Dienstag, 27. September 2011

Plasberg oder der Highway to Hell


Übermorgen wird es soweit sein, im Bundestag wird man quer durch die Parteien, mit Ausnahme der Linken, vielleicht nicht den letzten aber einen der dicksten Sargnägel der EU einschlagen.

Nun die Rede ist von, äh...selbst bei Plasberg wussten die "Experten" nicht so recht worum es geht: "Um wieviel Geld ging es noch mal? 88 Milliarden, 190 Milliarden, 211 Milliarden oder gar 400 Milliarden? Egal: um "wahnsinnig viel Geld", klärt uns CDU-Umweltminister Norbert Röttgen in der gestrigen Ausgabe von "Hart aber fair" auf. Der Wahnsinn komme aber nicht von ungefähr, er befalle uns in einer echten Existenzfrage, einem wahrhaft "historischen" Moment."

Nun das es um viel, um sehr viel, Geld geht, und das es historisch einmalig ist, naja soviel ist dem Zuschauer und Bürger wohl inzwischen aufgegangen. Ansonsten war die Verwirrung beim Moderator als auch bei unseren politischen Amtsträgern bestens zu bemerken: "Es gibt mittlerweile wohl kaum noch ein Thema, zu dem die Dauertalker Norbert Röttgen (CDU), Jürgen Trittin (Grüne) oder Hans-Ulrich Jörges ("Stern") noch nicht mitgeplaudert hätten..."Es geht nicht nur um Griechenland", lautete das immer wieder vorgetragene Mantra der beiden, es geht um den Euro, es geht um Europa. Schwarz-Grün beschwor diese Devise mit wenig Argumenten, aber umso mehr Inbrunst. Sie konnten gar nicht oft genug betonen, wie sehr sie doch davon überzeugt sind, dass Griechenland unter allen Umständen vor der Pleite gerettet werden muss. Die Zweifel des Ökonomen Max Otte, ob eine Pleite Griechenlands tatsächlich das Ende des Euro bedeute, wischten sie mit Wiederholungen beiseite. Der fünfte im Bunde war FDP-Mann Frank Schäffler, der angekündigt hat, der Ausweitung des Rettungsschirms gegen die Linie der Koalition nicht zu zustimmen. "Die Tinte wird noch nicht trocken sein am Donnerstag, dann wird schon über die nächste Ausweitung gesprochen", prophezeite er."

Nun gäbe es nicht aufrechte Demokraten wie Frank Schäffler, man müsste völlig an unseren Spitzen verzweifeln. Assistiert wurde er von Prof. Otte, und beide wirkten meist so wie Fritzchen in der Volksschule, die als einzige dem Unterricht folgen konnten und ab und an eine Wahrheit ins Tohuwabohu piepsten, während die Masse der Klassenclowns mit dem überforderten Lehrer verbales Ping-Pong spielten: "Immerhin war Schäffler der Einzige, der überhaupt die Frage anriss, wie es nach einer Aufstockung des Rettungsschirms weitergehen soll und was die Konsequenzen dieser Entscheidung wären. Nur ging niemand auf dieses Thema ein. Stattdessen hatten die Rettungs-Befürworter noch ein paar gut abgehangene Ideen im Repertoire: Politische Union als Ergänzung der Währungsunion, stärkere Regulierung der Finanzmärkte. Alles nichts Neues.". Und vor allem nichts, was in der praktischen Politik der EU auch nur eine Chance hätte, von der tatsächlichen Unwirksamkeit der angeblich angepeilten Maßnahmen einmal abgesehen.

Schon beim Aufzählen der EU-institutionen kam man ins Stolpern, EFSFMFSFf...wie war das noch, egal. In der Tat ist das schon alleine verwirrend. So gibt es den EFSF aber auch den ESFS, den EFSM, keinesfalls zu vewechseln mit dem EFSMA, und natürlich den ESM...und jedemenge E's sonst noch, denn wenn man im Europa der Siebenundzwanzigundnochvielmehr sich über eines einig ist, dann ist es die Gründung beliebig vieler neuer Behörden mit vielen sparsamen Führungsposten. Da kann man selbst als Fachmann leicht ins stolpern kommen, und so ganz ungewollt mag das vielleicht auch nicht sein.

Sofort aufgefallen ist Ihnen natürlich, das der EFSMA überhaupt nichts mit unserem Problem zu tun hat, denn das ist die "European Federation of Sports Medicine Associations". War klar, gell. Nun aber tatsächlich näher am Problem ist das ESFS (European System of Financial Supervision). Er ist im Prinzip die Finanzaufsicht, also die EU-Behörde die der Finanzindustrie Zügel anlegen versuchen sollen würde vielleicht können oder auch nicht, ...oder doch wenigstens etwas Licht ins dortige Chaos bringen soll.

