Dienstag, 22. Februar 2011

Tanz auf dem Vulkan: The pipes, the pipes are calling ...


Nicht der fulminante Wahlsieg der SPD in Hamburg, auch nicht das halbe Geständnis des „Freidoktors zu Buyreuth und Googleberg“, nein die Apokalypse begann schon spätestens in 2009 und beginnt nun Fahrt aufzunehmen.

Im Windschatten bundesdeutscher Petitessen geraten inzwischen die kompletten Machtstrukturen in Arabien durcheinander. Das hängt natürlich ursächlich mit der Finanzkrise zusammen, denn die gigantischen Geldsummen die seitdem in das Finanzsystem gepumpt werden verlangen nach immer mehr, und scheinbar sicheren, Renditeformen. Auch dem dümmsten Investor schwant schon länger, dass manches Papier, einschließlich des Greenbacks selbst, nicht den Leim wert ist, dass es zusammen hält.

Deswegen sind und müssen alle werthaltigen Dinge nun Ziel der Spekulation sein. Das Staatsanleihen niemals zurückgezahlt werden können ist klar, aber Immobilien, Firmen, Patente und Rohstoffe, die sind eine Versicherung gegen kompletten Wertverfall. Insbesondere natürlich Rohstoffe, zu denen keineswegs nur verzichtbare Dinge wie Gold und Silber, sondern auch die Lebensmittelgrundlage der Weltbevölkerung zählt. Insbesondere letztere Spekulation treibt die Preise für Grundnahrungsmittel weltweit derart in die Höhe, dass den schwächsten Mitgliedern der globalisierten Welt als erstes förmlich die Luft, bzw. das Brot, aus geht. Der scheinbar plötzliche Aufstand der arabischen Welt kommt genau daher. Denn wenn man nichts mehr zu verlieren hat, außer seinen Hunger, dann welkt auch die Macht der grausamsten Despoten dahin.

Die westlichen Demokratien in Europa und Amerika schauen dem ratlos zu, von Begeisterung keine Spur, woher auch. Denn aus machtpolitischer Sicht ist eine stabile Despotie allemal besser als eine instabile und unkontrollierbare Demokratie. Zumal Demokratie alleine niemanden satt macht. Wer auch immer zunächst mal den Despoten ersetzt, er muss, er kann gar nicht anders, als scheitern. Denn so lange die Weltmacht des großen Geldes regiert, so lange frisst der Renditehunger jeden möglichen Fortschritt sofort wieder auf.

Die zunehmend chaotischen Zustände in Nordafrika haben die Investoren nervös gemacht:„...Die Unruhen in Libyen sorgten für Nervosität am Aktienmarkt. Die sich zuspitzende Lage in Libyen hat am Montag die Aktien europäischer Ölkonzerne und des Chemieriesen BASF belastet. Zugleich zog der Ölpreis steil an: Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der Sorte Brent stieg auf ein Zweieinhalb-Jahres-Hoch und kostete 104,98 Dollar. ..“. Nicht die Leichen auf den Strassen von Tripolis und Bengasi, sondern die Rohstoffversorgung des Westens, der neuralgisch an den Vorräten Afrikas und des Nahen Ostens hängt, macht kribbelig. Zumindest für die Rohstoffhändler ist der Effekt aber selbst verstärkend, denn Rohstoffspekulation treibt Ölpreise treibt Nahrungsmittelpreise treibt Rohstoffspekulation usw.

So beginnt sich die Spirale des Todes zu drehen, wie es sich in 2009 schon andeutete. Letztlich verursacht ist das Ganze durch die platte Negierung des unmittelbaren Zusammenhanges zwischen exponentiell steigendem Kapitalstock und abgewürgten Bruttosozialprodukt und Volkseinkommen, die nun alle Welt in der Endphase des Finanzkollapses das entfachte Feuer mit Öl bekämpfen lässt.

Der Aufstand der arabischen Welt ist nur der Anfang eines weltweiten Flächenbrandes: Tunesien, Ägypten, Marokko, Lybien, Jemen, Bahrain, Iran zuletzt die relativ stabilen Länder Jordanien und Saudi-Arabien kippen wie die Dominosteine. Aber auch in Ländern wie Pakistan und selbst im eminent wichtigen China, überall heißt es: Schnauze voll, wir sind das Volk!

Wir erleben denselben Effekt, wie am Ende des römischen Reiches: Während das maßgebliche Weltreich schon selbst im letzten Siechtum liegt, beginnen die Peripherievölker das demokratische Modell, das nicht nur Freiheit, sondern vor allen Dingen Wohlstand und einen vollen Magen verspricht, für sich zu entdecken.

