Ein Krieg mit Ansage.
Wie schon letztes Jahr als quasi politische Fußnote angekündigt, ist es nun seit ein paar Tagen soweit. Während sich die ganze Rest-EU noch im Vordebattiermodus über eventuelle “Friedenseinsätze“ befand, da hat die ehemalige Kolonialmacht Frankreich gehandelt und den unaufhaltsam gewordenen Vorstoß der Islamisten in Mali erst einmal gestoppt. Und so salamiete Berlin trefflich: „Auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat die Bereitschaft zu Unterstützung für den französischen Militäreinsatz in Mali bekräftigt. "Wir überlegen, ob wir logistische Unterstützung leisten oder humanitäre Hilfe".. Es gehe in Mali darum, dass Terroristen nicht die Oberhand über das ganze Land gewinnen. Sorgen darüber, dass Deutschland in einen neuen Krieg hineingezogen werden könnte, seien aber jedenfalls unberechtigt.“. Glück dem, der unter ausreichender Habituation leidet.
Dass das resolute Handeln Hollandes le Grand, immerhin kein konservativer Präsident Frankreichs, in der westlichen Welt keineswegs auf Stirntunzeln traf, noch von irgendwem gerügt wurde, sollte schon nachdenklich machen. Vom vermeintlich düpierten EU-Club und den USA kam spontanes Schulterklopfen statt Widerspruch, ja sogar regelrechtes Aufatmen. Und selbst die UN hat ihre Zustimmung gleich hinter her geschoben. Die Aktion ging zudem zeitgleich einher mit einer gescheiterten Militärmission unter Beteiligung der US-Armee in Somalia.
Was ist da eigentlich los? Was ist da faul, fragt man sich.
Natürlich, jeder Krieg hat etwas mit Ökonomie, der Verteidigung oder Erlangung von Ressourcen zu tun. Sei es „nur“ die Ressource Land oder Bodenschätze oder was auch immer sonst so lebenswichtig erscheint. Die Unterstellung, dass es um Frankreichs Uranbedarf ginge lag für die Gesellschaft für bedrohte Völker zunächst nahe: „Im Westen des Landes wurde sogar Uran gefunden. Dies nährte das Gerücht, Frankreich habe in den Konflikt nur eingegriffen, um seine Atomkraftwerke mit billigem Uran zu versorgen. Denn bisher ist Frankreichs staatlicher Atomkonzern Areva weitgehend auf Vorkommen in Niger angewiesen, die nördlich von Agadez nahe Arlit liegen und die Niger zum größten Uranförderer Afrikas aufsteigen ließen. Doch da die Gefahr durch islamistische Terrorgruppen in Niger kaum weniger groß ist als anderswo in der Sahelzone, verfolge Frankreich das Ziel, durch die Entsendung von Truppen seine Versorgung mit Uran sicherzustellen. Diese Vermutung äußerte am Montag etwa die Gesellschaft für bedrohte Völker.“
Aber das dürfte leider viel zu kurz gegriffen sein, wie die FAZ zu bedenken gibt: „Von Mali dürften dagegen vor allem geopolitische Risiken ausgehen. Überall im Süden der Sahara sind islamistische Fanatiker und Terrorgruppen aktiv - ihr Aktionsgebiet zieht sich von Somalia über Sudan, Niger, Tschad und Mali bis in den Norden Nigerias.“. Tatsächlich ist Mali nur die Spitze des Eisbergs. Eines Eisbergs der schon seit zehn Jahren auf dem geopolitischen Radar ist. Groß, überdeutlich, und den Passagieren unvermittelbar. Höchstens in passend kleinen Würfeln fürs Single-Malt-Whiskyglas.
Denn tatsächlich ist die komplette Sahararegion hochbrisant. Und mit dem Segen der Vereinigung afrikanischer Staaten ist im Saharagürtel schon lange nicht nur Frankreichs Armee begehrter Partne, sondern auch die USA lassen seit Jahren in diesen wüsten Breitengraden ihre gefürchteten Drohnen kreisen.
Denn es bahnt sich dort ein geopolitisches Desaster gewaltigen Ausmaßes an.