Worums geht ist aber der EFSM (Europäischen
Finanzstabilisierungsmechanismus ) bzw. der EFSF (European Financial Stability Facility ), der Vorläufer der sukzessive bis 2013, in den jetzt neu unter dem Begriff ESM (Europäische Stabilitätsmechanismus, european stability mechanism) eingeführten Mechanismus aufgehen werden soll. Das ist das schwarze Loch, dass im Prinzip die Schuldenstaaten auffangen soll und um dessen Ausweitung es nun geht.

Nun, was will man eigentlich am Donnerstag beschließen? Einen Vertragsentwurf gibt es im Internet, und der Teufel liegt natürlich wie immer im Detail. Bis auf Schäffler und Otte dürfte ihn nach Anschein der gestrigen Vorstellung aber vermutlich keiner wirklich gelesen haben. Wozu auch, zumal die Erfahrung des Euros seit 1999 zeigt, dass man solche Vertragswerke wie den Maastrichtvertrag im Falle der Unbequemlichkeit auch gerne vergessen kann und auch darf. Sollte doch wieder so ein unbequemer CSU-Demokrat wie Gauweiler dagegen klagen, so darf man sich auf höchstrichterlichen Beistand verlassen. Wobei das Bundesverfassungsgericht im allgemeinen einen hervorragenden Job macht, und man durchaus verstehen kann, dass die Richter dort nicht der letzte Stein im Geröll sein möchten, der den unvermeidlichen Bergrutsch auslöst.

Kommen wir also zum Inhalt, den sich jeder einmal durch den Kopf gehen lassen sollte, zumindest falls Sie nicht am Donnerstag stimmberechtigt sein sollten. Denn dann könnte es, siehe oben, zur Verwirrung Ihres demokratischen Gewissens kommen. Ich kann hier nicht jedes Detail ansprechen, es sind einfach zu viele. Zunächst mal wimmelt es von Gummiparagraphen, das juristisch entscheidende Wörtchen "..muss.." wird an allen wichtigen Stellen vermieden. Stattdessen kann, sollte oder wird angestrebt u.s.w.. So sollten die Staaten im Fall der Fälle bei privaten Gläubigern um eine "freiwillige" Beteiligung buhlen, müssen muss natürlich keiner.

Zwar "muss" der Staat Abs. (9) der Präambel "...muss der begünstigte Mitgliedstaat ggf. Initiativen ergreifen; diese reichen von einer Ermutigung der wichtigsten privaten Anleger zur Beibehaltung ihres Engagements bis hin zu aktiven und in gutem Glauben geführten Verhandlungen mit den Gläubigern,...", nun aber Vorsicht, nur ja niemandem wehtun. Und weiter in der Präambel (11) wird dem IWF ein Vorrang bei den Gläubigerrechten eingeräumt, damit erst mal der IWF und dann vielleicht später oder besser nie, der Steuerzahler entlastet wird.

In Artikel 3 "Zweck" geht’s dann los. Was da steht ist im Prinzip schon das wesentliche der Idee: Der ESM soll eine weitere, diesmal staatliche Investmentbank werden. Art. 4 (19) regelt dann erstmal die Pöstchenvergabe, die in Art. 7 weiter ausgeführt wird. Und in Artikel 5 (4) vergisst man natürlich nicht, dass auch der Josef von der Deutschen Bank dabei sein darf, wenn es um wesentliche Entscheidungen und den dafür dringend notwendigen unabhängigen Rat geht. Nach Art. 6 (4) darf er dass auch sonst im Direktorium.

In Artikel 8 geht’s dann erstmal zur Kasse. Das Grundkapital ist mit 700 Mrd. Euro vorgesehen. Gut bemerkt, gell, es waren bislang 440 Mrd. in der E.... was noch, ach ja, EFSF. Davon sind 80 Mrd. erstmal per Cash zu berappen, der Rest wie es gebraucht wird. Nach Art. 9 (2) kann das Direktorium die Abrufe in diesem Rahmen anfordern, natürlich auch über die ersten 80 Mrd. Cash hinaus.

In Art. 12 „Prinzipien“ wird in Absatz (2) "erwartet" das sich der Privatsektor beteiligt. Nun das hatte man auch schon früher. Hat es was geholfen? Genau. Interessanter schon der Absatz (3): "Umschuldungsklauseln werden in allen ab Juli 2013 neu ausgegebenen Staatsanleihen der Euro-Zone mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr in standardisierter Form aufgenommen, ...". Nun das ist immerhin ein Fortschritt. Wie aber diese Klauseln tatsächlich aussehen sollen, wird nirgendwo verbindlich konkretisiert.

In Artikel 14 und 15 werden wir mit weiteren Kürzeln verwöhnt, so der ESS und der PMSF. Wer es genauer wissen will, der lese nach, nur so viel, es hat etwas mit Geld zu tun. Ach ja.

