Mittwoch, 2. Juli 2014

Der Tod und der Tod sind nicht das Gleiche

Die Darstellung der vier apokalyptischen Reiter  gehört zu den berühmtesten Werken Dürers. Die dominierende Gestalt ist der dritte Reiter auf dem schwarzen Pferd mit der Waage in der Hand. Er symbolisiert Teuerung und Hungersnot. Dürer formuliert damit die tiefer liegende Ursache für dasVerderben durch Krieg, Suchen und Tod: Wirtschaftliche Ungleichheit und Ausbeutung, nicht zuletzt durch das Finanzsystem. Bildquelle: Wikipedia
Die entführten drei Religionsschüler aus Israels radikalorthodoxen Siedlungen sind tot. Ihre Entführung dürften Sie, da sie nahe am Tatort gefunden wurden, wahrscheinlich nicht all zu lange überlebt haben. Es bleibt unklar wer die Täter waren und ob die Ermordung nicht zu letzt auch mit der überharten Reaktion der Israelis selbst zusammenhängt. Ohne jeden Beweis hatten die Falken und Radikalen des Israelischen Establishment schließlich gleich vorsorglich Westbank und Gazastreifen bombardiert, Häuser von angeblich Verdächtigen nieder gewalzt und ein halbes Dutzend Palästinenser, zumeist kaum älter als die Entführten, gleichfalls umgebracht. Und in diesem Stil geht es auch, ab jetzt erst recht, weiter: „Ihre Leichen wurden unter einem Steinhaufen auf einem Feld nordwestlich von Hebron im Westjordanland gefunden…..Derweil drohte Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu der radikalislamischen Hamas mit einer harten Reaktion. "Die Hamas ist verantwortlich und die Hamas wird bezahlen", sagte er zu Beginn einer Dringlichkeitssitzung seines Sicherheitskabinetts. Die Talmudschüler seien entführt und kaltblütig ermordet worden "von Tieren in Menschengestalt".“

Die Reaktion der Wenigen noch befreundeten Staaten von Israel leiert ebenfalls dass immer gleiche Prozedere der Worthülsen durch: „International stieß die Nachricht von der Ermordung der Jugendlichen auf Abscheu und Empörung. Frankreichs Präsident François Hollande sprach von einem "feigen Mord", der britische Premier David Cameron von einem "entsetzlichen und unentschuldbaren Terrorakt", Frankreichs Außenminister Laurent Fabius von einem "abscheulichen, feigen und barbarischen Verbrechen." Bundeskanzlerin Angela Merkel erklärte, es handle sich "um eine verabscheuenswürdige Tat, für die es keinerlei Entschuldigung geben kann"…“. Der Tod und der Tod sind offensichtlich nicht das Gleiche. Auf der Einen Seite angeblich „Tiere in Menschengestalt“ und auf der Anderen Seite aber offensichtlich Menschen, die sich wie Tiere benehmen. Was davon besser oder schlechter ist, darüber lässt sich nun trefflich philosophieren und ist dem persönlichen Standpunkt auf einer der Seiten geschuldet.

Statt hohler Solidaritätsadressen, von denen schon lange keiner mehr weiß wer welche davon noch ernst meint oder nimmt, sollten die westlichen Staaten lieber Tacheles mit ihren Kolonialistischen Freunden in Nahost reden. Denn Israel steht heute mehr denn je am Abgrund, und es sieht nicht danach aus, als ob man der letzten Konsequenz noch lange ausweichen kann. Nicht nur Israel sondern auch die meisten Nahöstlichen Nachbarn haben ihre Gestalt durch westliche Kartographen im Auftrag imperialistischer Interessen des letzten Jahrhunderts erhalten. Kaum etwas ist so wie es sein sollte in diesem Pulverfass. Alle Grenzen in dieser Region hängen an der Potenz der örtlichen Potentaten und ihrer extraterritorialen Schutzmächte.

Potenzen die mit der arabischen Revolution und dem Erstarken des militanten Islamismus immer weniger zu halten sind. 