Prekär nicht nur für Europa und Afrika, auch für die USA und die Welt. Eine Situation die die Militär-Strategen in Washington, London und Paris schon länger umtreibt. Auch in Berlin sollte man sie besser kennen, als man es zur Zeit zu geben möchte.
Man sollte sich also die komplette Salami anschauen. „Tante Wikipedia“ machts möglich einen stark verkürzten, aber symptomatischen Überblick über die schwierige Situation in den vielen Staaten der Sahara-Region zu gewinnen.
Von der ungeheuren Vielzahl der Probleme in dieser Chaosregion wird man geradezu erschlagen. Der Kürze wegen fasse ich hier das Relevanteste in Bezug zum Thema „Krieg in Mali“ aus der Wikipedia in einem Länderspiegel grob zusammen:
Zu erst, etwas ausführlicher, natürlich etwas über Mali selbst:
Malis hat rund 30 verschiedenen Ethnien. Der sunnitische Islam ist mit ca. 90 Prozent die am meisten verbreitete Religion. Männer haben das Recht zur Polygamie, Frauen sind stark benachteiligt. Muslime leben vor allem im Norden; sufitische Bruderschaften üben einen starken Einfluss aus.
Übergangspräsident Dioncounda Traoré |
Mali galt bis zum Militärputsch im März 2012 als gelungenes Beispiel einer Demokratisierung in Afrika. Die Putschisten begründeten den Staatsstreich mit der Unfähigkeit des Präsidenten den Aufstand der Tuareg-Rebellen im Norden des Landes unter Kontrolle zu bekommen, der nach dem Bürgerkrieg in Libyen erneut ausbrach. Die Tuareg nahmen in der Region Azawad alle Städte ein und erklärten im April 2012 die Unabhängigkeit. Inzwischen wird der Norden jedoch von radikalen Islamisten terrorisiert, welche die Scharia anwenden und Auspeitschungen, Steinigungen und Zerstörungen von Kulturdenkmälern durchführen. Die Tuareg lassen die Islamisten gewähren, während die Zentralregierung die Autorität im Norden verloren hat.
Bis Juli 2012 flüchteten ca. 250.000 Malier nach Burkina Faso, Mauretanien und Niger. Außerdem gab es etwa 175.000 Binnenflüchtlinge. ...Die ECOWAS will 3.300 Mann Eingreiftruppen schicken, die EU plant den Einsatz von 200 Ausbildern mit Beteiligung der Bundeswehr....Inzwischen rücken die Truppen des Nordens Richtung Süden vor. Am 11. Januar 2013 begann die Militäroperation Opération Serval, unterstützt von französischen Einheiten, gegen die aus dem Norden vorrückenden islamistischen Rebellen.
Die Länder im Westen von Mali sind Westsahara/DARS, Mauretanien und Senegal.
Westsahara/DARS:
Westsahara im Norden (Q: wikipedia Photo: stAn) |
Islamische Republik Mauretanien:
Praktisch zu 100 Prozent sunnitische Muslime. Staatsreligion. Es gilt die Scharia. Konvertierende Muslime werden mit der Todesstrafe bedroht. Weibliche Genitalverstümmelung bei 71% der Frauen und Mädchen. Kinderarbeit der 10 bis 15-jährigen liegt über 20%.
Dorf in Mauretanien (Q: Wikipedia Ferdinand Reus, Arnheim) |
Kindersklaverei ist weit verbreitet. Nach Schätzungen der Anti-Sklaverei-Organisation SOS Esclaves gibt es in Mauretanien 600.000 Sklaven.
Senegal:
Justizpalast Senegal (Q: Wikipedia Dimworld) |
Die Länder im Süden von Mali sind Guinea, Elfenbeinküste, und Burkina Faso.
Guinea:
Zu 90% sunnitische Islame. Dezember 2008 Verfassung vom Militär ausgesetzt; September 2009 kam es zu einem Blutbad und Massenvergewaltigungen unter dem an der Offizierschule des Heeres in Dresden ausgebildeten Militärdiktator Moussa Dadis Camara. Februar 2010 berichtete die ARD über unvorstellbare Grausamkeiten in Guinea. Begangen auch von Regierungssoldaten, die bei der Bundeswehr ausgebildet wurden, darunter auch die Hauptverantwortlichen. Nach Angaben von Fakt werden zum jetzigen Zeitpunkt immer noch Offiziere für die Armee von Guinea in Deutschland ausgebildet.