Artikel 17 lässt dann die Katze aus dem Sack: Die ESM soll eine ganz normale Heuschrecke werden: "1. Der ESM ist ermächtigt, zur Erfüllung seiner Aufgaben auf den Kapitalmärkten Kredite von Banken, Finanzinstituten oder sonstigen Personen oder Einrichtungen aufzunehmen. 2. Die Modalitäten der Kreditaufnahmen werden vom Geschäftsführenden Direktor im Einklang mit den die Einzelheiten regelnden, vom Direktorium zu verabschiedenden Leitlinien bestimmt. 3. Der ESM hat angemessene Risikomanagement-Instrumente zu verwenden, die regelmäßig durch das Direktorium zu prüfen sind." Im Klartext: Der ESM und sein Direktorium bestimmen selbstständig beliebige Investmentstrategien um ihre Bank aufzublasen bis nichts mehr geht. Das "angemessene Risikomanagment" ist nicht nur eine hohle Phrase, es ist genau dasselbe was die Deutsche Bank oder Goldman Sachs auch machen. Und die haben im Zweifelsfalle auch noch die gewiefteren Leute dafür.

In Art. 19 werden dann die Regeln für die Ausschüttung der erwarteten sprudelnden Gewinne dieser EU-staatlichen Heuschrecke vereinbart, und in Art. 21 die Regelungen für den, natürlich ganz unwahrscheinlichen Fall, der Verluste geregelt. Insbesondere steht da "2. Leistet ein ESM-Mitglied bei einem Kapitalabruf...keine Zahlung, erfolgt an alle ESM-Mitglieder ein geänderter Kapitalabruf zur Einzahlung von höheren Beträgen,...Der Gouverneursrat bestimmt eine geeignete Vorgehensweise, um zu sicherzustellen, dass das betreffende Mitglied innerhalb einer angemessenen Frist seine Schuld gegenüber dem ESM begleicht, und ist befugt, die Zahlung von Verzugszinsen auf den überfälligen Betrag zu fordern.". Im Klartext, bei jedem Ausfall eines Staates steigen die Einzahlungsbeträge der Mitglieder entsprechend an. Der Hauptzahler ist, richtig, die BRD. Deren Anteil von zur Zeit etwas mehr als 27% steigt dann entsprechend und, naja falls die Knete nicht gleich da ist, kommen noch ein paar Verzugszinsen obendrauf.

Art. 22 regelt dann so Kleinigkeiten wie das sich der ESM seinen eigenen Haushalt selbst genehmigt, Art. 26 das man gleich zwei Standorte einrichtet, und Art. 27 ist der Gummiparagraph der dem ESM alle Rechte für Alles, so auch dem An- und Verkauf einräumt. Und, falls ganz unerwartet etwas schief läuft, man selbstverständlich auf absolute Immunität zählen darf was in Art. 30 noch einmal auf alle Personen des ESM explicitis verbis ausgedehnt wird. Der Art. 31 "Befreiung von Besteuerung" ist dann nur noch eine Selbstverständlichkeit für eine Investmentbank, wozu natürlich auch zählt das (Abs. 5) die Mitarbeiter der ESM von der normalen Lohn- oder Einkommenssteuer selbstredend befreit sind. Liebe Boni, ihr dürft kommen, und reichlich wenn's geht. Auch das kann man dem Josef nachmachen.

Der Rest ist noch die Aufstockung der Finanzierungsfazilität von EFSF und ESM um 60 läppische Milliarden von 440 auf 500 Mrd. bis Anfang 2013 (Art. 34) und Rabattregeln für arme EU-Staaten in Art. 37, wir habens ja. Art. 42 drückt dann noch auf's Tempo, bis 31.12.2012 "sind" die ratifizierten Verträge durch die Nationalstaaten vorzulegen.

Im Anhang 1 die Verteilungsschlüssel, dabei BRD 27,1%, Frankreich 20,4%, Italien 17,9% und Spanien 11,9%, der Rest ist ferner liefen. Was aus dem BRD Schlüssel wird, wenn demnächst die beiden letzteren Ausfallen, darf sich zur Übung jeder selbst errechnen. Anhang 2 besagt u.a. den Zeichnungsbetrag der BRD mit 190.024.800.000 Euro. Also 190 Mrd. Euro fürs Erste. Na denn zeichnet mal schön die Zwangsanleihe.

Nun was ist das Fazit?

Erstens: Positiv, das ist einzig die vorgesehene, aber nicht näher erklärte, Beteiligung der Gläubiger in Anleihen ab 2013. Ob und wie die aussehen wird steht noch in den Sternen des ESM-Direktoriums. Für geeignete Berater haben Sie jedenfalls schon gesorgt.