Leider kommt dieser Aufstand um Generationen zu spät, denn der späte Zeitpunkt als auch die vergangene frühere Stabilität, ist nur dem Umstand der wirtschaftlichen Verknüpfung und Gleichlauf mit dem prosperierenden Westen geschuldet. Die revolutionierende Bevölkerung der arabischen Länder will Demokratie, und meint aber Wohlstand. Und Sie will auch nicht den Teufel mit Beelzebub austreiben, sie wollen kein klerikales Regime der Mullahs als masochistischen Ersatz für die alten Kleptokratien der Mubaraks und Konsorten.

Nur: So schön es klingt, das alles kann nur scheitern. Denn abseits des Faktes, dass diese Länder weder eine demokratische Tradition noch kaum die notwendigen Demokraten haben, sie haben vor allen Dingen eines: Schulden ohne Ende, Schulden die aus Gewinnen stammen, von denen sie selbst nie etwas gehabt haben. So auch, aber nicht nur, die über 40 Milliarden Dollar die die Mubaraks im Handgepäck ins armselige Exil mitgenommen haben. Immerhin rund ein Drittel des Ägytischen BIP's.

Deswegen macht kein Demokrat die Lebensmittel billiger und die arbeitende Bevölkerung reicher. Im Gegenteil, da die Musterdemokraten der westlichen Länder nicht im Traume daran denken, die unfairen Schulden der Länder dort zu annulieren, statt dessen jedoch um ihr Öl bangen, dass sie gleichzeitig mit weiteren Spekulationen auf neue Rekordstände jubeln. Eine Chance hätten jetzt nur die wenigen arabischen Staaten, die über reiche Ölquellen verfügen, die nicht in der Hand ausländischer Ölkonzerne sind, und, wenn Sie über eine Oligarchie verfügen würde, die bereit wäre gerecht zu teilen.

Davon darf man träumen, die Realität sieht anders aus: „..Ein Sprecher des Suwaidscha-Stammes drohte, sein Clan werde die libysche Öl-Wirtschaft lahmlegen, wenn das Regime nicht mit der "Unterdrückung der Protestler" aufhöre. Sollte die Staatsmacht nicht einlenken, werde der Ölfluss in westliche Länder "innerhalb von 24 Stunden" gekappt, zitiert al-Dschasira den Stammesführer...“. Und weiter schreibt der Spiegel: „...Zu Ausschreitungen kam es in Marrakesch, Tanger, Tetuan, Larache, al-Hoceima, Sefrou und Guelmin. Unter den Gewalttätern waren nach Angaben des Ministers viele Jugendliche und Vorbestrafte, die es vor allem auf Plünderungen abgesehen hätten. In Larache überfielen Gewalttäter eine Zollstation, in der sichergestellte Drogen und Alkohol gelagert waren. Nach der Bilanz des Ministers wurden insgesamt 83 Läden und Gebäude, 20 Bankfilialen und 66 Autos in Brand gesetzt oder beschädigt...“

Angesichts drohendem Chaos statt demokratischer Stabilität sind die Reaktionen des Westens ausgesprochen verhalten. Insbesondere stehen Bahrain und Saudi-Arabien im Focus. So schreibt die Süddeutsche: „...Die Welle der Bürgerproteste in Bahrain und im Jemen stellen die USA vor ein weiteres, nur schwer zu überwindendes außenpolitisches Dilemma in der Region. Auf der einen Seite hält das Weiße Haus an der grundsätzlichen Unterstützung für die Demokratiebewegung in der arabischen Welt fest. Auf der anderen Seite steht unausgesprochen die Befürchtung im Raum, die Proteste könnten die strategischen Interessen der USA gerade in diesen beiden Ländern empfindlich beeinträchtigen. In Bahrain unterhält Washington seinen wichtigsten Flottenstützpunkt im Nahen Osten. Im Jemen könnte eine Destabilisierung des autokratischen Regimes von Präsident Ali Abdullah Salih den Kampf gegen die Terrorgruppe al-Qaida erschweren, die dort Zuflucht gefunden hat.“.