Auch wenn wir jetzt noch nicht genau wissen wo und wann der Krieg in seine „Endphase“ gehen wird, das Ergebnis unterm Strich ist absehbar: Israel wird danach nicht mehr als selbstständiger Staat existieren. Ob das schon nächstes Jahr oder erst in zwanzig Jahren sein wird, es wird passieren. Je später dies geschieht, desto weniger Menschen in dieser Welt wird es aber interessieren. Der Grund ist simplerweise der, dass insbesondere Israels Schutzmächte selbst zunehmend mit Problemen zu kämpfen haben, denen sie nicht mehr Herr werden können. Europa und die USA haben sich schon impotent beim Syrien und Irakkonflikt gezeigt, fast vergessen schon und quasi abgehakt das Scheitern in Afghanistan. Die Ukraine, direkt an den eigenen Grenzen steht noch am Anfang, aber in Bälde wird der Bürgerkrieg sich zu einem Ost-EU und West-post-SU Konflikt formidablen Ausmaßes entwickeln, der keinen Raum mehr für militärische Kapazitäten in Nahost lassen.

Der Pacific ist, nicht zuletzt genau deswegen, aus dem öffentlichen Bewusstsein gewandert. Zu Unrecht, denn dort werden die Interessen der USA und ihrer Verbündeten weiterhin unmittelbar bedroht. Und dort wird es spätestens dann so richtig losgehen, wenn die USA im Clinch mit der ISIS im Irak gebunden ist. China ist nicht das Reich der Netanjahu’s oder Putin’s, man weiß da viel besser abzuwarten wann die Gelegenheit gut ist. Und diese wird von Tag zu Tag „besser“. Denn die USA wird nicht nur militärisch jeden Tag schwächer, sondern auch die wirtschaftliche Situation wird immer prekärer. Zur Not braucht China keinen einzigen realen Schuss abzufeuern um die USA in die Knie zu zwingen. Es reicht völlig aus die ungeheuren Dollarreserven einfach auf den Markt zu stoßen. Ein Kollaps des Dollars ist dann so sicher wie das Amen in der Kirche. Der Tag wird kommen. Die Freunde die dem Westen in Nahost geblieben sind, unterliegen ebenfalls dem Zwang der Realität. Und die bedeutet dass die Türkei, Saudi-Arabien, Jordanien, Ägypten, Freunde aus zweifelhafter, nämlich vorwiegend wirtschaftlicher, Gesinnung sukzessive vom westlichen Glauben an den Kapitalismus und deren Interpretation von Demokratie abfallen werden.

Israel wird in Folge dessen zunehmend irrelevant, eine Entwicklung die man jetzt schon überall in der Welt, wo man sich bisher überhaupt für dieses kleine Land interessiert hat, zu beobachten ist, wie Die Welt feststellt: “…Drei israelische Jugendliche verschwinden spurlos in der Nähe der Stadt Hebron in der Westbank. Einer schafft es noch, einen Hilferuf über sein Handy abzusetzen, danach hört man nichts mehr von den "Talmud-Schülern", "Religions-Studenten" und "Siedler-Kindern", wie sie wahlweise in den Berichten beschrieben werden. Es gibt auch kein Bekennerschreiben, keine Lösegeldforderung, nichts dergleichen. Während die israelische Armee das Gebiet rund um Hebron Haus um Haus durchkämmt und einige Hundert Palästinenser festnimmt, setzt auch in den deutschen Medien die Suche nach den Verantwortlichen ein.Man wird schnell fündig. Die Talmud-Schüler, Religions-Studenten, Siedler-Kinder und deren Eltern tragen sowohl das Risiko wie die Verantwortung für das, was ihnen zugestoßen ist. Die Berichterstattung ist geprägt von Mitleidlosigkeit, Ignoranz, präpotenter Besserwisserei und einer Voreingenommenheit, die man sich nie erlauben würde, wenn es drei deutsche Touristen bei einer Safari im Jemen erwischt hätte….“. Nun, es ist praktisch unmöglich in diesem Konflikt „unparteiisch“ zu sein. Irgendwer fühlt sich immer auf den Schlips getreten, egal wie man auch die Geschichte aufzieht. Sie WELT berichtet natürlich auch einseitig parteiisch zugunsten Israelischer Politik und Eigenartigkeiten, nicht anders als andere Blätter die scheinbar oder tatsächlich Position für die arabische Seite nehmen. Es ist unvermeidbar und nur Ausdruck der unterschiedlichen Perspektiven unter den man den Konflikt sehen kann und, um es zu betonen, eben auch muss. Ein verkürzter Blick auf die gegenwärtige Situation alleine ist dabei ein Kurzschluss ohne Chance auf Klärung.