Zweitens: Erklärt sich die allgemeine Begeisterung aller bürgerlichen Parteien zur ESM aus einem einfachen Fakt: Man glaubt ernsthaft, man könne den "Spieß umdrehen", in dem man selbst eine Investmentbank gründet. So wie der Josef. Dessen Investmentbank ist zwar rund dreimal so groß, aber immerhin 700 Mrd. Euro können ja kein Pappenstiel sein. Was man dabei leider vergessen hat: Einmal muss man ja gerade diese Investmentbanken seit 2008 reihenweise retten, und warum sollte das bei der ESM anders sein? Man unterliegt der Illusion, dass staatliches und privates Geld (=Schulden, wg. Aktiva=Passiva) einen fundamentalen Unterschied machen würde. Das ist aber nicht so. Die ESM steht sofort nach Übernahme der Amtsgeschäfte im Konkurrenzkampf mit Häusern wie der Deutschen Bank oder Goldman Sachs an der Wallstreet. Falls man es überhaupt schafft irgendwelche Gewinne zu erwirtschaften, dann ist das dann und nur dann, wenn man diese den privaten Investmenthäusern abjagt, die man dann aber wieder retten darf. Und Investmentgewinne ganz allgemein, ob privat oder staatlich ist egal, drücken per Substitutionskonkurrenz das BIP. Es gibt keine Gewinne ex nihilo.

Das zu begreifen bedarf allerdings mehr als einer Talkshow mit Plasberg. Falls man überhaupt bis 2013 das fiktive Volumen von 700 Mrd. Euro halten kann, so wird der ESM die Katastrophe nur beschleunigen. Es ist der letzte Rohrkrepierer der die EU endgültig aus einander sprengen wird, ein Ermächtigungsgesetz für die Finanzplutokratie. Das Fatale daran ist, dass es ausgerechnet die EU-Fans, so auch gerade die Grünen sind, aber auch der Großteil der Medien die bei Plasberg gestern durch den Stern vertreten waren, die in ihrer emotionalen Europa-Verblendung selbst den letzten finanznuklearen Sprengkörper zusammenbasteln.

Das ist die Highway to Hell.

Living easy, loving free
Season ticket on a one-way ride
Asking nothing, leave me be
Taking everything in my stride
Don't need reason, don't need rhyme
Ain't nothing I would rather do
Going down, party time
My friends are gonna be there too

I'm on the highway to hell
on the highway to hell
highway to hell
I'm on the highway to hell

Montag, 12. September 2011

Die Schlinge zieht sich zu

Nun, seit Juli ist einiges passiert, viel schneller als man in der Urlaubszeit noch hätte hinterher kommen können. Die Dominosteine fallen so, wie sie halt fallen müssen. Denn die politischen und wirtschaftlichen Akteure haben entweder keine Ahnung was sie tun oder tun sollen, und die Wenigen die es wissen, haben keinerlei persönliches Interesse daran, das Richtige zu tun.

In wenigen Tagen wird wieder einmal über das x-te Rettungspaket abgestimmt, 400, 800, 2000 Milliarden Euro oder darf es auch etwas mehr sein? Für Griechenland und Italien und Spanien und, und, und. Länder die vor zwei Jahren angeblich nie einen Euro benötigen würden, die selbstverständlich ihren Verpflichtungen nach kämen, und das viele Geld natürlich, wenn dann doch in „ferner Zukunft“ einmal der so „äußerst unwahrscheinliche Fall“ der Inanspruchnahme käme, dem Fiskus natürlich diese mit Gewinn zurück gezahlt werden würde. Und natürlich würde man nie, aber wirklich niemals, auf die abstruse Idee kommen, einfach nur Geld in der EZB zu drucken. Und natürlich, mit dem so „geretteten“ Euro würde man endlich als Gewinner aus der Krise hervorgehen, ein unbremsbarer Aufschwung muss doch mit soviel frischem Geld auf dem Fuße folgen und die neuen Schuldenberge, dem Perpetuum Mobile gleich, zum verschwinden bringen oder wenigstens weiter bedienbar halten.

Inzwischen fließen die Milliarden fleißig, und erst trat Bundesbankpräsident Weber und jetzt der deutsche Chefökonom der EZB Stark aus Protest gegen die instrumentalisierte Gelddruckmaschine der Zentralbank EZB zurück. Italien, das angeblich niemals mit Griechenland vergleichbar wäre, hält sich genauso wie Spanien nur aufrecht, weil die EZB deren Staatsanleihen massiv aufkauft. Und faktisch unbegrenzt, solange der Zinssatz der faulen Anleihen bedrohlich über die 5% Marke zischt. Und mit Frankreich steht ab heute schon der nächste Kandidat an. Nichts anderes sind natürlich die diskutierten Eurobonds, die es offiziell noch gar nicht gibt, und es auch auf „keinen Falle“ geben werde. Wir haben sie aber schon, Weber und Stark haben die Konsequenzen gezogen, weil sie in den Geschichtsbüchern der nächsten Generation nicht unter der Rubrik Täter und Versager erscheinen wollen.