Und ohne Friedensnobelpreisträger-wider-Willen Barack Obama in Washington hätten wir auch schon längst den Iran-Krieg laufen, der aufgeschoben, aber nicht aufgehoben ist. Gerade die Hegemonie über den ölreichen Nahen Osten ist wesentlicher Quell des westlichen Reichtums und für den Weltmachterhalt unabdingbar. Die westliche Enklave Israel befindet sich mitten in dieser höchst ungemütlicher Zwickmühle, so die NZZ: „...Die Saudische Vereinigung für Zivile und Politische Rechte hat am Mittwoch eine Erklärung veröffentlicht, in der sie die Umwandlung des islamischen Königreiches in eine konstitutionelle Monarchie vorschlägt. ...Der Innenminister, Prinz Nayif, müsse entlassen und wegen Menschenrechtsverletzungen vor Gericht gestellt werden. Ausserdem forderte die Vereinigung die Freilassung aller politischen Gefangenen. ...“ und das Handelsblatt schreibt weiter: „....Die Proteste in der an Bahrain grenzenden Region fanden am Donnerstag statt, wurden aber erst am Samstag bekannt. In Saudi-Arabien ist eine besonders strenge Auslegung des wahhabischen Islam vorherrschend. ...Proteste gegen die Regierungen wurden am Samstag auch aus Oman und Djibouti am Horn von Afrika bekannt. In Djibouti unterhalten die USA ihren einzigen Militärstützpunkt in Afrika....“ und die Baseler bestätigt: „...Die Proteste und Unruhen in der arabischen Welt können nach Ansicht des saudi-arabischen Prinzen Talal bin Abdul Asis auch gefährlich für die Herrschaft von König Abdullah werden, wenn dieser die Reformen in Saudiarabien nicht beschleunige. Abdul Asis, ein Halbbruder des Königs, erklärte am Donnerstag im Sender BBC Arabic, noch sei es nicht zu spät, um Proteste auch in Saudiarabien zu verhindern. ...“.

Da an Stabilität kaum zu denken ist, wird es früher oder später zu militärischen Auseinandersetzungen kommen, so die Welt:„...Ob die Äußerungen vom Sonntag drauf hindeuten, dass Saudi-Arabien in Bahrain einzugreifen erwägt, oder ob sie lediglich Ausdruck wachsender Besorgnis in der saudischen Führung waren, blieb unklar. Manche Kenner der Region weisen indes schon länger warnend darauf hin, dass eine konzertierte Kampfansage der Schiiten an die Monarchie in Bahrain eine Intervention Saudi-Arabiens auslösen könnte, das selbst eine unruhige schiitische Minderheit hat.“

Fallen die westlich orientierten Despotien reihenweise um, dann wird die Sicherheitslage in Israel immer heikler: „..Die Demonstrationen haben nichts mit den zahnlosen Parteien zu tun, die der Monarchie eine demokratische Fassade verleihen sollen, und auch nichts mit der islamischen Muslimbruderschaft. Die versucht zwar, die Protestbewegung zu kapern, aber besonders erfolgreich ist sie dabei nicht. "Die Menschen wollen soziale und politische Rechte, keine islamische Lösung", sagt einer der Demonstranten. ..“. Noch haben die Islamisten keine Chance beim Volk, aber mit dem praktisch sicheren Scheitern des Versprechens der Demokratie von Freiheit und Wohlstand(!) kommt die Stunde der Radikalen in durchaus absehbarer Zeit. Derweil durchfahren sogar wieder Iranische Kriegsschiffe den Suezkanal: „...Iranische Kriegsschiffe haben erstmals seit Jahren den Suezkanal in Richtung Mittelmeer passiert. ...Die Schiffe nahmen den Angaben zufolge Kurs in Richtung Syrien. Die Durchfahrt war den Iranern zuvor mehrfach verweigert worden. In Israel hatte schon die Ankündigung der Passage für Unruhe gesorgt.“

Die arabischen Ländern, die zwar dem Munde nach auf arabischer, faktisch aber zuletzt auf westlich-israelischer Seite standen, werden zunehmend zum Unsicherheitsfaktor. Selbst der US-feindliche Iran, selbst in seiner Region nicht gelitten, zittert schon länger vor der Macht der Strasse: „...Als am Montag Zehntausende Demonstranten durch die Straßen iranischer Städte zogen und trotz eines Verbots gegen die Regierung protestierten, war wiederholt zu vernehmen, von staatlicher Seite seien lediglich Polizisten aufgeboten worden. Die Revolutionsgarden hingegen, die sonst immer mit von der Partie waren, seien nicht im Einsatz, so hieß es. Denn in deren niederen Rängen gebe es immer mehr Sympathisanten der Opposition. ...“


Sobald nun der Ölfluss aus dem nahen Osten ernsthaft ins Stocken kommt, zudem die neue Weltmacht China sicher die Gelegenheit nutzen wird, den schwindenden Einfluss der Amerikaner aufzunehmen, wird es zu militärischen Interventionen kommen müssen.

