Donnerstag, 14. Oktober 2010

Tandemvipera Herbstbösachten 2010

„In ihrem Herbstgutachten, das sie heute veröffentlichen, erwarten die Institute einen Anstieg des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 3,5 Prozent, erfuhr das Handelsblatt aus mit den Daten vertrauten Kreisen. 2011 dürfte die Wirtschaftsleistung um weitere zwei Prozent zulegen. Damit wäre am Ende des kommenden Jahres schon wieder das Vorkrisenniveau erreicht. ....Damit ist Deutschland der Superstar in Europa. Denn dem Gutachten zufolge wird die Wirtschaft in der gesamten Euro-Zone in diesem Jahr um 1,6 Prozent zulegen, im kommenden um 1,3 Prozent. ...“ schreibt heute das Handeslblatt. Die gleichzeitige überproportionale Erhöhung der Schulden und Vermögen spielt in der Analyse gleichwohl keine Rolle, denn es gilt als ausgemacht: “...Lohnerhöhungen und sinkende Arbeitslosigkeit lassen die gesamtwirtschaftliche Lohnsumme kräftig steigen. Sie gilt als Schlüsselgröße für die Entwicklung der Staatsfinanzen, weil sie maßgeblich das Steuer- und Beitragsaufkommen bestimmt....“. Klingt so lässig, ist aber purer Zynismus: Erst bezahlt der Schaffende seinen eigenen Aufschwung per Pump, und dann muss er die damit verbundene Stützung und Erhöhung der Vermögen natürlich auch noch selbst abstottern. Von angemessener Vermögensbesteuerung ist selbstverständlich keine Spur zu entdecken, schon gar nicht bei den immer selben „Wirtschaftswaisen“.

Nun der momentane Aufschwung, oder besser die Erholung, ist nicht mehr als die übliche zyklische Schwankung der Konjunktur um den langfristigen Mittelwert. Natürlich erzeugen die irrwitzigen Milliardenbeträge auf Rechnung des Kleinen Mannes für eine vorübergehende Besserung, aber diese Beträge sind ja nicht verschwunden sondern nur zu Vermögen in anderen Händen geworden. Und die jetzt ganz selbstverständlich für das geschenkte Geld Zinsen aus dem BIP verlangen und konsequent abpumpen. Das führt dann zu den gut beobachtbaren Rückschlägen, die jedem so geborgten Aufschwung folgen müssen.

So lesen wir im gleichen Blatt: „Fazit: Die zusätzlichen Schulden, die viele Staaten machten, um ihre Banken zu retten und die Konjunktur zu stabilisieren, haben bestehende Probleme bei den Staatsfinanzen verschärft. "Die Staatsschuldenquoten sind 2010 in vielen Fällen bereits so hoch, wie S&P sie erst um das Jahr 2030 erwartet hätte", sagt Moritz Krämer, Direktor für Länder-Ratings in Europa, Nahost und Afrika.... Vor drei Jahren war S&P noch zu dem vergleichsweise undramatischen Ergebnis gekommen, dass die Schuldenquote - also das Verhältnis der Staatsverschuldung zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) - in Deutschland bis 2050 auf 99 Prozent steigen werde. Heute kommt die Agentur auf schockierende 400 Prozent des BIP. Und in den übrigen G7-Staaten sieht es meist nicht besser aus..... So errechnete der Ökonom Jagadeesh Gokhale Anfang 2009, dass jedes EU-Land im Schnitt ungedeckte Zahlungsverpflichtungen von 434 Prozent seiner jährlichen Wirtschaftsleistung habe. Diese Verpflichtungen resultierten vor allem aus Zusagen umlagefinanzierter Sozialkassen....".

Das vorhersehbare Schulden angeblich keine sind, dafür ergreift Hr. Rürup Stellung: „..der Ex-Chef des Sachverständigenrates sieht daher solche Betrachtungen kritisch. "Auf Grund der qualitativen Unterschiede ist es nicht seriös, explizite und implizite Staatsschulden zu einer Größe zusammenzurechnen", kritisiert er. Der entscheidende Unterschied zwischen expliziten und impliziten Schulden bestehe darin, dass explizite Schulden verbrieft und privatrechtlich geschützt seien, während implizite Schulden auf Transferansprüchen basierten. Und diese Ansprüche könne der Staat jederzeit einseitig zurücknehmen, wie etwa die diversen Rentenreformen in Deutschland zeigten. "Es ist daher einfacher, implizite Schulden zu reduzieren", sagt Rürup...“ Und obiger Hr. Krämer assistiert: "Je früher die politisch Verantwortlichen die Bevölkerung darauf einstellen, dass sie ihre Versprechungen nicht einhalten können, desto leichter wird der Anpassungsprozess werden."

Im Klartext: Niemand denkt wirklich daran, außer Sie selbst vielleicht, ihre Renten und Pensionsansprüche in Zukunft zu begleichen. Es ist nun mal Fakt, das bei Fortsetzung der jetzigen Finanzpolitik, oder besser und genauer: Verteilungspolitik, ab den 2020er Jahren selbiges völlig illusorisch ist. Das vorher zu sagen, dafür reicht die Bedienung eines einfachen Taschenrechners völlig aus.