An all das was uns aus Berlin erzählt wird immer noch zu glauben, dafür muss man wahrlich kindlich naiv oder eben völlig, völlig verzweifelt sein. Oder ein paar andere, weniger leicht entschuldbare Gründe haben. Alles zusammen genommen wird mit Verlässlichkeit dazu führen, dass die Regierung Merkel um ihre Mehrheit bei der kommenden Abstimmung zu den nächsten Rettungsmilliarden nicht zu fürchten hat. So wetteiferten nämlich Schwarz-Gelb und Rot-Grün in der Generaldebatte Anfang September geradezu darum, wer der „bessere Europäer“ sei. Natürlich würde man auch im anderen Lager gerne die Gießkanne ausschütten, auch gerne noch etwas mehr, da will man sich als größter der großen Europäer keinesfalls lumpen lassen. Und selbst die Altvorderen, die Ex-BK's Kohl und Schmidt und alle sonstigen ungefragten Ex-große-Europäer aller Couleur, stimmen in den Chor mit tiefstem bedeutungsschwangeren Tenor ein.

Nicht zuletzt auch Joschka Fischer, Super-Grüner und Super-Europäer, bläst der Merkel da so richtig einen. Nur zu dumm, dass der Joschka sich inzwischen bei genau den Finanz-Heuschrecken angedient hat, die unsere Ökonomien und den Erfolg der Schaffenden so hemmungslos ausplündern. „Anfang 2006 hielt Fischer zahlreiche Vorträge für Investmentbanken wie Barclays Capital und Goldman Sachs. 2007 gründete er eine Beraterfirma mit dem Namen Joschka Fischer Consulting. Er ist Gründungsmitglied und Vorstand des European Council on Foreign Relations, die von dem Milliardär und Mäzen George Soros finanziert wird. Im September 2008 nahm er einen Beratervertrag (Senior Strategic Counsel) bei der Madeleine Albright gehörenden FirmaThe Albright Group LLC an. 2009 schloss Fischer einen Vertrag mit den Energieversorgern RWE und OMV als politischer Berater für den geplanten Bau der 3300 km langen Nabucco-Pipeline, die Erdgas vom Kaspischen Meer über die Türkei in die EU transportieren soll. Fischer ist damit Lobbykonkurrent zum früheren Bundeskanzler Gerhard Schröder, der wiederum für das Projekt der Nord Stream-Pipeline wirbt. Im selben Jahr wurde Fischer Berater für den Autokonzern BMW, im Oktober zudem Berater der Siemens AG in außenpolitischen und unternehmensstrategischen Fragen, seit 2010 auch REWE. Fischer schreibt gelegentlich in der Süddeutschen Zeitung und ist beratend für den World Jewish Congress tätig.". Soweit die deutsche Wikipedia.

Voran also die schlimmsten Investmentheuschrecken Goldman Sachs (Lloyd Blankfein) und Soros, dann Barclays (Marcus Aegius-Rothschild) und Albright, zu guter letzt dann der WJC(Pres. Lauder), nun ja, schon merkwürdig, aber Schwamm drüber, honi soit qui mal y pense. Beim Megamilliarden-Projekt Nabucco-Pipeline, da sorgt sich der Joschka darum, das der Anteil der Beute für die AKW-Freunde und Energiemultis RWE (BRD) und OMV (Österreich) möglichst fett wird. Finanziert wird die Riesenröhre, natürlich man hätte es ahnen können, eben genau durch die Europäische Investitionsbank (EIB), die dringend darauf angewiesen ist, dass der Euro auch noch lange nach dem geplanten Baubeginn in 2013 sprudelnde Steueranteile ins Budget spült. Und damit zu guter Letzt auch auf das Konto von Joschka, der mit seiner lausigen Ministerpension vermutlich kaum seine größten Hobbies, so Frauen und schnelle Autos seines Sponsors BWW, finanzieren könnte.

Das der Niewasgelernte-APO-Polizisten-Prügler, inzwischen aber Haifa-Ehrendoktor und Honorarprofessor, der Herr Prof. Dr. h.c. Joschka Fischer, nun ebenfalls für bedingungslose Finanzspritzen auf Kosten des kleinen Mannes plädiert, kann also nicht verwundern. Nun, dass das große Geld noch fast Jeden verführte der mit ihm in Berührung kam und zu Teufels-General machte, das ist eine Erfahrung die fast jeder teilen oder wenigstens erahnen kann. Mit solch seltsamen Verbindungen steht der Joschka zwar bei weitem nicht alleine unter unseren Oberdemokraten da, mit Gazprom-Schröder etwa hat er seinen besten Kumpel ja öfters am selben Kaviarhäppchentisch stehen. Nur bei ihm ist die Verwandlung vom Paulus zum Saulus besonders krass und jedem Gründungsmitglied der Grünen müssten sich Scham- und Wutröte im Gesicht Wettkämpfe liefern.

