich nicht. Jeder neue Euro erzeugt neue Renditeansprüche und Schulden gegen ein EU-BIP das niemals damit Schritt halten kann. Das man dem ESM soviel mehr zutraut, liegt an der unsinnigen Vorstellung, dass es nur auf das Vertrauen der Investoren ankäme. Das ist aber immer nur ein sehr kurzfristiger Effekt, mittel- und langfristig hat die Ökonomie nichts mit Vertrauen, sondern nur mit nackten Zahlen zu tun. Natürlich wird der ESM erst mal mehr Vertrauen als der EFSF erwecken, denn der ist auf Grund seiner Konstruktion nach oben hin völlig offen. Und zwar beliebig weit offen. Auch wenn Schäuble und Co. versichern, mehr als die vorgesehenen Garantien von 700 Mrd. wären niemals nötig, so ist das ebenso Unfug. Schon der IWF hat angemahnt, das man ihn gleich verdoppeln müsse, um überhaupt eine Wirkung zu haben, und auch das ist längst nicht das Ende der Fahnenstange. Denn rund 10.000 Mrd. EU-BIP stehen rund 35.000 Mrd. EU-Aktiva entgegen, und 25.000 Mrd. hängen daher ungedeckt in der Luft.

Zweitens: Das höhere „Vertrauen“ wird uns viel teurer zu stehen kommen, als es sich unsere Parlamentarier vorstellen können. Denn der ESM ist per Konstruktion eine weitere große Investmentbank. Und das man mit einer Investmentbank den Schaden zu beheben versucht, den Investmentbanken angerichtet haben, ist auch so eine Superidee. Ich wüsste wirklich gerne, welches Zeugs die eigentlich auf der Toilette rauchen, um so naiv zu sein. Während überall in der Welt, gerade auch bei der Deutschen bank, das Investmentbanking längst in der Krise ist und zehntausende Investmentbanker gefeuert werden, um die Verluste in den Griff zu bekommen, da fällt es unseren EU-Koksern doch tatsächlich ein, selbst eine weitere Konkurrenzbank im exakt demselben Geschäftsmodell zu gründen. Was wird also der „Erfolg“ sein? Natürlich wird jeder Euro oder Dollar der dort zufließt, den privaten Investmentbanken entzogen, die dann noch mehr stöhnen und schließlich kollabieren. Um dann wieder von öffentlichen Geldern, sei es von Soffin oder eben ESM, wahrscheinlich erneut aufgefangen zu werden: To big to fail.

Und da, ganz im Gegensatz zu den privaten Investmentbanken, dieser Überstaatliche Moloch grenzenlos mit der Arbeitskraft seiner Untertanen garantiert wird, werden nach kurzer Anlaufzeit sogar gigantische Summen von den privaten zu der EU-Investbank fließen. Dann werden zuerst kleinere private Institute kollabieren. Aber die kann man dann nicht mehr fallen lassen, obwohl small enough to fail, da schnell klar werden wird das dann, wenn eine fällt, die Panik los geht und selbst die Deutsche Bank seine Kundschaft komplett an den ESM verlieren würde, um dann selbst, mit einer Bilanzsumme etwa so groß wie das komplette BIP der BRD, kollabieren könnte. Grüß Gott, Weimar 2.0.

Man könnte das nötige Geld daher auch gleich an „notleidende“ Banken überweisen. Das käme deutlich billiger, denn dann würde man sich den gewaltigen Verwaltungsapparat und Selbstbedienungsladen ESM sparen. Und der wird sich genüsslich bedienen, denn mit seiner völligen Immunität und dem Recht die Bilanzsumme zum Nachteil der zahlenden Mitgliedsnationen beliebig auszuweiten, werden sich die Vorstandsmitglieder für jede dieser Maßnahmen großzügigste Boni zu bemessen. Denn schließlich steigert jeder dieser Raubzüge den „Gewinn“ des ESM und natürlich, wer so erfolgreich arbeitet, hat selbstverständlich ein Anrecht auf kräftige und steuerfreie Sonderzahlungen. Wie sollte man denn sonst auch so geniale Finanzmanager halten können.

