Sonntag, 13. September 2015

Die große Sause: Oktoberfest und Notstandsgesetzgebung


Notstandsgesetzgebung: "Die Notstandsgesetzgebung ist die Art, wie Gesetze bei einem Notstand, abweichend vom normalen Weg, als Notstandsgesetze erlassen werden können. Dies kann notwendig sein, wenn durch den Notstand der demokratische Gesetzgebungsprozess nicht mehr beschritten werden kann. Allerdings besteht dabei die Gefahr, dass der Notstand zur Regel wird, und damit der Weg der demokratischen Gesetzgebung ausgehebelt wird. Man spricht dann vom Notstand der Republik. Notstand ist der Zustand gegenwärtiger Gefahr für rechtlich geschützte Interessen, dessen Abwendung nur auf Kosten fremder Interessen möglich ist. Der Begriff „Notstand“ ist in Deutschland ein Rechtfertigungsgrund, der die Rechtswidrigkeit einer tatbestandsmäßigen Handlung beseitigt. Der Notstand ist stets von der Notwehr abzugrenzen, diese geht dem Notstand vor. Verfassungsmäßig bezeichnet der Notstand eine gefährliche Situation, die durch schnelles Handeln bereinigt werden muss. Die Notstandsgesetze wurden am 30. Mai 1968, in der Zeit der ersten Großen Koalition, vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Dies wurde von massiven Protesten der so genannten außerparlamentarischen Opposition („APO“) begleitet. Die Notstandsgesetze änderten das Grundgesetz zum 17. Mal und fügten eine Notstandsverfassung ein, welche die Handlungsfähigkeit des Staates in Krisensituationen (Naturkatastrophe, Aufstand, Krieg) sichern soll."



Nichts ist an der Prognose so schwer wie die Vorhersage

Nicht dass ich es nicht erwartet hätte – allein der frühe Termin erschreckt mich denn doch schon ein wenig. Natürlich, nichts ist an der Prognose so schwer wie die Vorhersage; zumindest wenn man es terminlich genau nehmen will. Was die aktuelle Flüchtlingsapokalypse angeht habe ich diese bereits in 2011 angemahnt. Die resultierende letztjährliche Vorhersage "Schon in 2015 wird diese traurige Zahl locker die Millionengrenze reißen" ist ein Wert der, mea culpa, vermutlich sogar noch klar übertroffen werden wird. 

Genauso wie bei der Euro-, und allgemein, der Finanzkrise, liegt das Urproblem gerade in der weit verbreiteten Unfähigkeit mit Zahlen, und insbesondere mit deren zeitlicher Entwicklung, umzugehen. Unbequeme Berechnungen, so simpel wie sie in vielen Fällen sogar sind, werden weder wahr- noch ernst genommen. Denn man müsste vorsorglich schmerzhafte Entscheidungen treffen, statt wie jetzt wieder den sich später unweigerlich auftürmenden Tatsachen hoffnungslos hinter her zu laufen. Da überweist man sich, wie im Falle der „Griechenlandrettung“ lieber schon mal selbst die Zinsen durch Umbuchung von ESM via Greece ins schwarze Loch der EZB, um dem düpierten Steuerzahler die Quittung einer schon 2010 leicht auf zu machenden Rechnung vorzuenthalten.

Oder schließt wie jetzt die Grenzen, stoppt den Zugverkehr und ordert nicht mehr vorhandenes Personal Richtung Süden um der Katastrophe noch irgendwie Herr werden zu können. Es wird nicht mehr gelingen können. Der Geist ist längs aus der Flasche gelassen und statt ein paar mehr Zäune können nun nur noch martialische, absehbar am bitteren Ende militärische, Mittel noch etwas „helfen“. Denn das Helfen muss sich nicht nur auf Flüchtlinge und „Antifa“ beziehen, sondern auch auf den in die Enge getriebenen Mittelstandsbürger, der nach Berliner Logik wie immer alle sozialen und finanziellen Kosten bewältigen soll. Gewissermaßen „Dunkeldeutschland Pack“, Ausdrücke die sich unsere Volksvertreter im Überschwang der Gefühle und völliger Verkennung sowohl nationaler als internationaler Fakten haben einfallen lassen.

Die aktuelle Sperrung der Grenzen zu Österreich hat aber noch ein besonderes Geschmäkle: In wenigen Tagen eröffnet mit dem Münchner Oktoberfest das größte Volksfest der Welt die Tore – mit 6 bis 7 Millionen zahlungsfähigen und trinkfesten Besuchern, die in den zwei Wochen erwartet und versorgt werden müssen. Das trifft dieses Jahr aber mit einer gewaltigen Flucht via Drehkreuz München zusammen. Auch das wusste man nun schon seit Wochen, wie üblich hat man gehofft das sich die Sache bis dahin ausgesessen haben würde. Das ist nun aber auch dem Letzten Münchner Stadtvater klar geworden, wird nicht der Fall sein. Es wird zu unglücklichen Aufeinander Treffen von wenig kompatiblen Menschengruppen führen, definitiv.


Mahnmahl Rechtsradikaler Bombenanschlag 1980 mit 13 Toten.

Am Bahnhof, in den Parks, an den Hotels, auf dem Wiesengelände. Keiner kann sichersagen was da genau passieren wird, ob gut oder schlecht, nachher weiß man es dann natürlich besser. Klar ist aber: Aus Sicherheitsgründen dürfte das Fest nicht statt finden: kein für Sicherheit zuständiger Beamte der noch bei klarem Verstand ist, kann für München und seine Unversehrtheit in 2015 wirklich seine Hand ins Feuer legen.