Jedenfalls, welch Volk solche Wendehälse und fragwürdige Charaktere sein eigen nennt, das braucht sich um ausreichend Feinde des sozialen Gemeinwesens nicht weiter zu bemühen. Natürlich gibt es auch eine kleine Schar der aufrechten Demokraten, als da wären so gegensätzlich positionierte Helden in der Brandung der Unvernunft, wie Gauweiler (CSU), Schäffler (FDP) und Gysi (Linke). Auch da zwischen gibt es einige Wenige die aufmucken, etwa ein weiteres Dutzend. Die reichen zwar nicht um den Kahn am Kentern zu hindern, aber immerhin, so wie im Widerstand der Stauffenbergs wird man später mit Krokodilstränen sagen können, ja es hat doch den Aufstand der besseren Deutschen gegeben, aber er ist leider, leider gescheitert... Naja, kann ja mal passieren.

Nun, die Wahrheit ist, der Euro ist faktisch nicht zu retten. Ob mit oder ohne Griechenland, es spielt keine Rolle. Die Griechen sollten im Gegenteil schnell die vollständige Insolvenz (also griechische Bonds in Euro zu Null oder fast Null haircutten) und die neue Drachme durchziehen, denn wer zuerst kommt malt zu erst. Und es ist für den Ersten noch genug Farbe da. Für die nächsten wird’s nämlich dann immer dünner um sich aus der EU-Konkursmasse noch ein paar Hilfen zu holen.

Die Hilflosigkeit der klassischen Ökonomie bringt Die Welt auf den Punkt: „...Faktisch wäre eine Staatspleite schon bald Realität, wenn das Land nicht die sechste Tranche von acht Milliarden Euro aus dem 110 Milliarden Euro schweren ersten Hilfspaket erhält. Weil die Regierung in Athen ihre Sparzusagen bisher nicht einhalten kann, liegt die Tranche auf Eis.
Ob es der griechischen Regierung gelingt, das Ruder herumzureißen, wird immer fraglicher. So trifft die Rezession das Land viel härter als vorausgesehen. Nach einer Prognose schrumpft die Wirtschaft 2011 mindestens um fünf Prozent.
Bisher war ein Minus von 3,8 Prozent erwartet worden. Die Folgen sind niedrigere Steuereinnahmen und höhere Sozialausgaben, was den Spar- und Reformkurs konterkariert....“


Aha, der Staat spart, und dann fällt trotzdem das BIP „härter als erwartet“? Na wie kann das denn sein? Bei international üblichen Staatsquoten um die 50% ist das natürlich kein wirkliches Wunder. Genauer gesagt, ein Staat kann überhaupt nicht sparen in dem er weniger ausgibt. Sparen kann ein Staat nämlich auch nicht anders als jeder Andere, er muss nämlich MEHR einnehmen, als er ausgibt. Verstanden? Ach, ja. Und einnehmen muss er es da, wo er es nicht ausgibt. Verstanden? Ach ja. Genau, da er es im BIP ausgibt, was richtig ist, muss er es da einnehmen, wo genug davon rumliegt, also ganz oben, bei den Banken. Ach so? Ja so. Nur, er nimmt es fast nur da, wo er es auch ausgibt, beim BIP. Im Endeffekt also bei sich selbst. Schlimmer noch, seit Ausbruch der Finanzkrise nimmt er es fast nur im BIP und gibt es fast nur ans Kapital weiter. Wo es dann die Probleme, die die Katastrophe ausgelöst haben, nur weiter perpetuiert und noch verstärkt.

Verstanden warum's nicht funktioniert? Falls nicht, dann lesen Sie im Buch MFT ab Seite 135 ff. weiter.

Auch nutzt das Ausscheiden Griechenland nichts. Denn der Euro war zu Beginn seiner Einführung bereits eine Totgeburt. Warum? Weil auch damals schon der Gesamteuropäische Kapitalkoeffizient bei über 3 lag und damit bereits im Bereich der Verschuldungskrise. Ein Verjüngung der Eurozone auf die noch solventen Kernländer bringt daher auch nicht mehr als eine Atempause.