Also, lassen wir uns weiter veralbern. Deswegen lieben wir ja den Karneval im Rheinland so sehr, „...et hät noch eme jot jejange..wat kost die wält, dat es doch ejal...drenk doch ene met un stell dich net su a!“. Möchten Sie noch so einen Scherz hören: So hatten wir doch dem letzt den EU-Bankenstresstest. Ergebnis: Der Bedarf an Zuschüssen für die europäischen Banken läge bei lediglich 3,5 Mrd. Euro. Nun denn, wenig später springt Irlands Regierung seiner Hausbank mit 70 Mrd. Euro bei und treibt das Staatsdefizit auf den europäischen Rekordwert von rund 32%. „Tärä, Tärä, Tärä...und Tusch“. Na, wo bleibt ihr Lachen, haben Sie etwa den Witz nicht verstanden? Seien Sie doch nicht so humorlos, die im Hintergrund haben sich jedenfalls halb totgelacht, das niemanden der Gag so richtig aufgefallen ist.

Aber damit gehen uns die Gag’s noch lange nicht aus: Kennen Sie den: „Griechenland kriegt seine Schulden in den Griff“, ein echter Brüller, sage ich ihnen. Der geht so: „...Griechenland will die Milliardenhilfen von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds (IWF) womöglich später zurückzahlen als bislang vereinbart. ...Unterdessen gelang es Griechenland, eine neue Anleihe zu platzieren. Das Land sammelte über Geldmarktpapiere mit einer Laufzeit von 26 Wochen 1,17 Milliarden Euro ein. Die Rendite habe mit 4,54 Prozent niedriger als im September gelegen, teilte das griechische Finanzministerium mit. Es sei ein weiterer Teilerfolg auf dem langen Weg zur Genesung der griechischen Finanzen, urteilten Bankexperten in Athen. ...“. Der ist gut, gell? Nicht verstanden? Na gut, ich erklär den Witz: Erstmal können die Griechen natürlich nicht wirklich zahlen. Nun gut, das wissen wir alle, aber deswegen ist der Witz ja so ulkig. Also schiebt man das vereinbarte Zahlungsziel schon mal auf den Sankt Nimmerleinstag, und das nur ein paar Monate nach dem man das vereinbart hatte. Man, das zerreißt mir jetzt das Zwerchfell...und weiter geht’s: „...Die Schuldenlast ist nach wie vor hoch, die Wirtschaftsleistung geht zurück, und Proteste der Bevölkerung nehmen zu. Aber gerade in den vergangenen zwei Wochen legten griechische Papiere eine beeindruckende Entwicklung hin: Die Renditen für zehnjährige Papiere gingen um rund 1,5 Prozentpunkte zurück. Sie fielen von 10,42 Prozent am 24. September auf 8,94 Prozent. ...“. Klasse nicht war, wissen sie was „nur“ 8,94% bedeuten? In zehn Jahren liegen da statt 330 Mrd. Euro rund 777 Mrd. Euro Schulden. Das ist ein Schenkelklopfer, nicht wahr, und wieder hat’s keiner gemerkt, einfach Suuuupeeeer!

Und auch die HRE ist immer für einen gut: „...Erster Schritt zur Rückkehr in die Normalität: Die verstaatlichte Immobilienbank Hypo Real Estate will Garantien des Bundes im Wert von 23,5 Milliarden Euro zurückführen. Damit müssten die Bürgen nur noch für gut hundert Milliarden einstehen....“. Nur noch 100 Milliarden, was ein Glück. Aber wieder haben Sie den eigentlichen Witz nicht so richtig bemerkt: Die „Normalität“ ist einfach die, das die HRE kürzlich rund 200 Mrd. in eine ebenfalls staatliche BadBank der Soffin auslagern durfte. Die kleben Ihnen lieber Leser nun als Sondervermögen und zukünftige Steuerlast unmittelbar und endgültig noch zusätzlich am Bein! Und, und, jaja, da kommen noch sukzessive viel mehr solcher Dinger hinterher...bis Sie irgendwann die komplette Malaise am Hals haben...während dessen die HRE-Manager wegen selbiger „Normalität“ dann auch in 2011 ganz offiziell und ungeniert dicke Bonis einstreichen dürfen....manoman, ist Der gut.

Und ein Witz jagt den Nächsten, hier noch Einer von den guten: „...Die US-Notenbank kündigt neue Geldspritzen an und prompt schnellt der Dax auf den höchsten Stand seit September 2008....„Es passt im Moment einfach alles“, erklärte ein Händler in Frankfurt die gute Stimmung der Investoren....Nach dem am Dienstagabend veröffentlichten Protokoll der September-Sitzung ist die Fed bereit, möglicherweise schon nach der nächsten Zinssitzung im November billiges Geld in die Wirtschaft zu pumpen. Die US-Notenbanker hätten den Eindruck, dass schon bald wieder weitere Konjunkturhilfen angemessen seien, ging aus der Mitschrift der Sitzung hervor....“.