Schon in den vergangenen, von der Flüchtlingskatastrophe unbehelligten Zeit, war das Sicherheitskonzept auf Kante genäht: 

"Das Sicherheitskonzept der Veranstaltung wurde im Laufe der vergangenen Jahrzehnte immer wieder angepasst. Nach dem Bombenanschlag 1980 wurde der Haupteingang der Wiesn 1981 umgestaltet. 2008 wurde die Theresienwiese erstmals während des Aufbaus des Oktoberfestes für die Öffentlichkeit gesperrt. 2009 kam es zu weiträumigen Absperrungen und Zufahrtskontrollen während des Festes. Hintergrund dafür war die Androhung von Anschlägen durch Islamisten. 2010 wurde ein erweitertes Sicherheitskonzept umgesetzt. Es sieht unter anderem drei Sperr-Ringe um die Theresienwiese, Zugangskontrollen und ein Flugverbot über der Festwiese vor. Zudem wurden im Jubiläumsjahr 2010 im Rahmen des erweiterten Sicherheitskonzepts erstmals 52 je zwei Meter hohe Beton-Litfaßsäulen an den Zufahrten und Zugängen zur Festwiese aufgestellt, um ein Szenario zu verhindern, nach dem Attentäter versuchen könnten, mit Sprengstoff beladene Laster auf die Theresienwiese zu fahren. 2011 wurden an allen Zufahrten und Zugängen zur Theresienwiese mit großem Aufwand 170 teils fest verankerte, teils versenkbare Sicherheitspoller eingebaut, die künftig den gewaltsamen Zugang zum Festgelände mit Fahrzeugen verhindern sollen. Der Bavariaring ist gesperrt, um im Ernstfall Platz zu gewinnen und damit die Sicherheitskräfte besser agieren können. Die Polizei kann bei Massenandrang kurzfristig durch Rundfunkmeldungen die Besucherströme umleiten oder U- oder S-Bahn-Stationen schließen. Im Jahr 2014 verzeichnete die Polizei 2.205 Einsätze."


Was also tun, alles weiterlaufen lassen, das Oktoberfest absagen, oder am besten in Urlaub fahren und warten bis es vorbei ist?  

Letzteres fällt schon aus, weil alles was noch Hand, Fuß und Kopf im Sicherheitsapparat hat gebraucht wird und Urlaub gestrichen ist. Absagen? O mei, das gibt einen Ärger den sich niemand gerne ausmalen möchte – nicht nur die 7 Millionen wären richtig begeistert, auch Deutschland allgemein und besonders die Münchner Geschäftsleute, die einen Milliardenverlust hinnehmen müssten. Da bleibt politisch offenbar nur das „Augen zu und Durch“-Prinzip greifbar – hoffen das alles einigermaßen gut geht – und wie im letzten Jahr alleine lediglich in Massen kotzende Besoffene und wild kopulierende Päarchen den guten Geschmack stören.

Und um diese Hoffnung wenigstens im Bereich des Möglichen zu halten, werden nun die Grenzen mit Österreich gesperrt um wenigstens ein bisschen Ordnung in die absehbare Eskalation zu bringen.

Ob der daraus resultierende Flüchtlings-Stau über die kommenden 20 Tage beherrschbar bleibt? 

Bei zuletzt bis zu 10.000 Flüchtende pro Tag könnten das im schlimmsten, und gar nicht so unwahrscheinlichen, Fall sagenhafte 200.000 Tausend „not amused“-Jungs aus Nahost an der Österreichisch-Deutschen Grenze ergeben. Falls es so weit kommt, wird diese Menge keiner mehr mit rechststaatlichen Mitteln, egal welcher Art, im Zaume halten können.

Man erkauft sich offensichtlich erneut die „Lösung“ eines kleineren Problems durch ein viel größeres Problem zu einer durchaus berechenbar kurzen Zeit später. Das ist ein Grundproblem demokratischer Gesellschaften, die in guten Zeiten jede andere politische Kultur weit in den (ökonomischen) Schatten stellt, in Krisen- und Kriegszeiten aber mangels Konsens für „radikale“ Maßnahmen nicht nur an, sondern auch jenseits ihrer Grenzen gelangen kann.  

Oktoberfest 2014 - wer noch nicht kotzen konnte, konnte wenigstens noch was anderes


Was das Oktoberfest angeht, so ist dieses nicht gerade der Situation angemessen, um es vorsichtig auszudrücken.  

Schon alleine aus dem Grunde, da so etwas merkwürdig erscheint dass sich hier Millionen besaufen während gleichzeitig andere Millionen wörtlich am „ersaufen“ sind. Oder sich gerade vor der nächsten Grenze im Regen stauen und gar nicht soviel kotzen können wie sie möchten, da der nötige Mageninhalt fehlt. Die Sicherheit auf dem kommenden Fest ist reine Glückssache, und der Preis den man für die Pseudo-Sicherheit zahlt wird sich in nur wenigen Wochen bitter rächen, selbst wenn sonst alles wie üblich auf der Megasause „gut geht“.

Wenn es summa summarum während oder im Anschluss an das Ereignis zu einer Katastrophe kommt, die Sicherheits-Verantwortlichen aus Verwaltung und Politik werden es schwer haben sich wegzuducken. Es ist klar: Man hat sich nun für den offensichtlich hoch riskanten Weg entschieden.  Das man aber im Vorhinein weder etwas gewusst habe, noch „sowas“ hätte ahnen können, wird eine ziemlich haltlose Behauptung sein, falls doch etwas so richtig schief geht.