Auch Eurobonds helfen nichts. Denn Sie bedeuten ja nur, dass man innerhalb einer Familie Schulden rumreicht. Und wenn der hoch verzockte Sohn dem Papi seine Schulden andient, dann verringert sich der Schuldenstand der Familie um keinen Cent. Im Gegenteil, wenn sowieso alle Familienmitglieder schon hoch verschuldet sind, dann ist am Ende der Effekt nur, dass dann nicht nur einer sondern gleich alle Familienmitglieder kreditunwürdig sind. Deswegen stufen die Ratingagenturen die Eurobonds wohl auch so ein, wie es dem schwächsten Mitglied entspricht. Denn eine Kette ist so stark, wie ihr schwächstes Glied.

Na, dann eine europäische Ratingagentur? Nun, sicherlich sind die drei Topratingagenturen der USA politisch beeinflusst. Im Prinzip machen sie aber einen simplen und halbwegs guten Job: Sie bewerten einfach, und ohne Rücksicht auf soziale oder sonstige Aspekte, die Wahrscheinlichkeit dass der Anleihebegeber seine Anleihen inklusive des versprochenen Zinscoupons pünktlich zurück zahlen wird. Und das ist etwa für die völlig überschuldete USA durchaus der Fall. Denn man kann davon ausgehen, dass die USA das nötige Geld ohne großes Federlesen einfach drucken wird. Über den tatsächlichen Kaufkraft-Wert der Rückzahlung kümmert sich die Ratingagentur nämlich nicht. Erst der Streit Anfang August um die rituelle Erhöhung des US-Schuldenlimits hat daran, allerdings nur ganz schwache, Zweifel aufkommen lassen. Eine europäische Ratingagentur würde natürlich genau dasselbe machen. Und entweder macht sie es nach den Regeln der Kunst, und dann bekommt man seine Eurobonds genauso um die Ohren gehauen. Oder sie stehen unter politischem Druck und Einfluss, und dann sind sie auch nicht besser zu gebrauchen als die US-Amerikanischen. Nur, sie kosten wieder viel Geld und hochbezahlte Posten.

Das einzige was hilft, wäre ein massives(!) Herangehen an die größten Vermögen. Also vor allen Dingen an die Derivateanlagen der Banken. Also genau die Assets, die jetzt aus den Steuereinnahmen der Schaffenden massiv bedient werden. Warum aber denkt man in Berlin und anderswo im Traume nicht daran? Dummheit, Korruption, Feigheit? Im Einzelfalle schwer zu sagen, es wird wohl eine veritable Mischung aus allem sein.

In seiner außenpolitischen Analyse in der Süddeutschen, der ich in weiten Teilen durchaus zustimmen mag, glaubt der grüne Hilfsökonom Joschka Fischer, wie so viele seiner Kollegen in Berlin auch, allerdings an den EU-integrativen Osterhasen: “...Europa verfügt gegenwärtig über drei Optionen zur Reaktion auf seine Krise: [1] Weiter wursteln wird die Krise nur zusätzlich anheizen und verlängern; [2] eine Beendigung der Währungsunion wäre das Ende des europäischen Projekts und würde zu einem durch niemand und nichts mehr zu beherrschenden Chaos führen; [3] den Schritt voran in die echte wirtschaftliche und politische Integration trauen sich die gegenwärtig politisch Verantwortlichen nicht zu, weil sie meinen, ihre Völker nicht hinter sich bringen zu können....“. Auch ein EU-Finanzminister kann, wie auch immer der realpolitisch funktionieren sollte und was selbst eingefleischten Europäern ein heiliges Rätsel ist, die Kuh des zu hohen Kapitalkoeffizienten nicht vom Acker kriegen. Solche EU-Ministerien scheitern immer am Einfluss der Kommision der nationalen Regierungschefs und produzieren nur noch mehr nutzlosen und sündhaft teuren Verwaltungsoverhead im EU-Chaos. Nun, mag er sein Volk hinter sich bringen, es wird ihn zu gegebener Zeit dann auch glatt übertrampeln.

Für den britischen Premier Cameron sind es die „kranken Teile“ der Gesellschaft, die offensichtlich in den Europäischen Großstädten nun den „europäischen Frühling“ anstoßen wollen. So schreibt die Süddeutsche:„Großbritanniens Premierminister David Cameron spricht indes von 'kranken' Teilen einer Gesellschaft, die schlicht ihre Maßstäbe für Recht und Unrecht verloren habe. Eine andere Erklärung liegt allerdings ebenso auf der Hand: Wenn am unteren sozialen Ende der Gesellschaft kein moralischer Kompass mehr vorhanden ist, dann ist er in den oberen Etagen schon lange nicht mehr vorhanden. Immerhin waren es die Banker, die in der Finanzkrise 2008 und 2009 keinerlei Skrupel zeigten, die Gesellschaft zu plündern. Die milliardenschweren Verluste ihrer waghalsigen Spekulationsgeschäfte bürdeten sie den Steuerzahlern auf. Wenn es die Großen vormachen, darf man sich also nicht wundern, dass ausgerastete Teenies auch mal Banker spielen wollen.“

So ist es. So war es auch in Nordafrika. Und der Krieg dort ist für uns nach lange nicht vorbei. „Maßstäbe für Recht und Unrecht verloren“, genau dass ist es, was in Frankfurt und Berlin gleichermaßen um sich gegriffen hat, und Europa erst in den finanziellen Ruin, was nicht so schlimm eigentlich ist, und dann in den demokratischen Ruin treibt, was aber sehr viel schlimmer werden wird.