Drittens: Das größte Problem ist, neben der Wirkungslosigkeit des Apparates, die völlige Aushebelung der Demokratie nach dem gleichen Prinzip wie in Griechenland. Da der ESM nach Bedarf kurzfristig (Frist nur eine Woche!) die Bilanzsumme beliebig ausdehnen darf um die Renditeansprüche seiner Klientel zu bedienen, werden die nationalen Parlamente ihrer Haushaltshoheit beraubt. Haushaltspläne sind dann nach Maßgabe der ESM immer im Makulaturstatus zu fassen. Auch hier gilt dann ab sofort: Vorrang vor der arbeitenden Bevölkerung, einschließlich des Unternehmertums in der Realwirtschaft, haben immer die Kapitaleigner! Noch nicht einmal das unabdingbare Recht in die Vorgänge beim ESM Einsicht zu nehmen gibt es, geschweige denn Einfluss auf deren Geschäftsgebaren zu nehmen (es ist sogar explizit verboten), ja nicht mal der Austritt aus dem ESM ist für die angezapften Nationen möglich. Über kurz oder lang werden die politischen Entscheidungen der Parlamente und Kabinete auf die Bedeutung und das Niveau von Elferräten im Karneval herabsinken. Das Sagen haben ab Mitte dieses Jahres nicht mehr die Nationalen Parlamente, nicht mehr die nationalen Regierungen, ja nicht mal mehr das EU-Parlament oder die EU-Kommision. Die Entscheidungsbefugnis über den Haushalt, das Königsrecht der Demokratie, haben ab dann der ESM bzw. Alibaba und 68 Räuber: Kapitaldiktatur, liebevoller auch Plutokratie genannt, statt Demokratie.

Staatsrechtler halten den ESM daher mit gutem Recht  für verfassungswidrig: “...Staatsrechtler halten den geplanten dauerhaften Euro-Rettungsschirm (ESM) für verfassungswidrig. Das meldet das Nachrichtenmagazin "Focus". Der ESM soll mit Notkrediten und Bürgschaften im Volumen von 500 Milliarden Euro Pleite-Kandidaten wie Griechenland retten. "Der Abruf von Kapital wird möglich sein, ohne dass jedes Mal der Bundestag gefragt werden muss. Es kann die Situation kommen, dass Deutschland plötzlich zehn Milliarden Euro nachschießen muss, fast so viel wie der Etat von Bundesforschungsministerin Annette Schavan ausmacht", warnte Dietrich Murswiek in "Focus". …..Die Risiken der Euro-Rettung insgesamt drohten den Bundeshaushalt zu erdrücken, so Murswiek. "Die Summe von einer Billion Euro, also das Volumen von drei Bundeshaushalten, könnte bald erreicht werden und damit wäre für mich die Marke zum evident Verfassungswidrigen überschritten." Ähnliche Bedenken hegt der Mainzer Staatsrechtler Hanno Kube. Er sagte "Focus": "Der Gestaltungsspielraum künftiger Generationen darf nicht gänzlich eingeengt werden." Dabei kann die Politik nicht hoffen, die EU-Mitglieder mit nationalen Schuldenbremsen zu disziplinieren, kritisierte der CDU-Bundestagsabgeordnete und Rettungsschirm-Kritiker Klaus-Peter Willsch. Denn 23 der 27 EU-Staaten könnten laut Willsch Ausnahmeregeln für sich beanspruchen, weil sie die Maastricht-Kriterien noch nicht erfüllen: "Damit wäre die Einführung ein Etikettenschwindel."

Und das Handelsblatt schreibt: „...Für Angela Merkel steht trotz der sich zuspitzenden Krise um die Zahlungsfähigkeit Griechenlands außer Frage, dass ohne Solidarität in Europa nichts geht. „Wir müssen uns vertrauen. Wenn jemand in eine Notlage kommt, müssen wir bereit sein, zu helfen“, sagte Merkel am Dienstag bei einer Vortragsveranstaltung der „Bela Foundation“ in Berlin. Das richtige Mittel hierfür sei der dauerhafte Euro-Rettungsschirm ESM.“. Nur, wer kommt denn hier wirklich in eine Notlage? Investoren, die dem Risiko unterliegen vom Multimilliardär auf den Status eines Multimillionärs abzusinken? Oder griechische Rentner, die nun statt 500 Euro nur noch 400 Euro im Monat kriegen? Kennt vielleicht jemand in Merkels Kaffeerunde Solidarität mit der Demokratie und der sozialen Marktwirtschaft statt der Sorge um das Vertrauen einer außer Rand und Band geratenen Finanzwirtschaft?