Elfenbeinküste:
Klinik Elfenbeinküste (Q: Wikipedia, Zenman) |
Hoher Grad an Korruption. Etwa 12.000 Kinder werden als Sklaven gehalten.
Die Elfenbeinküste verfügt über die stärkste Wirtschaft der westafrikanischen Wirtschafts- und Währungsunion, zu deren gesamten BIP sie 40% beiträgt. Die Elfenbeinküste ist trotzdem ein von Armut gekennzeichnetes Land. Als arm gilt in der Elfenbeinküste jemand, der weniger als 250 Euro pro Jahr zum Leben hat. Landesweit fallen 43,2% daunter, in einigen ländlichen Gebieten mehr als die Hälfte.
Burkina Faso:
Nationaldenkmal (Q:Wp. Sputniktilt) |
Kinderhandel, der zu sklavenähnlichen Lebensbedingungen führt.
Burkina Faso ist einer der ärmsten und am wenigsten entwickelten Staaten der Erde und wird zur Gruppe der HIPC (Heavily Indebted Poor Countries), der „hochverschuldeten Entwicklungsländer“, gezählt.
Die Länder im Osten-Südosten von Mali sind Niger, Nigeria, Tschad, Sudan, Zentralafrikanische Republik, Südsudan.
Niger:
Hauptstadt (Q:Wp. diasUndKompott) |
Mehrheit Islame (94%). Die Fertilitätsrate von 7,16 Geburten pro Frau ist Weltweit die Höchste (2012), Bevölkerungswachstum fast 4% pro Jahr. Die Hälfte der Bevölkerung ist unter 15 Jahre.
Februar 2010 Militärputsch. Größter afrikanischer Uranproduzent (70% der Gesamtexporte). Regelmäßig wiederkehrende Dürren und Hungersnöte wegen des extremen Bevölkerungswachstum, Mangelnde Bildung, zunehmende Desertifikation (Wüstenbildung), verschärft durch Abholzung, Überweidung, Übernutzung und durch Klimawandel; Heuschreckenplagen; Überflutungen (2010). Vermehrtes Auftreten von Noma, auf 100.000 Einwohner kommen 14 Erkrankte.
Bevölkerungswachstum in Niger Data FAOSTAT, year 2005. In 2012 sind es bereits 16,3 Millionen. |
Zuma-Rock (Q: Wikipedia, world66.com) |
Aus religiösen
Gründen verhängtes Impfverbot im islamischen Norden (in 2004 fast
zwei Drittel der weltweit über 1.250 Polio-Fälle). Auch in die
angrenzenden Länder wurde Polio durch dieses Verbot transportiert.
Zugang zu sauberem Trinkwasser besitzt nicht einmal jeder zweite
Bürger. Nur Regierungsbedienstete kommen in den Genuss öffentlicher
Fürsorge. Kein Gesundheits- und Rentensystem, Epidemien mit
Tausenden Opfern. Im Nordosten hoher Wassermangel.
Kriminelle Banden
zapfen Öl-Pipelines an und verkaufen das Öl auf dem Schwarzmarkt,
weitere Kriminalitätsform ist der Vorschussbetrug
(„Nigeria-Connection“) und Entführungen. Dahinter stehen Banden
oder Rebellen. Unmenschliche Behandlung auf Polizeiwachen und in
überbelegten Gefängnissen, Tuberkulose, HIV und anderen schweren
Infektionskrankheiten, Folter von Gefangenen. Die Anzahl der
Hinrichtungen ist im islamistischen Norden hoch. Dort auch
Todesstrafe bei Minderjährigen und für Homosexuelle Todesstrafe
durch Steinigung.