Ja bei Dem "passt wirklich alles", wir drucken fleißig, Geld, damit Sie sich nicht nur ihre verbrieften Lebensabend abschminken können, sondern auch Ihre kleinen Vermögen. Aber keine Sorge, ab 300 Millionen sind Sie trotzdem auf der sicheren Seite. Und das Ziel ist ja absehbar, auch wenn Sie dann dafür nur noch eine Tüte Brötchen kriegen. Bis dahin können Sie sich aber mit ein bisschen Handel die Zeit vertreiben: „Es ist die alte Geschichte: das Gerede über ein Paket zur Stimulierung der US-Wirtschaft und zu viel Liquidität“, sagte Rohstoffhändler Ronald Leung von Lee Cheong Gold Dealers in Hongkong. „Es gibt praktisch keine Zinsen, deshalb rennt jeder in Rohstoffe und in den Aktienmarkt.“ Nach seiner Einschätzung könne die Marke [für Gold] von 1.400 Dollar schon bald erreicht sein.... Der Euro stieg am Donnerstagmorgen auf bis zu 1,4094 Dollar und war damit so teuer wie zuletzt Ende Januar.... Die Anleger spekulierten darauf, dass der Dollar bei weiteren Geldspritzen der Notenbank noch stärker falle, sagte ein Händler. Laut den am Dienstag veröffentlichten Protokollen der jüngsten Notenbank-Sitzung verfestigte sich zuletzt die Bereitschaft der Banker, die Dollar-Notenpresse wieder anzuwerfen....“

So scherzt die Financial Times Deutschland weiter: „...Die Amerikaner zwingen der Welt eine Inflation auf - die muss nun überlegen, wie sie darauf reagiert..... Eine wichtige Rolle spielt bei beiden Prozessen eine aggressive Geldpolitik der Industrienationen, speziell der USA. Grob gesagt: Die Amerikaner wollen dem Rest der Welt eine Inflation verpassen, während die Welt den Amerikanern eine Deflation aufzwingen will. Die USA stehen dabei bereits als Sieger fest, denn ihr Munitionsvorrat ist unbegrenzt: Die Fed kann so viele Dollars drucken, wie sie möchte. Ausgehandelt werden müssen nur noch die Bedingungen, zu denen der Rest der Welt kapituliert, also die notwendigen Veränderungen der nominalen Wechselkurse und die innenpolitischen Reformen, die weltweit stattfinden müssen....China will [dagegen] den Vereinigten Staaten ein deflationär wirkendes Sparen auferlegen, so, wie Deutschland es mit Griechenland macht. Das wird aber nicht geschehen und wäre auch nicht im Interesse Chinas. Als Gläubiger käme es zwar in den Genuss eines realen Wertzuwachses der Forderungen gegenüber den Vereinigten Staaten. Eine dortige Deflation könnte jedoch zu einer weltweiten Wirtschaftskrise führen.... Anstatt bei der Anpassung der Wechselkurse und des Außenhandelssaldo die Zusammenarbeit mit den anderen zu suchen, zwingen die USA ihren Willen per Druckermaschine auf. Die Amerikaner werden diesen Krieg gewinnen. Leider entsteht auch dadurch ein heilloses Währungsdurcheinander.... Es wäre für alle Beteiligten besser, eine kooperative Lösung zu finden. ...Ihr Gipfeltreffen in Seoul im November ist dafür die nächste Gelegenheit. Die Notwendigkeit besteht, aber ob auch der Wille da ist, darf bezweifelt werden.“

Aber der dezente Humor der Chinesen geht tiefer. Zwar könnten Sie ihre inzwischen 2,65 Billionen (2.650.000.000.000) Dollarchen einfach verkaufen um die Langnasen in Übersee in die Knie zu zwingen. Aber es geht noch viel besser, so lang die Grünen noch einen Wert besitzen: „... Peking kontrolliere "weltweit zunehmend den Zugang zu strategischen Rohstoffvorkommen, was langfristig Versorgungsengpässe insbesondere bei seltenen Metallen" in Europa befürchten lasse.... In Zentralasien sichere Peking mit "aggressiven Finanzierungspraktiken" die eigene Versorgung. Neben dem Streit über die Währungspolitik droht ein weiterer heftiger Wirtschaftskonflikt zwischen China und dem Westen. "Sie haben unsere vorübergehende Schwächephase genutzt und sich mit einer subventionierten Finanzierung Marktanteile gesichert", sagte der scheidende Ost-Ausschuss-Vorsitzende Klaus Mangold.“

Haben Sie’s gemerkt: „...unsere vorübergehende Schwächephase...“, saugut nicht wahr? Und da wird noch einer drauf gesetzt: „...Brüderle (FDP) bezeichnete die Ausfuhrbeschränkungen der Chinesen auf sogenannte seltene Erden am Mittwoch in Schanghai als "unfreundlichen Akt". China kontrolliert mehr als 90 Prozent mancher seltenen Metalle und hatte die Exportquoten zuletzt verringert. ... Vor allem in Zentralasien bringe China Rohstoffvorkommen offensiv unter seine Kontrolle, klagt der Ost-Ausschuss. Peking nutze dabei die Vorteile einer Staatswirtschaft, sagte Mangold: "Die Chinesen zeigen, dass sie als staatlich gelenktes System in der Krise antizyklisch handeln können." In Kasachstan oder Usbekistan decke sich China mit strategisch wichtigen Rohstoffen ein und biete dafür Kredite "quasi zum Nulltarif"....“. Das ist jetzt natürlich der Treppenwitz der Geschichte „...Die Chinesen zeigen, dass sie als staatlich gelenktes System in der Krise antizyklisch handeln können.“ während für unsere kapitalistische Koalition gilt: “... Das Kanzleramt dämpfte am Mittwoch Hoffnungen auf eine härtere Gangart gegenüber China. "Das Aufkaufen von Rohstoffen ist in Deutschland nicht Staatsangelegenheit, sondern Sache der Unternehmen", hieß es....“.

Der ist so gut , dass es mich förmlich schüttelt und zerreißt: Der Sieg des Kommunismus über den Kapitalismus...jaja, richtig, China ist immer noch ein kommunistisches Land...Marx und Mao kugeln sich jetzt im Sarg!