Aber weiter im Text: „..Was Merkel als richtig erachtet, stößt indes bei ihrem Koalitionspartner auf großen Widerstand. ….Seine Vorbehalte macht Schäffler [FDP] in einem Handelsblatt Online vorliegenden Brief an den FDP-Vorsitzenden Philipp Rösler deutlich. „Mit Fiskalunion und ESM gehen wir den Weg in eine dauerhafte und unbegrenzte Haftungsgemeinschaft. Diese wird am Ende Europa nicht stabilisieren, sondern gründlich zerstören“, schreibt Schäffler. ...„Ich bitte auch darum darzustellen, wie wir mit dem Fehlen von marktwirtschaftlichen Prinzipien im ESM umgehen werden“, schreibt der liberale Finanzexperte. „Schließlich bitte ich um das Aufzeigen von Wegen, wie die Beschlusslage der FDP umgesetzt wird, obwohl der ESM-Vertrag ja bereits am 2. Februar in Brüssel von den Botschaftern der Länder des Euro-Raums unterzeichnet worden ist.“ Konkret bemängelt Schäffler, dass der ESM-Vertrag, anders als vom Rostocker Parteitag gefordert, kein „transparentes Verfahren“ enthält, um alle Gläubiger einzubeziehen. Der ESM sehe zudem keine „klaren Regeln für eine geordnete Staateninsolvenz“ vor, und es würden private Gläubiger nicht „grundsätzlich an allen Hilfsmaßnahmen“ beteiligt. Außerdem stehe die Ausweitung des Kreditvergabevolumens statt kontinuierlicher Rückführung der Ausleihkapazität des ESM auf der Agenda. Kritisch sieht der FDP-Experte auch, dass Staatsanleihenkäufe auf dem Sekundärmarkt „expliziter fester Bestandteil der ESM-Instrumente“ seien und die Feststellung der Schuldentragfähigkeit „nicht zwingend“ gemeinsam mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) erfolge, sondern nur wenn dies „angemessen und möglich“ sei. ... „Wir haben sie aus gutem Grund für den ESM gefordert. Sie entsprechen unserem liberalen Markenkern, weil sie notwendige Elemente der marktwirtschaftlichen Ordnung sind.“ ...„Mit Umschuldungsklauseln wird eine Privatgläubigerbeteiligung im Einzelfall zwar erleichtert, doch nicht zwingend als Regel eingeführt“, schreibt er. Ohne „zwingende“ Privatgläubigerbeteiligung werde jedoch bewirkt, dass „vorrangig und an erster Stelle Staatshilfen gewährt“ würden. „Die Haftung der Privatgläubiger, zu denen diese sich vertraglich verpflichtet haben, wird so ins zweite Glied gerückt und nur ausnahmsweise greifen“, kritisiert Schäffler...“



Leider sind mutige Demokraten wie Schäffler eine Ausnahmeerscheinung. Immer mit dem Risiko, dasselbe Schicksal zu erleiden, wie die aus antidemokratischen Motiven gefeuerten 43 griechischen Abgeordnete dieser Tage in Athen: „...bei der im Frühjahr erwarteten Abstimmung über den ESM im Bundestag wird wieder damit gerechnet, dass die schwarz-gelbe Koalition um eine eigene Mehrheit kämpfen muss. Insofern könnten die Vorbehalte Schäfflers gegen die ESM-Bestimmungen zu einem ernsthaften Problem für Rösler, aber auch für die Koalitionspartner von CDU und CSU werden. Für den FDP-Bundesvorsitzenden geht es dabei auch um seine politische Zukunft. Scheitert die ESM-Abstimmung im Bundestag, dürften seine Tage als Parteichef gezählt sein. Und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hätte ein Problem mehr. Allerdings mehren sich auch innerhalb der Union die Stimmen, die den Euro-Rettungskurs der Bundesregierung nicht um jeden Preis mittragen wollen. So hatte bereits der CDU-Politiker Wolfgang Bosbach angekündigt, dem ESM nicht zustimmen zu wollen, „wenn sich nichts Grundlegendes ändert“.“. Nun also, bei der kommenden Abstimmung wird es mehr um Machterhalt und Postenschieberei gehen, als um den Erhalt der Demokratie. Auf einen grundlegenden Sinneswandel zu hoffen wird vergeblich sein. Ich wüsste wirklich gerne, welches Kraut die rauchen.