Eine Vielzahl von
Bürgerwehren, Schutztruppen, Milizen, Geheimbünde und Gangs: Im Süden: Egbesu
Boys, Iduwini Volunteer Force (IVF), Niger Delta People’s Volunteer
Force (NDPVF), South-South Liberation Movement (SSLM); Niger Delta
Liberation Force (NDLF), Movement for the Emancipation of the Niger
Delta (MEND);
Im Norden: Hisbah
Gruppen (Islamische Religionspolizei); O’odua People’s Congress
(OPC); Bakassi Boys, Bewegung für die Verwirklichung eines
souveränen Staates Biafra (MASSOB), Anambra Vigilance Service (AVS),
National Association of Road Transport Owners (NARTO), National Union
of Road Transport Workers (NURTW);
Sonstige: magische
Geheimbünde wie die Black Axe (Universitäten); in Großstädten
Jugendbanden (Area Boys).
Ca. 13% aller Kinder
unter 14 Jahren verrichten Arbeit; Rekrutierung von Kindersoldaten
die auch ins Ausland gehandelt werden durch militante Gruppen und
Banden. Mädchen werden dort häufig Opfer sexueller Gewalt. Viele
Kinder sind Aidswaisen.
Mächtigster Staat
Westafrikas: u.a. Vorsitz der ECOMOG und des Sicherheitsapparats
ECOWAS. 2008 wurde seit 1981 bestehender Grenzkonflikt mit Kamerun
beigelegt. BIP von 214 Mrd. US-$ (1450 $ pro Kopf und Jahr) eines der
größten Volkswirtschaften Afrikas, aber äußerst ungleich
verteilt. Wegen grassierender Korruption geht der Aufschwung an der
Bevölkerung komplett vorbei. Betrug und Schmiergeldzahlungen weit
verbreitet, die politische Führung bereichert sich seit Jahrzehnten.
Mehr als die Hälfte lebt in extremer Armut (weniger als 1$ am Tag).
Extremes Bevölkerungswachstums von bis 3% jährlich.
Tschad:
Q.Wp.: www.oew.org |
Der Tschad ist ein instabiler Staat. Staatliche Einrichtungen sind kaum entwickelt. Korruption ist weit verbreitet. Beherbergt sudanesische Flüchtlinge aus Dafur, der Konflikt greift zusehends über, Dschandschawid-Reitermilizen aus Darfur sind auch in den tschadischen Grenzgebieten aktiv. Man fordert, dass für die rund 200.000 Flüchtlinge ein neues Gastland gefunden werden müsse.
Der islamische Norden fühlt sich benachteiligt. Ende November 2007 erklärte die Rebellenorganisation UFDD den Kriegszustand gegen alle ausländische Einheiten. Die Kampfhandlungen haben tausende Menschen zur Flucht in das Nachbarland Kamerun gezwungen.
Zivilpersonen und Mitarbeiter humanitärer Hilfsorganisationen wurden verschleppt und ermordet. Frauen und Mädchen sind Vergewaltigungen ausgesetzt. Kriminelle Banden und bewaffnete Gruppen. Vermeintliche politische Gegner werden widerrechtlich festgenommen, gefoltert, misshandelt. Gewalttätige Übergriffe und Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung. Evakuierung ausländischer Bürger; die USA haben ihre Botschaft geräumt.
Ausgangsland des Kinderhandels in die Zentralafrikanische Republik, nach Nigeria, Kamerun und Saudi-Arabien. Kinder werde als Soldaten eingesetzt. Ca. 53% aller 5-14 Jährigen Kinder müssen Arbeit verrichten.
Die Beziehungen mit China entwickeln sich seit 2006 dynamisch. Die Volksrepublik beliefert den Tschad unter anderem mit Waffen. 80% der Bevölkerung leben in absoluter Armut.
Sudan:
Ölgeschäft im Sudan (Q.Wp.: M. Till-Lambrecht) |
Nach 21 Jahre Bürgerkrieg wird die Anzahl der Vertriebenen noch auf fünf Millionen Menschen geschätzt, davon zwei Millionen in der Darfur-Region. Blutigen Rebellion in Dafur in 2003. Luftbombardements und Bodenangriffe, durchgeführt von der arabischen Miliz Dschandschawid. In 2006 Friedensabkommen. Eine Fraktion lehnte ab, da sie die unabhängige Region Darfur nicht berücksichtigt sah. Diese haben sich zur Nationalen Erlösungsfront zusammengeschlossen. Die Dschandschawid hatten bereits kurz nach Unterzeichnung ihre Überfälle wieder aufgenommen.