Denn selbst die Weltmächte China und USA befinden sich im Griff der Rohstoffhändler (Handelsblatt): „...Bernanke wies Befürchtungen zurück, dass mit den zuletzt kräftig gestiegenen Lebensmittelpreisen ein wachsender Preisdruck droht. „Die Inflation bleibt insgesamt ziemlich niedrig“, betonte Bernanke.“ und die Wallstreet-Online sekundiert: „...Die Inflation in den USA kehrt zurück und vermutlich mit riesen Schritten. ..Noch bitterer waren die aktuellen US-Arbeitsmarktdaten die wieder einmal enttäuschten. Hier zeigen die Zahlen, dass der US-Arbeitsmarkt nicht auf die Beine kommen will, ...Der Arbeitsmarkt erhält auch keine Unterstützung seitens der Regierung, die Hilfspakete haben nur den Finanzmärkten geholfen, sprich den Banken und Versicherung, ist aber nie am Arbeitsmarkt angekommen. Und jetzt bekommen sie die Rechnung präsentiert: hohe Arbeitslosigkeit und hohe Inflation – ein tödlicher Cocktail! Lasst euch nicht von den getürkten Arbeitsmarktdaten täuschen, die nur „gewillte“ Arbeitssuchende erfassen und nicht jene die ihre Hoffnungen abgegeben haben. Die „inoffizielle“ Arbeitslosigkeit in den USA liegt jenseits der 20 Prozentmarke! Durch Nullzinspolitik haben sich die Rohstoffpreise dramatisch erhöht und zuerst auf die Erzeugerpreise durchgeschlagen, jetzt sind die hohen Preise bei den Verbrauchern angekommen. Damit steht die US-Notenbank vor einem Dilemma.“.

Und ebenso rumort es in China an der Volksfront: „...Der Funke der Volksaufstände in Ägypten und anderen arabischen Ländern ist am Sonntag erstmals auf China übergesprungen. Sicherheitskräfte mussten im Zentrum von Peking und Shanghai Menschenmengen auflösen, nachdem es im Internet einen Aufruf zu einer chinesischen 'Jasmin-Revolution' gegeben hatte. Allerdings waren Staatssicherheit und uniformierte Polizei offenbar schon viele Stunden im Voraus informiert, nahmen Informationen aus Hongkong zufolge mehr als hundert Aktivisten fest ...“

Die mittelfristige Folge wird die sein, die uns die Geschichte schon häufiger lehrte: Die lokalen arabischen Mächte um Israel herum werden bald ihr Gesicht verändern. Selbst wenn erst einmal Demokratien im weitesten Sinne entstehen, sie haben keine Chance die Mägen des Volkes rechtzeitig zu füllen. Der Westen wird sie enttäuschen müssen, da er es selber nicht besser kann.

Diese Enttäuschung wird sich Wege bahnen: Erstens per Völkerwanderung, hin zu den Ländern wo vermeintlich Milch und Honig fließt, Lampedusa platz schon aus allen Nähten von tunesischen Flüchtlinge, und per Lybien wird sich noch ein viel größerer Schlund auf tun. Aber das ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. In China wird es über kurz oder lang ebenfalls zu revolutionären Bewegungen kommen, und Afrika ist noch gar nicht aus seiner Lethargie erwacht. Hier wird der Virus der unhaltbare gewordenen Versprechungen der westlichen Demokratien uns bald auch auf die Füße fallen. Was bitte schön machen wir, wenn nicht nur ein paar tausend Boatpeople übers Mittelmeer schippern, sondern ein millionenstarkes Nomadenheer von hungernden Afrikanern über die nahöstliche Landbrücke den Weg einfach per pedes nach Europa sucht? Bei rund einer Milliarde meist chancenloser Einwohner dort, ist das keine unrealistische Annahme.

Bleibt noch Lateinamerika zu erwähnen, allen voran Mexiko, wo ein durch US-Nachfrage induzierter Drogenkrieg tobt, der in den letzten Jahren mehr Todesopfer forderte, als die Kriege in Afghanistan und Irak zusammen: „Bilanz: Mehr als 34.500 Tote....Bei einer Serie von Angriffen auf Taxis sind seit Freitag in der mexikanischen Stadt Acapulco zwölf Taxifahrer und Fahrgäste getötet worden. Vier Verdächtige wurden festgenommen, wie die Polizei des Staates Guerrero am Sonntag mitteilte. Fünf Tote fand man am Freitag, sieben weitere Morde folgten am Samstag und Sonntag....“. Vorläufig ziehen diese Massaker noch neugierige Touristen an: „...Der Drogenkrieg in Mexiko lockt offenbar einen ganz neuen Typus von Urlaubsgästen an. Nach einer Studie der Sicherheitsfirma Grupo Multisistemas de Seguridad Industrial ist seit einigen Monaten das Phänomen des schwarzen Tourismus zu beobachten. Der Prototyp dieses "Abenteuertouristen" ist etwa 35 Jahre alt und wohlhabend, er stammt aus den USA oder Europa. Diese Klientel zieht es ganz bewusst zu Schauplätzen von Terroranschlägen oder Massakern, die Mexiko reichlich zu bieten hat. ..“. Es ist aber absehbar, dass hier in umgekehrter Richtung irgendwann 112 Millionen Mexikaner die wackelig werdenden US-Grenzen stürmen werden, ein Problem das jetzt schon virulent ist.