An dieser Stelle: Lieber Hr. Schäffler, und auch den wenigen Mitstreitern im Parlament, meine größte Hochachtung vor Ihrem persönlichen Mut gegen den Strom der Lemminge zu schwimmen. Sie, als junger Berufspolitiker riskieren ihre persönliche Einkommensbasis zum Wohle der Demokratie, sie sind der seltene Heldentypus, den unsere demokratische Gesellschaft so bitter nötig hat. In den Geschichtsbüchern der Zweiten Republik haben Sie jetzt schon einen Absatz sicher. Ob es ein ganzes Kapitel werden soll, wird sich in den nächsten Monaten entscheiden.

Aber nicht nur in Berlin steht die Macht und ihr Erhalt, auf Teufel komm raus, im Vordergrund: Der Machtkampf um Europa entscheidet sich in Athen, schreibt die Welt: „In der EU geht es nur vordergründig um griechische Löhne und Renten. Der Kampf um die Hoheitsverhältnisse in Brüssel ist voll entbrannt. Maria Fekter, Österreichs Finanzministerin, hält sich nicht lange mit Diplomatie auf. ...Und so war sie es, die am Donnerstagabend die Frage aussprach, die seit bald zwei Jahren keiner ihrer europäischen Kollegen öffentlich zu stellen wagte: „Können wir Ihnen vertrauen?“, fragte Fekter den griechischen Finanzminister Evangelos Venizelos beim Gipfel in Brüssel. ….Es geht längst nicht mehr um die Höhe griechischer Renten und die Zahl der Beamten in Athen. Nicht um die Privatisierung von Staatseigentum und die Erhöhung der armseligen Quote, die die Verwaltung bei der Eintreibung von Steuern erreicht. Es geht um einen Machtkampf um die Hoheit im europäischen Haus. Es ist ein Kampf zwischen Gebern und Nehmern, ein Kampf zwischen den Griechen, die auf den Plätzen und in den Straßen des Landes rufen, es sei genug gespart, und den Abgeordneten des Deutschen Bundestags. ... Sie wollen Beschlüsse des Athener Parlaments sehen, das am Sonntag zusammenkommt. ...„Keine Auszahlung ohne Umsetzung“, sagte Juncker knapp. „Es ist die gemeinsame Auffassung in Europa, dass man bei der Durchführung des griechischen Programms nicht auf politische Ankündigungen setzen kann, sondern man braucht etwas schwarz auf weiß“, formulierte es der deutsche Finanzstaatssekretär Steffen Kampeter (CDU) weiter aus.....Die Idee eines Sperrkontos, die Kanzlerin Merkel und der französische Präsident Anfang der Woche vorgeschlagen hatten, wird konkret: „Das wird von der EU-Kommission und der Arbeitsgruppe der Finanzminister ernsthaft erwogen“, sagte Kommissar Rehn. Das Land müsse „institutionell in die Lage versetzt werden, seine Schulden zu bedienen“, erläuterte Juncker. Soll heißen: Griechenlands Kassenwart Venizelos wird über die Hilfsmilliarden nicht alleine und frei verfügen können. Und sogar der von Deutschland vor dem jüngsten Gipfel am 31. Januar vorgetragene und wieder kassierte Vorschlag vom „Sparkommissar“ für Athen bekam eine wattierte Neuauflage: Eine „Verstärkung der Überwachung“ Griechenlands bei der Umsetzung eines möglichen zweiten Rettungsprogramms werde es sicherlich geben müssen, sagte Rehn....“.

Nun, Griechenland ist nur noch ein Kreditzombie, der dazu verdammt wurde, seinen Bürgern das letzte Blut aus den Adern zu saugen, um anderswo „Vertrauen“ zu schaffen. Vertrauen darin, das die Leute, die die Schulden nicht gemacht und am wenigsten davon profitiert haben, diese geduldig abstottern. Was rein finanztechnisch zwar gar nicht geht, aber das hat man bei dem Rauch in den Parlamenten noch nicht so ganz verstanden. Insbesondere aber soll die europäische Jugend, die gerade in den Südländern der Union in eine Zukunft ohne Arbeit, Perspektive und Teilnahme am Wohlstand stolpern, auf Generationen zur Renditesklaverei verdammt wurde?