Sklaverei noch anzutreffen. Angriffe auf Dörfer und Lager für Binnenflüchtlinge, Vergewaltigungen und Gewalttätigkeiten gegen Frauen weit verbreitet. Viele Kindersoldaten zwangsrekrutiert. Diskriminierung und Gewalt gegen sexuelle Minderheiten.
Die Beziehungen zwischen dem Sudan und Israel gelten als angespannt. Nachdem am 24. Oktober 2012 eine Waffenfabrik explodiert war, beschuldigte man Israel. Im Jahr 2009 wurde ein LKW-Konvoi aus der Luft bombardiert, wo ebenfalls Israel verantwortlich gemacht wurde. Es wurde spekuliert, ob der LKW Waffen an die Hamas liefern sollte.
Zentralafrikanische Republik:
Q.Wp.: Ranveig |
Schlafkrankheit, Malaria, Lepra, AIDS (bis zu 13,5% betroffen) und andere tropische Krankheiten. Eine soziale Versorgung gibt es kaum. Aberglaube und Glaube an Hexerei ist weit verbreitet. Der Hexerei verdächtigte Menschen werden häufig gefoltert und umgebracht. Diskriminierung und Gewalt aufgrund der sexuellen Orientierung.
Seit Mitte 2006 im Norden Kämpfe mit Rebellen. Rund 300.000 Flüchtlingel. Die Konflikte in Tschad und Darfur beginnen überzugreifen. Regierung wird von Frankreich unterstützt. Im Dezember 2012 flogen die USA Botschaftspersonal und andere Ausländer aus (Vorrücken der Séléka auf die Hauptstadt).
Prs.Mayardit Südsudan Q: J.Rockett |
Bedeutendes Ausgangs- und Zielland von Kinderhandel.
Südsudan:
vorwiegend lokale Religionen oder Christentum (77 %). Beziehung mit dem Sudan angespannt wegen der Erdöl-Ausbeutung.
Die Länder im Norden-Nordosten von Mali sind Algerien, Libyen und Ägypten.
Algerien:
Hoggar-Gebirge Q: Bertrand Devouard |
Das flächenmäßig größte Land Afrikas, der größere Südteil, „Le Grand Sud“, ist fast unbesiedelt. In 1992 Bürgerkrieg mit der Islamistischen Heilsfront (FIS). Massenmorde unter der Bevölkerung. Scharia ist Grundlage des Rechtssystems, Missionierung von Muslimen steht unter hohen Strafen.
Die „Bewaffnete Islamische Gruppe“ (Groupe Islamique Armé, GIA) besteht weiterhin. Ihre Reste sind in Banditentum abgeglitten, bei dem religiöse Motive nur noch als Bemäntelung von Kriminalität dienten. April 2009 gewann Bouteflika zum dritten Mal die Präsidentenwahl mit 90,2 %. Wirtschaftliche und soziale Probleme machen islamistische Bewegungen sehr erfolgreich. Diese fordern dass sich der Staat an den Regeln einer radikalen Interpretation des Islams orientieren soll. Pro Jahr mehrere hundert Tote als Folge von Attentaten. Sie werden jetzt häufig der Gruppe „al-Qaida im islamischen Maghreb” zugeschrieben.
Libyen
Leptis Magna, Libyen. Q. Robert Bamler |
Auch unter den neuen Behörden, die nach dem Bürgerkrieg an die Macht gelangten, sind die Menschenrechte in Libyen stark eingeschränkt. Inzwischen werden in Libyen Christen verfolgt, andere als islamische religiöse Versammlungen sind verboten. Seit dem Ende des Bürgerkrieges stehen weite Teile des Landes unter der Kontrolle von Revolutionsbrigaden, die sich nicht dem Nationalen Übergangsrat unterstellen. Im November 2011 hatten Vertreter der Brigaden erklärt, sie wollten ihre Waffen so lange behalten, bis es eine neue, aus Wahlen hervorgegangene legitime Regierung gebe. Eine weitere Schwierigkeit bei der Integration der Revolutionsbrigaden stellt die desolate Lage bei den Staatsfinanzen dar.