Zweitens wird die unvermeidliche Enttäuschung in Hass auf alles westliche, insbesondere auf das dann wehrlose Israel im Zentrum der Umstürze, verwandeln. Zusammen mit der neu gestellten und offenen Weltmachtfrage werden sich daraus militärische Konflikte ergeben, die möglicherweise den Zweiten Weltkrieg noch als romantische Ritterspiele aussehen lassen.


Drittens, und das wird gerne vergessen, ist die Klimaerwärmung auch ein Seiteneffekt des FIAT-Geldsystems. Denn dieses System kann nur dauerhaft existieren, wenn es ein stetiges und exponentielles Wirtschaftswachstum gibt. Mit immer dem gleichen Reichtum, Jahr um Jahr kommt es nicht aus, es muss immer kräftiger wachsen um die Kapitalrenditen zu gewährleisten. Und der letzte, der diese Zeche bezahlt, ist nach dem Menschen immer die Umwelt. Mit der Klimaerwärmumg wird es gerade auf der Südhalbkugel, die eine weit geringere Landfläche als der Norden hat, zunehmend trocken und ungemütlich heiß. Dagegen werden riesige Landflächen des Nordens, die bislang zu kalt und unwirtlich waren, durchaus behaglicher und Besiedlungs tauglich. Die Folge: Hunger und der Kampf ums Wasser wird zu lokalen Kriegen im Süden und zu Wanderungsbewegungen in den Norden führen, so etwa auch in Richtung der riesigen kaum bewohnten Flächen der russischen Föderation oder Kanada, aber auch bis in Gebiete des heutigen Chinas.

Diese Völkerwanderungen werden Grenzen so mühelos, aber ggf. blutig, sprengen wie im Moment die Diktaturen in Nordafrika. Auch Völkerwanderungen sind, genauso wie Finanzkollapse, keine Seltenheit in der Weltgeschichte. Die letzte war keineswegs die mit dem Untergang Roms, sondern die vor 65 Jahren mit den Verwerfungen des zweiten Weltkrieges. Die Welt im Jahre 2050 werden Sie, oder Ihre Kinder und Enkel, nicht mehr wieder erkennen können.

Ließe sich das alles vermeiden? Nun ja, mit viel Vernunft und viel Bescheidenheit schon. Aber wer will soviel erwarten. Denn dazu müsste man „nur“ die weltweite Verteilungsrelation wieder in Ordnung bringen, sprich eine Schulden- und Vermögensreform in Dollar und Euro vornehmen. Und am besten ein Geld- und Wirtschaftssystem etaiblieren, dass nicht vom Wachstum abhängig ist. An und für sich nur ein technisches Problem, dass alle hundert Jahre wieder einmal vorkommt. Ein simples Problem, das man aber immer mit dem gleichen Mittel in Ordnung bringt: Mit Krieg. Um danach regelmäßig dass zu bekommen, was man vernünftigerweise leicht vorher hätte machen können: Eine Schulden- und Vermögensreform.

Denn Vernunft und Bescheidenheit ist nicht des Menschen allgemeinste Sache, sondern eher Vorurteile, Eigennutz und Gier. Der Narrator der Rocky Horror Picture Show brachte es einmal mit den folgenden Versen treffend auf den Punkt:

And crawling, on the planet's face,
some insects, called the human race.
Lost in time, and lost in space... and meaning.


Die Reife für Vernunft und Bescheidenheit, die wird die Welt frühestens nach dem nächsten, größten, Weltkrieg haben.

Freitag, 18. Februar 2011

Dr. ghost. B. Trug: Das Ende einer Illusion

Mit dem Zählen kommt man schon nicht mehr nach, so sind heute morgen schon auf 87 Seiten plus ff. Plagiate gefunden, pro Seite im Durchschnitt gleich mehrere, die Zahl liegt jenseits der 200. Von einer Promotion zu reden, verbietet sich da von selbst, es ist ein ganz, ganz übles Machwerk. Natürlich soll man keine Vorverurteilung machen und man illusioniert sich in der Partei noch mit Aussagen wie: „Christian Schmidt (CSU) sagte im „Hamburger Abendblatt“: „Wenn die bisherigen Fußnoten nicht ausreichen, muss es eine zweite, verbesserte Auflage geben.“ “ durch. Was, angesichts der Tatsachen, schon ein ziemlich frecher Witz ist.