Tatsächlich muss man feststellen, dass sich Israel bzw. der Zionismus gründlich verzockt hat. 

Unabhängigkeitserklärung 1948, Ben Gurion, Bildquelle: Wikipedia

Schon die Installation des Staates Israel in 1948 war eine Verletzung von Verträgen (Balfour-Deklation et al.) und des allgemeinen Völkerrechts. Dies wird und wurde auch durch in der Folge gewonnene Kriege noch durch die Macht des Faktischen nicht viel besser, erst Recht nicht durch eklatante Verletzungen der, aus Sicht der Araber aufgezwungenen, Teilungsvereinbarung für Palästina. Die wurde sukzessive mit abenteuerlichen Rechtfertigungen insbesondere durch die ultraorthodoxe Siedlerbewegung verletzt, unterminiert und ad absurdum geführt. Das den Palästinensern zugestandene und sowieso schon viel zu kleine Territorium sieht heute aus wie ein israelischer Streuselkuchen ohne realistische Chance auf eine selbstständige Existenz. Einer der frühen Begründungen für dieses dreiste Vorgehen war, dass Israel in seinen zugestandenen Grenzen an seiner schmalsten Stelle nur knapp 15 Kilometer „breit“ war, und damit militärisch gesehen kaum zu verteidigen. Das stimmt. Aber es stimmt erst Recht für ein Streuselkuchen-Palästina. Das eigentliche Problem ist eben damals wie heute, dass das westlich geprägte Israel der Neuzeit immer ein Fremdkörper war und es bis heute nicht nur geblieben ist, sondern sich selbst durch die Unfähigkeit zum Frieden, Atomrüstung eingeschlossen, in dieser formidablen Position sogar noch deutlich verstärkt einbetoniert hat. Als historische Nebenbemerkung sollte man hier vielleicht anmerken, dass die letzte westliche Okkupation des „Heiligen Landes“ während der mittelalterlichen Kreuzzüge genau für 88 Jahre von Erfolg gekrönt war. Auf das moderne Israel gerechnet kommen wir also auf das Jahr 2036, dass als Rekord zu schlagen wäre. Das sind immerhin noch satte 22 Jahre weit entfernt, und ich habe ganz erhebliche Zweifel, dass es dafür reichen wird.

Auf die historisch alles glättende „Macht des Faktischen“ zu setzen beinhaltete so auch die Annahme, dass der weltweite Einfluss der Schutzmächte tendenziell weiter steigen oder wenigstens für die nächsten hundert Jahre in der Region auf hohem Niveau erhalten bliebe. Das aber war falsch gedacht, nicht stärker sondern schwächer sind sie nun geworden. Israel steht inzwischen mit dem Rücken an der selbst gebauten Wand, die Chance auf einen soliden Frieden wurde bereits in der letzten Generation mit aller Gründlichkeit verzockt. Zwar gab es immer weitsichtige Politiker in Israel, die wohl ahnten an welchem Punkt das Setzen auf Stärke alleine irgendwann führen würde, aber die Militärs und auch orthodoxen Kleriker haben sich mit ihrer Strategie am Ende immer wieder durchsetzen können. So war der Ex-Militär und Ministerpräsident Jitzchak Rabin ja schon nicht wirklich eine unrealistische Friedenstaube, aber seine alles in allem vergleichsweise moderate und einzig Erfolg versprechenden Friedensbemühungen reichten aus um ihn als Staatsfeind Nummer eins auf die Liste der ultraorthodoxen Juden zu setzen: „Rabin nahm am Abend des 4. November 1995 an einer großen Friedenskundgebung auf dem Platz der Könige Israels in Tel Aviv teil. Der Platz trägt heute seinen. Die Veranstaltung stand unter dem Motto „Ja zum Frieden, Nein zur Gewalt“. Jigal Amir, ein jüdischer Fundamentalist und Rechtsextremist, passte den Moment ab, als der Premierminister die Bühne verließ und zu seinem Auto geleitet wurde, und schoss auf ihn. Rabin starb kurz darauf im Ichilov-Hospital.“.