Ägypten:
Der Verfassung nach Islamischer Staat. Ca. 90% der Bevölkerung sunnitischer Islam. Die Scharia ist Hauptquelle der Gesetzgebung. Religionsfreiheit in der Praxis eingeschränkt. Für Muslime, die zu einer anderen Religion konvertieren wollen, wird von zahlreichen Politikern und Religionsgelehrten die Todesstrafe gefordert.
Zentrum des sich von Saudi-Arabien ausbreitenden islamischen Fundamentalismus. So ist die Muslimbruderschaft dort aktiv, und in der Al-Qaida fanden sich schon in 2001 auch Ägypter in Führungspositionen. Teils stehen sie bis heute mit an der Spitze. Seit 2012 neue Verfassung die viele Rechte durch Einschränkungen und vage Formulierungen zerstört. Im November entzog Präsident Mursi seine Entscheidungen der Kontrolle durch die Justiz und erklärte sie für unantastbar (Gewaltenteilung außer Kraft).
Besonders in Oberägypten ist die christliche Minderheit Ziel von Terror und Schutzgelderpressungen radikaler Muslime geworden. 97% der Mädchen und Frauen sind Opfer von Genitalverstümmelung; damit liegt das Land weltweit an der Spitze. Folter ist weit verbreitet, darunter die Androhung der Vergewaltigung oder sexuellen Misshandlung von Gefangenen oder deren weiblichen Verwandten. Die Regierung der USA benutzte Ägypten als Zwischenstopp für Personen, die vom CIA entführt wurden.
Die Länder ganz im Osten bis zum Ozean:
Mogadishu. Q.Wp.: CT Snow |
Mangelernährung,
Infektionskrankheiten, 70% haben kein sauberes
Trinkwasser und medizinischer Versorgung. Kinder pro Frau bei
durchschnittlich 6,1. Genitalverstümmelung an etwa 95% der Mädchen.
Die Sicherheitslage ist wegen Bürgerkrieg und
Piratenüberfälle schlecht, Kriminalität wird kaum bekämpft. Ausländer werden oft Opfer
von Mordanschlägen und Entführungen. Entführungen von Ausländern auf Kenianischem Gebiet: Februar 2012 drang deswegen die kenianische Armee rund 110
km tief nach Somalia ein. Krieg, Fanatismus und ausbleibender Regen
führten zu einer Hungerkatastrophe, die viele Somalis das Leben
kostete oder zu Flüchtlingen im benachbarten Kenia machte.
Alle Parteien haben schwerste Menschen- und Kriegsrechtsverbrechen begangen. Feinde und Verdächtige werden ohne Verfahren eliminiert, Frauen massenweise vergewaltigt und Männer und Kinder zwangsrekrutiert. Al-Shabaab-Milizen ermorden Menschen die sich ihrer Auslegung des Islams nicht beugen. Öffentliche Hinrichtungen, Steinigungen, Zwangsamputation von Gliedmaßen, Auspeitschungen, Todesstrafe für gleichgeschlechtliche Handlungen.
Die Hälfte aller Kinder zwischen 5 und
14 müssen arbeiten; ca. 70.000 Kindersoldaten, der Einsatz von
Kindern steigt an, Kinder ab neun Jahren werden rekrutiert.
Kindersoldaten werden oft geschlagen; exekutiert wenn sie gefangen
genommen werden.
Eines der ärmsten Ländern der Welt, im Korruptionsindex 2010 weltweit auf dem letzten Platz. Ohne staatliche Regulierung können auch Geldfälschung und Piraterie und der ökologisch problematische Holzkohleexport ungestört stattfinden. 2008 töteten radikale Islamisten mehrere ausländische und einheimische Helfer wegen „Spionage“. Die Piraterie hat sich zu einem profitablen Geschäft entwickelt. Somalische Fischer, Bürgerkriegskämpfer und Geschäftsleute nehmen ausländische Schiffsbesatzungen in Geiselhaft oder rauben sie aus.
UNO in Eritrea Q: world66.com |
Zwischen Äthiopien und Eritrea
weiterhin Differenzen um umstrittene Gebiete. Eritrea wie Äthiopien führen „Stellvertreterkrieg“
in Somalia. Eritrea beherbergt Teile der somalischen
Opposition im Exil. Mitte 2008 Zusammenstöße eritreischer
und dschibutischer Truppen im umstrittenen Grenzgebiet.