Denn die unglaubliche Vielzahl der offensichtlich systematischen „Fehler“ macht offensichtlich dass anzunehmen ist, dass Guttenberg die Arbeit nie selbst geschrieben hat. So blöd kann nämlich selbst der dümmste Wissenschaftler alleine nicht sein, hier waren ganz sicher Ghostwriter am Werke. Und bei der öffentlichen Begutachtung der Arbeit ist die Fahnenstange noch längst nicht erreicht, denn den fleißigen Rosinensammlern steht noch nicht mal die komplette Arbeit öffentlich als Pdf im Netz zur Verfügung, sondern liegt bislang nur denjenigen vor, die sich die Arbeit per Unibibliothek oder Kauf besorgt haben. Man kann daher getrost davon ausgehen, dass auf jeder der 475 Seiten Plagiate zu finden sind. Man sollte langsam dazu übergehen, die wenigen Seiten zu kennzeichnen, wo ausnahmsweise keine zu entdecken sind.

Falls das Ghostwritertum nachgewiesen werden kann, dann wäre es nicht nur ein plagiatus summa com klaude, sondern ein strafrechtlich relevanter Betrug. Ich bin gespannt wie es weiter geht, heute noch soll sich Guttenberg öffentlich zu den Vorwürfen äußern. Er hat nun zwei Möglichkeiten: Entweder er setzt weiter auf Vernebelung, in der Hoffnung dass der Nachweis nicht möglich ist und irgendein Kuhhandel mit der Uni Bayreuth möglich ist. Dabei riskiert er aber dass er in Kürze völlig nackig dasteht um am Ende vielleicht sogar auf der Anklagebank sitzt und alles verliert. Oder er macht die Flucht nach vorne, und gibt seinen Dr. zurück um wenigstens den Gaufall noch rechtzeitig aufzuhalten. Dann bliebe zumindest eine Chance seinen Job zu behalten und ggf. könnte er sogar noch eine neue Arbeit nachschieben, die auf geneigte Gutachter in Bayreuth trifft so dass er seinen Titel dann halbwegs ehrlich erneut zugeteilt bekäme. So oder so, die Lage ist für ihn jedenfalls hochgradig heikel.

Ghostwriting ist ein krimineller Betrug, der leider und ausgerechnet, in der juristischen Fakultät gar nicht so selten vorkommt. So war auch schon Familienministerin Kristina Schröder in die Kritik geraten und könnte nun erneut in den Focus kommen. Angesicht der immer dramatischeren Sachlage wird es nun höchste Zeit für Guttenberg, die Notbremse zu ziehen.

Warten wir also ab, ob er heute nachmittag so forsch mit seinen Entscheidungen ist, wie er kürzlich noch bei der Gorch Fock gewesen ist. Auch die war ja nicht erst seit gestern als „Gorch Fuck“ in Verruf sondern wurde schon 1968 so verballhornt. Nun was er für den Kommandanten, wenn auch wahrscheinlich nicht zu Unrecht, in Anspruch nahm, nämlich die sofortige Suspendierung, na sowas in der Art stünde ihm nun gut zu Gesicht. Andernfalls läuft er Gefahr, genau das zu verlieren. Und das Volk eine weitere Illusion.

Donnerstag, 17. Februar 2011

Summa cum klaude: Dr. plag. Frhr. K.-Th. zu Guttenberg


Der zum Doctorat gelangende Student
Wer sauern Schweiß und Fleiß im lernen nicht geschonet,
wird nach vollzogner Müh mit Ehren=Ruhm belohnet:
das Haupt so lange Zeit die Kräffte dran gestreckt,
wird mit dem Ehren-Kranz und Doctor-Hut bedeckt.
So blüht ein Musen Sohn denn diese Ehren-Stuffen,
kan ihn zu größrer Ehr und Dignitaeten ruffen.
Wer was gelernet hat und weißlich rathen kann,
den sieht man in der Welt, als einen Abgott an.

(Quelle: Konrad Lengenfelder (Hrsg.): Dendrono-Puschners Natürliche Abschilderung des Academischen Lebens in schönen Figuren ans Licht gestellet, 2. Auflage Altdorf 1993 (1. Auflage Nürnberg 1962), Urheber: Johann Georg Puschner, 1725, Public Domain because of its age, Wikipedia)

Während die Lavablase des Finanzsystems weiter vor sich hin brodelt, leistet sich die deutsche Politik auch noch ganz andere Kalauer. Das sind zwar nur Petitessen am Rande, aber schon echt lustig. Schummeleien einer typischen Cut-and-Paste Promotion bringen den Freiherrn aus Bayern nun erstmals in echte Erklärungsnöte, die man nicht mehr einfach weg schieben und auf andere projezieren kann. Denn eine Promotion lebt einzig von dem Nachweis einer eigenständigen wissenschaftlichen Arbeit unter Beachtung der Grundkenntnisse des wissenschaftlichen Arbeitens. Missachtung der Zitiergepflogenheiten ist dabei einer der schlimmsten Verfehlungen.