Nun werden Sie aber bitte nicht gleich fremdenfeindlich, und schließen sich etwa einem der vielen neuen Karnevalsvereinen an: „...Laut einer neuen Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung haben im Zuge der Wirtschaftskrise ausländerfeindliche Haltungen deutlich zugenommen. So glaubt jeweils rund ein Drittel, Migranten kämen allein nach Deutschland, um den Sozialstaat auszunutzen und sollten in Zeiten knapper Arbeitsplätze wieder in ihre Heimat geschickt werden.....Viele hier gemessene Einstellungen zeigen nicht einfach eine Unzufriedenheit mit den ökonomischen Zuständen - sondern Werte, die mit einer liberalen Demokratie unvereinbar sind. Dazu gehört etwa der Wunsch nach einem "Führer mit harter Hand" (13 Prozent Zustimmung) oder einer einzigen "starken Partei" für die "Volksgemeinschaft insgesamt" (knapp 24 Prozent). Und dazu gehört auch der Wunsch, Moslems erheblich in der Ausübung ihrer Religion einzuschränken (58 Prozent).....Im Westen Deutschlands ist die Mittelschicht zum Teil rechtsextremer als die Unterschicht. Dass auch die Mitte der Gesellschaft nach rechts rückt, erklären die Autoren mit der Abstiegsangst in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. ...Dreizehn Prozent der Befragten sind laut Studie der Meinung, die Deutschen seien anderen Völkern "von Natur aus überlegen". Fünfzehn Prozent glauben die Juden hätten etwa "Eigentümliches an sich und passen nicht so recht zu uns". Und mehr als ein Drittel findet, Deutschland sei "in gefährlichen Maß überfremdet".“

Je später der Abend, desto schlechter die Witze...unser starker Führer, Heil Koch oder wer sonst auch immer, der kommt auch noch frisch belebt aus der Gruft zurück....zum scheissen, äh schiessen. Also machen wir erstmal Schluss für heute, ein paar von den wirklich Guten spar ich mir noch für die kommende Session auf.

Denn eins kann ich Ihnen versprechen, diese Session war schon gut, aber die nächste in 2011, die wird noch viiieeel Besser!

Montag, 4. Oktober 2010

Dead Man Walking V: Zur mathematischen Rigorosität des DMWM

Nicht jede Wissenschaft ist so vertraut mit der Methode der mathematischen Modellbildung wie die theoretische Physik. Für viele Leser dieses Blogs, insbesondere unter klassischen Ökonomen, ergeben sich daher ein paar grundsätzliche Fragen zum hier vorgestellten DMWM.

Dies sind insbesondere:

Warum macht man überhaupt eine mathematische Modellierung, welchen grundsätzlichen Vorteil hat das gegenüber qualitativen und empirischen (statistischen) Überlegungen?

Wie macht man so etwas denn sinnvoller Weise?

Warum kann denn dann irgendein Modell A, gegenüber einem anderen Modell B, einen größeren Anspruch auf Richtigkeit für sich reklamieren? Wieso taugen insbesondere das IWF 2005 Modell oder das Harrod-Domar Modell so wenig?


Nun, warum macht man mathematische Modellierungen? Es ist so, dass sich in jeder modernen Wissenschaft Experiment und Theorie gegenseitig ergänzen können und müssen. Dieser Wechselwirkungsprozess funktioniert, indem empirische Beobachtungen, das können gezielte Experimente oder eben Statistiken (wie die der DeStatis und Bundesbank) oder nur Umfragen sein. Der Erfolg solcher Experimente ist eine Kenntnis über die Wirkungen, die ein gegebenes System zeitigt. So in unserem Fall etwa die statistisch belegte Tatsache, dass der Kapitalstock i.d.R. exponentiell und bei weitem stärker wächst als das zugrunde liegende BIP, welches im Gegensatz dazu endlich in eine Stagnationsphase mündet. Oder das mit dem Wachsen des Kapitalstockes einerseits natürlich der (nominale) Reichtum zunimmt, aber im praktischen Gleichschritt auch die Armut. Zufall oder Regel?

An diesem Punkt setzt Theoriebildung ein. Denn wenn man aufgrund der Daten zu einer Idee über die zugrunde liegenden Ursachen kommt, dann lässt sich so etwas relativ einfach in eine Differentialgleichung formulieren, die dann nur noch integriert werden muss. Im Idealfall gelingt das auch analytisch, in sehr vielen Fällen muss man aber numerisch integrieren, was praktisch immer geht. Außer bei so komplexen Modellen, wie etwa Klimamodellen, die auch heute noch die Rechenpower selbst der modernsten Rechner überfordern.

Der Vorteil der Theoriebildung ist genau diese Rückführung eines Systems auf seine elementaren Ursachen. Denn erst wenn man die genügend verstanden hat, kann man wirksame Maßnahmen an den Wurzeln des Übels ansetzen, anstatt immer nur an den Symptomen herum doktern zu müssen. Hinzu kommt noch die Erfahrung aus vielen naturwissenschaftlichen Problemen, dass ausgesprochen komplexe Systeme meist aus der Kombination ganz weniger und meist simpler Ursachen folgen (so genannte Emergenz). Das macht die Theoriebildung eben so stark. Insbesondere entwickeln sich aus der dann möglichen mathematisch stringenten analytischen Betrachtung neue Zusammenhänge, die wiederum durch Experimente verifiziert, oder falsifiziert, werden können und müssen. Und dann beginnt das Karussell von neuem, bis, möglichst alles, stimmig ist.