Samstag, 3. September 2011

Das Wesen der Finanzen, sind Bilanzen, Bilanzen, Bilanzen.


Liebe Blog-Gemeinde, ich habe seit Ende Juli keinen neuen Beitrag mehr geschrieben. Das lag natürlich einerseits an der Urlaubszeit und andererseits daran, dass ich die Zeit zum fertig stellen meines neuesten Buches benötigt habe. Es enthält, wie sollte es anders sein, die theoretische Ausarbeitung der Volkswirtschaftlichen Theorie, wie sie mit dem „Dead Man Walking“-Modell hier im Blog bereits in einem kleinen Rahmen angeschnitten wurde.

Deutschland, die EU und die USA, der Euro und der Dollar haben seitdem weiter den Weg beschrieben, den wir schon 2009 vorhersehen konnten. Der Grund für diese stoische Abfolge von Misserfolgen der Politik und Zentralbanken liegt darin begründet, dass man in der klassischen Ökonomie nie in der Lage war, die gegenseitigen Abhängigkeiten von Kapital und Bruttoinlandsprodukt richtig zu beschreiben.

Wie sich bei der genauen Analyse zeigt, liegt dies an einem erstaunlich einfachen Fehler: Das was in der Betriebswirtschaft Gang und Gäbe ist, nämlich eine Bilanz zu ziehen die auf Aktiva und Passivaseite korrekt auf geht, wurde in der Volkswirtschaft bislang unterlassen. Der inzwischen wichtigste und größte Posten, dass Bankeneigengeschäft oder Investmentbanking, kommt darin nämlich gar nicht vor.

Nimmt man diesen Posten aber in die Bilanz auf, so ergibt sich alles andere förmlich von selbst. Nicht nur dass dann BWL und VWL Konzepte fließend in einander übergehen, auch neue Dinge wie „Systemrelevanz“, und erst recht alte Bekannte der Volkswirtschaft, wie z.B. die Grenznutzentheorie oder das Zweite Gossensche Gesetz, der Begriff des volkswirtschaftlichen Sparens, Angebots-Nachfrage-Relation oder das Wesen der Inflation und seine Berechenbarkeit oder der Effekt und Bedeutung der Globalisierung purzeln einem aus einfachen Bilanzierungsgründen dann regelrecht entgegen.

Feldtheorien sind ein mathematisches Kalkül zur Beschreibung physikalischen Effekte, die durch Kräfte und ihre Wechselwirkungen hervorgerufen werden. Für die Ökonomie gilt dies genauso, denn deren wesentliche Kräfte, die Gesamtheit der Produktion und die Gesamtheit des Kapitals, stehen in einem ursächlichen Zusammenhang und Wechselwirkung.

Der Begriff Feldtheorie mag abschreckend erscheinen, jedoch bedeutet er im Kern nicht viel mehr, als dass das Fundamentalprinzip „Von Nichts kommt Nichts“ über Bilanzgleichungen und ihre systematische Behandlung berücksichtigt wird. Im Kern Bilanzen also, die in der Betriebswirtschaft noch nie ein Geheimnis darstellten. Ein zusätzliches Element einer Feldtheorie ist allerdings die Möglichkeit, Zusammenhänge aus den inneren Symmetrien eines Systems herzuleiten. Wie wir sehen werden, kann die gesamte Ökonomie, Mikro- und Makro, feldtheoretisch völlig problemlos in ein und dasselbe Gebäude zusammengefasst werden.

Der Unterschied zwischen Mikro- und Makroökonomie besteht im wesentlichen in der Größe des Systems, nämlich zwischen offenen und geschlossenen Systemen. Die gemeinsame Bilanzgleichung zeigt aber auch, dass die sogenannte Substitutionskonkurrenz für Betreibe und Staat von unterschiedlich gravierender Bedeutung ist.

Natürlich wird in diesem Zusammenhang auch erklärt, wie genau Staatsverschuldung funktioniert und warum sie so schrecklich hoch ist.

Das Buch „Makroökonomische Feldtheorie: Allgemeine Theorie des ökonomischen Wachstums in Substitutionskonkurrenz“ ist nun bei Amazon und in jeder Buchhandlung bestellbar. Kostenlose Rezensionsexemplare stehen für Fachjournalisten zur Verfügung.