Nun, was die griechische Polizeigewerkschaft dort ausspricht ist genau die Saat die von völlig überforderten und desinformierten Demokraten gestreut wird und die in wenigen Jahren in ganz Europa wieder auf gehen wird, so wie 1918 oder 1933: 
„….. Nun ist also Griechenland am Zug. Zu dieser Einsicht ist Evangelos Venizelos gekommen: „Wenn wir unser Land retten und in der Euro-Zone und in Europa bleiben wollen, dann müssen wir tun, was wir zu tun haben“, sagte er. Es bleibe die Wahl „zwischen der Demütigung eines stolzen Landes – oder einer noch größeren Demütigung, wenn wir der Illusion folgen, unser Gesicht mit Entscheidungen zu wahren, die noch viel höhere soziale Kosten hätten“. Allein: Dieser zwingenden Kraft des Notwendigen haben die Griechen mehrmals nachgegeben. Der Widerwillen bei den Griechen steigt, es noch einmal zuzulassen. Die Proteste werden schärfer, wofür die Forderung der Polizeigewerkschaft sinnbildlich steht: Sie droht mit der Festnahme der Kontrolleure der Troika aus EU, dem Internationalen Währungsfonds (IWF) und Europäischer Zentralbank (EZB): Sie versuchten, die „demokratische Ordnung umzuwerfen“, verletzten die nationale Souveränität und wollten dem griechischen Volk wichtige Güter rauben. „Wir warnen Sie, dass wir die sofortige Ausgabe von Haftbefehlen fordern werden“, schrieb die Gewerkschaft an die Troika-Vertreter.“

Nun, zwischen Protest, Bürgerkrieg und Revolution gibt es graduelle Unterscheide. Bedingung für eine erfolgreiche Revolution ist immer, dass die Vertreter der staatlichen Gewalt sukzessive auf die Seite der Revolution wechseln. In Griechenland deutet sich dies bereits an. 1918 war es die kaiserliche Marine, 1933 waren es große Teile des deutschen Bürgertums und Ihrer Parlamentarier, der Polizei und der Wehrmacht.

Und es war nicht nur Hitler, es waren Franco in Spanien und Mussolini in Italien, Stalin in der UdSSR und der japanische Tenno, um nur die wichtigste Achse der Revolutionen faschistischer oder pseudo-faschistischer Revolutionen der ersten Jahrzehnte des letzten Jahrhunderts zu bezeichnen. Das waren nicht die einzigen, in praktisch jedem europäischen Land gab es damals auch faschistische Bewegungen mit unterschiedlichem Erfolg. Sie glauben das war purer Zufall, ein seltenes Schicksal das die halbe Welt mit faschistoiden Diktaturen, quasi vom Himmel fallend, umspannte?

Nein der Grund war, dass damals das Britische Empire, das größte Weltreich der Geschichte, an seinem Ende angelangt war und in die Pleite rutschte. Und sich gegen die nachrückenden Hegemonialmächte wehren musste, besonders Deutschland, aber auch Japan und Russland. Den mehr als 30-jährigen Kampf verloren haben alle obigen, gewonnen hat ihn der lachende Dritte, die neue Weltmacht USA. Und die ist jetzt, rund 100 Jahre später, ebenfalls an ihrem natürlichen ökonomischen Ende angelangt. Damit gehen immer solche gewaltigen Finanzverwerfungen einher, die genau zu diesen gesellschaftlichen Verteilungskonflikten führen, die wir jetzt wieder erleben. Und so wie sich Hitler, und mit ihm die Mehrheit des deutschen Volkes, sich gegen die Finanzdiktatur des Versailler Vertrages und des Young-Planes wehrte, so werden sich auch neue Revolutionäre gegen die Kapitaldiktatur des ESM stemmen. Bei der Reichstagswahl 1928 bekam die NSDAP gerade mal 2,8% der Stimmen. Nicht mehr als die NPD zur Zeit. Ganze fünf Jahre später war Hitler Kanzler aller Deutschen.