Nun, wie macht man so etwas in rigoroser Weise? Das ist leider an den Unis, so meine Erfahrung, kein so gängiges Thema. Auch gerade bei theoretischen Physikern, die wie keine andere Naturwissenschaftler gründlich auf mathematische Modellbildung getrimmt sind, wird das zwar in allen Variation durchgekaut, aber letztlich doch häufig der Intuition, der Übung und praktischen Erfahrung überlassen. So stellt man Modelle schnell "aus dem Bauch heraus" auf, da man einfach im Urin hat, wie das am besten funktioniert. So habe ich es beim DMWModell natürlich auch erstmal gemacht.

Zur tieferen Begründung des DMWM, und im Besonderen auch als Ideensteinbruch für junge Ökonomen, schreibe ich nun diesen Beitrag zum Verständnis der Methodik und als Aufruf zur Weiterentwicklung durch interessierte Ökonomen. Denn da ist, wie wir sehen werden, noch viel Luft nach oben drin. Das Folgende setzt aber einiges an mathematischen Grundverständnis voraus: Wer sich als Natur- oder Ingenieurwissenschaftler mit solchen Modellierungen regelmäßig auseinander setzt kennt diese. Ökonomie ist im Grundsatz eigentlich ebenfalls eine Ingenieurswissenschaft, sie wird allerdings oft mehr in der philosophischen Ecke angesiedelt bzw. sie bildet gar eine eigene Zwitter-Fakultät (WiSo-Fakultät), was der Sache allerdings weniger gerecht wird und viele aktuell augenfällig gewordene Mängel erklärt.

Nun, welche grundsätzlichen Ansprüche stelle ich an ein mathematisches Modell (Theorie)?

Erstens: Es muss natürlich das im Experiment (Statistik) tatsächlich beobachtete Verhalten mit ausreichender Genauigkeit wiedergeben. Und zwar nach Möglichkeit global, das heißt über den gesamten Verlauf des Systems, und nicht nur lokal (d.h. nur für einen kleineren Bereich).

Zweitens: Es muss Konsistenzbetrachtungen stand halten. So etwa sollten Erhaltungsgrößen auch erhalten bleiben. Das drückst sich in so genannten Kontinuitätsgleichungen aus.

Drittens: Im ersten Ansatz sind wir natürlich mit einer nur globalen Übereinstimmung zwischen Theorie und Experiment schon zufrieden, ohne gleich jedes Detail erklären zu wollen (wissenschaftlich ökonomisches Handeln: erstmal das Grobe, der Feinschliff kommt später). Im Idealfall, einer Kascade der wechselseitigen Beeinflussung zwischen Theorie und Experiment, stimmen aber am Schluss die theoretischen und gemessenen Werte praktisch überein, denn jedes gute Modell lässt sich durch hinzufügen weitere Einflussgrößen (Ursachen) bzw. Anpassungen verbessern (Wirkungserklärung). Also für den Anfang gilt immer: So einfach wie möglich. Aber nicht einfacher! (Denn Letzteres führt direkt zu singulären und inhaltsleeren Gleichungen).

Viertens: Mathematisch nicht so hauptsächlich aber wichtig ist, dass die behaupteten Ursachen begründbar und nachvollziehbar sein sollten ("gesunder Menschenverstand"). Und natürlich muss es mathematisch (physikalisch) sauber sein, aber dass ist eigentlich nicht mehr als eine Selbstverständlichkeit (eine notwendige, aber keineswegs hinreichende Bedingung).

Kommen wir also zu unserem speziellen Problem: Gesucht ist eine Lösung für den Zusammenhang zwischen Kapitalstock (Aktiva bzw. Passiva, K(t) ) und dem Bruttoinlandsprodukt (BIP, Y(t) ) im zeitlichen Verlauf einer Volkswirtschaft.

Das es einen Zusammenhang zwischen Kapitalstock und BIP gibt, ist ganz offensichtlich und ist auch allgemein akzeptiert. Nur, wie sieht er konkret aus?

Die „aus dem Bauch“-Modellierung sieht so aus: Ich habe eine vernünftige Idee über die Ursachen (Änderungsraten df/dt), und dann schreibe ich die einfach mal als Differentialgleichung (DGL), bzw. da wir die Abhängigkeit zweier Größen suchen, als Differentialgleichungssystem (DGLS) hin. Außerdem probiere ich erstmal einen linearen Ansatz, weil der einfacher ist und erfahrungsgemäß oft schon die Lösung bringt. Dann teste ich die Lösung auf Konsistenz, wenn’s geklappt hat ist es o.k., wenn nicht, muss ich halt was an meinem Ansatz ändern, in dem ich mir etwa noch mal tiefere Gedanken über die Ursachen mache.

Aber man kann das auch mathematisch rigoroser formulieren: Zunächst haben wir zwei Funktionen, die gesucht werden. Die Änderungsraten d/dt der Funktionen linkerseits sind die Wirkungen, die Funktionen auf der rechten Seiten die dafür (mutmasslich) verantwortlichen Ursachen.

dY/dt= F(t,Y(t),K(t),pi(t)...) und dK/dt= G(t,Y(t),K(t),qi(t)...)