Das war nur das absehbare Ende, ein Mord mit vielfacher Ankündigung: „Ehefrau Leah Rabin berichtet in ihrer Biographie über Anfeindungen, die sie und ihr Mann durchmachen mussten: „„Da ist sie!" brüllten sie, als ich in die Garageneinfahrt unter unserem Miethaus einbog. Ich saß ganz allein in dem Wagen, kein Sicherheitsbeamter bei mir. „Nach den nächsten Wahlen wirst du mit deinem Mann auf dem Marktplatz hängen. Mit den Füßen nach oben. Wie Mussolini und seine Mätresse“, brüllte jemand aus der Menge. … Einige der Demonstranten vor unserem Mietshaus verglichen uns sogar mit Nicolae und Elena Ceauşescu, dem vielleicht meist geschmähten Despotenpaar der Neuzeit … Jitzchak und ich bekamen diese Schmähungen, diese Vergleiche mit faschistischen Unmenschen immer häufiger zu hören, je mehr der Friedensprozess an Dynamik gewann. Auf einer Demonstration in Jerusalem einen Monat zuvor hielt Benjamin Netanjahu am Zionsplatz eine Rede, während irgendjemand ganz in seiner Nähe ein Bild, das Jitzchak in Naziuniform zeigte, vor einer laufenden Fernsehkamera hin- und herschwenkte.. An diesem Freitag, dem 3. November 1995, skandierten die Demonstranten auf der anderen Straßenseite ihre Diffamierungen, bis Jitzchak etwa gegen sechs Uhr abends nach Hause kam…Schon Monate zuvor waren in der Öffentlichkeit die ersten Poster aufgetaucht, die Jitzchak als Verräter und Mörder brandmarkten. Sie hingen an jeder Straßenecke, an Leitungsmasten, Pfosten und an Laternenpfählen. Fotomontagen zeigten Jitzchak mit der kufiyah, dem arabischen Kopftuch. Als ich einmal ohne Jitzchak mit dem Auto aus Jerusalem herausfuhr, bat ich den Fahrer, an einer Kreuzung anzuhalten. Wir stiegen aus und rissen diese schrecklichen Poster herunter, die Jitzchak als Verräter Israels darstellten.“

Am Abend des 4. November 1995 starb nicht nur Premier Rabin, es starb ganz Israel.

Rabin, Clinton, Arafat 1993, Bild: Wikipedia

Wobei der Tod für Rabin sofort kam, während Israel damit seinen quälenden Todeskampf lediglich endgültig einleitete. „Gewalt untergräbt das Fundament der israelischen Demokratie. Ich bin 27 Jahre lang Soldat gewesen. Ich habe so lange gekämpft, wie der Frieden keine Chance hatte. Jetzt aber gibt es eine Chance, eine große Chance, und wir müssen sie ergreifen, denen zuliebe, die hier sind, und auch um jener willen, die nicht gekommen sind.“ gehört zu den letzten Worten Rabin’s am 4. November, sie waren damals so wahr wie heute, und sie sind damals wie heute nicht bei den Totengräbern Israels, den Netanjahu’s und Anderen, angekommen. Im Gegenteil. Die drei Toten Teenager sind nur Symptom, nicht Ursache, der Gewaltorgien die im Vorfeld und im Nachfeld ihrer Auffindung in Israels Namen geschehen. So sollte man meinen, dass der biblischen „Gerechtigkeit“, Auge um Auge, Zahn und Zahn, mit der Tötung von sechs Palästinensern und dem platt machen dutzender Häuser durch israelische Panzer und Bombardements bei der “Suche“ nach den Unglücklichen genüge getan sei. Pustekuchen. Die Durchgeknallten Orthodoxen und Militanten des Landes rasten jetzt förmlich aus. Als wäre alles Unglück nicht bereits genug, beginnen diese Irren nun mit Rachemorden an palästinensischen Jugendlichen, als hätte man von denen nicht schon aus kleinerem Anlass genug getötet und als benötige man für jeden toten Siedler nicht mindestens ein dutzend geköpfter Feinde. Oder was man dafür hält. „Tiere in Menschengestalt“, wie Netanjahu klar machte? 

Tod ist nicht gleich Tod. Ein Blick in den Spiegel möge manchem in dieser Frage weiterhelfen.