Nun kann sich naturgemäß kein Autor davon freisprechen, nicht schon mal beim Zitieren einen Fehler gemacht zu haben, und, Schwamm drüber. Allerdings zieren die Promotion Guttenbergs reihenweise solche „Versehen“ und obendrein sogar ganz vorne und unübersehbar in der Einleitung. Da ein „Versehen“ zu unterstellen, naja, da ist so als wenn man den Doktoranden offiziell für geistig minder bemittelt erklären würde. Und mit Sicherheit sind die bislang entdeckten sechs elementaren Stellen nur die Spitze des Guttenbergs.

Nun würde eigentlich schon ein einfache Verfehlung dieser Art eine Promotion in Bedrängnis bringen, die Vielzahl normalerweise erst recht. Wird er deshalb den Dr.-Titel aberkannt kriegen? Ganz sicher nicht, und das hat mehrere Gründe. Zum einen natürlich ist die zuständige Uni und deren Fakultäten, Professoren und Gutachter, sowie der Candidatus selbst, viel zu sehr in der CSU verbandelt, als dass dort etwas anderes als ein Freispruch, summa cum laude versteht sich, heraus kommen könnte. Allerdings wird es die Tage ziemlich lustig sein zu beobachten, wie sich alle Beteiligten winden und wenden um den Persilschein dann endgültig auszustellen.

Sehr interessant ist jedenfalls schon jetzt das Schlaglicht, dass auf die deutsche Bildungsvielfalt geworfen wird. So ist die deutsche Bildungslandschaft föderalistisch zerstückelt wie kaum eine andere in Europa. Das allgemeine Bildungschaos setzt sich vom Kindergarten über Grundschule bis Gymnasium, ja auch in die Universitäten bis hin zu Dr. und Prof. mühelos durch, und warum sollte es auch an dem Freiherrn aus Bayern vorbei gegangen sein. So macht sich nicht nur jedes Land und jede Schule ihr eigenes Konzept, auch schließlich die Universitäten, Fakultäten und Professoren machen sich ihre eigenen Regeln. So gibt es so viele Promotionsordnungen wie Fakultäten und soviele Regelauslegungen wie Professoren. Ein einheitliches Konzept, was sowohl die Anerkennung einer Promotion als ihre Ablehnung oder Aberkennung angeht, ist nirgendwo erkennbar. Zudem sind die rechtlichen Formulierungen der Verordnungen so zahlreich wie windelweich, dass eine Pampers dagegen wie eine Betonschale wirkt.

Trotzdem wird dem wissenschaftlichen Nachwuchs an den Unis zum größten Teil Übles abverlangt. Da werden fertigt studierten Spitzenleuten absolut unterbezahlte Jobs angeboten, wo sie für eine viertel, oder bestenfalls halbe Stelle, Fronarbeit für das Institut leisten müssen. Und das oft fünf Jahre lang und auch, trotz Teilzeitstelle, gerne 60 Stunden die Woche. Die eigentliche Promotion bleibt da oft auf der Strecke und wird gegen Ende des prekären Dienstes dann schnell mal runter gepinselt. Und auch danach hat der frisch gekürte Wissenschaftler in aller Regel nur die Auswahl zwischen einem lausig bezahlten, und zeitlich begrenzten Hilfsjob an der Uni, oder einer gut bezahlten Arbeit fern ab der Wissenschaft in Wirtschaft oder Verwaltung. Das Vergnügen wirklich endlich als fair bezahlter Wissenschaftler arbeiten zu dürfen, dass haben nur die Glücklichen die einen der ganz raren, teils beamteten, Vollzeit Dozenten- und Professorenplanstellen ergattern können. Dass Gros der talentierten Wissenschaftler wird in der BRD tatsächlich im System verschlissen und vergeudet. Ein bedauerlicher Zustand, den jeder kennt der seine Zeit an der Uni verbracht hat.

Wer sich aus Forschungsgründen öfters mal eine Promotion aus den Universitätsbibliotheken beschafft, weiß gut um die enormen Qualitätsunterschiede, die diese offenbaren. So gibt es absolute Meisterwerke, fast schon Nobelpreis reif, darunter, als auch Arbeiten die nicht mehr wert sind als eine simple Seminar- oder Hausarbeit, die man locker in 4 Wochen nieder gepinnt bekommt. Dabei sind Ehrfurcht erregende Maxiwälzer keineswegs grundsätzlich besser als manch eine nur 100 Seiten dicke Pappe mit dafür hohem wissenschaftlichen Gehalt. Guttenbergs 475 DIN-A4 Seiten starker Wälzer, umgerechnet auf normales Paperback sind das satte 1000 Seiten, ergibt aber einen praktischen Sinn: Solche Wälzer werden von Doktorvätern und den Gutachtern niemals wirklich gelesen.