Die Funktionen F und G sind, falls man keine Superidee hat, natürlich zunächst völlig unbekannt. Sicher ist nur, dass sie von der Zeit t, als auch jeweils von der anderen Einflussgröße Y(t) und/oder K(t) abhängig sein müssen. Dazu kommen noch weitere Parameter, nämlich die, eventuell zeitabhängigen Funktionen pijkl(t) und qijkl(t), das können Prozentsätze oder was auch immer für Parameter sein. Aijkl und Bijkl sind einfache Konstanten.

Nun kann man aber einen mathematischen Trick machen, der bei jeder anständig analytischen Funktion gut fluppt: Nämlich eine Darstellung als Taylorreihe:

dY/dt= Sum ( Aijkl pijkl(t) Y^(i)j K^(k)l, …)
dK/dt= Sum ( Bijkl qijkl(t) Y^(i)j K^(k)l, …)

Das geniale an der Taylorentwicklung ist, dass sich jede unendlich differenzierbare Funktion durch eine Reihe von konvergierenden Approximationen ersetzen lässt. So weit so gut, aber nun kann man erstmal die führenden linearen Terme nutzen. Die höher gradigen Terme spielen nämlich rund um den Entwicklungspunkt nur eine kleine oder gar keine Rolle (Aijkl bzw. Bijkl =0). Aus diesem wohl begründeten Fakt heraus, darf ich tatsächlich erstmal einen einfachen linearen Ansatz probieren. Der ist nämlich mindestens lokal, und wenn ich Glück habe, auch sogar global gültig. Also jetzt nur die führenden Terme der Taylorentwicklung:

dY/dt= A000*p0000 + A0100*p0100*Y + A0001*p0001*K + …..
dK/dt= B000*q0000 + B0100*q0100*Y + B0001*q0001*K + …..

Das ist also die erste Stufe der Vereinfachung, denn Terme wie p0101*Y*K oder p0204Y^2*K^4 oder p2201*d2Y/dt2*K etc. pp. fallen erstmal weg, weil sie zumindest lokal, d.h. zumindest auf einem sehr engen Bereich Delta-t, keine Rolle spielen.

Als nächste Stufe sinnvoller Vereinfachungen ziehen wir die Aijkl und Bijkl einfach in die Parameterfunktionen pijkl und qijkl rein, und schreiben also:

dY/dt= y0 + p1*Y + p2*K
dK/dt= k0 + p3*Y + p4*K


Dies ist nun das allgemeinste lineare Modell (*). Hier muss nun die, ökonomisch begründete, Diskussion über den Sinn und die Ausgestaltung der Parameterfunktionen y0,k0,p1,p2,p3,p4 (t) einsetzen. Diese Funktionen sind im allgemeinen Funktionen der Zeit, ggf. aber sind es Pseudo-Konstanten (also so gut wie konstant), oder gar Konstanten, insbesondere können sie auch identisch Null sein.

In die nächsten Überlegungen fließen nun ökonomische und mathematische Konsistenzbetrachtungen ein. Also überlegen wir uns, was die Parameter y0,k0,p1,p2,p3,p4 für eine Bedeutung haben. Die Parameter y0 und k0 ergeben keinen großen Sinn, denn ihre Bedeutung wäre ein sowohl von Y als auch von K völlig unabhängiges Wachstum. Hier könnte man ggf. aber mit der Wirkung von Schattenwirtschaften, wie Tauschhandel oder Falschgelddruckerei Sinn hinein definieren. In einer einigermaßen rechtschaffenden Gesellschaft können wir sie mit gutem Recht zu Null setzen, da sie vermutlich eine nur geringe Rolle spielen:

dY/dt= p1*Y + p2*K
dK/dt= p3*Y + p4*K

Bleiben noch die Parameterfunktionen p1 bis p4. Fangen wir mit erster Gleichung an. Wann wächst die Volkswirtschaft, ohne Kapitaleinsatz, aus sich selbst? Nun ja, wenn man sich ganz lieb hat. Nämlich durch das Bevölkerungswachstum. Zumindest für die BRD kann man das aber gegen das BIP-Wachstum durch Kapitaleinsatz vernachlässigen, denn die Bevölkerung ist in den Nachkriegsjahren bis heute erstaunlich stabil gewesen. Anders in typischen Einwanderungsländern, wie der USA, wo die Zuwanderung das natürliche Wachstum überwiegt. Man kann also p1=0 setzen. Muss man aber nicht, man kann eine geeignete Formulierung von p1(t) auch nutzen, um den Effekt des Bevölkerungswachstums der arbeitenden Bevölkerung auf das BIP zu studieren. Aber hier jetzt:

dY/dt= p2*K
dK/dt= p3*Y + p4*K

Aus Konsistenzgründen sollte nun p2=-p4 sein, denn das Kapital wächst durch Verzinsung aus dem BIP. Neben der Verzinsung aus Investitionen wächst es natürlich auch noch durch die Spareinlagen aus den Einkommen aus dem BIP, ergo ist p3=ps, die Sparquote, in der Ökonomie oft mit S(=ps*Y) bezeichnet. Die Sparquote wiederum ist eine Pseudokonstante, denn die deutsche Sparquote ist langjährige kaum verschieden von um die 10%, somit ps(t)=ps=const. Damit ist man fast fertig:

dY/dt= -pn(t)*K
dK/dt= ps*Y + pn(t)*K

In die konkrete Formulierung von pn(t) (im IWF Modell Buchstabe g) wiederum benötigt eine Annahme über das Verhältnis von Investitionen in die Realwirtschaft zu den Eigengeschäften des Finanzsystems. Mit