1995, das war nicht nur der letzte Zeitpunkt für Frieden und Rettung Israels, es war auch die Zeit des wahnhaften Glauben an das ewige Wachstum des Westens und daran, dass man „Geld fressen“ könne, wenn man nur genug davon produziere. Obwohl dieser Wahn bereits erkennbar gescheitert ist, er ist als Eigenschaft jeden Wahns, nicht zu Lebzeiten der Befallenen auszurotten. Die jetzige Situation Israels ist nun bereits mittelfristig hoffnungslos geworden. Es ist wie mit einem Schiff das Leck geschlagen ist. Die Mannschaften ganz unten im Maschinenraum melden an die Brücke, dass das Leck aufgrund des äußeren Wasserdrucks immer größer wird. Es ist absehbar, dass die Lenzpumpen in zwei bis drei Stunden die Wassermassen nicht mehr herausbefördern können, und schlimmer noch, der Treibstoff für die Pumpen droht obendrein auszugehen. Oben auf der Brücke, weit ab der dramatischen Situation unter Deck, stehen die Offiziere vor der Entscheidung was zu tun ist. Das Schiff jetzt, wo noch Zeit genug ist, aufzugeben und die Passagiere und Besatzung ohne große Verluste Evakuieren? Oder weiter fahren nach dem Prinzip Hoffnung und das man doch noch eine Stopfen für das Loch und Sprit für die Pumpen auftreiben kann? Allzu oft entscheidet sich der Kapitän, der letztendlich so oder so die Verantwortung übernehmen muss, für’s abwarten und weiter fahren. So lange bis die Schlagseite des Schiffes unübersehbar wird und die Rettungsboote gar nicht mehr zu Wasser gelassen werden können mit dem Erfolg, dass das Schiff in Sichtweite der rettenden Küste mit Mann und Maus versinkt. Wobei dann wie in jüngster Geschichte öfters zu beobachten war, der Kapitän und seine Offizier die ersten und auch letzten sind, die den gurgelnden Kahn verlassen und seine Opfer im Stich lassen. So werden wir es auch mit Israel erleben müssen. Die Löcher sind längst zu groß, die Lenzpumpen schwächeln, und der äußere Druck aus Okkupation, Krieg und Hass, wirtschaftlicher Krise, Religionswahnsinn und Flüchtlingströmen nimmt unaufhaltsam zu.

Der afrikanische Flüchtlingsdruck an der EU-Seegrenze aber hier insbesondere an der Sinai-Landgrenze zu Israel, erreichen Rekordwerte. Der Durchbruch der ISIS und des militanten Islamismus bis an die jordanische Grenze steht im Raume. Auch hier ist die Frage nicht ob sondern wann und wo zuerst dies geschieht. Zwar stemmen sich der Iran und auch die USA in einem seltsamen Zweckbündnis dagegen, aber sie werden die Entwicklung bestenfalls ein paar Monate oder Jahre aufhalten können. Saudi-Arabien, scheinbar des Westens und damit Israels Freund, fährt ebenfalls eine Zwitter Rolle. Denn der territoriale und religiöse Konkurrent Iran soll keinesfalls im Irak gestärkt werden, man unterstützt und beliefert daher gerade die ISIS und Konsorten. Die Liebe zu Israel ist dabei genauso limitiert wie im Iran, es wird öffentlich lediglich weniger deutlich artikuliert. Auch die Regionalmacht Türkei ist in der Zwickmühle zwischen demokratischem Säkularismus, Sultanat Erdogans Prägung, Islamismus und Kurdenproblem, Pro-Israelismus steht da jedenfalls ganz weit hinten an. Die USA und auch die EU aber können nur in einem Boot mit Türkei, Iran, Saudi-Arabien und Jordanien schippern, Israel ist da nur der Steuermann der ganz am Ende der Schaluppe sitzt und mal Hü und mal Hott schreit. Und nach absehbarer Zeit von den genervten Ruderern irgendwann als entbehrlich angesehen werden dürfte.