Auslands-Eritreer müssen eine
„Aufbausteuer“ in Höhe von zwei Prozent ihres Einkommens zahlen.
Diese Abgabe stellt eine der größten Geldquellen der eritreischen
Regierung dar.
Ursprung der Menschheit: "LUCY" |
Konflikt mit Eritrea wegen Grenzverlauf. Konflikt mit Somalia, da
Nationalisten und die "Union islamischer Gerichte" den Osten Äthiopiens an ein Groß-Somalia
angliedern möchten. Die Armee hat dort gezielt Hinrichtungen begangen, gefoltert und vergewaltigt. Unscharf definierte
"Terrorakte" beinhalten auch Sachbeschädigung und die Störung der
öffentlichen Ordnung. Strafmaß 15 Jahre Haft oder Todesstrafe.
Verheiratung minderjähriger Mädchen
und weibliche Genitalverstümmelung werden praktiziert.
Homosexualität ist illegal. Das Strafmaß bis zu zehn
Jahren, sind in Haft der Folter
ausgesetzt. 2008 forderten mehrere Kirchenführer, das
Verbot von Homosexualität als „höchste Form der Unmoral“ in die Verfassung aufzunehmen.
Gewalt und Übergriffe gehen häufig von staatlicher Seite aus. Die Infektionsrate von HIV lag 2006 bei
ca. 6,6%; am stärksten betroffen
sind die 15- bis 24-Jährigen.
Etwa 1,2 Millionen Kinder sind AIDS-Waisen, 300.000 Straßenkinder in den Städten. Besonders Mädchen sind von Überfällen und Vergewaltigungen bedroht. Kinderarbeit ist weit verbreitet: 58% der Jungen und 42% der Mädchen zwischen 5 und 14 Jahren arbeiten regelmäßig, meist in der familiären Landwirtschaft.
Etwa 1,2 Millionen Kinder sind AIDS-Waisen, 300.000 Straßenkinder in den Städten. Besonders Mädchen sind von Überfällen und Vergewaltigungen bedroht. Kinderarbeit ist weit verbreitet: 58% der Jungen und 42% der Mädchen zwischen 5 und 14 Jahren arbeiten regelmäßig, meist in der familiären Landwirtschaft.
Äthiopien zählt zu den ärmsten
Ländern der Welt, ca. 50% sind
unterernährt. Ursachen sind Dürre und Überschwemmungen. Während Dürreperioden früher in Abständen von 25 bis 30 Jahren
auftraten, kommt es mittlerweile in Abständen von vier bis fünf
Jahren zu Dürren.
Soweit der Landerüberblick. Zu gegeben, es gäbe auch viel schöneres aus diesen Gegenden zu berichten, aber das ist wirklich nicht das aktuelle Problem.
Tatsächlich ist diese Region durchwoben von rigider Ausbeutung, von Not und Armut, Krankheit, Krieg und religiösem Wahnsinn. Damit steht diese Region zwar nicht ganz alleine auf der Welt, aber die schiere Größe des Gebietes und das gewaltige Bevölkerungswachstum potenzieren das Problem deutlich.
Man darf durchaus darüber rätseln, wer alles in der Vergangenheit Schuld an der flächendeckenden Misere in Nordafrika ist, Kolonialmächte einerseits, örtliche Ganoven andererseits, Internationaler Neokolonialismus hier und vielerorts dort Politiker und Offizielle, die bestenfalls am adretten Kostüm von gewöhnlichen Banditen zu unterscheiden sind. Ändern kann man mittelfristig daran wenig, da hätte man schon vor zweihundert Jahren mit beginnen müssen. Auch noch so ernsthafte Entwicklungshilfe könnte das in den nächsten Jahrzehnten nicht annähernd nachholen.
Um dem sozialen Sumpf zu entkommen müsste die Sahararegion sich schon weitgehend selber helfen, aber man muss schon gesunde Träume haben daran zu glauben. Ein solcher Traum war die Demokratisierung Mali's gewesen, bis im Nachgang des Libyenkrieges erst die Tuareg und nun noch weitaus schlimmer, die radikalen Islamisten den Umsturz betrieben.