pn(t)= pv – pr(t) := pv – pv*a*exp(-(t-T)/T)/e

habe ich jetzt lediglich eine einfache Verlaufsform eingesetzt, die von der empirisch belegten Aussage ausgeht, dass mit der Zeit und exponentiell steigenden Kapitalstöcken das BIP nicht mehr genügend ertragreiche Renditequellen besitzt, so dass der Eigenhandel, d.h. das Investmentbanking, stetig zunimmt. Statt dessen kann man hier natürlich auch aus den statistischen Daten die tatsächliche Verteilung zwischen Realwirtschafts- und Investmentanteilen heraus kitzeln und in das Modell anstelle von obiger Formel investieren.

An dieser Stelle muss man aber zugeben, dass es durchaus verschiedene Möglichkeiten gibt, die Funktionen p2 bis p4 zu gestalten. So wollen klassische Ökonomen die Gleichheit von p2=-p4 nicht gerne einsehen. Denn die klassische Ansicht ist, dass in p2 nur die Menge des in die Realwirtschaft unmittelbar investierte Kapital einfließt, das Geschäft aus dem Interbankenhandel mit Derivaten und Wetten etc. pp. dagegen nicht. Ergo, sollte der Betrag von |p4|>>|p2| deutlich größer als der von p2 sein können, was den negativen Effekt von zuviel Kapital deutlich entschärfen würde. Dem ist allerdings entgegen zu halten, das auch beim Bankeneigenhandel der Gewinn immer aus dem BIP kommen muss. Denn irgendwer muss am Schluss der Kette von Verkäufern und Käufern die Papiere bezahlen. Und der letzte in der Kette entzieht dabei dem BIP Kapital, wenigstens um den Betrag den er demjenigen drauflegen muss, der ihm die Papiere mit Gewinn verkauft. Die Zinsen also. Und das Geld gibt er dann nicht mehr für ein neues Auto aus, sondern legt sich die Lehman-Zertifikate in den Tresor. Oder eine Firma, die ihre Gewinne in solche Papiere anlegt, anstatt neue Maschinen zu kaufen oder Leute einzustellen, weil sie sich höhere Gewinne mit Ami-Schulden versprechen.

Andererseits: Probieren Sie’s aus und setzen sie andere Funktionen ein. Dafür sind solche Modelle ja gerade da. Und dann schauen Sie, ob die reale Entwicklung des Systems besser oder schlechter approximiert wird.



Und, schauen Sie, ob das System dann immer noch konsistent ist!
Denn so eine Kontinuitätsgleichung stellt die so genannte Quantitätstheorie der Ökonomie M*v=x*P dar.
Und die ist im Dead Man Walking Modell tatsächlich erfüllt, der Quotient Mv/xP=1 ist nämlich eine Erhaltungsgröße der Ökonomie und sie bleibt tatsächlich die ganze Zeit konstant (blaue Kurve) und läuft erst aus dem Ruder, wenn das System schließlich kollabiert. Die sehr geringfügigen Abweichungen resultieren aus der Tatsache, dass das DMWM numerisch mit einer Excelltabelle integriert wurde, was immer zu leichten Rundungsfehlern führt.

Vergleichen Sie bitte auch den aus dem DMWM resultierenden Verlauf der Umlaufgeschwindigkeit (gelbe Kurve) mit den Aussagen der Wikipedia zum empirischen Geldumlauf: „...Damit eine Volkswirtschaft störungsfrei funktioniert, muss die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes möglichst konstant sein. Tatsächlich aber sinkt die Umlaufgeschwindigkeit in Deutschland seit 1981 stetig...“, Auch im DMWM fällt die Umlaufgeschwindigkeit seit den 1980er Jahren. Und weiter: „...Für V2 wurde für eine Reihe von OECD-Ländern ein langfristig U-förmiger Verlauf nachgewiesen...“. Nun, das ist genau der qualitative Verlauf wie im DMWM.


Eine tiefere Begründung erhält die alte Ökonomenweisheit Mv/xP=1 auch durch einen Vergleich mit physikalischen Problemen. Denn, schaun wir mal:


dr/dt+div j = 0

Das ist eine normale Kontinuitätsgleichung, wie wir sie aus der Physik kennen. D.h. in diesem Falle, dass die Quelle für einen Strom j die Ladungen r sind. Und, es bedeutet, dass die Ladung eine Erhaltungsgröße ist. Das gilt in allen Systemen mit Erhaltungsgrößen. Man kann die Gleichung auch als Vierer-Vektor schreiben:

Div (j,r) =0

Die Vierer Divergenz ist Div(j,r):= (d/dx,d/dy,d/dz,d/dt)*(jx,jy,jz,r) = (ve * j + dr/dt) =0, mit ve:=Einheitsgeschwindigkeit.

In der Ökonomie gilt nun

vM-xP=0.

Die Einheiten sind für M und P jeweils Euro, für v und p sind es Ereignisse 1/Jahr. Umgeschrieben in so einen Vierervektor steht nun da:

Div(M,-P)=0

Es handelt sich daher bei der Quantitätstheorie genau um die Kontinuitätsgleichung, wie wir sie aus der Physik für elektrische Ströme Div(j,r)=0 kennen, wobei es sich hier aber um Geldströme handelt. Wobei die Preise die Funktion einer (Ladungsquelle) haben. Anders ausgedrückt Die Preise (der Konsum) sind die Quelle der Geldströme (Vermögen). Wer hätte das geahnt...genauer ausgedrückt: Da steht minus P, wobei P das Preisniveau ist. Ergo steigt das Preisniveau (Inflation) so schädigt das die Vermögen, sinkt es (Deflation) stärkt es die Vermögen und schädigt natürlich das BIP.