Der Nahe Osten steht jedenfalls vor einer gründlichen und blutigen Neuordnung. Auch wir hier auf der scheinbar sicheren Wohlstandsinsel BRD oder gar der entfernteren USA werden davon nicht unberührt bleiben können. Obama, der ursprünglich jedes Eingreifen ausschloß, zumindest „keine“ Bodentruppen in den Irak senden wollte, hat nun schon rund 1000 Mann vor Ort inklusive Hightec-Waffen und Munition stehen. Weitere 5000 lauern auf Flugzeugträgerverbänden vor den nahegelegenen Küsten. Nichts ist in den USA unpopulärer als eine weiterer Krieg mit relativ gewissen negativen Ausgang für die „Boys“. Aber die „Macht des Faktischen“ verlangt ganz anderes: Alles oder Nichts. Mit schwachen Kräften sieht das Ergebnis in Kürze wie Weiland in Vietnam aus, die letzten „Boys“ werden dann vom Dach der US-Botschaft per Hubschrauber aufgesammelt, inklusive von Irakern die sich verzweifelt noch an die Kufen der Flugmaschinen krallen. Nicht nur dass dann der Weg über Jordanien Richtung Israel frei wird, es wird auch eine weitere Signalwirkung auf revolutionäre Kräfte aller Art in Nahost haben: Seht, auch die Stärkste Kraft der Welt kann Uns und Allah nicht lange widerstehen! Der Ausweg ist eigentlich kein wirklicher für den Westen: Mit aller Kraft dagegen zu halten, also ein Krieg ohne vorgegebenes Limit. Vulgo Weltkrieg, denn Russland und China werden dann ebenfalls ihre Interessen und militärischen Fähigkeiten einzubringen wissen. Echte Alternativen sehen anders aus.

Israelisches U-Boot der Dolphin Klasse, Atomfähig, Bild: Wikipedia
Lässt man den Zerfall des Iraks aber zu, und es sieht danach aus, so wird in der Folge erst die wirkliche Apokalypse drohen: Die Vernunft hat sich in Israel schon vor zwei Jahrzehnten verabschiedet, als nächstes steht nun das Versagen der Lenzpumpen bevor. Die Maschinisten drehen ehedem schon durch, Siedler begehen Rachemorde an palästinensischen Kindern und mehr steht noch bevor. Hilfreich ist dass nicht, bestenfalls mit einem Maschinisten zu vergleichen, der aus Wut einen unschuldigen Wassereimer umtritt. Es macht die Situation nur noch schlechter. Die Offiziere auf der Brücke aber machen weiter größenwahnsinnigen „business as usual“. Wenn in absehbarer Zeit aber erstmal die Bordwand einbricht wird man endgültig in Panik geraten. Was wird man unternehmen können und wollen, wenn sich die Massen erstmal eine Bahn über die Grenzen zu brechen drohen? Wenn nicht nur ein paar verzweifelte an den Grenzzäunen ihr Leben aufs Spiel setzen, sondern Hunderttausende anstehen? Sei es Militante und/oder Flüchtlinge? Wenn ein Schlachten zu befürchten ist, dass den gebetsmühlenhaft herangezogenen Vergleich mit dem Holocaust in den Schatten zu stellen droht? Wird man sich dann auf der Brücke daran erinnern dass man ja noch ein paar hundert Atombomben, Atom-Raketen und U-Boote im Arsenal hat? Raketen deren Reichweite fernab jeder Notwendigkeit liegen, die aber in Israel entwickelt und gebaut wurden, warum nur? Raketen, die nicht nur in die bedrohlichen Nachbarländer, sondern notfalls möglicherweise auch zur Zähmung der Widerspenstigen auf Berlin, Paris, London und sogar Washington, Moskau und Peking zielen könnten? Undenkbar? Natürlich, verlassen sie sich drauf.

Man müsste bei allen beteiligten Parteien in Nahost, intern und extern, schon eine Unzahl von Kröten zu schlucken bereit sein um das absehbare Szenario langfristig zu vermeiden. Mehr Kröten als im ganzen Nahen Osten überhaupt existieren. Auch könnte man das tun, was ein verantwortungsvoller Kapitän zu tun bereit wäre: Den Kahn in Ruhe komplett zu evakuieren, bevor es dafür ohne große Opfer zu spät ist. Mehr als unwahrscheinlich, zudem die Welt nicht mehr viele Häfen für die Aufnahme der Schiffsbrüchigen bereit hält. Jedoch ist „business as usual“, so oder so, genau die Option die lediglich ein wenig Zeit erkauft, zum Preis einer immer größeren Katastrophe, nein Apokalypse, für Israel und auch der Welt.