Da studiert man das Inhalts- und Literaturverzeichnis, die Einleitung am Anfang und das Fazit am Ende, und ein paar für den Gutachter interessante Kapitel. Das hat den enormen Vorteil das minderer Gehalt oder grobe Schnitzer keine große Chance auf Entdeckung haben. Masse statt Klasse, ein alter, aber immer noch wirkungsvoller Trick. Dafür müsste sich Guttenberg allerdings, in Angesichts der Tatsachen an den Unis, in keiner Weise schämen und dafür brauchte auch niemand ernsthaft an seinem Titel zu rütteln. Auch wenn es bei den bisher entdeckten sechs Stellen bliebe, könnte man noch so grade zwei Augen zu drücken. Aber dabei wird es nicht bleiben. Die Statistik lehrt einem dass, wenn schon in der so prominent wichtigen Einleitung geschummelt wurde, sich das durch das ganze Werk fortsetzt. Und nimmt man nur alle vier bis fünf Seiten so eine Schummelei, dann wird man bei gründlichem Studium der Arbeit sicher um die 100 oder mehr nicht gekennzeichnete Zitate finden.

Und damit wird es dann so richtig amüsant, denn dass würde ganz objektiv die komplette Arbeit entwerten, so viele Augen kann keiner haben wie man dafür zu drücken müsste. Sofern Karl-Theodor aber nicht selbst irgendwo die Reißleine zieht, dann werden die Verbiegungen der Gutachter in den nächsten Wochen grotesk Volksbühnen haften Charakter annehmen. Eine bayrische Valentinade mit größtem Unterhaltungswert, die „Wetten Dass“ bestens ersetzt, und das ohne Gefahr dass sich jemand den Hals bricht.

Eine Aberkennung des „Dr.“ ist in der Tat eine schwerwiegende Maßnahme, die in Anbetracht der übertriebenen gesellschaftlichen Wahrnehmung eines solchen Grades, einen davon betroffenen Menschen physisch und psychisch schwer in Mittelleidenschaft zieht. Und das hat der Freiherr in Anbetracht der Realitäten an den Unis und der Tatsache, das er unter lauter teils blinden Politiker zumindest einer der Einäugigen ist, vielleicht doch nicht verdient.

Lassen die Gutachter, Wetten Dass, alles beim gehabten, dann ist das aber auch ein Bumerang: Nämlich ein Präzedenzfall, der Promotionen als ganzes entwertet und die Ehrlichen und Fleißigen bestraft. Denn es würde klarstellen, dass auch hunderte Plagiate in einer wissenschaftlichen Arbeit kein ernsthaftes Problem darstellen und wäre geradezu eine Aufforderung an Alle, es dem Adligen gleich zu tun. Man könnte dann auch gleich, neben dem bekannten Dr.h.c. (honoris causa) auch noch einen Dr. plag. (plagiatus) einführen. Umgekehrt aber auch: Würde man den „Dr.“ tatsächlich aberkennen, dann könnte man in der BRD auch gleich hunderte anderer vergleichbarer Arbeiten monieren, denn lausige Promotionen sind nicht so selten. Nun ja, Volksbühnen leben von solch unlösbaren Dilemmata.

Entlarvend ist natürlich das „summa cum laude“, oder besser summa cum klaude. Es zeigt klar, dass sich keiner die Mühe gemacht hat, die Arbeit wirklich abzuklopfen, da wurde nach Bauchgefühl begutachtet. Was so aussieht wie eine grobe Schlamperei, könnte aber durchaus zum Rettungsanker werden: Einen salomonischen Weg die Kuh halbwegs vom Eis zu bringen wäre, das komplett irrsinnige „summa cum laude“, die Höchstnote, abzuerkennen und in ein ggf. realistisches „ausreichend“ zu verwandeln. Dann wären alle Beteiligten einigermaßen aus dem Schlamassel bzw. befriedigt.

Wetten Dass?

post scriptum: (Die Anzahl der gefundenen Plagiate nähert sich allerdings z.Z. der Zahl 100 (17:19 Uhr ca. 86 Verdachtsfälle) und der Verdacht einer typischen Ghostwriter-Promotion rückt damit auch in den Focus. In dem Falle wäre ihm leider nicht mehr zu helfen, was mir einigermaßen leid täte.)