(Ergänzung 05.10.: Wie man an obigem Plot (blaue Kurve) sieht, geht die Quellfreiheit des Systems in der endlichen Krisenphase verloren. Dies liegt natürlich daran, dass am Ende des Systems extrem viel Kapital ins System eingespeist wird. So drucken ja inzwischen alle westlichen Zentralbanken fleißig Geld. Das wirklich interessante ist aber nun: Der Verlust der Quellfreiheit ist systemimmanent. Sie geht am Ende wegen des exponentiellen Zinseszinseffekt auf jeden Fall verloren. Entweder müssen immer mehr Leute immer wackeligere Papiere kaufen, und wenn die es nicht tun, dann muss der Staat das Zeugs übernehmen, damit das System nicht kollabiert. Und weiter kann man sehen: Wegen Div(M,-P)=0 kriegt man das System nur dann wieder quellfrei, wenn man das Preisniveau P entsprechend kräftig erhöht, also inflationiert. Was Politik und Finanzwesen zur Zeit also unternehmen, ist nur der Zwangsläufigkeit des Systems geschuldet. Wobei man hofft, der letzten Konsequenz der Inflation und Hyperinflation zu entgehen. Nur, die Hoffnung darf man sich abschminken, irgendwann stellt sich das System wieder quellfrei. Was Formeln leider nicht aussagen können ist, ob dies einigermaßen schmerzfrei oder im Chaos enden wird.)

Natürlich kommen solche Analogien zwischen Physik und Ökonomie nicht von ungefähr, denn die Mathematik und die theoretische Physik beschäftigt sich mit Strukturen. Ob Ladungs- oder Geldströme, es macht keinen Unterschied, Namen sind Schall und Rauch. Die Strukturen sind maßgeblich. Und die Makroökonomie ist eine typische mechanische Struktur von Strömen und Quellen.

Hier sei noch zu bemerken, dass die hier beschriebene Methodik und das DMWM natürlich noch erweiterbar sind, durch die Hinzunahme weiterer Einflussgrößen, insbesondere von Außenhandelsungleichgewichten. Das geht recht einfach durch einen weiteren Kopplungsparameter an die Nachbarökonomie. Weitere Varianten sind das Testen von Ökonomien, die auf Investmentbanking verzichten oder die andere Geldsysteme besitzen etc. pp. Natürlich wird das dann immer komplexer und ist nur mit viel Numerik zu erschlagen.

Somit kommen wir abschließende zu der Frage, warum ein Modell A besser oder schlechter als Modell B ist? Die Antwort erschließt sich aus oben gesagten. Die Nagelprobe ist immer die Frage, das heißt der Test, ob die Realität global und mit vertretbarer Genauigkeit wieder gegeben wird, und ob das System insgesamt, sowohl mathematisch als argumentativ bzgl. der Ursachen, konsistent ist.

Das IWF Modell hatten wir hier bereits im Fokus, es ist schlichtweg singulär und sinnfrei. Ein Vergleich mit dem allgemeinsten linearen Modell (*) zeigt nun die Abstrusität deutlich: Erstens enthalten die Gleichungen (1’) dY/dt = g*Y (2’) dI/dt = g*I (3’) dK/dt = g*K keinerlei gegenseitige Abhängigkeiten, was schon ein Ausschlusskriterium ist, und zweitens setzt man faktisch die Rate der arbeitenden Bevölkerungsentwicklung gleich mit der Rate des exponentiellen Wachstums g des Kapitalstockes. Anders gesagt: Damit die Folgerungen des IWF’s annähernd aufgehen, müssten wir heute den Faktor 3,25/0,4 * Einwohnerzahl 1950 an Bevölkerung haben, also etwa 560 Millionen, statt 81. Und die müssten auch noch eine Beschäftigungsquote wie in den Wirtschaftswunderzeiten haben.

Kommen wir noch zum Harrod-Domar Modell. Nun, das Modell bringt so widersprüchliche Ergebnisse, dass es zu Recht keine große Anerkennung gefunden hat. Dito eine Reihe vergleichbarer Systeme. In Bezug auf unser allgemeines System sieht man den Fehler wieder bei den Grundgleichungen: So beginnt die Herleitung mit dY/dt = 1/v * dK/dt. Mathematisch hat er also erstmal alle linearen Terme zu Null gesetzt. 1/v ist eine Konstante, entsprechend p0011. So was könnte man machen, wenn man vorher die eigentlich führenden Terme schlüssig weg diskutiert hätte. Hat er aber nicht, sondern nur eine schwammige Vermutung genommen und die empirisch nicht belegbaren Effekte ignoriert. Zwar ist hier Y=Y(K) schon mal abhängig formuliert, o.k., aber was steht denn da: Das BIP wächst gleichförmig mit dem Kapitalstock. Kurz um: Hier wird die Behauptung zur Voraussetzung der dann folgenden Ableitungen gemacht.

Naja, wie sagte Meister Einstein anno dazumals: Der Kern des Wissenschaftlers ist, dass er sich noch wundern kann.