Die Bürger in Europa fragen sich nun nicht zu Unrecht, ob man wegen einer Rebellion mehr oder weniger in dieser gebeutelten Region nun noch einen größeren Krieg mit westlicher Beteiligung losbrechen sollte?
Diese Frage durfte man in den letzten Jahrzehnten ruhig verneinen. Afrika, der vergessene Kontinent, spielte kaum mehr als die Rolle des beliebten Rohstofflieferanten, wo Mali überhaupt liegt, das mußten die meisten nun erst einmal auf der Landkarte suchen. Aber nun gibt es gleich mehrere Gründe sich Sorgen zu machen.
Denn solange sich die Vielzahl der Krieger nur gegenseitig die Köpfe einschlugen konnte das Europa, zumindest strategisch wenn auch nicht moralisch, ziemlich gleichgültig sein. Der seit der Jahrtausendwende erstarkende fundamentalistische Islam mit seinen selbsternannten Gotteskriegern setzt allerdings ganz neue Maßstäbe. Denn mehr als jeder lokale Lumpenführer besitzt er das ideologische Potenzial, überregionale Koalitionen herzustellen. Schon jetzt könnten diese theoretisch, wenn ihnen eine übergreifende Führung gelänge, aus den vielen Milizen der Region locker ein Millionenheer zusammenstellen.
Und das dies nicht nur ein simpler Albtraum ist, zeigt gerade die Zuspitzung mit deren militärischen Entsatzaktion an der algerisch-libyschen Grenze tief in der Sahara, die den Kampf der Mali'schen Islamisten Fraktion flankiert. Und das diese Aktion so prompt kam, zeigt schon den hohen Vernetzungsgrad und Aktionsfähigkeit. Eine Schlagkraft, von der die gut trainierte französische Armee bereits am ersten Tage des Krieges überrascht wurde, als gleich schon der erste Hubschrauber abgeschossen wurde.
Frankreich hat als ehemalige Kolonialmacht sehr viel mehr Kompetenz in militärisch-politischen Fragen der Region als die meisten Anderen, man mag es gut heißen oder auch nicht. Hätte Frankreich aber nicht reagiert und auf die zögerlichen Afrikaner (ECOWAS) und die ebenso zögerliche EU und NATO gewartet, Mali's Hauptstadt wäre bereits an die Islamisten gefallen. Und damit der für die Region so wichtige Vorzeige-Demokratie-Anker Mali selbst mit entsprechender Signalwirkung an alle Islamistischen Gruppierungen.
Bevölkerungspyramide Elfenbeinküste. Q.Wp.: FargomeD |
Als Kenner Afrikas und Mittelmeeranrainer ist diese naheliegende Vision den Franzosen tatsächlich um einiges näher als denen, die nun lieber erst einmal in Deckung gehen: "Seit der Libyen-Enthaltung Deutschlands im Uno-Sicherheitsrat
verstärke sich die Tendenz der Bundesregierung, außenpolitische
Entscheidungen vor allem mit Blick auf die innenpolitische Wirkung zu
betreiben. „Die deutsche Außenpolitik agiert zunehmend plan-, kopf- und
konzeptionslos,“ sagte Mützenich. Grünen-Fraktionsvize
Frithjof Schmidt begrüßte zwar eine logistische Unterstützung
Frankreichs durch Deutschland. „Ebenso unterstützte ich die Linie sich
nicht an den Kämpfen zu beteiligen“, sagte Schmidt Handelsblatt Online...Die Bundesregierung kündigte eine militärische
Hilfe für die Truppen der westafrikanischen Wirtschaftsgemeinschaft
Ecowas an. Berlin stellt zwei Transportflugzeuge vom Typ "Transall"
bereit. Damit sollen afrikanische Soldaten in die malische Hauptstadt
Bamako geflogen werden. Bundeskanzlerin Angela
Merkel (CDU) machte deutlich, mehr freie Kapazitäten habe die Bundeswehr
derzeit nicht.".
Nun, da werden die Gotteskrieger aber tüchtig Angst bekommen.
Fortsetzung folgt in diesem Theater. Ganz sicher.
Nun, da werden die Gotteskrieger aber tüchtig Angst bekommen.
Fortsetzung folgt in diesem Theater. Ganz sicher.
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