Ach übrigens, der Young-Plan war der Plan für die, vom internationalen Kapital, von Deutschland geforderten Reparationszahlungen, die von der Größe, Bedeutung und prinzipieller Unbezahlbarkeit gut mit den jetzigen „Rettungspaketen“ vergleichbar waren. Hinter dem internationalen Kapital standen vor allen Dingen US-amerikanische Banken, die nicht anders als heute auch zum Teil in jüdischer Hand waren, und das Geld dadurch erhielten, dass vor allen Dingen Großbritannien und Frankreich mit diesem Geld wiederum ihre eigenen interalliierten Schulden an die USA abbezahlen mussten. Denn die USA war damals schon nicht blöd, sie hatte ihre Waffen und Kriegskosten den Europäern nämlich nicht einfach geschenkt.

Der Young-Plan sollte ursprünglich bis 1988 (!!!) laufen. Wegen der Weltwirtschaftskrise wurden die deutschen Zahlungen 1931 vom US-Präsidenten Hoover ausgesetzt, und dann 1932, kurz vor der Machtergreifung Hitlers, wegen der faktischen Aussichtslosigkeit ganz aufgegeben. „...Nachdem zwei internationale Expertenkomitees im Spätsommer und im Herbst 1931 festgestellt hatten, dass eine Wiederaufnahme der Zahlungen die Rückkehr des Vertrauens der ausländischen Geldgeber behindern würde, einigte sich die Konferenz von Lausanne im Sommer 1932 darauf, die Reparationen zugunsten einer symbolischen Restzahlung zu streichen. Die USA weigerten sich, eine analoge Vereinbarung über die interalliierten Kriegsschulden zu treffen, weswegen Großbritannien und Frankreich sich bis heute weigern, die Schulden zu zahlen.“. Besonders der letzte Satz lässt wenig gutes über die weiteren Absichten der Finanzindustrie der USA in dem schmutzigen Spiel, das zur Zeit um Europa getrieben wird, vermuten.

Zitieren wir zum Schluss noch einmal ein paar Zeilen aus dem Artikel der Welt-Online: „Der Poker um Griechenland geht weiter und damit die Kraftprobe im europäischen Haus. In der Furcht der Geberländer, dass jedes feste Regelwerk sein Schlupfloch bieten wird. Dass die Verpflichtung, europaweit Schuldenbremsen einzuführen, zwar ein Sieg der Stabilität sein könnte, sich am Ende aber als nicht einklagbar herausstellt.
Im Wissen der Nehmerländer um die deutsche Überzeugung, dass die Milliardenhilfen der „Weg des geringsten Schadens“ seien, wie die Bundeskanzlerin am Freitag sagte –eine Rettung der Hellenen daher im deutschen Interesse liegt. In ihrem Wissen um die Berliner Angst davor, es darauf ankommen zu lassen. Durch eine mögliche Staatspleite hätte man, sagte Merkel vor der Fraktion, „ein Haftungsrisiko am Hacken, das man nicht mehr beherrschen kann“. Was hilft das aufgeräumteste Haus, wenn eine Sturmflut es zu überspülen droht? Es ist die Angst vor dieser Flut, die die Euro-Retter treibt. Ginge es wirklich nur um Griechenland, die Entscheidung fiele leichter, die Option der Pleite vielleicht auch zu ziehen. Italien und Spanien stellen derzeit noch abstrakte Gefahren dar, konkret aber wird die Angst davor, auch Portugal könnte auf neue Hilfe angewiesen sein. Das portugiesische Fernsehen zeigte am Freitag eine Unterhaltung Wolfgang Schäubles mit seinem portugiesischen Kollegen Vitor Gaspar in der Brüsseler Nacht zum Freitag. „Wenn sich die Notwendigkeit für eine Anpassung des portugiesischen Programms ergibt, werden wir dazu bereit sein“, sagt Schäuble auf Englisch. „Das wissen wir sehr zu schätzen“, sagte Gaspar.“.

Sie sehen, das scheinbar unlösbare Schulden-Tohuwabohu hat uns wieder voll im Griff. Gegen den Strudel von Verschuldung, Kapitaldiktatur, Entdemokratisierung, Revolution und Krieg hilft nur eins: Der Hydra den Kopf ab zu schlagen. 

Wofür es Helden braucht. Mehr als nur einen.